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Thema: Carolinensiel: Verschiedene Schreibweisen
Klassikfan Am: 20.09.2011 21:35:02 Gelesen: 7270# 1 @  
Schreibweise Carolinensiel

Tach zusammen,

ich habe einen Brief ersteigert mit L1 Wittmund nach Oldenburg. Neben dem L1 handschriftlicher Aufgabevermerk "Carol.Siel". Auch im Brief wurde die moderne Schreibweise Carolinensiel verwendet. Der Brief ist von 1844. Der spätere Zweikreisstempel zur Markenzeit lautet "Carolinensyhl", auf dieser 17x von 1862 leider nicht eindeutig zu erkennen (breitere Serife vom Y). Weiß jemand, von wann bis wann welche Schreibweise gebräuchlich war? Denn eigentlich ist ja Syhl die ältere Schreibweise für ein Siel.


 
Pilatus Am: 20.09.2011 22:25:24 Gelesen: 7258# 2 @  
@ Klassikfan [#1]

Abgesehen davon, daß ich vom Problem nichts verstehe, ist mir aber unverständlich, daß der Stempel nicht im geringsten über den Markenrand hinausgeht. Mir erscheint es als "Mache" wenn nicht gar Fälschung.

Beste Grüße Pilatus
 
AfriKiwi Am: 20.09.2011 23:13:44 Gelesen: 7249# 3 @  
@ Klassikfan [#1]

Hallo Klassikfan,

mir sieht der letzte sichtbaren Brocken vom Ort nach CarolinenSIEL aus und nicht eindeutig nach SYHL !

Erich
 
doktorstamp Am: 21.09.2011 07:41:31 Gelesen: 7225# 4 @  
@ Klassikfan [#1]

Diese Seite - wenn sie dir nicht bekannt ist - einspeichern.

@ Pilatus [#2]

Der Brief ist aus 1844, noch Vormarkenzeit in D. Weitere 5 Jahre müssen vergehen, ehe die erste Marke in Bayern erscheint.

Wer sich mit Sprachen und ihrer Geschichte befaßt, weiss, daß es generell erst im spät 17. und 18. Jh. eine Regelung über die Schreibweise gab. Immerhin gilt dies für die Gelehrten. Der einfache Mensch - sofern in der Lage zu schreiben - schrieb oft noch nach Lust und Laune, erst mit Ausdehnung/Einführung des Schulwesens gab es eine gemeinsame Schreibweise, aber noch gab es ländliche Ungereimtheiten. Aber hier tragen die lieben Beamten die Verantwortung.

mfG

Nigel
 
filunski Am: 21.09.2011 12:31:32 Gelesen: 7203# 5 @  
@ doktorstamp [#4]

Die abgebildete Marke, welche auch meiner Meinung nach ganz offensichtlich nachträglich draufgeklebt wurde, erschien sogar erst 1860, also 16 Jahre nach dem angeblichen Briefdatum (1844).

@ Klassikfan

Hoffentlich hast Du nicht zuviel dafür bezahlt?

Gruß,
Peter
 
Klassikfan Am: 21.09.2011 13:36:16 Gelesen: 7195# 6 @  
@ Pilatus [#2]

Hallo Pilatus, links der Briefausschnitt, rechts die lose Marke, übrigens geprüft Berger. Der weiße Untergrund ist das Scannerbett.
 
Klassikfan Am: 21.09.2011 13:44:02 Gelesen: 7190# 7 @  
Nochmal für alle: Die Marke klebt nicht auf dem Brief, sondern ich habe links im Scan ausschnittweise (wegen des Stempels) den Brief abgebildet, von 1842. Rechts davon die lose Marke von 1862. Die ist genauso echt wie der Brief, aber beide Stücke haben nichts miteinander zu tun, außer dem Stempel Carolinensiel.

Es gibt aber auch den Stempel Carolinensyhl. Habe ich, glaube ich, auch als einzeiligen Langstempel schon gesehen. Wer weiß, wann welche Schreibweise bevorzugt wurde? Mich hat erstaunt, dass der Brief schon die moderne Schreibweise hat.
 
doktorstamp Am: 26.09.2011 07:21:04 Gelesen: 7118# 8 @  
Deutsche Schrift

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Deutsche Schrift (ital. lettera tedesca) ist ein Sammelbegriff für einige gebrochene Schriften, mit denen vom 16. bis 20. Jahrhundert deutsche Sprache bevorzugt geschrieben und gedruckt wurde. Um ihre offizielle Verwendung in deutschen Behörden und Schullehrplänen wurde ein jahrzehntelanger Antiqua-Fraktur-Streit geführt.

Mit deutscher Schrift sind je nach Zusammenhang meist eine oder mehrere dieser Schriftarten gemeint:

Schwabacher −-- Im 15. und frühen 16. Jahrhundert die vorherrschende Druckschrift im deutschsprachigen Raum.

Fraktur −-- Mitte des 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts die meistbenutzte Druckschrift im deutschsprachigen Raum. Mehrmals offizielle Amtsschrift für Drucksachen im Deutschen Reich.

Deutsche Kanzleischrift −-- Bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich für amtliche Schriftstücke.

Deutsche Kurrentschrift −-- Verkehrsschrift im 18. und 19. Jahrhundert.

Sütterlinschrift −-- Schulausgangsschrift in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Deutsche Volksschrift −-- Schulausgangsschrift 1935 bis 1941.

Offenbacher Schrift −-- Wurde nach 1945 an einigen deutschen Schulen als zweite Schreibschrift gelehrt.

Deutsche Schrift ist auch der Name einiger Schriftarten aus den Jahren 1890 bis 1940, wie etwa Rudolf Kochs 1906 erschienene „Deutsche Schrift“ (sogenannte „Koch-Fraktur“).

In der äpalografischen Diskussion wird auch der Begriff neugotische Schrift vorgeschlagen, um deutlich zu machen, dass die Schriftformen nicht ausschließlich in Deutschland in Gebrauch waren.

Umgangssprachlich ist auch die Bezeichnung alte deutsche Schrift oder altdeutsche Schrift zu hören. Sie ist irreführend, weil es keine neudeutsche Schrift als Gegensatz gibt. Im Laufe des Antiqua-Fraktur-Streits löste die von vielen Deutschen als neuartig empfundene lateinische Schrift die alt-gewohnte deutsche Schrift ab. Die lateinische Schrift Antiqua wurde von ihren Befürwortern um 1900 wiederum mit dem eingedeutschten Begriff Altschrift bezeichnet.

Es gab auch regional bestimmte Amtsschriften.

mfG

Nigel
 
Postgeschichte Am: 26.09.2011 11:15:22 Gelesen: 7100# 9 @  
@ Klassikfan [#1]

Die verschiedenen Schreibweisen von Postorten ist in verschiedenen Ortsverzeichnissen (kürzlich auch in verschiedenen Jahrgängen des Pfuhl-Posttaschenatlas beobachtet) festzustellen, ohne hierbei eine zeitliche Eingrenzung vornehmen zu können. Die Schreibweise hängt u.a. mit der unterschiedlichen Aussprache eines Ortsnamens zusammen. Wikipedia vermerkt hierzu u.a.:

Die Phonetische Ordnung beschreibt ein phonetisches Alphabet mit einer Ordnung der Buchstaben nach deren Lautfolge, die insbesondere bei der Ordnung von Familiennamen zur Anwendung kommt.

Da es früher keine Rechtschreibung im heutigen Sinne gab und schon gar nicht für Familiennamen, gab es vom 16. bis zum 19. Jahrhundert für einige Namen nicht selten zwanzig oder dreißig verschiedene Schreibweisen. Nicht nur von Pfarrer zu Pfarrer und von Gemeinde zu Gemeinde wechselte die Schreibweise in den Kirchenbüchern häufig, sondern es lassen sich manchmal sogar Unterschiede innerhalb einer Urkunde belegen. Kenntnisse über diese Veränderlichkeit der Namen gehören deshalb zum notwendigen Grundwissen eines jeden Genealogen. Oft lässt sich ein Toter Punkt in der genealogischen Forschung nur dadurch überwinden, dass man weiß oder vermuten kann, wie der Name noch geschrieben worden ist. Beispielsweise lebte ab 1715 ein Friedrich Jentzsch als Wirt in Ortmannsdorf bei Zwickau, der aber 1679 im nahen Wildenfels als Friedrich Gentsch geboren wurde. Dieser Übergang von J nach G ist eine Besonderheit des Erzgebirgischen.

In der folgenden Tabelle wird unter "I" die Buchstaben "I, J, Ü, Ue, Y" als Schreibweisen genannt. Die unterschiedlichen Schreibweisen sind aber auch bei Ortsnamen festzustellen. Eine zeitliche Einordnung lässt sich in den meisten Fällen nicht vornehmen es sei denn, man hat zum Beispiel in einem Kirchenbuch oder einem Amtsblatt die Umbenennung dokumentiert. Hierzu könnte ich aus meinen Sammelgebieten einige Beipiele nennen. Als gravierendes Beispiel möchte ich den Ort Constanza aus dem Gebiet der Etappenverwaltung in der Dobrudscha (Rumänien) während des 1. Weltkrieges anführen, das in der Lieteratur und verschiedenen Landkarten dieser Zeit mit Constanza, Konstanza, Constanta, Konstanta und Küstendze angegeben wird. Vermutlich gibt es noch andere Schreibweisen.

Einen Beleg für die Umbenennung von Carolinensiel (Carolinensyhl o.ä.) könnten m.E. die Kirchenbücher aus der Zeit enthalten, oder aus den o.a. Gründen vielleicht nie aufzuklären sein.

Gruß
Manfred
 
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