Thema: Altdeutschland Preussen: Stempelformen
Werner Steven (RIP) Am: 12.10.2011 13:00:23 Gelesen: 14878# 1 @  
Vorläufer der genormten Poststempel

Preußen



Nach dem Abzug der Franzosen im Herbst 1813 erhielten die vormaligen Postverwaltungen die Posthoheit zurück. Einige Postanstalten verwendeten die französischen Stempel, jetzt natürlich ohne Nummer, weiter. Der Postvertrag zwischen Preußen und Frankreich von 1817 verlangte die Einführung von Briefaufgabestempel in Preußen.

Nach und nach erhielten die Postwärterämter Einzeiler, die nur die Angabe des Aufgabeorts enthielten. Briefe ins Ausland wurden erst bei Postamt amtlich gestempelt. Bei größeren Postämtern waren Zweizeiler, mit Angabe des Aufgabeorts, des Monats und Tages im Gebrauch.

Diese Zeilenstempel haben sich nicht bewährt und andere Stempelformen wurden erprobt. Es gab Nieren- und Hufeisenstempel, Einkreis- und Zweikreisstempel.
Die ersten Einkreisstempel erschienen in Preußen um 1826. Durchmesser 18-30 mm, Tagesangabe in Bruchform; in größeren Städten enthielt er auch die Angabe der Aufgabestunde. Die meist sehr kleinen Stempel bezeichnen wir gerne als Fingerhutstempel.

1839 wurden in Berlin Stempel von 22 mm Durchmesser mit 2 Kreisen eingeführt. Sie enthielten oben den Aufgabeort und unten die Aufgabestunde; Tages- und Monatszahlen befanden sich in Bruchform im inneren Kreise.

1847 und 1850 kamen Rechteckstempel zum Einsatz. In der oberen Zeile steht der Name der Postanstalt, darunter, wenn sinnvoll, eine nähere Bestimmung. Die untere Zeile gibt das Datum, ab August 1862, auch das Jahr an, zu Trennung gibt es die unterschiedliche von Stern, Kreuze, Rosetten usw., gefolgt von der Uhrzeit, ab 1850 mit der Abkürzung Vm und Nm und ab 1857 in V und N für Vor- und Nachmittag, gleichzeitig erschienen auch Halbstundenzahlen.

Mit der Einführung der ersten preußischen Postwertzeichen am 11. November 1850 wurde Vierringstempel mit einer Nummer zur Entwertung der Marken geliefert. In alphabetischer Reihenfolge wurde für jedes Postbüro eine Nummer vergeben.
Ursprünglich wurden das Stempelgerät und die dazu gehörigen Auswechselungsteile für Datum und Uhrzeit, vom Hauptpostmagazin in Berlin ausgegeben und verwaltet. Hauptlieferanten für die Briefstempel war die Firma Pistor & Martin.



Die am 1. Januar 1850 geschaffenen Oberpostdirektionen waren nicht an einen bestimmten Lieferer gebunden, sondern konnten die Stempel von jeder geeigneten Firma beziehen. Hauptbezugsquelle blieb aber nach wie vor Berlin, und die Berliner Form galt als Muster für alle andern preußischen Stempel.
 
Magdeburger Am: 12.10.2011 17:15:54 Gelesen: 14858# 2 @  
@ Werner Steven [#1]

Hallo Werner Steven,

ich nehme Deinen Beitrag als Beispiel für das Postamt Magdeburg. Wie überall gab es Unterscheide.

In Magdeburg wurden erstmalig 1808 Ortsstempel genutzt. Die ersten waren sogenannte Postwärter-Stempel bevor die "echten" westphälischen Stempel verwendet worden. Nach Abzug der Franzosen sind Ortsstempel nicht bekannt.

Die ersten preussischen Ortsstempel, welche mit Beginn des Jahres 1817 eingesetzt wurden, fanden auch in Magdeburg Verwendung. Jedoch sollten nur Brief bestempelt werden, welche in Ausland gingen, auch in das deutsprachige. Erst ab 01.März 1817 waren alle Brief zu stempeln. Verwendet wurden zweizeilige Stempel. Als Bsp. 02.02.1817 nach Braunschweig.



Postwärtereien, welche dem Postamt Magdeburg unterstanden, stempelten mit Einzeiler und liefen zum übergeordneten Postamt. Bsp. Heimersleben nach Dessau.



Verschiedene zweizeilige Stempel wurden verwendet. Als nächste Form wurden Nierenstempel ab etwa 1826 eingesetzt, welche parallel neben den schon verwendeten eingesetzt wurden.



Da auch diese Form keine befriedigen Ergebnisse brachte, kam der kleine Einkreiser mit Angabe der Uhrzeit ab etwa 1832 auf. Vieles spricht dafür, dass bei diesen Fingerhut-Stempel nur die Tages- und Monatsangabe wechselbar waren. Die Durchmesser liegen etwa zwischen 18 bis 21 mm.

Soweit ich bisher gesehen habe, verschwand der Nierenstempel sowie auch der Zweizeiler. Für die Uhrzeit 7 - 8 ist der Zusatz M = Morgens mir bekannt. Einen Zusatz A = Abends habe ich noch nicht gesehen.



1838 wurden erstmals grosse Zweikreiser verwendet, welche suggessive den Fingerhutstempel ablösten. Hier handelt es sich defintiv um Stempel mit feststehenden Stundenangaben. Da nur für die Uhrzeit 7 - 8 Früh- als auch Abendzeiten möglich waren, wurden diese mit dem Zusatz M = Morgens und A = Abends versehen. Ob dieser Zusatz tauschbar war, scheint fraglich.



Ohne jetzt auf Einzelheiten einzugehen, wurde ab 1841 (in der Litheratur wird jedoch schon 1839 erwähnt) ein kleiner L2 - Stempel eingesetzt. Bisher ist er nur bei der Fahrpost, bei Retourbelegen, Insinuationsdokumenten und Transitbelegen bekannt. Er soll bis 1851 verwendet worden sein.



Mit Einführung der Freimarken, gab es ab 15.11.1850 den Vierringstempel, welcher zur Markenentwertung genutzt wurde. Zusätzlich wurde der Ortsstempel beigesetzt. Hier in der Regel der bisher in Verwendung gebliebene grosse Zweikreiser.



Einen zweizeiligen Rahmenstempel gab es wahrscheinlich ab 1848/9, welcher jedoch bisher nur als sogenannter Nachtstempel in Gebrauch war.



Eine Jahresangabe läßt sich ab 1863 nachweisen. Es sind teilweise defintiv schon genutzte grosse Zweikreis-Stempel hierfür bearbeit worden, möglicherweise auch noch nicht genutzte bzw. neue. Sicher ist auch, dass mindestens ein neuer Zweikreiser verwendet wurde, bei dem die Uhrzeit wechselbar war. Dieser kommt mit dem Uhrzeitzusatz N = Nachmittag vor, mit V = Vormittags noch nicht gesehen.



Als letztes zur Preussenzeit, wurden große Einkreiser ab etwa Mitte 1867 eingesetzt. Diese beendeten alle vorher verwendeten Stempelgeräte.



Selbstverständlich gibt es noch mehr Stempel, wie den Hufeisenstempel, Franco-Stempel in Form des großen Einkreisers, welche vor dem Einsatz des grossen Einkreiser eingeführt wurden. Diese sind auch während der Zeit des Norddeutschen Postbezirks weiter verwendet wurden. Ich habe auch auf die Stempel des Bahnpostamtes verzichtet.

Vielleicht kann jemand anderes hier ein anderes Beispiel noch zeigen.

Mit freundlichem Sammlergeruss

Ulf
 
Altdeutschland Am: 14.12.2012 13:42:24 Gelesen: 13975# 3 @  
Hallo zusammen,

dann mache ich mal weiter mit einem Beispiel eines frühen F(ranco) Stempels von 1867.



Aus Düsseldorf/Preußen nach Mähren, Portorate 8 Sgr. für 2. Gewichtsstufe + Recommandation

Schönen Tag
Altdeutschland
 
Saguarojo Am: 12.02.2019 14:00:25 Gelesen: 8515# 4 @  
Hallo zusammen,

habe hier einen Retourbrief von Duderstadt nach Braunschweig vom 8.5.1867.

Auf der Siegelseite ist neben dem Stempel aus Braunschweig ein kleinerer Kreisstempel, der sehr unleserlich ist. Kann mir jemand was zu diesem Stempel sagen? Ich erkenne darauf eine 9 3/4 M, darunter eine 10 und eine 5.





Am oberen Rand der Briefrückseite steht "Annahme verweigert..." Den Rest kann ich nicht entziffern. Kann das jemand lesen?



Viele Grüße

Joachim
 
mausbach1 (RIP) Am: 03.10.2019 10:06:29 Gelesen: 7840# 5 @  
Preußen in Freudenberg Westfalen



1852 von Freudenberg - großer Kreisstempel ohne Jahreszahl - nach Cöln mit kleinem Kreisstempel ohne Jahreszahl



Nummernstempel 437 (Freudenberg) auf MiNr. 2a, 3

Glückauf!
Claus
 
Magdeburger Am: 03.10.2019 15:06:54 Gelesen: 7815# 6 @  
@ Saguarojo [#4]

Hallo Saguarojo,

es sieht doch sehr nach dem Ausgabestempel in Duderstadt aus.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
London-Dieter Am: 04.10.2019 04:05:35 Gelesen: 7781# 7 @  
Konnte diesen Beleg mit einem Zweikreisstempel ohne Uhrzeit (und ohne Jahreszahl) gerade von einem Flohmarkt auf La Palma ergattern (neben weiteren alten Zehdenick-Stempeln, die bereits eingestellt sind). Der Brief geht von Zehdenick nach Potsdam ist aber ohne jeglichen Inhalt.

Kann man das Verwendungsjahr in etwa annähernd ermitteln aus der Stempelform ohne Uhrzeit unten wie oben von mausbach1 bereits gezeigt?

Besten Dank im Voraus.


 
mausbach1 (RIP) Am: 04.10.2019 09:22:44 Gelesen: 7760# 8 @  
@ London-Dieter [#7]

Großer Zweikreisstempel Freudenberg von der Preußenzeit ist mir mit Uhrzeit nicht bekannt.




1853 nach Versmold




1858 nach Cöln




1864 nach Salzkotten
 
mausbach1 (RIP) Am: 04.10.2019 09:47:54 Gelesen: 7752# 9 @  
[#5]

Der Stempel FREUDENBERG ohne Jahresangabe mißt 27 mm, Stempel von CÖLN 22 mm




Zweikreisstempel von SIEGEN mit Jahreszahl und mißt Durchmesser 25 mm
 
London-Dieter Am: 04.10.2019 20:56:19 Gelesen: 7711# 10 @  
@ mausbach1 [#8]

Danke!

Habe den weiter oben von Dir rechts gezeigten Cölner Stempel (mit der Uhrzeit) verwechselt mit dem von Freudenberg (ohne Uhrzeit). Meine beiden Zehdenick-Stempel messen beide im Durchmesser 26 mm.
 
London-Dieter Am: 04.10.2019 21:04:52 Gelesen: 7708# 11 @  
Einer der gefundenen Zehdenick-Belege hat auf der Rückseite einen Stempelabschlag der "OSTBAHN". Er lief von Zehdenick nach Stettin. Der Stempelabschlag müsste nach 1852 erfolgt sein, denn die direkte Strecke Berlin - Stettin wurde erst im Jahre 1852 fertiggestellt (lt. Wikipedia).

Natürlich konnte er auch auf einer anderen, bereits bestehenden Strecke nach Stettin befördert worden sein.

Vielleicht kann jemand von Euch etwas Näheres zu dem Bahnpost-Stempel sagen?

Beispielsweise die Bezeichnung "II T", was verbirgt sich dahinter?

Besten Dank im Voraus.


 
Magdeburger Am: 05.10.2019 09:12:54 Gelesen: 7682# 12 @  
@ London-Dieter [#11]

Hallo London-Dieter,

Bezeichnung "II T" = steht für 2. Tour an diesem Tag.

Mit freundlichem Sammlergruss

Ulf
 
London-Dieter Am: 05.10.2019 22:42:30 Gelesen: 7651# 13 @  
@ Magdeburger [#12]

Danke dir für fixe Antwort, wieder ein kleines Stück weiter.