Neues Thema schreiben   Antworten     zurück Suche   Druckansicht  
Thema: Bundesfinanzhof Urteil zur Steuerpflicht für Ebay Privatverkäufe
Richard Am: 29.05.2012 22:35:25 Gelesen: 18943# 1 @  
Nr. 34 vom 16. Mai 2012

Umsatzsteuer bei Verkäufen über „ebay“

Mit Urteil vom 26. April 2012 V R 2/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass beim Verkauf einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen über mehrere Jahre über die Internet-Plattform "ebay" eine nachhaltige, unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit vorliegen kann.

Die Klägerin, eine aus einem Ehepaar bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), veräußerte über "ebay" Gegenstände unterschiedlicher Produktgruppen (u.a. Briefmarken, Puppen, Modelleisenbahnen, Kunstgewerbe, Schreibgeräte, Porzellan, Software, Fotoartikel, Teppiche) sowie Gegenstände, die sich keiner gesonderten Produktgruppe zuordnen ließen. Hieraus erzielte sie im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen ca. 2.200 DM, im Jahr 2002 aus 356 Verkäufen ca. 25.000 €, im Jahr 2003 aus 328 Verkäufen ca. 28.000 €, im Jahr 2004 aus 226 Verkäufen ca. 21.000 € und bis zur Einstellung der Tätigkeit im Sommer 2005 aus 287 Verkäufen ca. 35.000 €. Das Finanzamt behandelte die Verkäufe in den Jahren 2003 bis 2005 als nachhaltige und somit unternehmerische Tätigkeit. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Die grundsätzliche Frage, ob es sich bei derartigen Verkäufen über "ebay" um eine unternehmerische Tätigkeit handeln kann, bejahte der BFH. Er hat dabei seine Rechtsprechung fortgeführt, wonach die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen ist, wobei eine Reihe verschiedener, nicht abschließend festgelegter Kriterien zu würdigen ist. Die Würdigung des FG, wonach die vorliegende Verkaufstätigkeit nachhaltig ist, sei möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Eine Zurückverweisung der Rechtssache an das FG zur erneuten Entscheidung war jedoch erforderlich, weil die Feststellungen des FG nicht ausreichten, um beurteilen zu können, ob tatsächlich die GbR oder nur der Ehemann im Rechtsverkehr aufgetreten ist. Außerdem kam bei einigen Veräußerungen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in Betracht.

(Quelle: http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=25979&linked=pm )

---

Wer gerne liest, hat dazu reichlich Gelegenheit:

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 26.4.2012, V R 2/11

Zur Unternehmereigenschaft beim Verkauf von Gegenständen über "ebay" - Auslegung der Klageschrift - Verzicht auf Berichtigung des Rubrums bei Aufhebung des FG-Urteils

Leitsätze

1. Der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über die Internet-Plattform "ebay" kann eine der Umsatzsteuer unterliegende (nachhaltige) unternehmerische Tätigkeit sein; die Beurteilung als nachhaltig hängt nicht von einer bereits beim Einkauf vorhandenen Wiederverkaufsabsicht ab.

2. Bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang liegt keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Händler i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die über einen Zeitraum von mehreren Jahren vorgenommene Veräußerung einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen auf der Internet-Auktions-Plattform "ebay" der Umsatzsteuer unterliegt.
2

Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die aus den Eheleuten W.K. und M.K. bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Das Finanzgericht (FG) bezeichnet dagegen im Rubrum W.K. und M.K. jeweils als Kläger und ist von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
3

Zum 1. November 2001 eröffneten "die Kläger" auf der Internet-Plattform "ebay" ein Nutzerkonto, das sie dazu berechtigte, an Online-Auktionen verschiedenster Waren und Gegenstände sowohl als Verkäufer als auch als Käufer teilzunehmen. Für dieses Nutzerkonto wählten "die Kläger" den Nutzernamen "X". Das Nutzerkonto war durch ein Passwort vor dem unbefugten Gebrauch durch Dritte geschützt.
4

In der Folgezeit veräußerten "die Kläger" über die Plattform "ebay" unter ihrem Nutzernamen eine Vielzahl von Gebrauchsgegenständen an jeweils unterschiedliche Käufer. Die zu verkaufenden Gegenstände hatten "die Kläger" bei der Erstellung des jeweiligen Auktionsangebots verschiedenen Produktgruppen zugeordnet, so vor allem den Gruppen "Barbie", "Besteck", "Briefmarken", "Buch", "Computer", "Erzgebirge", "Goebel", "Goldetui", "Goldschmuck", "Harley", "Käthe Kruse", "Kaweco", "Konzert", "Majolika", "Märklin", "Montblanc", "Münze", "Nerz", "Parker", "Pelikan", "Porzellan", "Schildkröt", "Schreiben", "Schuco", "Software", "Steif" (gemeint wohl: "Steiff") und "Uhr" sowie (jeweils nur einmal) den Kategorien "Bogner", "Foto", "Hut", "Medaille", "Minox", "Rad", "Sigikid", "Teppich" und "Waterman".
5

Daneben veräußerten "die Kläger" noch eine Vielzahl anderer Gegenstände, die sich keiner bestimmten Kategorie zuordnen ließen. Insgesamt handelte es sich im Zeitraum zwischen November 2001 und Juni 2005 um über 1 200 einzelne Verkaufsvorgänge. Hieraus erzielten "die Kläger" Erlöse, die sich im Jahr 2001 (bei 16 Verkäufen) auf 2.617 DM, im Jahre 2002 (bei 356 Verkäufen) auf 24.963 EUR, im Jahre 2003 (bei 328 Verkäufen) auf 27.637 EUR, im Jahre 2004 (bei 226 Verkäufen) auf 20.946 EUR bis zur Einstellung der Tätigkeit im Sommer 2005 (bei 287 Verkäufen) auf 34.917 EUR beliefen. Die Erlöse vereinnahmten "die Kläger" jeweils über ein von ihnen gemeinschaftlich gehaltenes Ehegattenkonto bei der A-Bank.
6

"Die Kläger" gaben bei Einstellung der Verkaufsangebote auf der Plattform "ebay" jeweils an, es handele sich um einen Privatverkauf. Eine Gewährleistung für die verkauften Gegenstände übernahmen "die Kläger" gegenüber dem jeweiligen Käufer nicht.
7

"Die Kläger" gaben weder eine Umsatzsteuererklärung ab noch erklärten sie die von ihnen erzielten Erlöse im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2001 bis 2005.
8

Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre (2003 bis 2005), in denen es "den Klägern" steuerpflichtige Umsätze von 23.825 EUR (für das Jahr 2003), 18.057 EUR (für das Jahr 2004) und 30.101 EUR (für das Jahr 2005) zurechnete und die sich daraus ergebende Umsatzsteuer für 2003 auf 3.812 EUR, für 2004 auf 2.889,12 EUR und für 2005 auf 4.816,16 EUR festsetzte.
9

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, "die Kläger" seien nicht nur gemeinschaftlich und selbständig zur Erzielung von Einnahmen, sondern auch nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG) tätig gewesen. Ob eine Betätigung als nachhaltig anzusehen sei, sei anhand einer Reihe verschiedener Kriterien zu beurteilen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen Nachhaltigkeit sprächen. Da es auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankomme, könne nicht bereits mit Rücksicht auf das Vorliegen eines dieser --im Übrigen nicht abschließenden-- Merkmale die nachhaltige Betätigung eindeutig bejaht oder verneint werden; vielmehr müssten die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden.
10

Die Tätigkeit "der Kläger" sei von Beginn an auf unbestimmte Zeit, auf eine hohe Zahl von einzelnen Verkaufsfällen und auf die Erzielung erheblich über die Grenze einer Betätigung als Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG) hinausgehender Erlöse angelegt und daher als nachhaltig zu beurteilen. Das folge zum einen aus der Vielzahl von Auktionsverkäufen, nämlich insgesamt 1 200, was im Jahr 2004 durchschnittlich viereinhalb und im Zeitraum Januar bis Juni 2005 durchschnittlich elf Geschäftsvorfälle je Woche bedeutet habe. Auch die Höhe der erzielten Erlöse von durchschnittlich 70 EUR im Jahr 2002 über 84 EUR und 92 EUR in den Jahren 2003 und 2004 auf zuletzt 121 EUR im Jahr 2005 sei zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien die Verkaufsauktionen mit einem erheblichen Organisationsaufwand verbunden gewesen.
11

Aus den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juni 1987 X R 23/82 (BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744) und vom 16. Juli 1987 X R 48/82 (BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752) zur Veräußerung von Briefmarken- bzw. Münzsammlungen ergebe sich mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte für den Streitfall nichts anderes. Das FA habe die in Rede stehenden Umsätze auch der Höhe nach zutreffend der Umsatzbesteuerung unterworfen.
12

Hiergegen wenden sich "die Kläger" mit der Revision. Sie seien nicht unternehmerisch tätig gewesen, weil sie von Anfang an lediglich vorgehabt hätten, ihre Sammlungen aufzulösen. Sie hätten die Sammlungsstücke nicht mit Wiederverkaufsabsicht erworben und hätten durch die Verkäufe lediglich ihr Vermögen umgeschichtet. Insoweit seien die Verkaufsaktivitäten von vornherein bis zum Verkauf des letzten Sammlungsstücks begrenzt gewesen. Der private Charakter der Verkäufe ergebe sich schon aus dem bei "ebay" geführten sog. account. Sie, "die Kläger", hätten bewusst einen Privatzugang und nicht einen auf gewerbliche Tätigkeit ausgerichteten "Shop-Zugang" gewählt.
13

Es sei auch nicht richtig, dass die Erzielung der Erlöse erheblich über die Grenze einer Betätigung als Kleinunternehmer hinausgegangen sei. Im Jahr 2004 hätten die Erlöse bei nur 20.946,12 EUR und damit nur unwesentlich über der Grenze von 17.500 EUR gelegen.
14

Auch habe das FG die Anzahl der Verkäufe und den Transaktionsdurchschnitt unzutreffend ermittelt. Für die Berechnung einer durchschnittlichen Verkaufszahl pro Tag sei lediglich auf die Streitjahre (2003, 2004 und 2005) abzustellen. In diesem Zeitraum hätten sie, "die Kläger", nur 663 Transaktionen getätigt und nicht 1 200.
15

Es seien auch nicht jeden Tag Verkäufe erfolgt. Vielmehr hätten teilweise mehrere Tage oder gar Wochen zwischen einzelnen Transaktionen gelegen. Die durchschnittlichen Erlöse habe das FG fehlerhaft mit 92 EUR statt nur 80,96 EUR ermittelt.
16

Das FG sei zu Unrecht von einem hohen Organisationsaufwand ausgegangen, weil die Sammlungen ohnehin hätten katalogisiert werden müssen. Es könne daher von einem zeitlichen Aufwand pro Woche von höchstens fünf Stunden ausgegangen werden.
17

Die Rechtsprechung verlange für die Annahme einer nachhaltigen Tätigkeit u.a. die Durchführung von Werbemaßnahmen. Darunter sei aber nicht ein bloßes Anbieten der Waren im Internet zu verstehen. Werbung erfordere vielmehr die Umsetzung umfangreicher Maßnahmen, die vorliegend nicht erfolgt sei.
18

Die Grundsätze der BFH-Urteile zum Verkauf von Briefmarken- und Münzsammlungen seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Sie, "die Kläger", hätten nicht nur eine, sondern mehrere Sammlungen unterhalten, für die die Grundsätze aus den o.g. BFH-Urteilen jeweils gesondert anzuwenden seien. Die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 20. Juni 1996 C-155/94, Wellcome Trust Ltd. (Slg. 1996, I-3013) und des BFH vom 30. Juli 2003 X R 7/99 (BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408) zum An- und Verkauf von Wertpapieren seien auf den vorliegenden Fall ebenfalls übertragbar. Ihre über Jahrzehnte aufgebauten Sammlungen stellten ebenso wie Wertpapierbesitz Privatvermögen dar, welches durch sie, "die Kläger", verwaltet werde. Es könne keinen Unterschied machen, ob das Privatvermögen in Wertpapieren oder in Sammlungsstücken angelegt werde.
19

Aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) ergebe sich im Übrigen, dass der Unternehmerbegriff sämtliche Tätigkeiten eines Händlers, also sowohl An- als auch Verkäufe erfordere.
20

Selbst wenn sie, "die Kläger", als Unternehmer anzusehen seien, habe das FG jedenfalls die Umsätze zu Unrecht dem Regelsteuersatz unterworfen. Es habe nicht berücksichtigt, dass auf den Verkauf von Münzen, Büchern und Briefmarken der ermäßigte Steuersatz anzuwenden sei. Schließlich liege ein klarer Verstoß gegen den Inhalt der Akten vor. Es sei nicht eindeutig klar, wie die Umsätze ermittelt worden seien. Das FG stütze sich auf die "ebay"-Verkaufsliste. Aus dieser Liste gingen für 2005 aber lediglich 109 Verkäufe hervor, während das FA und das FG von 287 Verkäufen ausgingen.
21

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG sowie die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 29. November 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2005 aufzuheben,
hilfsweise das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 2005 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 29. November 2007 unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die verkauften Bücher, Münzen und Briefmarken zu ändern.
22

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
23

Es teilt die in der Vorentscheidung zum Ausdruck gekommene Auffassung.

Entscheidungsgründe

24

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die zwischen den Eheleuten W.K. und M.K. bestehende GbR oder deren Gesellschafter W.K. Unternehmer ist.
25

1. Die Bezeichnung des Klägers in der Vorentscheidung ist unrichtig. Das FG bezeichnet im Rubrum zu Unrecht als Kläger "1. W.K." und "2. M.K.". Kläger sind nicht W.K. und M.K. als Einzelunternehmer, sondern Klägerin ist die zwischen den Eheleuten W.K. und M.K. bestehende GbR.
26

a) Die Auslegung der Klageschrift und der weiteren Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten, die der Senat selbst vornehmen kann (BFH-Urteil vom 14. November 1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; vgl. auch BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2008 I B 81/08, BFH/NV 2009, 948), führt zu dem Ergebnis, dass Klägerin von Anfang an die zwischen den Eheleuten bestehende GbR war.
27

aa) Prozessuale und außerprozessuale Rechtsbehelfe sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen, wenn eine eindeutige und zweifelsfreie Erklärung fehlt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, unter I.3. der Gründe). Maßgeblich ist, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Auch bei scheinbar eindeutiger Erklärung hängt die Bestimmung des Klägers von allen dem FA und dem FG als den Empfängern der Klageschrift bekannten oder erkennbaren Umständen tatsächlicher oder rechtlicher Art ab; dabei ist auch der im weiteren Verfahren erfolgte Tatsachenvortrag mit einzubeziehen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 VII B 26/09, BFH/NV 2010, 441; vom 26. Mai 2009 X B 215/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R683; BFH-Urteil in BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178).
28

bb) Die Klageschrift bezeichnet als Kläger die "Eheleute W.K. und M.K.". Mit dieser Klage richten sich die Eheleute W.K. und M.K. gegen die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung, die alle "W.K. und M.K." als Inhaltsadressaten aufweisen. Gleichwohl ist, auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz über ein Gesellschaftsverhältnis fehlt, die aus den Ehegatten bestehende Gesellschaft als Steuerschuldner klar bezeichnet worden, wenn --wie im Streitfall aufgrund der Zusammenfassung beider Eheleute in einem Bescheid-- für die Eheleute erkennbar war, dass das FA von einer zwischen den Eheleuten bestehenden Gesellschaft als Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG und daher als Steuerpflichtige ausgeht und die Bescheide daher an diese gerichtet sind (vgl. BFH-Beschluss vom 21. April 1995 V B 91/94, BFH/NV 1995, 1042).
29

b) Eine im Revisionsverfahren grundsätzlich mögliche Berichtigung des Rubrums des finanzgerichtlichen Urteils (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28. November 1991 XI R 40/88, BFHE 168, 343, BStBl II 1992, 741, Leitsatz 1) ist im Streitfall jedoch entbehrlich, weil die Vorentscheidung insgesamt aufgehoben wird (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2004 X R 11/03, BFH/NV 2004, 1389, unter II.5.a).
30

2. Entgegen der Auffassung "der Kläger" unterliegen die streitigen Leistungen der Umsatzsteuer.
31

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
32

b) Bei richtlinienkonformer Anwendung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeübt werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist (EuGH-Urteile vom 4. Dezember 1990 C-186/89, Van Tiem, Slg. 1990, I-4363 Rdnr. 17; vom 29. April 2004 C-77/01, EDM, Slg. 2004, I-4295 Rdnr. 47).
33

aa) Der Begriff des Steuerpflichtigen wird in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (in den Streitjahren Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) unter Bezugnahme auf den der wirtschaftlichen Tätigkeit definiert. Denn gerade dass eine solche Tätigkeit vorliegt, rechtfertigt die Einstufung als Steuerpflichtiger (EuGH-Urteile vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10, Slaby und Kuæ, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2011, 1417 Rdnr. 43; vom 3. März 2005 C-32/03, Fini H, Slg. 2005, I-1599 Rdnr. 19). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Begriff "wirtschaftliche Tätigkeit" nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL (Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden umfasst, insbesondere Umsätze, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen.
34

bb) Nach der Rechtsprechung des EuGH "können der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen i.S. von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL (Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) darstellen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Derartige Vorgänge können nämlich als solche grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne dieser Richtlinie darstellen" (EuGH-Urteile Slaby und Kuæ in DStRE 2011, 1417 Rdnr. 45; EDM in Slg. 2004, I-4295 Rdnr. 58, und vom 21. Oktober 2004 C-8/03, BBL, Slg. 2004, I-10157 Rdnr. 39). Keine private Vermögensverwaltung, sondern eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn --wie hier-- der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wobei derartige aktive Schritte insbesondere in der Durchführung bewährter Vertriebsmaßnahmen bestehen können (EuGH-Urteil Slaby und Kuæ in DStRE 2011, 1417 Rdnrn. 39, 40).
35

c) Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des BFH im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können (z.B. BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2.; in BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.b).
36

Insbesondere sind zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden, das Unterhalten eines Geschäftslokals (BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2., m.w.N.). Dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit alleinentscheidendes Merkmal (vgl. EuGH-Urteil Slaby und Kuæ in DStRE 2011, 1417 Rdnrn. 26 und 49; BFH-Urteile vom 7. September 2006 V R 6/05, BFHE 215, 331, BStBl II 2007, 148 zum Testamentsvollstrecker; vom 9. September 1993 V R 24/89, BFHE 172, 234, BStBl II 1994, 57 zur Veräußerung der einem Verein mehrfach von Todes wegen zugewandten Haushaltsgegenstände durch den Verein; vom 24. November 1992 V R 8/89, BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379 zur Veräußerung einer privaten Kunstsammlung durch den Erben eines Kunsthändlers). Dass Zahl und Umfang der Verkäufe für sich genommen nicht allein maßgeblich sind (EuGH-Urteil Slaby und Kuæ in DStRE 2011, 1417 Rdnr. 37), entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, derzufolge die Zahl der Geschäftsvorfälle nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien ist (z.B. BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2.).
37

d) Die Würdigung des FG, wonach es sich bei den Verkäufen im Streitfall um eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG handelt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch die Tatsacheninstanz kommt insoweit besondere Bedeutung zu (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2.; in BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1.). Der BFH prüft als Revisionsinstanz nur, ob dem FG bei der tatsächlichen Würdigung Rechtsverstöße unterlaufen sind. Eine Bindung an die Würdigung des FG ist gegeben, wenn diese möglich war und das FG weder gegen Denkgesetze verstoßen noch wesentliche Umstände vernachlässigt hat. Ob auch ein anderes Ergebnis der Würdigung vertretbar gewesen wäre, ist nicht entscheidend (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, unter II.2.b, m.w.N.).
38

Das FG hat ausdrücklich auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt und berücksichtigt, dass mehrere, nicht allein ausschlaggebende Merkmale gegeneinander abgewogen werden müssen. Nach den Feststellungen des FG haben "die Kläger" im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen 2.617 DM, im Jahr 2002 aus bereits 356 Verkäufen 24.963 EUR und in den Streitjahren 2003 bis 2005 aus insgesamt 841 Verkäufen 83.500 EUR erzielt und dabei einen erheblichen Organisationsaufwand betrieben. Hierbei hat das FG berücksichtigt, dass ein Verkäufer --wie auch im Streitfall "die Kläger"-- "sich für jeden einzelnen zur Internet-Versteigerung anstehenden Gegenstand Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung, zu seiner Platzierung in der einschlägigen Produktgruppe und über ein Mindestgebot machen und zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses für den Gegenstand in aller Regel mindestens ein digitales Bild anfertigen muss. Außerdem muss der Verkäufer den Auktionsablauf auf 'ebay' in regelmäßigen Abständen überwachen, um rechtzeitig auf Nachfragen von Kaufinteressenten reagieren zu können, sofern diese die auf der Auktionsseite eingestellten Wareninformationen als nicht ausreichend erachten. Nach Beendigung der jeweiligen Auktion muss der Verkäufer zudem den Zahlungseingang überwachen, um die Ware anschließend zügig verpacken und versenden zu können". Das FG hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen ("ebay"-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Ob dabei ausschließlich, wie "die Kläger" meinen, auf die Geschäftsvorfälle in den Streitjahren abzustellen ist oder ob in die Gesamtbetrachtung auch die Verkäufe in den beiden Vorjahren einzubeziehen sind, ist unbeachtlich, weil im Regelfall nicht allein die Anzahl an Verkäufen zur Nachhaltigkeit führt. Ohne Verstoß gegen Denkgesetze hat das FG die nach seinen Feststellungen durchschnittlich in den Streitjahren ca. 280 über das Jahr, im Jahr 2005 nur über ein Halbjahr verteilten Einzelverkäufe als intensives Tätigwerden am Markt beurteilt und als einen Gesichtspunkt für das Vorliegen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG bewertet. Ob der durchschnittliche Einzelverkaufspreis bei 92 EUR oder bei 80 EUR gelegen hat, spielt entgegen der Auffassung "der Kläger" schon deshalb keine Rolle, weil es sich um einen nur geringfügigen Unterschied handelt. Es kommt auch nicht darauf an, ob "die Kläger" einen privaten oder einen gewerblichen Zugang gewählt haben, weil die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht unterliegen.
39

e) Der Würdigung des FG stehen --entgegen der Auffassung "der Kläger"-- nicht die Urteile des BFH in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 (Münzsammler) und in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744 (Briefmarkensammler) entgegen. Der BFH hatte darin entschieden, dass Briefmarken- und Münzsammler nur dann als Unternehmer anzusehen sind, wenn sie sich wie Händler verhalten. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Nach den Feststellungen des FG waren die von "den Klägern" vermarkteten Gegenstände 36 Produktgruppen zuzuordnen, d.h. es hätten 36 Sammlungen vorgelegen. Darüber hinaus veräußerten "die Kläger" weitere Gegenstände, die sich keiner Produktgruppe zuordnen ließen. Die von den "Klägern" laufend als Einzelstücke über eine auch von Händlern benutzte Vertriebsform verkauften Gegenstände umfassten ein weit gefächertes, vielfältiges Angebot aus den unterschiedlichsten Lebens- und Anwendungsbereichen. Das ist mit den vom X. Senat des BFH entschiedenen Fällen eines Münz- bzw. Briefmarkensammlers, der seine Sammlung en bloc aufgibt und versteigern lässt, nicht vergleichbar.
40

3. Das FG geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 19 UStG im Streitfall nicht vorliegen.
41

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Diese Voraussetzungen waren in den Streitjahren nicht erfüllt, weil der jeweils maßgebliche Vorjahresumsatz 17.500 EUR überstiegen hat. Die Umsatzgrenze von 50.000 EUR hat keine eigene Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz bereits die Grenze von 17.500 EUR übersteigt; Bedeutung hat die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des vorangegangenen Jahres geringer sind als 17.500 EUR, aber im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 EUR übersteigen (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 V B 164/06, BFHE 219, 400, BStBl II 2008, 263, unter II.2.b, m.w.N.).
42

4. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, weil die Feststellungen des FG keine Beurteilung zulassen, wer im Rechtsverkehr die streitigen Leistungen erbracht hat und deshalb --bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG-- als Unternehmer die Umsatzsteuer schuldet. Die Feststellungen des FG hierzu sind widersprüchlich.
43

Zum einen hat das FG festgestellt, dass die Eheleute W.K. und M.K. zum 1. November 2001 auf der Internet-Plattform "ebay" ein Nutzerkonto unter der Bezeichnung "X", die sich aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Eheleute W.K. und M.K. zusammensetzt, eröffneten. Das spricht für ein gemeinsames Auftreten der Eheleute nach außen. Andererseits hat das FG auf eine Mitteilung der Steuerfahndungsstelle an das FA Bezug genommen, wonach unter dem Mitgliedsnamen "X" bei "ebay" nur der Ehemann W.K. gemeldet gewesen sein soll. Das spricht dafür, dass nur der Ehemann W.K. nach außen aufgetreten ist.
44

Von der Beurteilung dieser Frage hängt es ab, ob das FA zu Recht Umsatzsteuer gegenüber der aus den Eheleuten W.K. und M.K. bestehenden GbR festgesetzt hat.
45

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 12. Mai 2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, jeweils m.w.N.). Für die Frage, ob bei Eheleuten der Ehemann, die Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer in Betracht kommt, gilt nichts anderes; auch insoweit kommt es darauf an, wer als Unternehmer nach außen auftritt (z.B. BFH-Urteil vom 25. Juli 1968 V 150/65, BFHE 93, 194, BStBl II 1968, 731; BFH-Beschluss vom 27. Juni 1994 V B 190/93, BFH/NV 1995, 654).
46

b) Das FG wird deshalb Feststellungen dazu treffen müssen, ob im Rechtsverkehr als Verkäufer die Eheleute W.K. und M.K. gemeinsam aufgetreten sind oder nur W.K. Hierbei können auch die den Kunden erteilten Rechnungen mit herangezogen werden.
47

5. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung ggf. zu prüfen haben, ob auf einzelne Umsätze der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG Anwendung findet. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Tatbestände des § 12 Abs. 2 UStG als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind (EuGH-Urteile vom 6. Mai 2010 C-94/09, Kommission/Frankreich, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2010, 781, Deutsches Steuerrecht 2010, 977; vom 18. März 2010 C-3/09, Erotic Center, Slg. 2010, I-2361, m.w.N.) und dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen der Merkmale der Steuerermäßigung trägt.

(Quelle: http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=26001&linked=urt )
 
Pommes Am: 29.05.2012 23:13:18 Gelesen: 18926# 2 @  
@ Richard [#1]

Interessante Entscheidung, die ich mir bei Gelegenheit - vermutlich am Wochenende, weil auch beruflich interessant mal komplett durchlesen werde -. Heute fehlt mir die Muse. Aber bereits nach einigen Sätzen stolpert man über folgenden Passus: ""Die Kläger" gaben bei Einstellung der Verkaufsangebote auf der Plattform "ebay" jeweils an, es handele sich um einen Privatverkauf. Eine Gewährleistung für die verkauften Gegenstände übernahmen "die Kläger" gegenüber dem jeweiligen Käufer nicht."

Der BFH (Bundesfinanzhof) hat diese "Privatverkäufe" dann aber wohl doch nicht als so "privat" begriffen; wenn man die Leitsätze liest. Wenn man aber aus diesem "privaten" Rahmen in den gewerblichen Bereich "abrutscht" und das hat der BGH (Bundesgerichtshof) schon seit Jahren in einigen Entscheidungen bestätigt, unterliegt man auch zahlreichen wettbewerbsrechtlichen Regeln, die mit ebenso zahlreichen Hinweispflichten (z. B. Widerrufsrecht usw.) korrespondieren. Das Wettbewerbsrecht war soweit mir bekannt in diesem Zusammenhang noch nicht aufgetaucht, aber es scheint unausweichlich.

Was bedeutet das für die "Briefmarkensammler", die hin und wieder Artikel bei ebay anbieten? Ab einem gewissen "Verkaufsumfang" ist man juristisch ganz schnell "gewerblicher Anbieter" und muss auch die gesetzlichen Hinweispflichten erfüllen. D. h. man darf sich nicht nur darauf einstellen, dass der Käufer - auch bei einem Privatverkauf - von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, sondern, auch dass man abgemahnt wird, weil man nicht über das Widerrufsrecht belehrt hat usw. und wenn dann noch das Finanzamt "vor der Tür steht" - wie hier - wird es vollends grotesk.

Die Kläger/Klägerin haben/hat hier ja zumindest beachtliche Umsätze zustande gebracht (weshalb die Entscheidung vermutlich in Ordnung geht). Aber das würde ich mal nicht als Maßstab nehmen, wie ich die deutschen Gerichte kenne. Da fallen mir ein paar nette Entscheidungen zu ein. Soweit ich dazu komme, werde ich die auch noch entsprechend verlinken.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
ligneN Am: 30.05.2012 12:19:31 Gelesen: 18850# 3 @  
Neulich konnte man auf einem "nicht-öffentlichrechtlichen Sender" eine der Dokusoaps sehen, die "Ordnungshütern" bei ihrer Tätigkeit mit der Kamera begleiten.

Diesmal war man im FA Osnabrück, genauer gesagt, bei einer der bundesweit 10 "ebay Sonderkommissionen".

Und nach welchem Kriterium durchsucht man bei Millionen Angebote?

Ohne "näher aus dem Nähkästchen plaudern zu wollen", sagte einer der Finanzbeamten, eine Dame:

Wir arbeiten u. a. folgendes ab:

1. Jahresumsätze

Reporter: "Was ist da interessant"?

Antwort: "Gehen sie mal von der Umsatzsteuer-Umsatzgrenze aus." (d.h. um 17.500 Euro)

2. Angebot: gebrauchtes, d.h. Sammlerdinge oder Neuware?

D. h. wer als Privatanbieter 100e X-Boxen, Elektroschrott, Digi-Kameras usw. und dann noch ab 6stelligem Jahresumsatz vertickt, ist "im Fokus".

***

Das ist nun schon mal konkreter.

Vor einigen Jahren hat ja ein Richter in Frankfurt/Main eine Mutter verknackt, die über ebay gebrauchtes Babyzeugs ihres Kindes (Klamotten/rausgewachsen, Kleinkindspielzeugs) verkauft hatte. Es ging um 13 Sachen mit Umsatz unter 150 Euro.

Das sei alles irrelevant, es handele sich um wiederholte Verkaufstätigkeiten-dingens und wg. Steuerhinterziehung verurteilt.

Verhältnismäßigkeit oder "typische Flohmarktware", sowas hat den hohen Herrn nicht interessiert.

Er wollte wohl irgendwelchen "Anfängen wehren" und "Kante zeigen". Soll beruflich ja förderlich sein.

Solche Richter brauchts nicht wirklich, meint

ligneN
 
Tabaluga Am: 30.05.2012 18:39:48 Gelesen: 18785# 4 @  
@ ligneN [#3]

Er wollte wohl irgendwelchen "Anfängen wehren" und "Kante zeigen".

Jeder Richter bildet sein eigenes Urteil er hat dazu einen gewissen Spielraum

Richter sprechen Recht, ob gerecht, das ist eine ganz andere Sache !

Zu Privatverkauf oder gewerblich:

Ganz schnell kann auch ein vermeintlich privater Briefmarkenanbieter gewerblich werden.

Ein Bekannter (leidenschaftlicher Sammler) hat die Plattform des Internets genutzt (Ebay) und seine überschüssigen Sammlungen angeboten und was sonst noch bei Sammlern so rumfliegt. Der Verkauf lief ganz ordentlich und eines Tages kam er dann auf die Idee die aktuellen Neuerscheinungen der Bundausgaben immer gleich mehrfach postfrisch anzubieten. Das ging zwei Jahre lang gut, dann bekam er Nachricht vom Finanzamt und der Staatsanwaltschaft.

Hat ihm viel Ärger und eine saftige Geldstrafe eingebracht.

Er ist geheilt !

mfg
Jens
 
Pommes Am: 06.06.2012 21:55:52 Gelesen: 18629# 5 @  
@ ligneN [#3]

An die Entscheidung mit den gebrauchten Kindersachen hatte ich mich auch erinnert. Meines Erachtens war das völlig überzogen. War allerdings auch ein anderer Zusammenhang als in dieser Entscheidung hier.

Zu den "gewerblichen Problemen" bei ebay und Co. findet sich hier http://www.internetrecht-rostock.de/unternehmer-ebay.htm eine für den Anfang ganz gute Übersicht zu Urteilen und Beschlüssen.

@ Tabaluga [#4]

Ganz richtig. Recht und Gerechtigkeit, Legalität und Legitimität haben heute und auch in der Vergangenheit ([zu] oft) nicht viel gemein. Das Problem ist nur, wer das jeweils zweite Postulat (Gerechtigkeit und Legitimität) definiert. Bei dem jeweils ersten (Recht und Legalität) ist das schon einfacher zu beantworten: Der Souverän (in etwa: Inhaber der Staatsgewalt). Wer das jeweils ist (Diktator, Kaiser, Königin, "das Volk", Rebellen, Partisanen oder Gott bzw. der "Finanzkapitalismus" etc. etc.) - da gehen die Meinungen ja bereits wieder auseinander 8-) und sind auch historisch nicht immer stringent.

---

Die Entscheidung hier ist vertretbar, hat aber auch inhaltliche Schwächen - wie ich finde. Für den Briefmarkensammler sollte man sich lieber an die Entscheidungen zur Briefmarken- ( http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1987/XX870744.HTM ) bzw. Münzsammlung ( http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_1987/XX870752.HTM ) aus 1987 halten, auch wenn nicht klar ist, ob heute immer noch so entschieden würde!

Ansonsten sollte man betonen, dass derjenige, der unter den jeweiligen steuerlichen Freibeträgen liegt, einen ruhigen Kopf bewahren sollte. Wer tatsächlich beabsichtigt eine größere Sammlung aufzulösen, welche wertmäßig über diesen Beträgen liegt, sollte allerdings mit Bedacht vorgehen.

Quintessenz: Die umsatzsteuerrechtliche Problematik dieser Entscheidung hier dürfte für die wenigsten hier im Forum eine Rolle spielen (ggf. eher für die Erben :-) und auch das nur bei entsprechend werthaltiger Sammlung), die Frage nach gewerblicher Tätigkeit, sowohl zivilrechtlich als auch ggf. wettbewerbsrechtlich für die Zukunft, schon eher.

Mit den besten Sammlergrüßen
Thomas
 
DL8AAM Am: 07.06.2012 13:58:20 Gelesen: 18576# 6 @  
@ Pommes [#5]

Was sagte mein Professor in der Uni [1] schon:

"Recht hat mit Gerechtigkeit nichts und absolut nichts zu tun bzw. soll und darf es auch nicht" und "wer hier Gerechtigkeit sucht, soll gehen und Theologie studieren" ;-)

Und Recht hat er, Gerechtigkeit kann nur rein subjektiv sein, dass jeder vollkommen anders empfindet. 95% aller Streithähne vor Gericht glauben die Gerechtigkeit ist auf ihrer Seite und nicht auf der des Nachbarn. Es soll auch Mörder gegeben haben, die meinen gerecht gehandelt zu haben. Recht kommt mehr von RechtsSICHERHEIT.

Das Dumme (oder Gute) ist nur, dass Recht sich immer weiter entwickelt, insbesondere wenn neue Dinge - wie das Internet oder eBay - auftauchen, die bisher noch nicht 'sauber abgekaspert' sind. Aus diesem Kontext läßt sich auch das Kinderkleidungsurteil erklären. Nach 10-20 amtgerichtlichen Urteilen und 5-6 Revisionen bildet sich 'irgendwann' eine neue Rechtsauffassung zu diesen Themen aus. Und das ist gut so.

Gruß
Thomas

[1] Nein, ich bin keiner dieser Juristen, haben schon genug im Freundes- und Bekanntenkreis, nur ein ordinärer Geologe/Paläontologe, d.h. auf RTL-Deutsch "Steine- bzw. Fossilienforscher". Man hatte uns nur damals vernünpfigerweise geraten, auch einige Vorlesungen Jura (plus Wirtschaft) zu belegen, da das "überall mit dazugehört". Humboldt, der Vater der modernen Naturwissenschaft hatte ja auch alles abgedeckt. ;-) Leider haben unsere nachfolgenden Bachelor-Studenten (oder besser "universitäre Schüler") keine Zeit mehr für dieses sinnvolle Tun. Aber das ist jetzt wirklich OT.
 
Richard Am: 11.07.2012 08:25:43 Gelesen: 18002# 7 @  
@ Tabaluga [#4]

Hat ihm viel Ärger und eine saftige Geldstrafe eingebracht.

Hallo Jens,

das war kein leidenschaftlicher Sammler, sondern wohl ein Schwarzhändler, wenn er gewerblich tätig war ohne ein Gewerbe anzumelden und Steuererklärungen abzugeben. Seine Steuerhinterziehung geht zu meinen Lasten und zu Lasten aller ehrlichen Steuerzahler.

Erläutere bitte etwas genauer:

- wie hoch lagen seine Jahresumsätze ?
- hatte er ein Gewerbe angemeldet ?
- welches Finanzamt ?
- welches Gericht ?
- hatte er einen Verteidiger ?
- wegen was konkret bestraft ?
- wie hoch war die saftige Geldstrafe ?

Solange Du seinen Namen nicht nennst, ist nichts gegen die genaue Schilderung einzuwenden. Ich bin sicher, Dein Bekannter gibt Dir diese Auskünfte.

Schöne Grüsse, Richard
 
Tabaluga Am: 11.07.2012 12:13:58 Gelesen: 17973# 8 @  
@ Richard [#7]

Hallo !

Mein Bekannter will von der Geschichte nichts mehr hören, nur soviel kann ich beantworten:

- wie hoch lagen seine Jahresumsätze ? weiß ich nicht
- hatte er ein Gewerbe angemeldet ? er hatte kein Gewerbe angemeldet
- welches Finanzamt ? ?
- welches Gericht ? Amtsgericht
- hatte er einen Verteidiger ? ja, hatte er - hat ihm auch nicht aus der Patsche helfen können
- wegen was konkret bestraft ? Steuerhinterziehung und gewerbsmäßigem Betrug, soviel ich weiß
- wie hoch war die saftige Geldstrafe ? 1,700 Euro plus Gerichts und Anwaltkosten

ER ist geheilt
 



mfg
Jens
 

gestu Am: 15.07.2012 09:40:18 Gelesen: 17870# 9 @  
Das Problem bei diesem Thema ist ganz einfach: Man stellt hier einen Einzelfall voran und diskutiert dann über Steuern allgemein. Das kann nicht passen, denn es kommt "immer auf den Einzelfall" an.

Auch muss man hier zwei Dinge grundsätzlich unterscheiden: Die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer mit den Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Die Kriterien für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes sind umfassender als die Voraussetzungen für die Umsatzsteuer. Hier reicht schon die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr. Jeder kann ganz schnell Unternehmer im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes werden und somit dann auch mit allen Umsätzen, die steuerbar und steuerpflichtig sind, in die Umsatzsteuer rutschen.

Wenn man die genauen Verhältnisse nicht kennt, kann man sich kein zutreffendes Bild über die steuerlichen Verhältnisse machen.

Bei der Umsatzsteuer hat man grundsätzlich die Möglichkeit, die Regelung als "Kleinunternehmer" nach § 19 UStG in Anspruch zu nehmen. Damit kann man bei Umsätzen bis 17.500 Euro pro Kalenderjahr die Umsatzsteuer ausklammern. Man darf dann allerdings keine Umsatzsteuer in Rechnungen ausweisen, das würde wie auch andere Kriterien des § 19 UStG dann doch zu Steuerzahlungen führen.

Wenn man jetzt aber meint, dass die Umsätze im obigen Fall über 17.500 Euro im Jahr gewesen sein müssen, dann irrt man. Wenn man ohnehin (ohne den Briefmarkenverkauf) schon Unternehmer ist, dann hat man laut Umsatzsteuergesetz nur ein Unternehmen, und alle Umsätze aus den verschiedenen unternehmerischen Tätigkeiten werden zusammengefasst. Wenn man also ein kleines Geschäft hat und damit schon Unternehmer ist, dann werden die Briefmarken-Umsätze oben draufgeschlagen und die Grenze von 17.500 Euro ist auf jeden Fall überschritten.

Ob man ein Gewerbe angemeldet hat oder nicht, spielt für die Umsatzsteuer überhaupt keine Rolle!

Die Regelung in § 2 UStG ist folgende:

(1) 1 Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. 2 Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. 3 Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Obiges ist nur der Absatz 1, es folgen noch weitere Regelungen. Aber hier sieht man schon ganz klar: Jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen macht einen Sammler zum Unternehmer! Dazu kommt, dass als Bemessungsgrundlage der Umsatz genommen wird, nicht der Gewinn! Auch bei Verlust aus der Tätigkeit spielt das für die Umsatzsteuer keine Rolle!

Welches Finanzamt diese Tatbestände feststellt, ist unerheblich. Sobald ein Finanzamt Sachverhalte feststellt, die strafrechtlich relevant sind, wird ein Strafverfahren eingeleitet. Das Strafverfahren ist dann ein gesondertes Verfahren.

Die Zuständigkeit der Gerichte (Strafverfahren hat nichts mit den Finanzgerichten zu tun!) richtet sich dann nach der Höhe der Verfehlung, danach entscheidet es sich, ob das Amtsgericht oder ein höheres Gericht zuständig ist. Hier gibt es genau festgelegte Grenzen, die sich aus der Justiz ergeben, nicht von der Finanzverwaltung.

Wenn die Anklage auf Steuerhinterziehung und gewerbsmäßigem Betrug gelautet hat, dann war es nicht nur die Steuer! Wie dieser Betrugssachverhalt sich begründet, kann hier nur spekuliert werden!

Was mich hier wundert, ist die Strafe. Die ist nach meinen Erfahrungen relativ gering ausgefallen. Was hierfür nun entscheidend war, lässt sich auch nur spekulieren. Vielleicht war ja auch der Tatbestand "Betrug" hier mehr im Vordergrund und die Steuerhinterziehung nur eine Nebensache.

Wenn man die Sachverhalte nicht genau mit allen Einzelheiten weiß, kann man dazu keine konkrete Meinung abgeben.

Auf jeden Fall sollte man bei nachhaltigen Verkäufen mit der Umsatzsteuer sehr vorsichtig sein!
 
gestu Am: 11.07.2013 09:09:51 Gelesen: 16719# 10 @  
Neues BFH-Urteil:

Internetplattformen wie eBay oder Amazon müssen die Steuerfahndung mit Umsatzdaten ihrer Nutzer unterstützen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt klar, dass solche Angaben nicht geschützt sind. Das betrifft nicht nur hauptberufliche Verkäufer: Die Grenze zur Steuerpflicht ist schnell erreicht, wenn viele und vor allem teure Artikel verkauft werden.

Laut dem Urteil (Az.: II R 15/12) dürfen die Daten dem Fiskus auch dann nicht vorenthalten werden, wenn sich ein Unternehmen vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet hat.

Im konkreten Fall hatte die Steuerfahndung Hannover ein Internethandelshaus aufgefordert, die Namen aller Nutzer zu offenbaren, die pro Jahr Waren für mehr als 17.500 Euro verkauft haben. Zusätzlich sollte das Unternehmen auch die jeweiligen Geburtsdaten und Bankverbindungen nennen sowie die Pseudonyme, mit denen die Verkäufer im Internet auftreten. Dies hatte das Unternehmen abgelehnt und argumentiert, sich mit einem Schwesterunternehmen im Ausland auf Geheimhaltung der Daten geeinigt zu haben.

Vor dem Finanzgericht setzte sich die Firma mit dieser Begründung durch. Der Bundesfinanzhof hob nach der Revision des Finanzamts das Urteil aber auf und verwies den Fall zurück an das Gericht. Um welches Unternehmen es sich bei dem Rechtsstreit handelt, gab ein Sprecher des Bundesfinanzhofs mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht bekannt.

Privat und damit steuerfrei ist der Verkauf persönlicher Gegenstände oder unliebsamer Weihnachtsgeschenke, wenn die Gewinne unter 600 Euro im Jahr liegen. Der Übergang zum gewerblichen Händler ist allerdings fließend. Wer auch nur in kleinem Umfang Ware gezielt ankauft, um sie auf eBay und anderen Plattformen zu versilbern, handelt laut BFH schon gewerblich. Diese Grenze sei zudem überschritten, wenn Gegenstände "in erheblichem Umfang" im Internet verkauft werden. Einen Richtwert zur Zahl der Verkäufe gibt es nicht, in einem Fall zählten aber bereits 328 Verkäufe in einem Jahr als "unternehmerische Tätigkeit". Betroffene müssen dann ein Gewerbe anmelden und Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer zahlen. Kleinunternehmer mit einem Jahresbruttoumsatz von unter 17.500 Euro sind dabei noch von der Umsatzsteuer befreit.

Gerade bei der Umsatzsteuer wird die Sache demnächst für den Fiskus sehr interessant, denn dann gilt für Sammlermarken nicht mehr der Steuersatz von 7 % sondern der allgemeine Steuersatz von 19 %! Das bedeutet, die Steuer ist dann mehr als doppelt so hoch!

Dieses hier noch mal als kleine Erinnerung. Wer wirklich verkaufen will, sollte nicht warten, bis die Steuer 19 % beträgt!
 
JohannesM Am: 11.07.2013 10:41:40 Gelesen: 16682# 11 @  
@ gestu [#10]

Oh, Oh, wenn EBAY wirklich alle Verkäufer melden muß, dann werden einige auf die Nase fallen, die sich als Privatverkäufer angemeldet haben. Und die Umsatzgrenze 17.500 € ist ja vielleicht erst der Anfang. Wenn die Großen abgefischt sind, kommen die Kleineren daran.
 
Briefmarkentor Am: 11.07.2013 11:14:04 Gelesen: 16665# 12 @  
Dann hilft wohl nur eines. Ich werde heute noch ein Gewerbe anmelden und zukünftig alle Neuerwerbungen sofort als Betriebsausgabe geltend machen (§ 4 Abs. 3 EStG). Die Vorsteuer mache ich natürlich auch geltend, soweit ausgewiesen. Durch die so entstehenden Verluste in den nächsten dreißig bis vierzig Jahren spare ich jede Menge Einkommensteuer, habe ja schließlich nur Verluste und spare sogar noch Geld. Es sei denn, das Finanzamt behandelt meine "gewerbliche Tätigkeit" als Liebhaberei. Schließlich will der Fiskus ja nicht für meine dauerhaften Verluste aufkommen.

Oder scheitert mein neues Gewerbe schon an vier kleinen Begrifflichkeiten aus dem Steuerrecht: Nachhaltigkeit, Selbständigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (§ 15 Abs. 1 EStG)?

Weiterhin viel Spaß bei unserem Hobby.

Marko
 
gestu Am: 11.07.2013 12:27:26 Gelesen: 16631# 13 @  
@ Briefmarkentor [#12]

Wenn du nur deine Einkäufe geltend machst und dazu dann keine Umsätze tätigst, dann ist fraglich, ob die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb vorliegen und auch ob überhaupt ein Unternehmen vorhanden ist. Voraussetzung für ein Unternehmen sind Lieferungen oder sonstige Leistungen, die erbracht werden.

Ich sehe da schwarz bei dieser Taktik!
 
Briefmarkentor Am: 11.07.2013 12:51:17 Gelesen: 16618# 14 @  
Hallo gestu [13],

mein Beitrag ist ironisch gemeint. Trage ich eine Sammlung zusammen ist das mein Privatvergnügen. Was ja auch vollkommen in Ordnung ist. Entschließe ich mich irgendwann dazu, meine Sammlung aufzugeben und zu veräußern und wähle dabei den Weg über ein Onlineauktionshaus, kann ich mit dem Finanzamt Probleme bekommen. Und wer kann dann noch die ehemaligen Ankaufspreise nachweisen.

Lieferung und sonstige Leistung sind übrigens Begriffe aus dem Umsatzsteuerrecht. Einkommensteuerlich ist Unternehmer, wer nachhaltig und selbständig tätig ist, Gewinnerzielungsabsicht hat und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.

Viele Grüße

Marko
 
armeico Am: 11.07.2013 12:52:43 Gelesen: 16616# 15 @  
@ Briefmarkentor

Ich glaube, die werden dir die Firma aufgrund fehlender Gewinnerzielungsabsicht zu machen. So einfach lassen die sich ja auch nicht verschaukeln. :-)

armeico
 
drmoeller_neuss Am: 11.07.2013 14:47:04 Gelesen: 16580# 16 @  
Ich kann mich nur an einen Fall eines Arztes erinnern, der nebenbei einen Gemäldehandel hatte. Der Mann war ein guter Arzt, aber ein schlechter Gemäldehändler. :-)

Aber erst nach ein paar Jahren hat das Finanzamt dem unternehmerischen Treiben ein Ende gesetzt, und das ganze als Liebhaberei abgestempelt. Bis dahin konnte unser Doktor alle Verluste aus dem Gemäldehandel absetzen. :-) Ich muss das Urteil einmal heraussuchen.

Spass beiseite, ich habe immer empfohlen, über alle Ausgaben für das Hobby Buch zu führen. Dazu gehören nicht nur die Briefmarkeneinkäufe, sondern auch die Kilometerspesen zu den Tauschtagen und zu Postanstalten. Wer ordentliche Aufzeichnungen hat, entzieht dem Finanzamt die Grundlage für grosszügige Schätzungen.

Natürlich kann so ein Büchlein einen vor Steuerforderungen schützen, auf der anderen Seite sieht der Ehegatte, was das Hobby wirklich kostet. Diese Gefahr ist mitunter grösser als die vom Fiskus ausgehende. :-)

drmoeller_neuss, der auch schon für Verwandte Briefmarken bestellt hatte, und die in einem neutralen Briefumschlag weitergeschickt hatte. "Was war denn in dem dicken Brief von unserem Neffen?", fragte der Ehegatte meinen Verwandten. "Ach, nur Photos von der Radtour" - eigentlich waren es im Namen des Verwandten ersteigerte Auktionslose. :-)
 
Briefmarkentor Am: 11.07.2013 15:55:46 Gelesen: 16555# 17 @  
drmoeller_neuss [#16]

Eine köstliche Geschichte.

Einen Vorteil hat die Qualifizierung als Liebhaberei übrigens später noch. Sollte man wider Erwarten aus dem Verkauf tatsächlich Gewinne realisieren und das Finanzamt dann auf die Besteuerung bestehen, hält man diesem einfach das Schreiben über die Liebhaberei von vor zig Jahren unter die Nase. Mit diesem hatte sich das Finanzamt ja nun schon einmal festgelegt.

Aber das sind alles nur theoretische Gedankenspiele zu einer mittlerweile selbst für Profis undurchsichtigen Steuergesetzgebung. Pflegen wir lieber unsere Sammlungen und hoffen, das diese später in fachkundige Hände kommt und weiter wächst. Bei mir liegt dieser Zeitpunkt hoffentlich noch in weiter Ferne.

Viele Grüße

Marko
 
gestu Am: 11.07.2013 16:20:53 Gelesen: 16536# 18 @  
@ Briefmarkentor [#17]

Da irrst du dich aber gewaltig! Wenn sich die betriebswirtschaftliche Arbeitsweise ändert und durch diese geänderte Betriebsstruktur wieder Gewinne erzielen lassen, dann kann das Finanzamt wieder anders entscheiden! Es hat schon solche Fälle gegeben und die sind auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt. Man sollte sich niemals zu sicher fühlen!
 
Briefmarkentor Am: 11.07.2013 16:25:56 Gelesen: 16531# 19 @  
Und muss rückwirkend die Verluste anerkennen, soweit noch möglich.
 
guy69 Am: 12.07.2013 07:12:42 Gelesen: 16434# 20 @  
Hallo in die Runde,

wäre es nicht mal interessant von den vielen fachkundigen Schreibern zu erfahren, wie man ein Gewerbe anmeldet, das speziell auf Ebay Briefmarken Verkäufe angelegt ist. Weiterhin welche Buchführung, Abführung ans Finanzamt, Abrechnung mit dem Käufer etc.

Ich glaube hier ist die verwendete Kraft, Beiträge über ungelegte Eier und der undeutlichen Rechtsprechung zu Schreiben, besser angelegt.

Wer wagt es?

Ist in uns allen nicht ein kleiner Ebayverkäufer?
 
drmoeller_neuss Am: 12.07.2013 08:22:38 Gelesen: 16415# 21 @  
@ guy69 [#20]

Zu diesem Thema gibt es in jeder besseren Buchhandlung zahlreiche Bücher zu kaufen, manche besser, manche schlechter. Natürlich gibt auch das Internet viel Wissen her. Mein Tipp hier: Bücher sind bequemer und man kann von einen gewissen Qualitätsstandard und Richtigkeit der Informationen ausgehen.

Viele Volkshochschulen bieten auch Kurse an - einfach einmal nachfragen. :)

Auch bei der IHK kannst Du vorstellig werden, nach Deiner Gewerbeanmeldung bist Du dort ohnehin Zwangsmitglied, also nutze die Leistungen, für die Du schliesslich auch Deinen Beitrag zahlst.

Und dann bleibt noch die Grauzone oder "Gestaltungsspielraum", manches mehr legal, anderes weniger. Solche Tricks werden am besten mündlich weiter gegeben, wir wollen ja Richard als Forenbetreiber nicht dem Verdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung aussetzen.
 
Briefmarkentor Am: 12.07.2013 08:50:49 Gelesen: 16405# 22 @  
Hallo guy69 [#20],

hier ein grober Fahrplan.

Ein Gewerbe meldest du je nach den örtlichen Gegebenheiten zum Beispiel beim Stadtamt an. Dafür fallen Kosten von rund dreißig Euro an. Gleichzeitig bekommst du einen steuerlichen Fragebogen, der an das zuständige Finanzamt geht. Bist du nicht in der Lage, diesen auszufüllen, wird hier erstmals ein Steuerberater benötigt, was mit weiteren Kosten verbunden ist.

Die nächsten Schritte sind die Eröffnung eines Geschäftskontos und die Beantragung einer Umsatzsteueridentifikationsnummer beim Bundesamt für Steuern in Saarlouis. Diese benötigt man, um sich bei ebay als gewerblicher Teilnehmer zu identifizieren. Ebay hat seinen Sitz in Luxemburg. Die Kosten werden ohne Nachweis der USt-Identnummer mit der luxemburgischen Umsatzsteuer ausgewiesen. Diese Steuer geltend zu machen ist seht mühselig, zeitaufwendig und mit Kosten verbunden. Mit Nachweis der USt-Identnummer weist ebay in den Rechnungen auf die Verlagerung der Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger hin. Praktisch wird die Rechnung mit dem Nettobetrag ausgewiesen und Umsatz- und Vorsteuer sind in Deutschland zu melden. Auch hier gilt wieder, wer sich mit der Materie nicht auskennt, benötigt einen Steuerberater.

Als Buchführung reicht eine Einnahme-Überschuss-Rechnung aus. Betriebsausgaben, ausgenommen für das Anlagevermögen sind sofort abziehbar. Betriebseinnahmen erst bei Zufluss. Dem Finanzamt sind im ersten und im zweiten Jahr monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen auf elektronischem Wege einzureichen, danach je nach gemeldeter Steuer des Vorjahres monatlich, vierteljährlich oder jährlich. Jährlich dann die Einkommensteuer- und die Gewerbesteuererklärung. Im Zweifel auch wieder Arbeit für den Steuerberater.

Bei den Rechnungen an die Käufer gilt der berühmte Satz aus dem Steuerrecht. Kommt darauf an. Hier die ganzen Besonderheiten aufzuführen, würde zu weit führen. Und wenn der Leser nach dem oberen Teil nicht schon gelangweilt (genervt) abwinkt, dann spätestens nach einer ausführlichen Erläuterung der Rechnungslegung.

Fakt ist doch folgender. Wir alle sammeln Postwertzeichen, wir handeln nicht mit ihnen. Natürlich veräußern wir hin und wieder auch einige Stücke auf unterschiedlichsten Wegen. Ich zum Teil auch über ebay. Dies aber nicht nach den Kriterien, die das Einkommensteuergesetz an eine gewerbliche Tätigkeit knüpft. Wie der Verkauf einer kompletten Sammlung später steuerneutral gestaltet werden kann, nun dies ist im Zweifel wieder mit einem Steuerberater zu klären.

Herzliche Grüße

Marko
 
DMD Am: 12.07.2013 12:44:59 Gelesen: 16342# 23 @  
Hallo,

mal eine Beispielrechnung, wie viel verkauft werden kann, ohne Umsatzsteuerpflichtig zu sein:

Bei 100 Verkäufen PRO MONAT und durchschnittlich 10 € VK beträgt der Umsatz 13.000 € (Porto nicht vergessen!).
 
Briefmarkentor Am: 12.07.2013 13:09:56 Gelesen: 16330# 24 @  
Hallo DMD [#23],

grundsätzlich unterliegen die Umsätze im Inland der Umsatzsteuer.

Es besteht jedoch die Möglichkeit der Anwendung als Kleinunternehmer bei:

- Vorjahresumsatz unter 17.500 €
- Umsatz laufendes Jahr voraussichtlich unter 50.000 €.

Allerdings kann man dann zum Beispiel nicht die in Rechnung gestellte Vorsteuer abziehen. Da heißt es genau rechnen und notfalls den Steuerberater fragen.
 
Wellensittich Am: 14.07.2013 13:57:50 Gelesen: 16255# 25 @  
Umsatz ist nicht gleich Gewinn. Und beim Ebayumsatz darf man noch 10% Ebaygebühren abdrücken und Portokosten falls man "kostenlosen Versand" anbietet und noch mehr Gebühren wenn man Zahlungen per Paypal annimmt.

Deutschland ist sehr Asymmetrisch in der Strafverfolgung geworden.

Da ist man ganz pingelig und pfilchtbewusst (kleine Ebayverkäufer verklagen) und in anderen Fällen ([...] Harz4 Betrüger mit Gewerbeschein) schaut man wohlwollend weg:

http://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/tid-29288/sozialleistungen-fuer-einwanderer-hartz-iv-der-liebe-wegen-so-grosszuegig-ist-deutschland-zu-immigranten-100-gewerbetreibende-im-gleichen-haus_aid_910231.html )

[ [...] = Ausländisches Land redaktionell entfernt, tut nichts zum Sachverhalt der Steuerpflicht bei Ebay Privatverkäufen]
 
  Antworten    zurück Suche    Druckansicht  
 
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.