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Thema: USA: Doane Stempel
Carolina Pegleg Am: 04.07.2012 05:32:54 Gelesen: 7469# 1 @  
Ich habe schon einige Male zu verschiedenen amerikanischen Stempeln geschrieben. Hier eine kurze Vorstellung einer interessanten und gerne gesammelten Gattung von Handstempeln, den “Doanes.” Doane wird ausgesprochen wie “bone” (= Knochen). Die Doane-Stempel sind benannt nach der Stempelforscherin und Postgeschichtlerin Edith R. Doane, die sich mit diesen Stempeln als erste intensiv beschäftigt hat. Es gibt mehr als 30,000 dieser Stempel und wahrscheinlich gibt es daher nur wenige Sammler die diese Stempel als Gruppe komplett sammeln. Auch ich sammele nur die Doane-Stempel von Ohio. Alle gezeigten Beispiele aus meiner Sammlung sind daher Stempel von diesem Staat. Es gibt sie aber natürlich aus den ganzen USA.

Doanes wurden in der Zeit von 1903-1906 ganz überwiegend nur an die Postämter vierter Klasse ausgegeben. Dies sind die kleinsten Postämter mit dem niedrigsten Postaufkommen, insbesondere in ländlichen Gegenden, von denen es zu dieser Zeit zehntausende gab. Die zentrale Versorgung dieser Kleinstpostämter mit geeignetem Stempelwerkzeug stellte eine logistisches, aber auch ein Kostenproblem dar. Noch bis in die 1890er Jahre waren die Postmaster der Postämter der untersten Kategorie für die Beschaffung von Stempelgerät selbst und aus eigener Tasche verantwortlich.

Die ersten standardisierten Stempel die ab den frühen 1890ern an Postämter der vierten Klasse ausgegeben wurden, waren Einkreisstempel aus Metall mit Ort und Datum (circular date stamp, cds), und separate Killerstempel. Die Doane-Stempel, die ab 1903 zur Verwendung kamen, hingegen sind Gummistempel mit hinzugesetzten Killerbalken. Aus heutiger Sicht erscheinen die Doane-Stempel als eine Variante des typischen amerikanischen 4-Balken Stempels (4-bar cancel), der auch heute noch (teils in modernen Varianten) in einer Vielzahl amerikanischer Postämter in Verwendung ist. Im Gegensatz zu den normalen 4-bar Stempeln zeigen Doanes allerdings eine Nummer innerhalb der Balken.



Doane-Stempel, Idaho, Ohio, Typ 3, Nummer 2, 24. September 1909.

Tatsächlich ist es allerdings so, was noch zu berichten sein wird, dass die Doane-Stempel die Vorläufer der 4-Balken Stempel waren.

Eine wesentliche postgeschichtliche Quelle in den USA sind die alljährlichen Haushaltsberichte des Postministeriums. So wissen wir aus dem Haushaltsbericht des Jahres 1903, dass die ersten Doanes in der ersten Hälfte des Jahres 1903 an zunächst 500 Postämter der vierten Klasse versuchsweise ausgegeben wurden. Standardausstattung für diese Postämter waren allerdings weiterhin Einkreisstempel und separate Killer. Diese erste Generation der Doane-Stempel, der Typ 1, hat fünf, und nicht vier Balken.



Doane-Stempel, South Park, Ohio, Typ 1, Nummer 2, 23. August 1909.

Die Doanes waren als Gummistempel einerseits billig und erleichterten als Duplexstempel im Vergleich zu den zuvor gebräuchlichen separaten Stempeln und Killern das Stempelgeschäft. Angeblich soll auch die Stempelqualität (Lesbarkeit) im Vergleich zu den zuvor verwendeten Metallstempeln verbessert gewesen sein. Wie es auch sei, die Versuche mit den neuen Stempeln überzeugten (wahrscheinlich überzeugte in erster Linie der Preis) und die Doanes wurden im Haushaltsjahr 1904 (1. Juli 1903 – 30. Juni 1904) als Standardausstattung für die Postämter vierter Klasse angenommen. Ab Ende August 1903 wurden Doanes an alle neu eröffneten Postämter der vierten Klasse, oder als Ersatzausstattung an etablierte Postämter der vierte Klasse, ausgegeben. Die Doane-Stempel in Type 1 waren allerdings nur kurzlebig, denn bereits ab Ende September 1903 kamen die in der Fortsetzung zu behandelnden Doane-Stempel der zweiten Generation, der Typ 2, zur Ausgabe.

Wie viele Typ 1 Doane-Stempel, fünf Balken mit Nummer, gibt es nun? Eine Liste mit Stempelzuteilungen aus dieser Zeit gibt es leider nicht. Ausgangspunkt für eine Zählung sind die im Haushaltsbericht 1903 erwähnten "etwa 500" Postämter, die die Stempeltype versuchsweise erhielten. Sodann erhielten alle etwa 250 zwischen Ende August und Ende September 1903 neu eröffneten Postämter der vierten Kategorie Doane Typ 1 Stempel. Das bringt die Gesamtzahl auf 750. Die "grosse Unbekannte" sind die als Ersatzausstattung in dem Monatszeitraum von Ende August bis Ende September 1903 ausgegebenen Stempel. Diese Zahl kann nur geschätzt werden. Man geht aber von ungefähr 850 Postämter aus, die Typ 1 Doanes als Ersatzausstattung erhielten. Die geschätzte Gesamtzahl dieser Doane Typ 1 Stempel liegt also bei 1,600. Bekannt sind derzeit etwas mehr als 1,500. Die Schätzung mag also ungefähr hinkommen.

Obwohl die Typ 1 Doanes nur in einem sehr beschränktem Zeitraum im Jahre 1903 ausgegeben wurden, bedeutet dies nicht, dass alle Typ 1 Doanes grosse Seltenheiten sind. Das oben gezeigte Beispiel von South Park, Ohio (gelegen in Cuyahoga County, dem Landkreis der Stadt Cleveland) ist aus dem Jahre 1909 und illustriert das diese Stempel teils lange Jahre verwendet wurden. Alle Stempeldaten in 1903 sind allerdings Erstverwendungsdatums verdächtig. Allgemein sind Frühverwendungen dieser Stempel aus den Jahren 1903/4 selten und kaum belegt. Ich habe bislang noch kein Stempeldatum aus diesen Jahren ergattern können. Auf die Gründe komme ich noch in einer Fortsetzung zurück.
 
filunski Am: 04.07.2012 11:12:26 Gelesen: 7439# 2 @  
@ Carolina Pegleg [#1]

Hallo Arno,

sehr interessante und detaillierte Abhandlung zu diesen mir unter dem Namen nicht bekannten Stempeln! Hast Du mal daran gedacht diese in der Philastempel Datenbank einzustellen? Sie wären sicherlich eine Bereicherung dort!

Gruß,
Peter
 
Carolina Pegleg Am: 04.07.2012 17:34:36 Gelesen: 7404# 3 @  
Hallo Peter,

danke für das Kompliment. Wie haben eine Feiertagswoche, der 4. Juli ist unser 3. Oktober sozusagen, und ich habe etwas Zeit für’s Hobby und diesen Beitrag. Die Bezeichnung Doane-Stempel ist sicher ungewöhnlich, aber ist für diese Gruppe von Stempeln genauso akzeptiert wie etwa die Bezeichnung "Klaucke" oder "Bickerdike" für die jeweils in diese Kategorien fallenden Stempel. Gerne stelle ich später ein paar Beispiele dieser Stempel zur Dokumentation in die Philastempel Datenbank ein.

Laut dem Haushaltsbericht des Postmasters General für das Haushaltsjahr 1904 (1. Juli 1903 – 30. Juni 1904) wurden 10,711 Postämter mit den neuen Doane-Stempeln ausgestattet. Die Verteilung begann allerdings erst Ende August (28. August), so dass die 10,771 Stempel also nur über eine Zeitraum von 10 Monaten verteilt worden sind. Das entspricht in etwa 1,100 Stempeln pro Monat. Da man weiss, dass im September 1903 rund 250 Postämter neu eröffnet wurden, bleiben 850 Stempel, die in diesem Monat "im Durchschnitt" als Ersatzausstattung an etablierte Postämter gegangen sein müssen. So errechnet sich also die geschätzte Zahl von 1,600 Doane-Stempeln in Typ 1: 500 experimentelle Stempel plus 1,100 aus der Vergabe Ende August – Ende September 1903. Ich weiss, das ist jetzt vielleicht ein bisschen viel Detail für jemanden, der das Thema nur liest, um ein paar schöne Stempel zu schauen, aber wenn ich nur schreibe was man vielleicht sowieso googeln kann, dann hat es ja wenig wert.

In jedem Fall waren alle ab dem 29. September 1903 ausgegebenen Doane-Stempel in einem neue Stil, der Type 2:



Doane Stempel, Zoar, Ohio, Typ 2, Nummer 3, 23. März 1907.

Die Doane-Stempel in Typ 2 haben vier Balken, wobei jeder Balken durch zwei dünne parallele Linien gebildet wird. Der obere und untere Balken sind durchgehend und in einer Unterbrechung der mittleren beiden Balken befindet sich das charakteristische Kennzeichen aller Doane-Stempel, eine Nummer.

Die Typ 2 Stempel wurden vom 29. September 1903 bis zum 30. Juni 1905 standardmässig an alle neu etablierten Postämter der vierten Klasse ausgegeben sowie als Ersatz an bestehende Postämter der vierte Klasse verteilt, wenn diese in dem genannten Zeitraum Bedarf für neue Stempel anmeldeten. Wiederum die für Postgeschichtler / Stempelsammler wichtige Frage: Wie viele der Typ 2 Doane Stempel gibt es? Eine zeitgenössische Auflistung der Postämter, denen diese Stempel zugeteilt wurden gibt es leider nicht. Der Haushaltsbericht des Postmasters General für das Haushaltsjahres 1905 (1. Juli 1904 – 30. Juni 1905) erhält leider ebenfalls keine Angabe. Die Zahlen in der Literatur liegen zwischen 17,500 und 22,000.

Meine eigene Berechnung ist wie folgt: Wenn wir von den im Haushaltsjahr 1903 ausgegebenen 10,771 Stempeln (die einzige bekannte gesicherte Nummer) ausgehen und schätzen das davon 1,100 Typ 1 waren, bleiben aus diesem Haushaltsjahr +/- 9,600 Typ 2 Stempel. Für den Zeitraum Juli 1904 – 30. Juni 1905 (Haushaltsjahr 1904) gibt es keine Zahlen. Legt man die vom zuvorgehenden Haushaltsjahr bekannte Zahl von etwa 1,100 Stempeln pro Monat zugrunde, muss man etwa 13,000 in diesem Jahr ausgegebene Stempel schätzen. Danach müssten also insgesamt etwa 23,000 Typ 2 Doanes ausgegeben worden sein. Schönheitsfehler: In 2002, dem letzten mir bekannten Zensus, waren allerdings nur rund 12,000 Typ 2 Doanes bekannt. Diese Zahl ist durch Neuentdeckungen nun sicher etwas höher, aber die Differenz zwischen der Anzahl die man nach einfacher Mathematik erwarten würde, und was bislang dokumentiert ist, ist doch recht gross.



Doane Stempel, Greentown, Ohio, Typ 2, Nummer 3, als Ankunftsstempel abgeschlagen, 30. März 1907.

Wahrscheinlich liegt der Fehler an mehreren Stellen. Zunächst waren vermutlich mehr als 10% der im Haushaltsjahr 1903 ausgegebenen Stempel Typ 1 Stempel. Die Typ 1 Stempel wurden zwar nur im ersten Monat des 10-monatigen Auslieferungszeitraumes des Haushaltsjahres 1903 ausgeliefert, es mag aber eine grössere Anzahl von aufgelaufenen Bestellungen in diesem ersten Monat ausgeliefert worden sein. Mit anderen Worten, Postämter die im Juni/Juli um neues Stempelgerät baten, hat man vielleicht hinausgezögert, bis der Versuch mit den experimentellen Stempeln abgeschlossen war. Wenn das so war, dann ist die Annahme einer ungefähr konstanten prozentualen Verteilung über die Monate falsch. Die Anzahl der Typ 1 Stempel wird zu niedrig geschätzt. Dies ist, wie gesagt, nur eine Vermutung von mir. Unabhängig davon ist wahrscheinlich auch die Zahl der im Haushaltsjahr 1904 ausgegebenen Stempel geringer als die nach der Anzahl in 1903 hochgerechneten Nummer -- anstatt 1,100 im Durchschnitt pro Monat waren es vielleicht nur 900. Das ist unmöglich genau zu sagen. Schliesslich ist es aber auch richtig, dass viele dieser Stempel schlicht noch nicht dokumentiert sind, und es eine hohe Dunkelziffer gibt. Ich habe z. B. bislang zwei neue Doanes entdeckt – und super intensiv beschäftige ich mich mit den Stempeln eigentlich nicht. Im Ergebnis liegt man mit mit einer Annahme von +/- 20,000 Doane Stempel in Type 2, die in den 22 Monaten von Oktober 1903 bis Juni 1905 ausgegeben wurden, nicht falsch. Zum Forschungsstand, Seltenheit, und Wert werde ich aber später noch mehr schreiben.
 
Carolina Pegleg Am: 04.07.2012 22:12:14 Gelesen: 7370# 4 @  
Ok, letzter Teil der hoffentlich nicht ermüdenden Typendarstellung.

Mit Beginn des Haushaltsjahres 1906, dem 1. Juli 1905, wurden eine neue -- und letzte -- Type der Doane-Stempel eingeführt, der Typ 3. Typ 3 Doanes wurden bis etwa August 1906 ausgegeben, also für einen Gesamtzeitraum von etwa 14 Monaten. Die Vergabe erfolgte wiederum standardmässig an alle neu eröffneten Postämter der vierten Klasse, sowie als Ersatz an Postämter der vierten Klasse, die in diesem Zeitraum um neues Stempelgerät im Austausch ersuchten.



Doane-Stempel, Clairborne, Ohio, Typ 3, Nummer 1, als Ankunftsstempel abgeschlagen, 14.Dezember 1908. Der Aufgabestempel von Urbana, Ohio, vom selben Tage, ist ein [link]http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=645&CP=0&F=49, Doremus-Maschinenstempel[/link]

Die Gesamtzahl der ausgegebenen Typ 3 Stempel kann ebenfalls aus offiziellen Dokumenten nicht ermittelt werden. Die in der Literatur gehandelte Schätzungen liegen zwischen 12,000 und 16,000. Die Zahl richtet sich danach, was man als monatlichen Durchschnittswert an neuen Stempeln vermuten möchte. Legt man erneut die einzige bekannte Zahl von 10,771 neuen Stempeln für Postämter der vierten Klasse innerhalb von zehn Monaten in Haushaltsjahr 1903 zugrunde, erscheinen 16,000 Stempel in 14 Monaten nicht als unmöglich, aber doch etwas hoch geschätzt. Tatsächlich sollte die Zahl geringer sein als diese Hochrechnung. Im letzten mir bekannten Zensus im Jahre 2002, waren nur 7,500 Typ 3 Doane-Stempel bekannt. Die Zahl der bislang belegten Typ 3 Doane-Stempel ist im Vergleich zu der geschätzten Gesamtzahl von 12,000 - 16,000 also recht niedrig. Ich glaube daher nicht, dass die Gesamtzahl der Typ 3 Doanes mehr als 11,000 – 12,000 betragen haben kann.



Doane-Stempel, Gahanna, Ohio, Typ 3, Nummer 3, 23. Juli 1909.

Die Doane-Stempel in Type 3 haben im Gegensatz zur Type 2 nun vier ausgefüllte Balken, ebenfalls mit einer Nummer in der Mitte. Beginnend etwa September 1906 wurde an Postämter der vierten Klasse wiederum ein neuer Stempeltyp ausgegeben: "normale" Vier-Balken Stempel (4-bar) mit durchgehenden Balken ohne Raum für eine Ziffer in den Balken. Hier die den Doanes ähnlichste Variante eines 4-bars mit nur der Angabe AM/PM (vormittags/nachmittags) im Stempel:



4-bar Stempel, Centerville, Mass., 18. August 1910.

Und die Version für etwas grössere Postämter mit Uhrzeitangabe:



4-bar Stempel, Riegelsville, New Jersey, 18. May 1910.

Die Geschichte ist damit natürlich nicht zu Ende. Es wurden über die Zeit verschiedene Varianten der 4-bars verwendet usw. Vielleicht setze ich die Stempelgeschichte irgendwann einmal in einem separaten Beitrag fort, oder ergänze mit etwas mehr Detail die Periode vor Einführung der Doanes. Eine allgemeine Zeitlinie der Stempel, Hand und Maschine, wäre sicher eine gute Idee für später. Hier jedenfalls, was ich vermitteln möchte, geht es nur um eine winzige Episode in der grossen Geschichte der Entwicklung von Stempeln im allgemeinen, und der jahrzehntelangen Suche des U.S. Postal Departments nach einem geeigneten Stempelgerät für die zehntausende verstreuten Klein- und Kleinstpostämtern im besonderen. Mit der Einführung des 4-bars im September 1906 hat diese Suche einen vorläufigen Abschluss gefunden. Varianten der 4-bars dominieren die folgenden Jahrzehnte und sind auch heute noch gang und gäbe.
 
DL8AAM Am: 05.07.2012 13:43:44 Gelesen: 7337# 5 @  
@ Carolina Pegleg [#4]

Nur kurz und bündig: Besten Dank für die super Zusammenstellung! Ich freue mich auch schon auf die über die modernen 4-bars.

Viele Grüße
Thomas
 
Carolina Pegleg Am: 09.07.2012 03:25:31 Gelesen: 7280# 6 @  
Hallo zusammen,

wahrscheinlich braucht es noch ein oder zwei Fortsetzungen, je nach dem wie ich den Rest aufteile, aber wir nähern uns dem Ende. Bevor ich mich Fragen zu Wert, Seltenheit, Forschungsstand, Literatur und "Sonstigen" zuwende, möchte ich in dieser Fortsetzung den für mich kontroversesten Teil bei den Doane-Stempeln ansprechen, die Bedeutung der Nummern. Dabei ist die Frage nicht was die Nummern bedeuten--diese Frage ist geklärt--sondern warum diese Information in die Stempel hinein codiert wurde.

Zunächst eine kurze Zusammenfassung bis hierhin: Doane-Stempel ("Doanes") ist die Bezeichnung für eine bestimmte Gruppe von Stempeln von U.S. Postämter der vierten Klasse, deren charaktistisches Kennzeichen der Entwerterteil mit Balken und einer Nummer ist. Eingeführt wurden sie in der ersten Hälfte 1903, mit der versuchsweisen Verteilung von 500 Stempeln. Ab August 1903 bis August 1906 waren diese Gummistempel dann die Standardaustattung für Postämter der vierten Klasse. Vor Einführung der Doanes nutzten diese Klasse von Postämtern zumeist aus Metall gefertigte Einkreisststempel und separate Killer. Im September 1906 wurden die Doanes von Gummistempeln mit vier Balken aber ohne Nummer abgelöst.

Sieht man von der kurzen Experimentierphase ab, wurden Doane-Stempel also nur drei Jahre ausgeliefert. Innerhalb dieses kurzen Zeitraumes wurden allerdings in etwa 30,000 dieser Stempel an die Postämter verteilt. Die Schätzung der genauen Zahl bereitet ein grosses Problem. In den drei Jahren ihrer Verteilung folgten drei verschiedene Typen dieses Stempels ohne Überlappung zeitlich aufeinander. Die Typen können sehr einfach am Design des Entwerters unterschieden werden. Typ 1 wurde für die ersten 500 experimentellen Stempel und im August 1903 vergeben. Typ 2 wurde von September 1903 bis Juni 1905 zugeteilt. Typ 3 schliesslich gab es von Juli 1905 bis August 1906.

Dies sind natürlich die Zuteilungszeiträume. Verwendet wurden die Stempel bei den Postämtern, die sie erhielten, in aller Regel solange bis sie abgenutzt, verloren, beschädigt oder aus sonstigen Gründen ausgetauscht wurden. Aus der Perspektive eines Stempelsammlers ist diese klare Abfolge von Typen ein wirklicher Glücksfall. Bei einem Typ 2 Doane-Stempel, wie dem nachfolgenden Stempel von Archersfork, Ohio, kann man so beispielsweise voraussagen, dass das Erstverwendungsdatum eines Stempels im Normalfall zwischen September 1903 bis Juni 1905 liegen muss, was die Suche nach Frühdaten sehr erleichtert.



Doane-Stempel, Archersfork, Ohio, Typ 2, Nummer 2, als Eingangsstempel benutzt, 2. Februar 1906.

Die Frage was die Nummern in den Stempeln bedeuten war in der Anfangsphase der Beschäftigung mit diesen Stempeln durchaus unklar. Ohne weiteres möchte man annehmen, das es wenn es z. B. einen Stempel von Idaho, Ohio mit der Nummer 2 gibt, dass es dann auch einen Stempel mit der Nummer 1 geben sollte.



Doane Stempel, Idaho, Ohio, Typ 3, Nummer 2, 24. September 1909.

Die Nummer, möchte man vermuten, soll eine Inventarisierung der Stempel und Zuordnung von Stempelgerät zu Beamten erleichtern. Oder, als alternative Erklärung, vielleicht wurden defekte Stempel gegen Stempel mit höherer Nummer ausgetauscht, so folgt der Stempel Nummer 3 auf Nummer 2 etc. Oder, vielleicht handelt es sich um eine Kennzeichnung von Zweigpostämtern, also Postamt Idaho, Ohio 1, Idaho, Ohio 2 usw.

[Randbemerkung: Wer sich interessiert mag sich ein kurzes Video des Postamtes im Ort Idaho, Ohio, wie es sich heute darstellt, hier anschauen: http://www.youtube.com/watch?v=_Iokg_NRKr8 . Man mag sich die Frage nach eventuellen Zweigpostämtern, dann noch einmal im Ernst vorlegen :). Das einzige was bei dem Video noch fehlt sind Tumbleweed-Büsche, die über die Strasse wehen.]

Wie dem auch sei, alle diese Theorien sind falsch. Postämter der vierten Klasse erhielten standardmässig nur einen einzigen Stempel. Dieser Stempel hat manchmal eine 1, oder eine 2, 3, 4, 5 usw. wobei es allerdings schon den ersten Forschern auffiel, dass wirklich hohe, zweistellige Nummern selten sind. Auch sind Orte, die mehr als einen Doane-Stempel hatten, extrem selten; dies sind z. B. solche Orte, die einen Doane-Stempel als Erstaustattung erhielten und kurze Zeit später, noch innerhalb des dreijährigen Zuteilungszeitraumes, um Ersatz für einen beschädigten oder verlorenen Stempel nachsuchten. Und dabei kam es dann vor, dass der erste Stempel eine 1 zeigte, und der nachfolgende eine 5 ... Diese Nummernzuweisung machte komplett keinen Sinn.

Tatsächlich richtete sich die Nummer im Stempel, wie spätere Forschung etablierte, nach den Gehalt des Postmasters. Im Gegensatz zu den Postmastern und sonstigen Beamten der grösseren Postämter, erhielten die Postmaster der Postämter vierter Klasse nur ein im wesentlichen kommissionsabhängiges Gehalt. Postämtern, bei denen das Jahresgehalt des Postmasters unter $100 lag, wurden Stempel mit der Nummer 1 zugeteilt. Lag das Gehalt zwischen $100 und $200, enthielt der Stempel die Nummer 2, bei einem Gehalt zwischen $200 und $300, die Nummer 3 usw. Bei neueröffneten Postämtern, bei denen noch kein Gehalt bekannt war, wurde die Nummer 1 vergeben.

[Randbemerkung: Wo ich das schreibe, fällt mir ein, dass ich vielleicht von Anfang hätte erklären sollen, was überhaupt Postämter der vierten Kategorie sind. Ich hole das später nach; will jetzt nicht den Fluss unterbrechen].

Die Frage, was die Nummern in den Stempeln bedeuten, ist damit beantwortet. Eine "5" bedeutet, das der Postmaster des Ortes im Jahre der Zuteilung des Stempels ein Gehalt von mehr als $400, aber weniger als $500, bezog. Also, wenn ihr das für irrwitzig haltet, seid ihr nicht alleine. Was für einen Sinn soll es haben, diese Information in den Stempel aufzunehmen? Die Erklärung, die in der Literatur hauptsächlich vertreten wird, teile ich nicht. Sie geht wie folgt: Die Nummer knüpft an das Gehalt des Postmasters an, und das Gehalt des Postmasters, weil es überwiegend auf Kommissionen aus Briefmarkenverkäufen basiert, spiegelt das Geschäftsaufkommen des Postamtes wider. Die Nummer ist damit eine indirektes Mass des Geschäftsaufkommens. Aufgrund dieser Überlegung argumentieren einige Autoren, dass die Nummern dazu dienten den Abnutzungsgrad der Stempel besser verfolgen zu können. Ein Stempel mit der Nummer 1 oder 2 sollte nicht schneller abnutzen ein Stempel mit der Nummer 5 oder 6, und diese Erkentnisse sollten dem Postministerium bei der Frage, ob Doane-Stempel tauglich seien, hilfreich sein.

Ich halte diese Erklärung für Quatsch, und werde meine Meinung wahrscheinlich dann ändern, wenn mir jemand aus dem Postarchiv Korrespondenz beibringt, die diese abstruse Begründung belegt. Meine Erklärung, ebenfalls unbewiesen, ist viel einfacher, ich mss aber ein bisschen ausholen.

Nach sehr vereinzelten Versuchen mit Landpostzustellung (Rural Free Delivery), die es zuvor nicht gab, wurde in den USA ab 1900 nach und nach ein landesweites System der Landpostzustellung eingeführt. Zuvor gab es Briefträger nur in der Stadt, und wer auf dem Land wohnte musste die Post selbst am Postamt abholen. Das RFD-System explodierte förmlich ab Anfang des Jahrhunderts und die Einführung der RFD ist wieder ein Thema was einen ganzen eigenen Beitrag rechtfertigt. Wie dem auch sei, als Bestandteil der Neuerung gab das U.S. Postal Department beginnend ab dem 1. August 1900 an alle Landbriefträger Stempel zur Entwertung der unterwegs auf der Route gesammelten Briefe aus. Diese Verodnung wurde allerdings bereits am 1. Juli 1903 wieder abgeschafft und es wurden keine weiteren Stempel mehr an die Landpostbriefträger mehr ausgegeben. Diese nur kurzlebigen "offiziellen" RFD-Stempeln (im Unterschied zu den Stempeln, die sich die Landbriefträger sich nach dem 1. Juli 1903 ggf. selbst beschafften) waren ebenfalls Gummistempel. Und so sahen sie aus:



Beispiele von RFD Stempeln aus Creston, Ohio, Rome, N.Y., und Bristol, Connecticut.

Es gab bei diesen Stempel über ihren dreijährigen Ausgabezeitrum hinweg ein paar Varianten, aber das grundlegende Design ist immer gleich. Links befinden sich in Linienform die Buchstaben R.F.D., darunter das Ausgangspostamtes der Route (häufig die Kreisstadt), das Datum und die Angabe des Bundesstaates, und rechts ein Entwerterteil mit vier oder fünf Balken, die im Inneren eine Nummer enthalten, die Nummer der Landpostroute.

Leider ist es recht schwierig gut abgeschlagene R.F.D. Stempel zu finden und ich kann nur mit den obigen Beispiele dienen. Troztdem sollte für jeden die Ähnlichkeit des Entwerteiles mit den Doane-Stemplen klar erkennbar sein. Bei den unteren beiden ist der Entwerter wie bei einem Typ 1 Doane Stempel (fünf Balken), der obere ähnelt einem Typ 2 Doane (vier hohle Balken). Bei diesen Stempeln machen die Nummern Sinn. Sie geben die Landpostroute an, da von demselben Postamt in aller Regel mehrere Routen ausgingen. Meine Vermutung ist ganz einfach, dass man sich, als man Anfang 1903 beschloss an die kleineren Postämter ebenfalls Gummistempel auszugeben, aus Gründen der Einfachheit an dem Design und der Ästhetik der R.F. D. Stempel orientierte. Möglicherweise hat der Hersteller, der mit der Herstellung der 500 experimentellen Stempel beaufragt wurde, bei dem Ministerium angefragt "was für eine Nummer soll ich denn in die Stempel machen." Und ohne sich weiteres zu denken, wurde dann gesagt "nimm halt das Postmeistergehalt."

Die Anknüpfung an das Gehalt ist dabei nicht so abstrus, wie es zunächst erscheint, da die Postvorschriften in einer Vielzahl von Zusammenhängen auf diese Kriterium abstellten. Ich stelle allerdings in Frage, dass man sich zu dem Zeitpunkt irgendwas dabei gedacht hat, als man began diese Nummern zu verwenden. Für ebenso wahrscheinlich (ohne weitere Information) wie die oben wiedergegebene vorherrschende Meinung in der Literatur halte ich es, dass der Hersteller die treibende Kraft war, der anscheinend (offensichtlich?) Gussformen oder Teile, die für die RFD-Stempel benutzt wurden, für die ersten experimentellen Doane-Stempel einsetzte. Als dann die Stempel einige Zeit später offiziell angenommen wurde, blieb es dann bei dem Design.

Auch wenn in der Literatur dieser Zusammenhang nicht explizit erwähnt wird, halte ich es für keinen Zufall, dass zum 1. Juli 1903 beschlossen wurde, keine offiziellen Landpoststempel mehr auszugegeben, und praktisch zeitgleich beschlossen wurde, die Postämter der vierten Klasse mit neuen Stempeln auszustatten. Ein grosser Prozentsatz der Postämter, die Ausgangspunkt der Landpostrouten waren, waren Postämter der vierten Klasse. In dem Umfang, in dem die Stempelung nicht mehr von den Landbriefträgern selbst erledigt wurde (und das Postaufkommen überhaupt durch das RFD-System anstieg) war es nötig, die Postämter aufzurüsten. Wie gesagt, dies waren die ersten Duplex-Stempel, die an diese untergeordneten Postämter ausgeliefert wurden. Zuvor musste in zwei Durchgängen, nach amerikanischer Vorschrift, die Marke mit einem Killer entwertet werden und der Orts-/Datumsstempel daneben gesetzt. Die Doanes brachten also für viele Postämter eine grosse Erleichterung.
 
Carolina Pegleg Am: 03.09.2012 22:35:17 Gelesen: 7021# 7 @  
So geht es, wenn man ein Thema an einem freien Wochenende anfängt, und dann wieder die Arbeit über einen herein bricht. Tut mir leid für die Verzögerung bei der Fortsetzung. Nun ja, jetzt geht es ja weiter – an einem weiteren langen Wochenende, denn heute ist hier Labor Day (amerikanische Version des 1. Mai). Es bleiben nur noch ein paar kurze Erläuterungen / Ergänzungen übrig, die ich hoffe noch vor Thanksgiving fertig zu bringen. ;)

Die Doane-Stempel waren wie erwähnt für die Postämter der vierten Klasse gedacht. Ich hatte allerdings bislang nicht erklärt, worum es sich dabei handelt. Bei der Einordnung der Postämter geht es strikt nach dem Umsatz an Postdienstleistungen. So gab es zum 1. Juli 1900 in den USA 208 Postämter der ersten Klasse (Umsatz über $40,000 im Jahr), 945 der zweiten (Umsatz zwischen $8,000 und $40,000), 3,127 der dritten Klasse (Umsatz zwischen $1,900 und $8,000), und 76,688 der vierten Klasse (Umsatz unter $1,900). Postämter der ersten drei Kategorien wurden gemeinsam als "präsidiale" Postämter (presidential post offices) bezeichnet, da die Ernennung der Postmaster dieser Ämter durch den Präsidenten erfolgt. Die Postmaster der Postämter der vierten Kategorie wurden hingegen nur durch den Postminister (Postmaster General) ernannt. Während die Postmaster der präsidialen Postämter ein festes Gehalt erhielten, erhielten die Postmaster der Postämter der vierten Klasse im wesentlichen nur eine Provision.

Die Räumlichkeiten für die Postämter der vierten Klasse mussten von dem Postmaster auf eigene Kosten beschafft werden; typischerweise eine Ecke in einem Geschäft. Da die Räume durch den Postmaster gestellt wurden, durfte dieser auch die Mieten für die Postfächer behalten – und Mieten für die Postfächer waren eine Haupteinnahmequelle. Daneben gab es eine Kommission auf abgestempelte (nicht verkaufte!) Briefmarken zu den folgenden Sätzen: 100% auf die ersten $50 im Quartal; 60% auf die nächsten $100 im Quartal; 50% auf die nächsten $200 im Quartal; und 40% auf die nächsten $350 im Quartal.

Eine Provision erhielt der Postmaster zudem noch auf die Erlöse aus dem Verkauf von Altpapier, nicht zustellbaren oder weiterleitbare Zeitungen und Drucksachen, sowieso Bindfaden. Überstieg der Jahresumsatz des Postamtes $1,900, oder überstieg das Gehalt des Postmaster $250 für vier aufeinanderfolgende Quartale, wurde das Postamt zu einem Postamt der dritten Kategorie aufgewertet.

Insgesamt gab es über das Gehalt der Postmaster dieser kleinen Postämter dauerhaft klagen, da es in keiner Weise auskömmlich war. Die Gehaltsgrundsätze und Provisionssätze blieben allerdings über Jahrzehnte unverändert (obiges zitiert aus den Postal Law and Regulations von 1893). Interessant ist insbesondere die Berechnung der Provision nur auf abgestempelte Briefmarken, d.h. auf tatsächlich bei dem Postamt aufgegebene Postsendungen. So wurde verhindert, dass Postmaster Briefmarken selbst kauften, um diese z. B. bei einem Versandhaus in Zahlung zu geben.

Aus dem obigen ergibt sich, das hohe Nummern bei den Doane-Stempeln nicht vorkommen können. Wie in [#6] erklärt, richtete sich die Nummer in den Stempeln nach dem Jahresgehalt des Postmasters. Da allerdings bei einem Jahresgehalt von mehr als $250 für vier aufeinanderfolgende Quartale eine Hochstufung zu einem Postamt der dritter Klasse erfolgte, an die Doane-Stempel von Amts wegen nicht verteilt wurden, sind zweistellige Nummern etwas ungewöhnlich. Es kommen diese aber vor, da Doane Stempel gelegentlich – wenn durch den Postmaster ausdrücklich gewünscht – auch an Postämter der dritten Klasse ausgegeben wurden.

So weit so gut, es fehlen jetzt noch Hinweise dazu, wie man diese Stempel sammelt, Seltenheit und Wert, Literaturhinweise, und Stand der Forschung. Ich hoffe dies alles bald noch nachzuliefern. Es ist nur eine Frage des Aufschreibens.
 
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