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Thema: Vorphilatelie: Württemberg - Bayern
bayern klassisch Am: 12.07.2012 16:51:24 Gelesen: 10331# 1 @  
Liebe Sammlerfreunde,

ein neuer Thread für ein interessantes Thema - die Postbeziehungen Bayerns zu Württemberg.

Der Postvertrag von 1809, der erste beider Länder, sah als Vertragspartner das seit 1806 existente Königreich Bayern und auf der anderen Seite die fürstlich Thurn und Taxische Lehenspost im Königreich Württemberg. Der Vertrag wurde praktisch mit nur kleinen Änderungen bis zum 1.9.1851, dem Eintritt Württembergs mit eigener Staatspost in den Deutsch - Österreichischen - Postverein, beibehalten und galt somit als der längste Postvertrag in der deutschen Geschichte.

Anfangen möchte ich mit einem Brief aus dem württembergischen Isny (damals noch Ysny) in das bayerische Würzburg vom 21.4.1832.

Briefe zwischen diesen beiden Postgebieten hatten also 2 Taxen - eine für TT in Württemberg und eine bayerische.

Wer glaubt die Gebühren zu erkennen und erkennt darüber hinaus die kleine Besonderheit bei diesem Brief?

Liebe Grüsse von bayern klassisch


 
bayern klassisch Am: 06.09.2013 13:31:06 Gelesen: 9687# 2 @  
Liebe Sammlerfreunde,

dann werde ich mal lösen: Württemberg setzte nur einen Kreuzer (!) für sich an, wegen der Grenznähe zu Bayern. 1 Kr. war eigentlich kein Porto, sondern resultierte aus einer Sonderregelung. Hätte man die üblichen 2 oder 3 Kr. angesetzt, hätten die Absender in Württemberg sich dieses Geld gespart und ihre Post gleich in Bayern aufgegeben.

Bayern schlug seinen Auslagestempel in Augsburg auf dem einen Kr. für Württemberg ab und notierte 12 Kr. für sich bis Würzburg, so dass der Empfänger, die bekannte Firam Venino, 13 Kr. zu zahlen hatte.

"And now for something completely different", wie Monty Python so schön sagten:



Brief vom 20.2.1857 aus Kupferzell nach ?? Amt Gerabronn. Den Zielort kann ich leider nicht lesen, stehe aber mit dieser Leseschwäche nicht allein, denn die spätmittelalterliche Schrift des Absenders hatte man schon damals nur unzureichend interpretieren können, wie uns die Siegelseite beweist:

Künzelsau, 20.2., Rothenburg ob der Tauber in Bayern (!) 21.2. und Langenburg, ebenfalls 21.2..

Für Markenfetischisten: Die verklebte 3x Marke ist eine 2a oder so (lt. BPP Heinrich).

Offenbar wähnte man den Zielort in Bayern, was aber nicht der Fall war, so dass man in Rothenburg den Brief an Württemberg zurück gab.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
roteratte48 Am: 06.09.2013 14:20:35 Gelesen: 9678# 3 @  
@ bayern klassisch [#2]

Hübscher Brief nach Obersteinach (Ilshofen).

Liebe Grüsse - Rolf
 
bayern klassisch Am: 06.09.2013 15:09:38 Gelesen: 9672# 4 @  
@ roteratte48 [#3]

Lieber Rolf,

vielen Dank für die Aufklärung des Ortes - hatte ich in Ritters Lexikon von 1874 nicht gefunden, aber da habe ich schon mehrere, kleine Orte nicht gefunden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
reichswolf Am: 06.09.2013 20:44:58 Gelesen: 9644# 5 @  
Hallo bayern klassisch,

tolle Belege zeigst du hier, wie gewohnt!

Zur Deutung des zweiten Briefes ein Tipp: Auf http://www.gemeindeverzeichnis.de findet sich Obersteinach, wenn man nach Gerabronn sucht (http://www.ulischubert.de/geografie/gem1900/gem1900.htm?wuerttemberg/gerabronn.htm) Die Seite ist zumindest eine gute Ergänzung zu gedruckten Quellen, meine ich.

Beste Grüße,
Christoph
 
bayern klassisch Am: 06.09.2013 21:36:43 Gelesen: 9635# 6 @  
@ reichswolf [#5]

Lieber Christoph,

vielen Dank - ich nutze üblicherweise das Lexikon von Ritter als Reprint (Original von 1874), weil es viele Orte von damals heute gar nicht mehr gibt (gewüstet, eingemeindet, andere Schreibweise usw.).

Wenn es so nette Helfer gibt, die einem die schwierigen Briefdestinationen ausfindig machen, dann ist man in guten Händen. :-)

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.11.2015 12:37:56 Gelesen: 8752# 7 @  
Liebe Freunde,

auch wenn es keine "Vorphilatelie" ist, hoffe ich doch, den hier zeigen zu dürfen. Der Brief fällt eigentlich unter die Abteilung "gibts doch gar nicht" - und doch gibt es ihn; dank Peter Feuser kam er zu mir und wird sich hier sicher unter seinen Brüderchen aus Ulm wohl fühlen.



Am 6.4.1857 in Heilbronn von der Firma Schmitt geschrieben, wurde er am 8.4.1857 in Ulm aufgegeben und dort mit 12 Kr. frankiert. Empfänger war Mathias Duschl in Altomünster bei Augsburg. Nun gilt es zu ermitteln, welche Entfernungen zu berücksichtigen waren:

Heilbronn - Ulm = 150 km = 20 Meilen. Einfacher Brief innerhalb Württembergs = 6 Kr., Doppelbrief wie hier = 12 Kr..

Ulm - Altomünster = 93 km = 12,5 Meilen. Einfacher Brief Postverein über 10 bis 20 Meilen = 6 Kr., Doppelbrief wie hier = 12 Kr..

Bei direkter Versendung von Heilbronn - Altomünster = 23 Meilen. Einfacher Brief Postverein über 20 Meilen = 9 Kr., Doppelbrief wie hier = 18 Kr..

Bei regulärer Versendung nach Bayern hätte er also 6 Kr. mehr zahlen müssen, als so. Bei doppelter Verschickung wären es aber 24 Kr. und somit 12 Kr. mehr gewesen, als er frankiert hat. Man darf also davon ausgehen, dass unser schlauer Schwabe diese Rechnung aufgemacht hat und zu dem Schluss kam, dass er seinen Brief nur nach Ulm schmuggeln musste, um sich 6 Kr. zu sparen (je schwerer die Briefe, um so höher die Ersparnis).

Auch eine Postaufgabe im nahen Neu-Ulm nach Altomünster hätte hier keinen Erfolg gebracht, weil es dann 12,5 Meilen gewesen wären und er somit auch in Bayern über 1 bis 4 Loth 12 Kr. gekostet hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 11.02.2016 16:59:11 Gelesen: 8469# 8 @  
Liebe Freunde,

passt nicht ganz nach dem Titel hier rein, aber irgendwie doch wieder hier am besten.

Für mich als Rosinenpicker von besonderem Interesse: Postkarte zu 1 Kreuzer als Aufbrauch der K. WÜRTTEMB. POST-DIRECTION, die vorne jungfräulich belassen wurde (den Grund darf man erknobeln).



Rückseitig aber das Interessante: "Stuttgart, den 11. IV 1879 Fehlmeldung nach Speyer. Von der Zeitung il ´Interprete Nr. 15 vom 11ten IV sollen eingehen 10 Exemplare, es sind eingegangen 11 Exemplare, mithin (zu wenig wurde gestrichen!) zu viel 1 Exemplare.

Zeitungsexpedition des K. Württ. Postamts Nr. 1 Schultheiss".

Was nach einer Bagatelle aussieht, war auch eine - aber eine letztlich arbeitsintensive, denn die Anzahl der Exemplare, die die bayer. Post bezog, um sie weiter zu verkaufen, war fixiert. Also musste irgendwo ein Abonnent dieser Zeitung nun in die Röhre gucken, denn sein Exemplar lag wohl in Stuttgart und dort fand sich keiner, der es bezahlen und haben wollte.

Wie die Post in der Pfennigzeit mit sog. "Mehrmengen" verfuhr, weiß ich nicht. Aber es wäre schön heraus zu finden, was Stuttgart bzw. Speyer nach dieser Meldung veranlaßt haben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 06.03.2016 09:51:04 Gelesen: 8322# 9 @  
Liebe Freunde,

keine Weltrarität, auch keine Vorphilatelie, aber doch ein ganz nettes Briefchen mit sympathisch erhaltener Marke: Geschrieben in Ulm am 29.9.1858, lief er von Neu-Ulm aus nach Würzburg, weshalb bei über 12 Meilen 6 Kr. das treffende Franko darstellten.



Von Ulm aus wäre es ein Postvereinsbrief mit der Entfernung von 21 Meilen gewesen, der wegen einer Meile 3 Kr. mehr gekostet hätte. Und wieder ein Erfolg für Bayerns 6 Kr. Maximalfranko - Politik ...

Am 30.9.1858 kam er an - schneller wäre er via Württemberg auch nicht gewesen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.06.2016 18:57:33 Gelesen: 7904# 10 @  
Liebe Freunde,

unter leichter Beugung des Titels erlaube ich mir ein württembergisches Rosinchen in die Pfalz zu zeigen welches von Stuttgart am 1.4.1873 in den kleinen pfälzischen Ort Weidenthal lief, der fast vis-à-vis zu Frankreich liegt.



Dort kam es am 2.4.1873 auch recht zügig an - jedoch lag der dortigen Post (bisher noch keine 5 Poststücke mit diesem Stempel gesehen) wohl ein Nachsendeauftrag vor, so dass man zuerst Ankunft und sofort Aufgabe stempelte und ihn weiter in das kurz zuvor deutsch gewordene Strasbourg / Straßburg schickte. Fast unglaublich ist aber die Tatsache, dass es noch am selben Tag dort ankam und ausgetragen wurde. Chapeau!

3-Länder-Briefe aus dieser Zeit haben ihren eigenen Reiz, auch wenn ich nicht erklären kann, warum.

Die Weiterleitung war ab 1868 gratis, wenn es in die Vertragsstaaten bzw. später ins Reich weiter ging - schön hier zu sehen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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