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Thema: Postfrisch oder ungestempelt sammeln im Jahre 1947
Martinus Am: 10.08.2012 20:48:17 Gelesen: 4185# 1 @  
Da hab ich doch wieder was in meiner kleinen Sammlung von Sammler Expressen gefunden, was ich hier gern weiter gebe.

"Die Übertreibung, zu welcher neuerdings ein nur zu großer Prozentsatz der Sammler neigt, darf aber nicht so weit gehen, daß man einer ungestempelten Marke, die jahrelang friedlich auf ihrem Feld im Vordruckalbum mit einem guten Falz sorgsam angeklebt war, das Recht abstreitet, daß sie postfrisch ist!" ... hier gerät der Sammler auf Glatteis.

Sammler Express 5 aus dem Jahr 1947 Seite 74 ff. nachzulesen!

mit Sammlergruß Martinus
 
Cantus Am: 10.08.2012 21:59:35 Gelesen: 4163# 2 @  
Im Jahr 1947 war es noch weit verbreitet, postfrische Briefmarken rückseitig mit kleinen Falzen zu bekleben und sie so in (zumeist) Vordruckalben zu fixieren.

Postfrisch bedeutet jedoch "so wie von der Post verausgabt". Solche Briefmarken können daher nicht mehr postfrisch sein, denn ihre Rückseite wurde beschädigt, und auch wenn man möglicherweise den Falz wieder abbekommt, ohne ihn im Wasserbad abzulösen, so ist doch in aller Regel die rückseitige Original-Gummierung beschädigt. Eine postfrische Briefmarke jedoch muss stets von Vorder- und Rückseite gleichermaßen unbeschädigt sein, um als postfrisch gelten zu können.

Da hatte wohl im zitierten Sammlerexpress jemand seine zweitklassige Ware aufbessern wollen.

Viele Grüße
Ingo
 
chuck193 Am: 18.12.2012 03:49:02 Gelesen: 3869# 3 @  
@ Martinus [#1]

Hi Martinus,

heute Abend war ich mal dabei, ältere Beiträge zu Lesen. Heute wird ja viel von postfrisch geredet. Leider im Jahr 1947, hatte wohl keiner das Geld für Falzlos Alben, geschweige denn, irgendwelche andere Seiten, um Marken "Postfrisch", so wie das heutzutage aufgefasst ist, Briefmarken auf zu heben. Das kostete viel zu viel Geld, was keiner hatte. Auch der Falz auf postfrischen Marken war ziemlich normal bei den meisten Sammlern.

Heute steht die Sache anders. Nichtmal ein Fingerabdruck ist erlaubt, obwohl der von dem Beamten stammen kann. Also die Marke selbst postfrisch ist, so wie die gekauft wurde. Wenn es nun aber auf absolut postfrisch geht, ohne jegliche Unreinheiten auf der Rückseite, dann ist es nach meiner Meinung auch nicht richtig, eine Marke mit Prüfstempel auf der Rückseite als absolut postfrisch zu beachten. Schade um die vielen Marken mit Prüfstempeln. Also entweder es geht darum, ob postfrisch, oder nicht, denn die Marke wäre nie mit Prüfstempel von der Post so verkauft. Auch in meiner Sammlung, die von meinem Opa angefangen war, befinden sich Marken mit Falz, was mich um Marken der Zeit nicht weiter stört.

Schöne Grüsse,
Chuck
 
philapit Am: 18.12.2012 08:31:38 Gelesen: 3855# 4 @  
Hallo Martinus!

Du hast natürlich Recht zu Deiner Meinung von "postfrisch", so lang Du Deine Sammlung nicht verkaufen willst. Denn dann wirst Du große Augen machen für Falzware auch bei Spitzen sind kaum 10% vom Katalogwert zu erzielen. Nun zu den Prüfstempeln. Bei meinem Spezialgebiet SBZ/Alliierte Besetzung sind Marken
ungeprüft-Farben/Wasserzeichen/Gummierung fast unverkäuflich auch nicht tauschbar oder nur zu hohen Abschlägen, z.B. SBZ 8y (maigrün) schon von Nichtspezialisten sofort erkennbar erzielt, ungeprüft nur ca.1/3 des geprüften Wertes beim Verkauf. Daher auch die irren Wartezeiten (ca.1 Jahr) bei den Prüfern Dr. Jasch + Paul. MVP (Kramp ist schneller). Auch mir gefallen die Prüfstempel auf der Rückseite nicht. Leider haben heutzutage nicht nur die Fälscher Hochkonjunktur, sondern auch die Prüfer. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass ich 95% aller Fälschungen meines Sammelgebietes erkenne, was mir beim Tausch oder Verkauf meiner Dubletten nichts nützt. So habe ich im Jahr 2012 schon ca. 1000,00 € nur an Prüfgebühren und Attesten/Befunden bezahlt. Das Sammelgebiet(Zonen) ist zwar eines der schönsten auf Grund der Vielfältigkeit, aber eben auch eines der meistgefälschtesten (Ganzfälschungen, Gummierungen, Stempel, Aufdrucke, Zähnungen u.s.w.). Ich betreibe das Sammelgebiet forschungsmäßig, da es auch heute noch sehr viel neues bringt. Ich bin 64 und sammle seit meinem 10 Lebensjahr. Da ist natürlich schon einiges an Erfahrung vorhanden. Neusammler dieses Gebietes, wenn sie dieses etwas spezialisiert sammeln wollen, stoßen "leider" schnell an Ihre Grenzen. Vielleicht sehen das auch viele anders!

Frohes Fest und ein erfolgreiches 2013 wünscht
Philapit
 
DL8AAM Am: 18.12.2012 18:41:17 Gelesen: 3809# 5 @  
@ chuck193 [#3]

Heute steht die Sache anders.

Hi Chuck,

jou, das ist alles nur eine Frage des Zeitgeistes. Was heute vorgegeben, gewollt, usus oder gefordert ist, kann und wird wahrscheinlich morgen (auch wieder?) ganz anders bewertet werden können. Das ist mit Falz so.

Wenn ich mir die Sammlung meines Vaters anschaue, da durfte keine gestempelte Marke ins Album, wenn der Stempel mehr als maximalst 1/4 über die Ecke hereinragte, dass Markenbild durfte vom Stempel auf keinen Fall tangiert, d.h. verschandelt werden. Das war damals eben so (und bleibt weiterhin bis heute sein Standard), nur sauberst eckrandgestempelte Marken finden Gnade. Zumindest geht der Rest heute zur Caritas. Als kleiner Grundschüler bekam ich aber immer diese "verstempelten" (voll und schön rund gestempelten) Schmuddelexemplare zum Recycling durch meine Kinderpost. Da fielen dann gefühlt "100te von Heusse und Posthörnern" dem kindlichen Amokstempeln zum Opfer. Wenn ich auch nur daran denke, wird mir schon ganz anders. Aber so war der Zeitgeist und wurde auch in den Sammler-Freizeitgruppen in dieser Form vorgelebt. Das war einfach so üblich, zumindest in der "breitensportlichen" Sammlerszene, Spezialisten waren sicherlich auch damals schon 'anders drauf', sonst gäbe es heute ja auch keine 'echten' postfrischen Briefmarken aus der guten alten Falzzeit mehr.

Verschärfend kommt hinzu, dass dieser Zeitgeist auch noch regionalen Unterschieden unterliegt, so sind bzw. waren in vielen Gebieten der Erde Ganzsachenausschnitte (z.T noch immer) vollwertige Sammlerobjekte. Bei Ingo "Cantus" klappen sich bestimmt gleich wieder (verständlicherweise) die Fußnägel hoch, wenn die Verbindung Ganzsache und Schere vor seinem geistigen Auge auftaucht. Aber andere Länder, andere Zeiten, andere Sitten. Man kann Entscheidungen früherer Zeiten mit den Augen von heute nie gerecht beurteilen. Das ist genau das Problem aller Historiker, mit zeitlichen Abstand und den Wissen von heute, ist das dümmste Erstsemster schlauer als der intelligenteste Zeitzeuge von vor 100 Jahren.

Im Prinzip kann man nur raten, den "gesunden Menschenverstand einschalten", d.h. (z.B.) 'keinen Beleg zerschneiden' etc., schauen wie das private "Preis-Leistungsverhältnis" bestimmter Objekte ausfällt und dann Sammeln was hier und jetzt "Spass" macht bzw. zur individuellen Geldbörse passt. Wenn man sich nur ein verfalzte Exemplar 'Der Rarität' seines Sammelgebiets für 10% des normalen Preises leisten kann oder will (...), sollte das vollkommen OK sein, auch für all seine Vereinskollegen. Dann, aber nur nicht den Fehler begehen, beim Sammeln an eventuelle Erben und mögliche Verkaufserlöse denken. Zumindest gilt das für die weitaus meisten Fälle und Sammler. ;-) Eine unsauber gestempelte Blaue Mauritius, dem Nachwuchs zum Bekleben von Lampenschirmen im Kinderzimmer zu geben, wäre dann doch keine gute Idee, auch wenn sich dort kein sauberster Eckrandstempel darauf findet, hi. Ohje, die vielen schönen Posthörnchen. ;-(

Egal welche noch so sinnvolle erscheinende "Sachzwang-Warum-Ausrede" man haben mag, egal was der Markt aktuell fordert oder Handbücher heute sagen, eine ungebrauchte Briefmarke mit (privaten) Prüf- oder Eigentümerstempel ist keine wirkliche postfrische Marke mehr. Gleiches gilt analog für bereits gestempelte Marken. Hier einmal angerichtete Schäden (wie auch Falz oder Ganzsachenausschnitte etc.) können nie wieder vollkommen geheilt werden. Selbst wenn eine ansonsten billige Marke durch einen 'bekannten Eigentümer' preislich aufgewertet wäre, es ist und bleibt eine nachträgliche Beschädigung eines Originals.

So genug der Häresie, frohe Festtage allen Mitgliedern, Familien und sonstigen Fremdlesern,

liebe Grüße
Thomas
 
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