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Thema: DDR: Die Losungsstempel (Propaganda) der Deutschen Post
Das Thema hat 242 Beiträge:
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hajo22 Am: 18.02.2013 22:31:47 Gelesen: 171286# 1 @  
Bei den sog. "Losungsstempeln" handelt es sich um politische (Propaganda)-Stempel, die von Postämtern der DDR zu den unterschiedlichsten Anlässen in der Zeit von ca. 1950-1963/64 ("Vorläufer" soll es in 1946/49 gegeben haben) auf ausschließlich DDR-Inlandspost (ein- und abgehende Post) angebracht wurden.

Es sind also keine Sonder(werbe)Stempel, sondern reine Nebenstempel.

Wer weiß mehr über diese Nebenstempel?

Ich kann einen Brief zeigen vom 12.12.1951 (Geschäftspost).

Anlaß war wohl hier die Volksbefragung für den Abschluß eines Friedensvertrages und gegen eine Wiederaufrüstung, 1951.

Der Beleg wirft auch gleich die Frage auf: Hat hier der Betrieb schon den Nebenstempel abgeschlagen und nicht das Postamt? Gab es also auch "private" Nebenstempel neben den postamtlichen / behördlichen Stempeln?


 
hajo22 Am: 19.02.2013 10:36:37 Gelesen: 171233# 2 @  
Die Losungsstempel sollten ja nur auf DDR-Inlandspost abgeschlagen werden. Aber der Brief hier ging nach Stade/Elbe = bei Hamburg, Westdeutschland.

Hier irrte also der Postler, der den Losungsstempel abschlug. Interessant auch die Frankatur (ausgerechnet Stalin) und der Absender (Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands).

Brief v. 4.10.1954 aus Oranienbaum.

Losung: "Es liegt in deiner Hand, wähl` ein einig Vaterland!"

Wie richtig die Losung lag, zeigte sich 35 Jahre später. Und hier die Bilder (1 Bild sagt mehr als 1000 Worte):


 
hajo22 Am: 19.02.2013 10:50:33 Gelesen: 171230# 3 @  
Und weil das Sammelgebiet so schön ist, hier noch was für Berlin-Sammler.

Ein ausgewachsener Propagandastempel auf einer leider aktengelochten, aber das macht nichts, sonst hätte es das Belegstück wahrscheinlich nicht überlebt und wäre im Papierkorb gelandet, Empfangsbescheinigung über Rundfunkgebühren für den Monat Januar 1955.

Propaganda-Losung: "Der Rias lügt, die Wahrheit siegt!" (Rias = Radio im amerikanischen Sektor)


 
hajo22 Am: 19.02.2013 10:54:05 Gelesen: 171227# 4 @  
Noch eine Anmerkung zum "Rias-Propaganda-Stempel":

Die Empfangsbescheinigung wurde nicht in Berlin, sondern in Jtbg (ich vermute = Jüterbog) ausgestellt. Ist aber dennoch ein Belegstück für den Berlin-Sammler. Natürlich konnte der Sender auch in Jüterbog gehört werden.
 
hajo22 Am: 19.02.2013 10:59:01 Gelesen: 171225# 5 @  
Und noch eine Anmerkung:

Der "Losungs(propaganda)stempel" sieht wie gedruckt aus, so sauber ist er. Weiß jemand, ob dieser Stempel auf der Quittung schon vorgedruckt war?
 
hajo22 Am: 20.02.2013 13:54:28 Gelesen: 171164# 6 @  
Um das Thema ein wenig zu beleben, heute ein Brief mit dem Nebenstempel:

"Wir Postler fordern die Einberufung/einer gesamtdeutschen Beratung!"

Brief gestempelt Dresden N 2, 6.10.51

Wie ich finde, ein schöner Bedarfsbrief



Wer kann weitere Nebenstempel zeigen?
 
Georgius Am: 20.02.2013 14:23:47 Gelesen: 171161# 7 @  
@ hajo22 [#58]

Der Propagandastempel beinhaltet doch eindeutig die Absenderangaben, also wird ihn die Post sicher nicht abgeschlagen haben.

Gruß Georgius
 
hajo22 Am: 20.02.2013 15:53:25 Gelesen: 171142# 8 @  
@ Georgius [#64]

Hallo Georgius,

ja das ist natürlich naheliegend, ich hatte zunächst auch so gedacht. Aber die Sache ist wohl doch nicht ganz so einfach.

Im "Amtsblatt des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen der DDR" Nr. 44 v. 8.10.1950 und Nr. 45 vom 11.10.1950 wurden Einsatz und Verwendung solcher Gummistempel mit politischen Losungen bekanntgemacht. Auf 4 Seiten dieser Amtsblätter wurden unter dem Titel "So stempeln unsere Ämter[B] die Sendungen" rd. 100 verschiedene Stempel abgebildet.

Diese Information habe ich aus einem kopierten Aufsatz, Herkunft leider unbekannt. An die Amtsblätter bin ich bislang nicht herangekommen.

Es heißt aber dort ausdrücklich unsere [B]"Ämter"
und nicht unsere "Ämter und Betriebe".

Es könnte also so gewesen sein, daß der Stempel vom Betrieb zwar besorgt/gekauft wurde, anschließend aber dem Postamt zur Verfügung stand und nur dort gestempelt wurde aus Vorsichtsgründen um Mißbrauch/falsche Verwendung auszuschließen.

Zur Entspannung zeige ich noch einen weiteren Stempel:

Quedlinburg, 27.12.51; Losung: " Gesamtdeutsche Wahlen/ sichern den Frieden!"

Anlaß: Appell der Volkskammer der DDR an den Bundestag der BRD zu einer gemeinsamen Beratung über die Abhaltung gesamtdeutscher Wahlen und über die Beschleunigung eines Friedensvertrages mit Deutschland.

Frage: Was bedeutet das PQ im Kreis über der Losung?


 
hajo22 Am: 20.02.2013 16:01:06 Gelesen: 171139# 9 @  
Nachtrag (ich vergaß zu erwähnen) zur gezeigten Postkarte aus Quedlinburg:

Hier sieht es so aus, als ob der Losungsstempel gleich beim Amtsgericht abgeschlagen wurde (identische Stempelfarbe). Könnte ich mir vorstellen, denn das Amtsgericht ist ja auch ein Amt (Behörde).
 
hajo22 Am: 20.02.2013 18:15:34 Gelesen: 171108# 10 @  
Ich will noch einen schönen Bedarfsbrief zeigen, den ich gerade beim Belegeaufräumen gefunden habe.

Losung: "Dem deutschen Friedensstaat,/unserer DDR/gehört die Zukunft!"
Ein kräftiger Propagandastempel, der unter dem Motto läuft "Wie man sich doch irren kann" - weiterer Kommentar überflüssig.

Sonderstempel Berlin-Friedrichfelde, Tierpark, v. 1.10.1963, später Losungsstempel Ankunft bei der BVG-Kaderabt. 2.10.63

Und hier das Bild:



[Redaktionell ergänzt: BVG = Berliner Verkehrs Gesellschaft]
 
hajo22 Am: 20.02.2013 19:22:36 Gelesen: 171090# 11 @  
@ Georgius [#64]

Ich habe auf Deine Veranlassung hin noch in meinen älteren Notizen zum Thema gekramt und einen Hinweis gefunden, daß Betriebe und Organisationen Zusatzstempel bei der "Deutschen Postreklame" in Berlin C 2 bestellen konnten, die dann schon vor Einlieferung des Poststücks angebracht werden konnten.

Ich weiß aber nicht, ob das wirklich so war. Das würde dann jedoch auch erklären, daß Post mit Zusatzstempeln ins Ausland gelangte, was amtlicherseits untersagt war. Aber wer will das alles kontrollieren.

Also Kommando zurück, bei dem gezeigten Beleg kann durchaus auch der Betrieb den Stempel schon abgeschlagen haben.

Damit lassen sich Zusatzstempel im Grunde nicht mehr unterscheiden, ob amtliche oder private Initiative dahinter steht.

Ich denke, die "Deutsche Postreklame" in Berlin wird die Texte zensiert haben noch vor Anfertigung der Stempel.

Viele Grüße und danke für den Hinweis.
 
hajo22 Am: 21.02.2013 10:41:41 Gelesen: 171060# 12 @  
Und täglich grüßt das Murmeltier ...

Unter diesem Motto heute ein weiterer Losungsstempel-Beleg.

Ein Ortsbrief mit Freistempel Leipzig 12.5.52 von der Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, der schon im Werbeteil des Freistempels eine eigene Losung trägt: "Durch Frieden/zu Wohlstand!". Sicher richtig und gut.

Der Losungsnebenstempel lautet: "Rüstet zum IV. Parlament/der/Freien Deutschen Jugend/Leipzig/Pfingsten 1952", FDJ-Emblem und JP-Emblem (JP= Jugendparlament?, ich weiß es nicht).

Noch zu den Preisen solcher Belege. Für diesen Brief habe ich noch zu DM-Zeiten 21 DM bezahlt, also rd. 11 €.

Nur als Anhaltspunkt. Letztlich ist bei diesen Belegen Ausführung und Anlaß des Stempels, interessante Frankatur, Portostufe und Erhaltung ausschlaggebend und natürlich die Ankaufs-Verhandlung (d.h. kann ich auch ohne diesen Beleg als Philatelist gut weiterleben?).

Ich will mal so sagen: Für saubere Erhaltung des Beleges, deutlicher Abschlag und interessante Aussage halte ich Preise zwischen 2-15 € für angemessen. Je stärker die politische (Propaganda)-Aussage, desto höher der Preis. Ein Stempel wie "Der Rias lügt, die Wahrheit siegt" ist erheblich höher einzustufen, als z.B. der hier gezeigte Losungsstempel. Da sind schon mal 40-50 € fällig. Im Grunde zahlt man das, was einem der jeweilige Beleg "Wert" ist, d.h. wie man ihn in der Sammlung gebrauchen kann. Reine Losungsstempel-Sammlungen kenne ich nicht.

Und hier der schöne Beleg (den Stempel dürfte die Sparkasse wohl kaum angebracht haben):


 
Georgius Am: 21.02.2013 15:58:48 Gelesen: 171030# 13 @  
@ hajo22 [#12]

Hallo hajo22,

Deine Sammlung der Belege mit Propagandastempeln und die Werterläuterung finde ich schon interessant.

Zu dem JP-Emblem kann ich Dir folgendes sagen: Es ist das Emblem der Organisation "JUNGE PIONIERE" der DDR (JP). Dieses Emblem gab es auch als metallene Anstecknadel. Übrigens kannte ich den Grafiker dieses Emblems, der inzwischen verstorben ist, noch persönlich.

Gruß
Georgius
 
hajo22 Am: 21.02.2013 18:51:42 Gelesen: 171008# 14 @  
@ Georgius [#13]

Herzlichen Dank für die Info. Bei etwas Nachdenken hätte ich draufkommen können, aber manchmal hat man Mattscheibe.

*... und auch abends grüßt das Murmeltier ...*

Da will ich gleich einen weiteren netten Beleg zeigen.

Der Losungsstempel bezieht sich diesmal nicht auf einen konkreten Anlaß, sondern ist reine Propaganda:

"Die fortschrittlichsten Aktivisten/an die Spitze/unseres Staatsapparates!"

Ob das wirklich so gut war?

Und hier das schöne Stück (Leipzig, 26.1.53)


 
hajo22 Am: 22.02.2013 11:10:01 Gelesen: 170972# 15 @  
Heute ein besonders schöner Nebenstempel, der den Berlinsammler hoch erfreut:

"Deine Anleihe zum Aufbau Berlins - ein Beitrag zum Aufbau Deutschlands (Abb. Brandenburger Tor)".

Gestempelt Halberstadt 4.3.52

Frage: Hat jemand aus der Leserschaft eine Ahnung oder Informationen, um was für eine Anleihe es da ging?

Und hier der Scan:



Da ich eine Anfrage zu den gezeigten Belegen erhalten habe, will ich hier dazu sagen, daß ich von den gezeigten Nebenstempeln keine Dubletten habe und auch keine dieser gezeigten Stempel zum Verkauf stehen. Ich bedauere. Das kurz in eigener Sache.

Grüße
Jochen
 
philapit Am: 24.02.2013 15:58:43 Gelesen: 170899# 16 @  
Hallo Sammlerfreunde!

Zu dem Thema noch ein schöner Bedarfsbeleg. Ansichtskarte von Berlin 1961 mit Maschinenwerbestempel Berlin Hauptstadt der DDR und in rot der bundesdeutsche Gegenstempel "BERLIN HAUPTSTADT DEUTSCHLANDS NICHT DER OSTZONE". Toller Beleg des kalten Krieges.

Gruss
philapit


 
hajo22 Am: 24.02.2013 17:07:05 Gelesen: 170888# 17 @  
@ philapit [#220]

Ja hallo,

es handelt sich um einen Westberliner Gegen-Propaganda-Stempel gegen einen Maschinenwerbestempel der Ostberliner Post, hat daher mit dem Thema Losungsstempel (= Nebenstempel) der Deutschen Post/DDR nicht unmittelbar zu tun. Siehe Nr. 2 des Themas "Westdeutsche und Westberliner Gegenpropaganda im Kalten Krieg", das ich vor Kurzem ins Forum eingestellt habe. Dieser Gegen-Stempel läuft unter dem Begriff "Postkrieg".

Da die Losungsstempel ja ausdrücklich nicht auf Auslandspost (also auch nicht auf Post nach Westdeutschland oder Westberlin) abgeschlagen werden sollten, gibt es keine Gegenpropaganda-Stempel auf Aussagen der Losungsstempel und sollte es auch nicht geben. Aber es gilt: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Gesehen habe ich so etwas allerdings noch nicht.

Dein Beleg gehört in die Kategorie "Postkrieg" (Gegenpropaganda).

Viele Grüße
Jochen
 

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