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Thema: (?) (1180) Rohrpostbelege
Das Thema hat 1184 Beiträge:
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heide1 Am: 04.09.2011 20:25:04 Gelesen: 1307327# 685 @  
@ telosgraphein007 [#675]

Moin,

mein Wissen wegen Rohrpost in Hannover habe ich von einem Postler, der damals dort tätig war. Mehr weiss ich auch nicht. Ich habe aus bestimmten Gründen die Angewohnheit, alles was ich von Älteren höre und sehe, zu notieren. So gebe ich dann einfach mal mein Wissen in Threads weiter - obs bekannt ist, weiss ich natürlich nicht. Aber eins weis ich, wenn (ich sags mal überspitzt) die ALTEN weg sind, ist auch denen ihr Wissen unwiederbringlich weg, ich habs genug erlebt. Wenn es nicht eben jemand aufschreibt - so einer von diesen komischen Typen bin ich. So, genug der Lobduselei hier.

Zeige jetzt die Seiten mit den von Dir geklärten Rohrpoststempel, hoffentlich habe ich alles in die richtige Reihenfolge gebracht. Seht es Euch bitte mal an, und übrigens - Papa Heuss grüßt mit.

Gruß Jürgen


 
cartaphilos Am: 04.09.2011 22:04:26 Gelesen: 1307302# 686 @  
@ heide1 [# 680]

Guten Abend Jürgen,

ja, das ist eine Darstellung, die mir angemessen erscheint. Es muß meines Erachtens nur noch genau identifiziert werden, ob Berlin N65 zu dieser Zeit wirklich in der Müllerstraße lag, wie ich mal schnell aus meiner Erinnerung geschrieben habe. Aber das ist mit Schröters Berlinstempel-Handbuch oder einem der Büttners schnell zu klären, hoffe ich. Tatsächlich machte das PA Berlin N 65 im Laufe seiner Geschichte doch die eine oder andere Standortveränderung durch.

Einen schönen Abend
telosgraphein007
 
cartaphilos Am: 04.09.2011 22:24:55 Gelesen: 1307296# 687 @  
@ Concordia CA [#684]

Ja, danke für die Belege und ich bin sicher, daß dies alles mit der Ostberliner Rohrpost gelaufen ist. Das Auswechselamt für Rohrpost mit den Ämtern im Westsektor war Berlin N4 und wir finden diesen Stempel regelmäßig auf Orts-Eilsendungen von Ost nach West. So nehme ich an, daß der Stempel mit dem dicken R unten links dort bei der Rohrpostabwicklung in Berlin N4 im Einsatz war. Vielfach ist er stark verschmutzt, dann wieder schwach abgeschlagen und irgendwann auch einmal sehr klar und deutlich.

Nach meinen Kenntnissen taucht dieser Stempel zu Beginn der 1950er Jahre auf und bleibt bis in die 1970er im Einsatz. Auch wenn man sich über Belege mit diesem Stempel noch sehr freuen mag, so ist er doch aufgrund seiner langen Laufzeit recht häufig anzutreffen und es kommt meiner Meinung nach vor allem darauf an, einen sauberen Abschlag zu erwischen. Besonders schön ist es, wenn er vorderseitig abgeschlagen ist, was meist bei eiligen oder pneumatischen Postkarten der Fall ist:



Ich habe aber auch einen vollkommen abartigen Beleg in meiner Sammlung, bei dem es sich um einen gewöhnlichen Fernbrief von Ost-Berlin nach München handelt. Er stammt auch vom Postamt Berlin-Stalinallee O 94 vom 23. April 1959, 17 Uhr. Aus unerfindlichen Gründen wurde er in Ost-Berlin als Rohrpostsendung behandelt und erhielt den Automatenstempel mit dem dicken R um 17.57 Uhr. So weit so schön, doch das nicht genug: In München angekommen wurde er noch einmal per Rohrpost befördert udn erhielt rückseitig den Automatenstempel von München 19 am 24. April 1959 um 11.55 Uhr:



Also: echte Doppelrohrpost Ost-Berlin / München, und dies ohne auch nur einen Pfennig dafür bezahlt zu haben. Wie lange haben Philatelisten daran gebastelt, 'echte' Doppelrohrpost Berlin/München durch entsprechende Vorausfrankatur und Wegehinweise hinzubekommen? Und hier wird ein simpler Brief, vielleicht wegen der roten Briefmarke, die man für einen Eilbotenaufkleber hielt, gleich zwei Mal schnell durch's Rohr gepustet. Vielleicht fand man aber auch das Motiv des Brandenburger Tors so schön, daß dieser Brief in beiden deutschen Staaten und bei beiden deutschen Postverwaltungen einfach eine Sonderbeförderung bekam. ;-)
 
blaujacke Am: 07.09.2011 18:39:00 Gelesen: 1306774# 688 @  
Ich suche fachmännischen Rat zur Rohrpostbeförderung der DRUB-Marinesachen des Admiralstabes. Ich besitze drei Belege und stelle hier DRUB 1 (Aufgabe bei W 9 13.7.16 10.20 V) vor




Der Leitvermerk "56" ist mir unerklärlich, weil W 56 keinen Rohrpostbetrieb hatte. Auf der Rückseite ist nur der (Teil des Ausgefertigt-Stempels vom HTA? Stempelabdruck "10 58/58" als Eingangsbestätigung.

Nach einem Austausch mit DerLu komme ich zu folgendem Wissensstand: Die überwiegende Zahl der bekannten DRUB-Belege wurde an das Auswärtige Amt adressiert und davon tragen die meisten den Leitvermerk "56". Damit könnte das Postamt W 56, Französische Str. 33 d, gemeint sein. Einige Belege sind mit dem Leitvermerk "8" oder "9" versehen und haben z.T. auf der Rückseite den Ankunftstempel der Rohrpost-Betriebsstelle W 8 (Französische Str.9-12). Manchmal ist auch der Ausgefertigt-Stempel des HTA zu finden.

Auf welchem Wege mögen nun die Marinesachen in das Auswärtige Amt gelangt sein? W 8 war die nächstgelegene Rohrpoststelle, W 56 oder HTA hätten eine Strecken- und Laufzeitverlängerung bedeutet! Zur Veranschaulichung ein Kartenausschnitt:


 
cartaphilos Am: 08.09.2011 04:47:09 Gelesen: 1306532# 689 @  
Postbeförderung der DRUB-Marinesachen des Admiralstabes

Guten Morgen,

auch auf meinem erbärmlichen, schlecht gestempelten und zerlumpten Lappen, der sich DRUB 3 nennt, gestempelt im Berlin W 9 am 5.4.1917, steht 56 in rot draufgeschrieben.





Hinten ist nichts drauf, mit Ausnahme des schwarzen Brikettstempels [10] des Eilzustellers. Ich erspare Euch die noch erbärmlichere Ansicht der Rückseite.

Das sagt aber schon eines: Der Brief ist von einem Postboten final transportiert worden. Nehmen wir an, es handelte sich dabei um einen Zusteller von W 56. Wie kam der an diesen Brief? und: Weshalb gerade ein Zusteller von W 56 und nicht, was viel naheliegender wäre, einer von W 8?

Da W 56 keinen Rohrpostanschluß hatte, oder wenigstens keinen, von dem wir wissen, dürften wir erst einmal eine Beförderung von W 9 nach W 8 annehmen, und dann weiter nach W 56, d.h. erst einmal weiter in östliche Richtung, um dann wieder ca. 1500 Meter nach Westen zurückzurudern, um den Brief zuzustellen.

Annahme 1:
In W 56 gab es spezielle für Regierungsgeschäfte bereitgehaltene Boten mit besonderer Verschwiegenheit und Geheimhaltungspflicht, denn bei den DRUB's handelt es sich ja zumeist um Sendungen an die Chiffrierstelle des Auswärtigen Amtes, d.h. um Nachrichten, die offensichtlich besonderer Geheimhaltung unterlagen. Hier hat entweder der Admiralstab Verschlüsseltes oder zu Verschlüsselndes respektive Entschlüsseltes ans AA geschickt.

Annahme 2:
Wir wissen viel zu wenig von den außerhalb des offiziellen Programms imstallierten Rohrpostanschlüssen in Berlin. Ist es wirklich anzunehmen, daß der Geheimnisträger des Admiralstabes seine geheimnisvollen Botschaften einfach beim Postamt in die rote Rohrpostbriefkiste wirft, bis sie dann geleert und die Sendung weiterbefördert wird? Eine Sonderabfertigung wird es da schon mindestens gegeben haben.

Annahme 3:
Ein Teil der Strecke wurde nicht per Rohrpost, sondern mit anderen Transportmitteln zurückgelegt. Es ist durchaus bekannt, daß nicht alles, was wie gelaufene Rohrpost aussieht und sogar Rohrpost-Ankunftstempel hat, auch wirklich mit der Rohrpost befördert wurde. Weiter oben [#591] habe ich ein Telegramm vorgestellt, das den Rohrpostankunftstempel von Neukölln aufweist, aber rückseitig den gestempelten Hinweis darauf, daß es wegen Unterbrechung des Betriebs der Straßenbahn sich verzögert hat. Mit anderen Worten: eine Sendungsart wie dieses Telegramm, die aussieht, als sei sie per Rohrpost befördert worden und alle entsprechenden Merkmale aufweist, wäre in Wirklichkeit und im Normalfall üblicherweise mit der Straßenbahn befördert worden. Also: die Straßenbahn oder was auch immer an Transportmitteln spielte beim Transport von Sendungen sogar dort, wo es Rohrpostanschlüsse gab, eine Rolle. Und hier noch einmal die Frage: Wie kam die Sendung von Admiralstab vom W9 über W8 an das nichtrohrpostführende Postamt W 56?

Vorschlag für die Rekonstruktion des Betriebsablaufs bei der Beförderung von DRUB's:

1. Aufgabe der Sendungen in W9 bei einem Sonderschalter.
2. Beförderung per Rohr (eventuell Sonderfahrten?) nach W8
3. Beförderung mit einem anderen Transportmittel nach W 56
4. Übernahme der Sendung durch spezielle Zusteller
5. Ablieferung der Sendungen im AA in der Wilhelmstraße

Ich bitte um Verbesserungsvorschläge

Nun folgt noch eine unkommentierte Galerie aller DRUB's, von denen ich Bilder besitze:



DR UB 2 17.1.1915



DR UB 2 14.11.1916



DR UB 3 28.4.1917



DR UB 5 22.3.1919 nr 195



DR UB 5 27.3.1919

und abschließend noch eine Kuriosität (Revolutionsbeute nach Auflösung des Admiralsstabes von Philatelisten in Essen verwendet)



DR UB 5 3.4.1921 mit Zusatzfrankatur als Fernbrief ab Essen
 
blaujacke Am: 08.09.2011 09:26:23 Gelesen: 1306482# 690 @  
@ telosgraphein007 [#689]

Auch einen guten Morgen!

Deine Ausführungen veranlassen mich hinsichtlich des Sicherheitsgedankens zu folgenden Überlegungen:

1. Die bei der Reichsdruckerei beschafften "Rohrpostbriefe" werden gewiss auch für die Rohrpostverwendung gedacht sein!

2. Die Aufgabe bei W 9 - ob mit eigener Rohrpostverbindung oder auch nicht - darf mit einiger Sicherheit angenommen werden.

3. Der Leitvermerk (in der Regel "56")wurde vermutlich von einem (wegen der Sicherheit um Geheimhaltung "vergatterten" Beamten angebracht worden sein. Dieser war dann davon unterrichtet, dass (ich spekuliere)die Marinesachen ab W 8 von einem besonderen Kurier des PA W 56 (oder auch HTA ?)zum Auswärtigen Amt transportierte. Somit ließe sich der Leitvermerk, der ja auch einige Male auf W 8 hinwies oder von "56" in "8" korrigiert wurde, jedenfalls erklären!

Noch'n schöne Tag wünscht
Uwe
 
cartaphilos Am: 08.09.2011 13:23:28 Gelesen: 1306416# 691 @  
Mahlzeit Uwe

zu 1) stimme ich Dir voll und ganz zu

zu 2) keine Frage, denn es gibt ja welche mit Minutenstempeln

zu 3) ganz meine Linie. Ich nehme an, daß wir Kuriere von W 8, W 9, W 56 und HTA einmal hypothetisch ins Auge fassen müßten. So könnte doch der DR UB 5 22.3.1919 nr 195, den ich oben abgebildet habe und der hinten einen Rohrpoststempel aufweist, von einem Boten des PA W 9 befördert worden sein. Ist ja nicht wirklich weit vom Potsdamer Platz zur Wilhelmstraße. Und zudem: er weist vorderseitig nicht die rote 56 auf. Das bedeutet, daß dort, wo auch von rot 56 in rot 8 geändert wurde hinsichtlich des Eilboten/Kuriers umdisponiert wurde? Man bekam die Meldung, daß kein Kurier zur Verfügung steht, und schon änderte man 56 in 8?

Wir kriegen das schon plausibel.

Heute abend folgt noch ein erster Bericht vom 'Rohrpostfestival' bei Schlegel in Berlin: dort wurde die Sammlung Ballschmidt versteigert.

gutes Grübeln
wünsche ich
 
blaujacke Am: 08.09.2011 14:07:27 Gelesen: 1306401# 692 @  
@ telosgraphein007 [#691]

Na, dann sind wir ja schon ein Stückchen weiter; aber ich hoffe noch auf andere Wortmeldungen! Zu Deinen beiden abgebildeten DRUB möchte ich bemerken, daß der Krieg ja bereits vorbei und wohl nichts mehr so geheim war. Konnte der Admiralstab überhaupt noch ohne Kontrolle der Siegermächte agieren? Die Rohrpost wirft immer neue Fragen auf und fördert den Spaß an diesem Hobby!

Allen Anderen ebenfalls viel Spaß wünscht

Uwe
 
cartaphilos Am: 10.09.2011 01:03:52 Gelesen: 1306005# 693 @  
Blaujacke [#692]

Guten Morgen Uwe,

mein Bericht vom Rohrpostfestival bei Schlegel läßt noch etwas auf sich warten, weil ich gerade die Rohrpostumschläge des Admiralstabes durchdenke.

Ich meine, daß wir nur mit einer systematischen Sichtung aller verfügbaren DRUB's vor dem Hintergrund der postalischen Veränderungen zwischen 1914 und 1918 der Sache auf den Grund kommen.

Folgendes habe ich in Erfahrung bringen können:

Das Postamt Berlin W 56 befand sich in der Französischen Straße 33. Dies ist kein Grund zu Beunruhigung, wohl aber die Tatsache, daß in diesem Haus auch zugleich das Haupttelegraphenamt untergebracht gewesen ist. Um 1914 begann es mit 250.000 täglich zu bearbeitenden Telegrammen aus allen Nähten zu platzen. Ein neues mußte gebaut werden und es wurde gebaut: in der Oranienburger Straße viel weiter nördlich.

Der Umzug der einzelnen Betriebsteile des HTA fand ab 1916 statt und war um 1918 abgeschlossen. Bereits im Jahre 1916 wurde die Stadtrohrpost des HTA von der Französischen Straße in die Oranienburger Straße verlagert. Das bedeutete, daß in dem Gebäude, in dem einstmals das HTA seine Rohrpost betrieb, ab 1916 ein Postamt existierte, das zwar keinen Rohrpoststenpel führte, wohl aber in einem Haus arbeitete, in dem eine Rohrpostanlage installiert war.

Einige erste Schlußfolgerungen:

1.) Wenn HTA und W 56 bis 1916 voll umfänglich im gleichen Haus untergebracht waren, gab es bis dahin nur einen Grund, bei den Rohrpostleitvermerken zwischen W 56 und HTA zu differenzieren. Sendungen mit dem Leitvermerk "56" gingen an die Zustellung des PA W 56, andere Sendungen - durchzuleitende Sendungen mit anderen Leitvermerken oder mit dem Vermerk HTA - wurden vom HTA gemäß der Betriebordnung weiterverarbeitet.

2.) Wenn W 56 und HTA oder seit Ende 1916 noch Teile des HTA im Gebäudekomplex Französische Straße 33 verblieben, dann macht es Sinn, daß der Minutenankunftstempel des HTA auf der Rückseite abgeschlagen ist. Dein Beleg weist den Leitvermerk 56 auf und rückseitig den Minutenankunftstempel des HTA: ergo, der Brief ist in der - so vermute ich - gemeinsamen Rohrpostanlage von HTA und Berlin W 56 angekommen. Erst im Hause Französische Straße 33 - heute ist dies ein Deutsche-Telekom AG-Flietsteak in bester Berlin-City-Lage - wurde dann zwischen Destination HTA und W 56 unterschieden.

3.) Das scheinbar so 'rohrpostlose' Postamt Berlin W 56 ist also überhaupt kein rohrpostloses Amt gewesen, sondern arbeitete in dem Gebäude mit einer der gigantischsten Rohrpostanlagen der damaligen Zeit, nämlich der des HTA. Man brauchte einfach keinen zusätzlichen Rohrpostanschluß, denn der des HTA war zugleich auch der eigene. Und auch wenn das HTA seit 1916 allmählich in die Oranienburger Straße umzog, so brach man doch nicht einfach die Straßen auf, um die alten Leitungen und Röhren herauszuholen und sie in der Oranienburger Straße wieder einzubuddeln.

4.) Fazit: PA Berlin W 56 war gleichsam 'stiller Teilhaber' an den Rohrpostanlagen des HTA in der Französischen Straße.

Ich überblicke bisher folgende DRUB's an das Auswärtige Amt Wilhelmstraße mit oder ohne Leitvermerk:

17.1.1915 mit Rohrpostleitvermerk "56"



14.11.1916 mit Rohrpostleitvermerk "56"



15.11.1916 mit Rohrpostleitvermerk "56"



21.12.1916 ohne Rohrpostleitvermerk



5.4.1917 mit Rohrposteitvermerk "56"



20.4.1917 ohne Rohrpostleitvermerk



28.4.1917 mit Rohrpostleitvermerk "56"



21.12.1917 ohne Rohrpostleitvermerk



21.1.1919 mit Rohrpostleitvermerk "56", gestrichen und mit "8" überschrieben



Erste Schlußfolgerung: Schon zu Zeiten einer gemeinsamen Unterbringung von HTA und W 56 im gleichen Gebäude wurden die Rohrpostsendungen des Admiralstabes mit dem Leitvermek W 56 versehen.

Zweite Schlußfolgerung: Gelegentlich fehlende Leitvermerke sagen nichts über die grundsätzliche Lage aus

Dritte Schlußfolgerung: Der einzige mir bekannte Umschlag mit Überschreibung von [W]56 durch [W]8 stammt erst aus der Nachkriegszeit.

Vierte Schlußfolgerung: Der Umzug des HTA in die Oranienburger Straße hat an den Verfahren des Rohrpostbetriebes zwischen W 9 und W 56 nichts grundsätzliches verändert.

Hypothese: Der Rohrpostleitvermerk [W]56 meint das Zustellpostamt W56, die Sendungen werden über die Fahrrohre zum HTA zugeleitet, das im gleichen Hause wie das PA W56 lag.

Sollte es längerfristige Störungen in den Fahrrohren gegeben haben, wird geschehen sein, was immer in solchen Fällen geschehen ist: man ist auf Kuriere, Nahverkehrsmittel etc. ausgewichen. War dies beispielsweise bei dem mit [W]8 überschriebenen Beleg vom 21.1.1919 der Fall? oder steht dahinter eine Veränderung in den Leitwegsvorschriften für Rohrpost an die staatlich-administrativen Stellen? Doch nicht vergessen: am 21. Januar 1919 war die Berliner Innenstadt immer noch geprägt von den Spuren der revolutionären Spartakuskämpfe, den Barrikaden



und den Folgen des Panzereinsatzes der Reichswehr und der Freikorps gegen die protestierenden Arbeiter,



die ja u.a. das Zeitungsviertel in der Kochstraße, gerade zwei Straßenzüge weiter als das PA Berlin W 56 besetzt hatten.



Finden wir in diesen geschichtlichen Umständen die Erklärung für die Überschreibung des Leitvermerks [W]56 durch [W]8 auf einer Rohrpostsendung vom 21. Januar 1919, die mitten durch das von den Spartakuskämpfen gekennzeichnete Berlin gepustet werden sollte?

Jetzt müßten alle verfügbaren Rohrpostumschläge oder auch andere per Rohrpost beförderte Sendungsarten an das Auswärtige Amt in der fraglichen Zeit systematisch hinsichtlich ihrer Leitvermerke und ihrer rückseitigen Stempel untersucht werden. Vielleicht bringen wir dann noch mehr Licht in das Dunkel.

Wäre nett, wenn jeder seine Belege oder Kopien von Sendungen an die Chiffrierstelle des Auswärtigen Amtes hier per Scan mit 300 dpi einstellte, damit wir das Thema weiterentwickeln können.

Ich bin gespannt.
 
blaujacke Am: 10.09.2011 21:03:51 Gelesen: 1305615# 694 @  
@ telosgraphein007 [#693]

Hallo und danke, tolle Arbeit schon so früh am Morgen!

Das klingt ja wirklich sehr einleuchtend! Hier nun die beiden anderen Belege aus meiner Sammlung:



DRUB 2: Aufgabe W 9, 3.10.16 - Leitvermerk 8 - Ankunft W 8, 3.20 N



DRUB 5: Aufgabe W 9 14.1.19, Leitvermerk 8 (korrigierte 56?) - Ankunft W 8, 10.30 V

Auch ich bin gespannt auf weitere Meldungen.

Eine andere Frage bei dieser Gelegenheit: Kennt jemand eine Aufstellung über die exakten Standorte der Rohrpostämter bzw. Rohrpostbetriebsstellen, die ja nicht immer mit den übergeordneten Postämtern identisch waren?

Bei der mir verfügbaren Literatur stoße ich immer wieder auf widersprüchliche Angaben. Mir ist auch nicht klar, ob mit den Wechseln der zuständigen Postämter Verlegungen der Rohre einher gingen. Ich habe damit begonnen, mir eine eigene Tabelle zu erstellen (die ich vielleicht mit entsprechenden Stadtplanausschnitten ergänzen möchte), komme dabei aber immer wieder in's Schwitzen. Die zu Rate gezogenen Adressbücher von Berlin machen auch nur (zuverlässige?) Angaben mit großer Zeitverzögerung, die dann auch nicht immer zu den Angaben anderer Autoren passen! Ebenso sind wohl ab R 16 auch nicht alle konkreten Eröffnungsdaten bekannt!
 
cartaphilos Am: 11.09.2011 02:17:58 Gelesen: 1305578# 695 @  
@ blaujacke [#694]

Moijn Uwe,

super und danke.

Der Beleg 1 (DRUB 2: Aufgabe W 9, 3.10.16 - Leitvermerk 8 - Ankunft W 8, 3.20 N) ist ganz absichtlich direkt an W 8 geleitet worden. Hier lag wohl eine Störung / Unterbrechung der Leitung bis zum HTA respektive W 56 vor.

Merke: Es ist genau die Zeit, in der der Umzug gerade der Rohrpost aus dem HTA Französische Straße in das HTA Oranienburger Straße vollzogen wurde. Warum zuerst die Rohrpost? Die Rohrpost wurde zur Entlastung der Telegraphie erfunden: Es konnten innerorts im Rahmen des Rohrpostnetzes die Urschriften der Telegramme direkt an das Bestimmungspostamt weitergeleitet werden, ohne von Telegraphenbeamten abgeschrieben werden zu müssen. Minutenstempel des Abgangsamtes oben links drauf, abgeschickt, Minutenstempel des Ankunftsamtes oben rechts drauf, in den Umschlag und ab zur Zustellung. Wenn also die Rohrpost die wichtigste, weil zeitsparendste Einrichtung der innerörtlichen Telegraphie war, dann mußte diese als erstes umziehen, d.h. Empfangs- und Sendeanlagen wurden demontiert, sofern noch brauchbar, und am neuen Ort neu installiert. Und wenn dann im letzten Quartal 1916 der Umzug der Rohrpost stattfand, dann gab es schon einmal Unterbrechungen der Rohrpostleitungen. Bin gespannt, ob es aus dieser Zeit des Umzugs noch weitere Belege gibt, die von Hause aus mit W 8 gekennzeichnet sind.

Bei dem Beleg 2 (DRUB 5: Aufgabe W 9 14.1.19, Leitvermerk 8 (korrigierte 56?) - Ankunft W 8, 10.30 V) mit nachträglich korrigiertem Leitvermerk dürfte es sich um einen - ich nenne diese Kategorie von in der Weiterleitung gestörten Rohrpostsendungen dieser geschichtlichen Periode einmal so - 'Spartakusbrief' handeln: Der Grund für die Veränderung des Leitvermerks war möglicherweise die Unterbechung der Durchleitung nach W 56 im Zuge des Spartakusaufstandes und der bürgerkriegsähnlichen Zustände im Berliner Zentrum. Nicht vergessen: am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet. Darauf kam es nochmals zu massenhaften Protesten in Berlin, obgleich die Novemberrevolution aus der Sicht der Arbeiter schon verloren war.

Übrigens vermute ich, daß bei Ankunft von Sendungen im HTA mit dem Leitvermerk "56" diese mit hausinterner Rohrpostanlage, also der sogenannten Hausrohrpost in die Zustellung von W 56 weitergeleitet wurden. Im Empfangssaal des HTA erst schieden sich die Rohrpostströme.
 
blaujacke Am: 12.09.2011 13:14:35 Gelesen: 1305407# 696 @  
@ telosgraphein007 [#695]

Zu unserem Thema habe ich in der Rohrpostbetriebsordnung von 1885 und in der Rohrpostordnung von 1903 jeweils einen vielleicht interessanten Hinweis gefunden, der aber sonst wohl nirgendwo mehr auftaucht.

RPBO 1885,§ 9,Abs. VII: "Telegramme, Rohrpostbriefe und Rohrpostkarten für das "Auswärtige Amt" sind stets auf das Rohrpostamt Nr. 1 zu leiten."

RPO 1903, Ausführungsbestimmung zu § 7 "Die Benutzung der Rohrpost in Militärangelegenheiten im Falle einer Mobilmachung ist durch besondere Verfügung geregelt."

Wie ist an diese "besondere Verfügung" heranzukommen?
 
DerLu Am: 14.09.2011 10:11:19 Gelesen: 1304326# 697 @  
@ blaujacke [#696]

Diese Verfügungen wirst du nur mit viel Sucherei und Glück in Archiven finden. Da sie höchst wahrscheinlich geheim waren sind sie m.W. nie in den Amtsblättern veröffentlich worden.
 
DerLu Am: 14.09.2011 10:29:52 Gelesen: 1304293# 698 @  
@ blaujacke [#688]

Ich habe noch zwei Details zum Admiralstab hinzuzufügen:

Das Dienstgebäude der Marinebehörden in der Königin-Augustastr. / Bendlerstr., in der auch der Admiralstab untergebracht war, hatte anscheinend einen eigenen Rohrpostanschluß. In einer Bauzeitung aus dem Jahre 1914 wird "Der Neubau eines Dienstgebäudes für die obersten Marinebehörden in Berlin." detailliert beschrieben, darin heist es : "Auch sind unmittelbar Anschlüsse an Rohrpost und Telegraphie vorhanden.". Da alle mir bekannten DRUBs vom PA W9 abgestempelt worden sind, war das Dienstgebäude höchstwahrscheinlich mit diesem verbunden.

Aufgelöst wurde der Admiralstab am 15.09.1919 als Forderung aus dem Versailler Vertrag alle Generalstäbe aufzulösen.

Gruß

DerLu
 
ganzsache.de Am: 17.09.2011 21:49:24 Gelesen: 1303352# 699 @  
@ telosgraphein007 [#693]

Bei dem Umschlag mit Numerator "370" handelt es sich um einen DRUB 1, das Datum muss m.E. als -1.-7.16 gelesen werden.

In einer 3teiligen Serie in der Briefmarkenrevue beschäftigte sich Hr. Paikert 2004 ausführlich mit den DRUB, einschließlich einer Aufstellung bekannter und literaturerwähnter Stücke, wobei einige der hier vorgestellten dort noch nicht enthalten waren.

Demnach können folgende Feststellungen getroffen werden:

- der frühest bekannte DRUB 1 mit Numerator "6" wurde am 13.4.16 gestempelt;
- die Umschläge wurden streng in der numerierten Reihenfolge verwendet;
- im Gesamtzeitraum April 1916 bis August 1919 wurden ca. 3.300 Umschläge verwendet;
- dies entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 3 Umschlägen pro Tag;
- bis auf Restbestände der letzten Ausgabe sind keine ungebrauchten Umschläge bekannt bzw. gelten als verschollen.

Infolgedessen wurde auch die Katalogisierung im MICHEL Ganzsachen-Katalog neu erstellt. Nachfolgend eine der hierfür verwendeten Abbildungen:

DRUB 2 (#588) am 18.-9.16 von W9 nach 56:



Interessant ist auch der mit niedrigstem Numerator bekannte DRUB 4 (#4) am ?8?.10.17 von W9 nach 40(!):


 
DerLu Am: 18.09.2011 21:31:29 Gelesen: 1302960# 700 @  
@ telosgraphein007 [#695]

Nach einem Artikel aus dem Jahre 1920 "Die Berliner Rohrpost im Weltkrieg" von Gieseke verblieb die Rohrpostinstallation des ehemaligen HTAs in der Französischen Strasse und wurde weiter genutzt:

".., waren für den Verkehr zwischen der im Gebäude des alten Amtes verbliebenen Rohrpoststelle und dem neuen Amte noch vier Verbindungen, für jede Richtung zwei, für Kreisbetrieb eingerichtet".

Laut dem Artikel "erbte" das neue HTA in der Oranienburger Str. die Rohrpostanschlüsse des Postamtes 24, das zeitgleich seinen Rohrpost- und Telegraphenbetrieb einstellte. Das neue HTA erhielt aber neue Apparate (Bauart 1912).

Die Rohrpostbetriebsstelle des alten HTAs lief zeitweise wohl auch unter der Bezeichnung "Zentrale" bzw. "Ztr." (siehe [# 544] ff.).

Einen schönen Abend

DerLu
 
cartaphilos Am: 19.09.2011 21:41:25 Gelesen: 1302608# 701 @  
HTA - W 56 - Berlin Ztr

@ DerLu [#700]

Danke, das ist es:

Kaum daß ich über den Zusammenhang zwischen HTA - W 56 und Ztr nachdenken muß (siehe unten), bringst Du diese Klasse-Information und ich habe letzte Woche im Berliner Ganzsachensammlerverein die passende Rohrpostkarte dazu gefunden: adressiert nach W 56 und mit Rohrpost-Ankunfstempel von Berlin Ztr.



Ich gebe zu: Es ist ein an der falschen Seite bedarfsgelochter Lappen. Den Wertstempel hätte es fast auch noch erwischt. Aber Bedarf ist Bedarf und Berlin Ztr ist Berlin Ztr. Und daher das Ganze, was nur eine Beigabe für einen größeren Kauf war, hier noch einmal geschönt:



Die Karte ist gerichtet an die Bank für Handel und Industrie in Berlin W 56, Schinkelplatz 104. Der Schinkelplatz liegt in Sichtweite von der Straße Unter den Linden gegenüber dem Deutschen Historischen Museum und neben der Friedrichswerderschen Kirche und ist heute eine gepflegte Kriegsbrache ohne Bebauung.

Aufgegeben wurde die Karte am 6. Januar 1921 im Postamt Berlin W9 und da sie per Rohrpost nach Berlin W 56 gefahren werden sollte, erhielt sie einen bemerkenswerten Leitvermerk: Ztr. Nicht nur dies: innerhalb von 10 Minuten (Berlin W 9 6.1.21 10.50 V - Berlin Ztr 6.1.21 11- V.) traf sie am Bestimmungsrohrpostamt ein.

Das Postamt W 56 befand sich in der Französischen Straße 33d, d.h. im Gebäude des ehemaligen, jetzt in die Oranienburger Str. verlegten Haupttelegraphenamtes. Wenn ich diesen nach W 56 adressierten Beleg, den darauf befindlichen Ankunftstempel "Berlin *Ztr*" und Deine Informationen zusammentrage, dann ist eines klar: Der Stempel "Berlin *Ztr*" wurde am Postamt W 56 geführt, das seinerseits die alten Rohrpostanschlüsse des einstmals im gleichen Gebäude untergebrachten HTA nutzte. Und noch eines: Wir haben uns ja über diese eigenartige Lücke im oberen Stempelkreisbogen gewundert: Hat da nicht vielleicht einmal W56 gestanden und ist dann weggefeilt worden?
 
DerLu Am: 20.09.2011 07:52:54 Gelesen: 1302442# 702 @  
@ telosgraphein007 [#701]

Das Postamt W56 war bis 1924 in der Französischen Strasse 33d/Ecke Oberwallstr.. Das alte HTA war in der Französischen Str. 33 b/c. Ob beide im gleichen Gebäude oder im gleichen Block waren kannst du bestimmt besser beurteilen, da du ja "vor Ort" nachschauen kannst. Zudem, wenn das Postamt W56 mit dem Umzug des HTAs dessen Rohrpostbetriebsstelle geerbt hätte, müssten ab diesem Zeitpunkt Rohrpoststempel des Postamtes bekannt sein. Rohrpoststempel des W56 sind aber erst nach 1924 bekannt, also nachdem es zum Werderscher Markt umzog. Erst ab 11.10.1930 residierte das Postamt W56 in den Gebäuden des alten HTAs in der Französischen Str. 33b/c.

Der Stempel "* Ztr. *" wurde laut Büttner nur zwischen 1920 bis 1923 verwendet, alle mir bekannten und hier gezeigten Belege (zugegeben sehr viele sind es nicht) stammen aus diesem Zeitraum. Den Stempel von "Berlin W / * 56 *" in "Berlin / * Ztr. * " zu ändern bedeutete aber mehr als nur etwas auszufeilen. Dazu musste mindestens das untere Segment komplett neu gefertigt werden! Einen Minutenstempel des W56 vor 1920, den man hätte umarbeiten können, ist m. W. nach unbekannt.

Damit hier nun aber nicht nur trockener Text steht, noch ein Beleg mit dem Leitvermerk "Ztr", aufgegeben am 8.4.1921 beim Postamt W35. Die Abstemplung erfolgte mit dem Briefstempel, da die Karte nach Rohrpostschluß aufgegeben wurde (10-11N !). Die Zustellung erfolgte dadurch auch erst am nächsten Morgen.


 
blaujacke Am: 27.09.2011 12:59:39 Gelesen: 1300484# 703 @  
Guten Tag, Freunde der Rohrpost,

ist die nachstehend gezeigte Rohrpostkarte ausreichend frankiert oder nicht?



Offensichtlich hat der Beamte der RPBetrSt N 54 zusätzlich den Leitvermerk "4" das liegende Kreuz für die Eilbestellung (vom Absender verlangt?) angebracht. Warum hat er aber nicht auf die ausreichende Frankierung geachtet? Nach meiner Auslegung der RPO von 1903, § 16, Abs II, wäre neben der Gebühr für die streckenweise Beförderung mit der RP (also die ausgewiesenen 25 Pf.9 zusätzlich das Porto für die Karte nach Tegel im OPD-Bezirk Berlin (5 Pf.) und die Gebühr für die Eilbestellung (25 Pf.) zu entrichten gewesen! Oder sehe ich hier etwas falsch?
 
DerLu Am: 27.09.2011 21:58:52 Gelesen: 1300442# 704 @  
@ blaujacke [#703]

Guten Abend,

die Karte ist unterfrankiert, was fehlt ist die Weiterleitungsgebühr. 1904 lag Tegel nicht im Rohrpostbezirk von Berlin, daher musste zur Rohrpostgebühr noch die sogenannte Weiterleitungsgebühr in Höhe des normalen Kartenportos verklebt werden. Da Tegel zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Nachbarortsverkehr von Berlin gehörte (das änderte sich erst 1912) waren dies 5 Pfennig.

Die Weiterleitungsgebühr beinhaltete aber in Zustellbezirken die zur Oberpostdirektion Berlin gehörten, dies galt für Tegel, das die Sendungen "mit besonderen Boten" zugestellt wurden - also mit Eilboten. Daher rührt wahrscheinlich die Kennzeichnung als Eilsendung.

Jedenfalls wurde die Karte auf dem "normalen" Briefschalter des Postamtes N54 aufgeben, vielleicht hatte der dortige Beamte nicht den genauen Überblick, welcher Vorort zum Rohrpostbezirk gehörte und welcher nicht (obwohl Tegel zu dieser Zeit noch weit außerhalb Berlins lag). Die Karte ist dort dann zur Rohrpostbetriebsstelle im gleichen Postamt gewandert, bekam dort seinen Rohrpoststempel und den Leitvermerk 4. Auch der dortige Beamte hat die fehlenden 5 Pfennig nicht bemerkt. Weiter zum Postamt N4 am Stettiner Bahnhof. Dort traf er um 16:00 ein und wurde mit dem Zug um 17:52 nach Tegel transportiert. Und auch in Tegel wurde das fehlende Porto nicht gemerkt

Warum diese Karte, die doch durch einige Postlerhände ging, nicht mit Nachporto belegt wurde, darüber kann man heute wahrscheinlich nur spekulieren - solche Sendungen sind aber nicht allzu häufig.

Natürlich wäre die Karte als Karte mit Eilzustellung ebenfalls unterfrankiert gewesen. Das effektive Porto wäre gleich gewesen: 5 Pfennig für die Karte und 25 Pfennig für die Eilzustellung im Ortsbezirk also ebenfalls 30 Pfennig.

Gruß

DerLu
 
blaujacke Am: 28.09.2011 20:07:49 Gelesen: 1300123# 705 @  
Ich zeige heute einmal eine russische Antwortkarte, die zwar nichts mit der Rohrpost zu tun hat, aber an das Telegraphenamt Berlin gerichtet ist. Kann jemand die kyrillische Schrift entziffern und den Beleg erklären:



Der Frageteil an das TA trägt unten lks. den Bestellstpl des PA W 56 (Französ. Str. 33!) vom 11/2.94, 8-8 3/4 V.



Die untere Karte (Rückseite des Frageteiles) hat unten lks. den Eingangsstpl. des HTA v. 11.2.94. Die obere Antwortkarte (Rückseite unbeschriftet) ist eigenartigerweise ebenfalls in Russland - jedoch mit einem anderen Stempel - entwertet worden. Die Datumszahl deute ich als "29". Der russische Stpl. auf dem Frageteil dürfte als Datum eine "28" haben.

Fragt hier (Frau?) Sirottas an, ob (Herr?) Sirotta Telegramm & Brief mit Adresse "Berlin Post-restante" erhalten hat?

Ich wünsche einen schönen Abend!
 
DerLu Am: 29.09.2011 21:25:19 Gelesen: 1299752# 706 @  
@ blaujacke [#705]

Mit Russisch kann ich dir leider nicht helfen. Aber mit "post(e) restante" vielleicht: Dies ist der internationale Postausdruck für "postlagernd". Der Absender fragt also beim Telegraphenamt in Berlin nach ob die genannte Person die Post, die anscheinend als postlagernd deklariert wurde, auf dem Postamt abgeholt hat.

Noch eine Anmerkung zu den Stempeldaten: In Russland galt damals auch im zivilen Leben der Julianische Kalender, der dem in Westeuropa üblichen Gregorianischem Kalender um einige Tage hinter hinkte.

Einen schönen Abend wünscht

DerLu
 
Postgeschichte Am: 29.09.2011 22:42:09 Gelesen: 1299739# 707 @  
@ blaujacke [#705]

Ich lese im Stempel "KIEW".

Gruß
Manfred
 
blaujacke Am: 30.09.2011 14:13:57 Gelesen: 1299373# 708 @  
@ DerLu [#706]
@ Postgeschichte [#707]

Ich war natürlich auch von der Frage nach der Abholung ausgegangen. Hinsichtlich der Zeitrechnung "ergoogele" ich für das Jahr 1894 keinen Unterschied zwischen gregorianischem und julianischem Kalender! Der Stempel der Absendung scheint tatsächlich aus Kiew und das Datum müßte vom 28.01.1894 sein. Die Antwortkarte ist ja wohl auch nach Kiew adressiert. Wie kommt aber der Stempel vom 29.01.1894 des anderen - mir nicht bekannten - Postamtes zur Anwendung, wenn der Eingang beim HTA am 11.02.1894 war? Sollte die Karte über dieses Postamt - warum auch immer dort abgestempelt - nach Berlin gelaufen sein?

Ein schönes, langes Wochenende wünscht
Uwe
 
cartaphilos Am: 02.10.2011 21:37:00 Gelesen: 1298595# 709 @  
@ DerLu [#706]
@ Postgeschichte [#707]
@ Blaujacke [#708]

Moijn,

ich krame einmal rudimentäre Russisch- und Kyrillischkenntnisse hervor:

Die Karte ist am 28. Januar 1894 nach julianischem Kalender in Kiew aufgegeben worden. Das entspricht nach gregorianischem Kalender dem 9. Februar 1894.

Beim Transport nach Berlin hat der Postbeamte eines Bahnpostwagens auf dem Postkurs Kiew - Berlin die Antwortkarte am 29. Januar 1894 julianisch (= 10. Februar 1894 gregorianisch) abgestempelt. In der Legende des Stempels heißt es: "Рочовыи Вагонъ = Postobi Wagon = Bahnpostwagon".

Am 11. Februar 1894 gregorianisch (= 30. Januar 1894 julianisch) traf die Karte beim für das HTA Berlin zuständige PA W 56 ein, wie der Ankunft- bzw. Bestelltstempel belegt. Dieses befand sich im gleichen Gebäudekomplex wie das HTA: Französische Straße 33.

Am 11. Februar 1894 erhielt es den blauen Eingangsstempel des HTA.

Dann ging's wieder zurück nach Kiew, und zwar ohne weitere Abstempelung, denn der Wertstempel der Antwortkarte war bereits vom Bahnpostschaffner der zaristischen russischen Post einen Tag zuvor auf dem Weg nach Berlin entwertet worden.

Insgesamt ein wunderbarer Beleg dafür, daß das HTA Berlin zu dieser Zeit im Zustellbereich des PA W56 lag.

Ich habe alte Luftaufnahmen vom Berline Zentrum aus den 1920er Jahren gefunden, aus denen hervorgeht, daß dies damals ein einheitlicher Gebäudekomplex war:



Heute sieht das nach Umbau durch die Telekom so aus:



An der alten Fassade links (zur Oberwallstraße hin) war der Eingang zum PA W 56, auch wenn die Adresse Französische Straße 33 lautete. Das Eingangstor ist noch heute zu sehen.
 

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