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Thema: Bewertung von Ersttagsbriefen im Michel Katalog
Henry Am: 06.11.2013 16:18:57 Gelesen: 17521# 1 @  
Hallo Phila-Gemeinde,

heute habe ich eine einfach erscheinende, aber vielleicht doch komplizierte Frage: Wie werden FDC richtig bewertet?

Im MICHEL-Deutschland-Spezial wird in der Einführung eindeutig zum Symbol „Brief“ erklärt, wie Fankaturen auf Bedarfbriefen bewertet werden. Dabei handelt es sich aber um Tagesstempel-Entwertungen. Die Bewertung steht in der Preisspalte auch richtig hinter jeder Katalognummer unter dem Symbol. Zu FDC heißt es in der Einführung, dass die Bewertung für Belege aller Art mit Ersttagsstempelung gilt, ohne Berücksichtigung der Portorichtigkeit. In der Preisspalte gibt es nur 1 Bewertung unter dem Brief-Symbol. Im Briefe-Katalog habe ich die Bewertung für FDC überhaupt nicht gesehen.

Ich habe nun von einem Sammlerfreund eine Menge ersttagsgestempelte Briefe erhalten, die mich vor das Bewertungsproblem stellen. Vor allem, soweit es Mischfrankaturen sind. Alle sind echt gelaufen, teils portorichtig, teils eben nicht portorichtig. Aber auf alle verklebten Marken trifft der Ersttag zu.

Welche Bewertung ist nun anzulegen?

- gilt für den gesamten Beleg nur der im Spezialkatalog genannte Wert. Wird also quasi nur der Ersttag bewertet?

- gilt wie bei den Bedarfsbriefen die Bewertung nur für die teuerste Marke und müssen alle andern Marken mit dem „normalen“ Gestempelt-Wert hinzugerechnet werden, da es eine FDC-Bewertung der einzelnen Katalognummern nicht gibt? Sind die Ersttage der zusätzlichen Marken also bedeutungslos?

- gilt der Wertansatz im Katalog nur für den kompletten Satz (bei Sätzen) auf 1 Beleg, oder auch dann, wenn der Satz auf mehrere Belege verteilt wurde? Wie sähe dann die Bewertung der Einzelbelege aus?

- In welcher Relation müssten die portorichtigen Belege gegenüber den nicht portorichtigen Frankaturen mit Preisaufschlägen höher bewertet werden?

Das Durchlesen der Katalogeinführungen und die Einsichtnahme in die Kataloge konnten meine Fragen nicht klären. Wer kann mir beim Durchblick helfen?

Mit philatelistischem Gruß
Henry
 
uli Am: 06.11.2013 16:46:42 Gelesen: 17504# 2 @  
@ Henry [#1]

Die Frage ist m.E. sogar sehr einfach zu beantworten:

(Michel-) Katalogwerte sind für einzelne Marken oftmals zweifelhafte, grobe Richtwerte. Für Briefe sind sie schon fast unbrauchbar, weil die Kriterien, an denen sich die jeweiligen Einzelstücke messen müssen, mannigfaltig sind. Daraus folgen entsprechend individuelle und unterschiedliche Einschätzungen - ein Katalogwert kann das nicht abbilden. Und das gilt für FDC aus den von dir genannten Gründen noch viel stärker. Deshalb gilt m.E. die einfache Regel: Ein FDC ist soviel wert, wie du dafür bereit bist auszugeben.

Gruß
Uli
 
Henry Am: 06.11.2013 22:40:52 Gelesen: 17441# 3 @  
@ uli [#2]

Hallo Uli,

danke dir schon mal für deine Einschätzung. Im Prinzip magst du ja auch recht haben. Dennoch ist mir diese Meinung vielleicht zu oberflächlich für das dahinter liegende Problem. Deine Meinung stimmt ja schon auch für "normale" Belege. Hier machte man sich aber immerhin die Mühe, Regelungen zu treffen, die wenigstens eingermaßen als Hilfsgrundlage anwendbar sind. Und bei FDC soll so etwas nicht möglich sein? Gibt es hierzu wirklich keine genaueren Kriterien? Oder würde es sich nicht lohnen, solche zu erarbeiten?

Mit philatelistischem Gruß
Henry
 
uli Am: 07.11.2013 09:56:54 Gelesen: 17389# 4 @  
@ Henry [#3]

Schwaneberger macht sich die Mühe - aber was sagt das über die Aussagekraft der Bewertungen aus? Quasi Null. Jeder, der sich schon mal etwas intensiver mit Briefen auseinandergesetzt und getauscht / gekauft / verkauft hat, wird bestätigen können, dass die Preisangaben im Michel-Briefe oftmals Schall und Rauch sind. Das Problem bei Briefen ist einfach, dass (zu) viele Kriterien in die Bewertung einfließen und Sammler diese je nach Sammelgebiet / Schwerpunkt anders gewichten. Insbesondere für Schmuck-FDC gilt das, weil es i.d.R. keine offiziellen Ausgaben sind und es häufig mehrere Versionen gibt, weil von verschiedenen Firmen ausgegeben. Die meisten neueren Bund- und Berlin-FDC bekommt man für 10 cent bei ebay oder auf dem Trödelmarkt. Ich habe aber auch schon mal einen Schmuck-FDC für fast 20 Euro verkauft, weil das angeblich eine seltene, echt gelaufene Variante war. Im Michel-Briefe war das nicht vermerkt und sowohl 10 cent als auch 20 Euro sind meilenwert von den Michel-Bewertungen für diese FDC entfernt.

Gruß
Uli
 
Richard Am: 28.11.2013 09:40:56 Gelesen: 17257# 5 @  
Oskar Klan, Michel Chefredakteur, hat sich viel Zeit für die Beantwortung von Henrys genommen. Hier ist sie:

---

Hallo Richard,

Zunächst die Original-Zitate aus dem MICHEL Deutschland-Spezial-Katalog.

Briefpreise:

Die Briefpreise (original steht hier Briefsymbol-Preise) gelten nur für echt postalisch beförderte, nach den jeweiligen Portosätzen richtig frankierte bzw. mit Nachporto belegte unterfrankierte Sendungen.

und

FDC:

Die FDC-Bewertungengelten für Belege mit Abstempelung vom 1. Gültigkeitstag, ohne Rücksicht auf die Portogerechtheit der Frankatur.

Portogerechte, echt gelaufene Belege vom 1. Gültigkeitstagverdienen oft erhebliche Aufschläge!

Für die Briefbewertung ist die Art der Entwertung zunächst nicht von Belang, vorausgesetzt, der Tages-, Sonder-, Hand- oder Maschinenstempel war zu dem angegebenen Datum auch im Einsatz und Portorichtigkeit ist gegeben. Bei FDC spielt wiederum die Portorichtigkeit keine Rolle, sondern nur das Stempeldatum.

Im MICHEL Deutschland-Spezial-Katalog sind Bewertungen für die billigste Form des echt beförderten Briefs und den billigsten FDC angegeben. Bei beförderten Briefen wird das meistens die Mischfrankatur sein, bei Briefmarken für eine häufige Versendungsart, zum Beispiel den Inlandsbrief der 1. Gewichtsstufe, kommt auch die Einzelfrankatur in Frage. Bei FDC ist die billigste Form im allgemeinen die einzelne Marke oder der komplette Satz auf einem Umschlag/Karte.

Wenn wir nun den echt gelaufenen FDC betrachten, so muß dieser sowohl die Krieterien des echt gelaufenen Briefs als auch die des FDC erfüllen, also Portorichtigkeit und Entwertung vom ersten Tag der Gültigkeit. Ist dies gegeben, so gibt es im MICHEL Deutschland-Spezial-Katalog Bewertungen für FDC und, wenn es sich um Briefmarken mit einem nicht mehr gängigen Nennwert handelt, auch eine Briefbewertung.

Sehen wir uns einige Marken vom 13. Januar 1994 an.

MiNr. 1709, Nennwert 80 Pfennig, auf Brief 1,— €, als FDC 1,60 €. Die echt gelaufene Postkarte mit dieser Marke ist ein FDC, weshalb der Katalogwert 1,60 € beträgt. Klebt die Marke zusammen mit 1398 A auf einem Brief, ist es immer noch ein FDC, die Briefbewertung für die 20-Pfennig-Marke liegt mit 50 Cent unterhalb der Bewertungen für die Belege mit MiNr. 1709 und verfällt daher. Man kann nun den Gestempelt-Wert von 40 Cent für die MiNr. 1398 A gemäß den Regeln für Mischfrankaturen hinzu rechnen, das ergäbe dann 2,20 €. Ich halte das bei diesen kleinen Beträgen aber nicht für sinnvoll.

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn als Zusatzfrankatur die Marke MiNr. 1398 C oder 1398 D aus dem Markenheftchen verwendet wurde. Zwar liegt nach wie vor ein FDC der MiNr. 1709 vor uns, aber die Briefbewertung für die Heftchenmarke beträgt schon 3 €. Das ist jetzt Ausgangspunkt unserer Berechnungen. Dazu kann man jetzt die 70 Cent für die Marke rechnen, erhält also den Katalogwert von 3,70 €. Das macht etwas mehr Sinn als im ersten Beispiel, meiner Meinung sollte man das aber erst machen, wenn eine Wertgrenze von 5 € überschritten wird, siehe Einführung in den Katalog unter "Preisnotierungen".

Also geht man allgemein wie folgt vor:

Man ermittelt die höchste Bewertung für den Beleg unter Berücksichtigung aller relevanten Merkmale. Die FDC-Bewertung der MiNr. 1398 im obigen Beispiel ist nicht relevant, da nicht zutreffend. Hierzu rechnet man, unter Berücksichtigung des oben gesagten, die Bewertungen für die weiteren gestempelten Marken hinzu und erhält den gewünschten Wert.

Wenn bei einem Satz nur ein FDC-Wert für den Satz angegeben ist, verteilt sich der Wert des Satzes entsprechend der Gestempelt-Bewertungen auf Einzel-FDC. Beispiel MiNr. 1707–1708. FDC-Wert 5,50 €, Gestempelt-Werte 1,20 € und 2 €. Einzel-FDC also 2 € für FDC mit MiNr. 1707 und 3,50 € für FDC mit MiNr. 1708. Werte etwas gerundet.

Zu all dem Gesagten ist noch festzustellen, dass der optische Eindruck eines Beleges einen großen, aber nicht bezifferbaren Einfluss auf den Wert des Beleges haben kann, sowohl nach oben wie nach unten.

Oskar Klan
MICHEL-Redaktion, Chefredakteur

---

Henry, ist Deine Frage damit beantwortet ?

Schöne Grüsse, Richard
 
el-mue Am: 28.11.2013 11:17:36 Gelesen: 17228# 6 @  
@ Richard [#5]

Jetzt habe ich auch dazu eine Frage:

folgende Situation, 12.02.1987, es wurden von der deutschen Bundespost 5 Sondermarken für Westdeutschland ausgegeben. Das Porto für einen Einschreibbrief betrug 2,80 DM (Brief: -,80 + Einschreibgebühr 2,- DM).

Aus den ausgegebenen Marken konstruierte man einen Einschreibbrief mit 2 mal der 1312 (-,60 DM) und je einer 1313 und 1314 (jeweils -,80 DM), der Brief ist somit portorichtig mit 2,80 DM frankiert. Aufgegeben wird dieser Beleg am Ausgabetag und auch dann abgestempelt. Jetzt hat man einen FDC-Beleg mit den Marken. Wie berechne ich den Katalogwert für solch eine Mischfrankatur als FDC?

Beste Sammlergrüße

El Mü
 
drmoeller_neuss Am: 28.11.2013 12:32:48 Gelesen: 17212# 7 @  
Den einzigen richtigen Satz aus dem langen Beitrag des Michel-Chefredakteurs Oskar Klan möchte ich noch einmal hervorheben:

Zu all dem Gesagten ist noch festzustellen, dass der optische Eindruck eines Beleges einen großen, aber nicht bezifferbaren Einfluss auf den Wert des Beleges haben kann, sowohl nach oben wie nach unten.

Das übrige Geschreibsel ist aber notwendig, weil sonst der Autor des Beitrages wegen Geschäftsschädigung abgemahnt werden könnte. Warum sollte man sich auch noch Briefe-Kataloge kaufen?

Tatsache ist, das Briefe nicht nach Schema "f" bewertet werden können. Echt gelaufene Belege mit Dauermarken und nicht häufigen Portostufen können in der Tat hübsche Summen erbringen. Es müssen aber mindestens drei ernsthaft interessierte Sammler zur gleichen Zeit zusammenkommen, sonst räumt einer alleine zum Schnäppchenpreis ab.

Viele Händler gehen dieses Problem mit moderner Briefware praktisch an und lassen quasi den Kunden sortieren: Zunächst wird jeder Beleg aus dem Posten mit 1,-- EUR pro Stück angeboten, und der Posten vielleicht drei oder viermal auf Messen mitgenommen. Der verbleibende Bodensatz macht die gleiche Anzahl an Runden, nur diesmal zu 50 cent pro Beleg. Je nach verfügbarem Platz wiederholt sich das Spielchen ein drittes Mal, nur diesmal zu 30 Cent pro Beleg.

Was dann noch überbleibt, wird entweder zu "unberührter Kiloware" kleingeschnitten, als "Opas Dachbodenfund" als Posten bei ebay verhökert oder grosszügig Bethel als Spende überlassen. Ganz skrupellose Händler gehen den Weg zur blauen Tonne, schliesslich hat der Posten schon genügend Geld eingebracht.

Zu El Müs Brief: Handelwert setze ich mit 50 cent an, wenn es sich nicht wirklich um einen seltenen Stempel oder irgend etwas anderes besonderes handelt. Das entspricht einem Michel-Katalogwert von 20%, d.h. 2,50 EUR wäre im Tausch auszugleichen. Ein anderer pragmatischer Ansatz ist es, einfach den Wert der losen gestempelten Marken zu addieren oder per Stück zu vertauschen. So mache ich es immer.
 
Henry Am: 28.11.2013 15:05:22 Gelesen: 17172# 8 @  
@ Richard [#5]

Hallo Richard,

danke für deinen Einsatz zur Klärung meiner Frage. Zunächst habe ich jetzt mal die Stellungnahme von Herrn Klan zur Kenntnis genommen. Verstanden habe ich die Ausführungen im ersten Überblick auch. Ob ich die dahinterstehende Logik auch verstehe, muss ich mit einem tieferen Überdenken noch ergründen, natürlich unter Einbeziehung der anderen Antworten.

Fürs erste ist die Frage für mich beantwortet. Wenn sich bei mir andere Standpunkte ergeben, melde ich mich wieder zu Wort.

mit philatelistischem Gruß
Henry
 
Richard Am: 17.02.2014 16:52:05 Gelesen: 16603# 9 @  
@ Henry [#8]

Ob ich die dahinterstehende Logik auch verstehe, muss ich mit einem tieferen Überdenken noch ergründen, natürlich unter Einbeziehung der anderen Antworten.

Hallo Henry,

Fragen und Antworten sind jetzt auch in der Michel-Rundschau Februar 2014 auf den Seiten 62 und 64 zu finden.

Die Logik ist wirklich manchmal nicht einfach zu durchschauen, aber wer sich die Herausgabe eines Katalogs zutraut, der besser als der jeweilige von Michel ist, kann sich ja mal daran versuchen.

Schöne Grüsse, Richard
 
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