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Thema: (?) (66) Oberschlesien - Marken, Prüfer und philatelistische Zukunft
Das Thema hat 85 Beiträge:
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Wijäki Am: 01.04.2020 10:36:32 Gelesen: 38252# 61 @  
Hier eine Mi.-Nr. 12 im waagerechten Paar mit der Typenkombination aIIIa/aIIIb die Marken sind echt mit leichten Mängel geprüft Gruber BPP.


 
Stefan Am: 02.04.2020 20:03:44 Gelesen: 38135# 62 @  
@ Wijäki [#60]

bin begeisteter Oberschlesien Sammler und habe eine Frage: Könnte die abgebildete 10F echt sein?

Das Fazit zuerst: in deinem Fall hilft m.E. nach lediglich eine Originalvorlage, am besten beim zuständigen Prüfer.

Anhand von Scans lassen sich meinem bisherigen Eindruck aufgrund bestimmter Merkmale (Urmarkenfarbe und Aufdruckqualität) nach einige Fälschungen aussortieren, allerdings nicht zweifelsfrei Originale bestimmen.

Im nachfolgenden Fall handelt es sich bei der linken Briefmarke um ein Original und bei der rechten Briefmarke um eine Aufdruckfälschung. In beiden Fällen erscheint der Aufdruck recht sauber und scharf:



Oberschlesien Mi-Nr. 10 F (links echt mit Attest, rechts falsch ungeprüft und nicht zur BPP-Prüfung vorgelegen), Aufdrucktype IIa, Urmarkenfarbe c

Die vier nachfolgenden Briefmarken sind allesamt ungeprüft und weisen neben der Urmarkenfarbe c die Aufdrucktypen Ia; IIa; IIIa und IVa auf. Bei den ersten drei Aufdrucken handelt es sich meiner Meinung nach um Fälschungen (Type Ia; IIa und IIIa), das Exemplar mit der Aufdrucktype IVa wäre ein Kandidat für eine Vorlage zur BPP-Prüfung.



Oberschlesien Mi-Nr. 10F, Urmarkenfarbe c, Aufdrucktypen Ia; IIa; IIIa und IVa

Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen: besorgt euch Exemplare der Mi-Nr. 10, welche aus der ersten Aufdruckauflage stammen und vergleicht die Aufdrucke unter einer guten Lupe bzw. abschließend unter dem Mikroskop. Damit lässt sich bereits Einiges an Aufdruckfälschungen der Mi-Nr. 10F aussortieren. Gleiches gilt auch für die Aufdruckfehler der Mi-Nr. 10 (Aufdruck kopfstehend, doppelt, verschoben, usw.) ;-)

Die erste Auflage wurde am 19.03.1920 ausgegeben, die zweite Nachauflage gemäß Literaturangaben am 23./24.03.1920 produziert. Entsprechend sollten gestempelte Exemplare zwischen dem 19.03. und 23.03.1920 im Regelfall aus der ersten Auflage stammen. Das sehr lesenswerte Handbuch von Oberschlesien liefert ebenfalls weitere Hinweise zu den einzelnen Auflagen.

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 08.04.2020 21:32:57 Gelesen: 37999# 63 @  
Als Ergänzung zu Beitrag [#62]

Ich kann mich an dieser Stelle nur wiederholen: besorgt euch Exemplare der Mi-Nr. 10, welche aus der ersten Aufdruckauflage stammen und vergleicht die Aufdrucke unter einer guten Lupe bzw. abschließend unter dem Mikroskop. Damit lässt sich bereits Einiges an Aufdruckfälschungen der Mi-Nr. 10F aussortieren. Gleiches gilt auch für die Aufdruckfehler der Mi-Nr. 10 (Aufdruck kopfstehend, doppelt, verschoben, usw.) ;-)

Nachfolgend einige Beispiele an Aufdruckfehlern der Mi-Nr. 10. Ein guter Teil gezeigten Exemplare ist geprüft Gruber BPP.



Oberschlesien Mi-Nr. 10, senkrecht verschobener Aufdruck

Das untere Exemplar geht als Mi-Nr. 10 XIV durch, bei den beiden oberen Exemplaren handelt es sich um eine "Vorstufe", welche ebenfalls optisch ansprechend ist.



Oberschlesien Mi-Nr. 10, senkrecht bzw. waagerecht verschobener Aufdruck, dadurch teils Aufdruck auf dem Zwischensteg bzw. Bogenrand sowie als Gegenstück Markenpaar ohne und mit Aufdruck

Im Fall des nach rechts Richtung Bogenrand verschobenen Aufdrucks kommt der Aufdruckfehler Mi-Nr. 10 VI (verstümmelter Aufdruck ähnlich den Buchstaben "Ft." anstelle "Pf.") auf dem Bogenfeld 140 zum liegen. Das ursprüngliche Bogenfeld Nr. 139 hätte zusätzlich den Urmarkenplattenfehler Mi-Nr. 6 I ("hohes "H"") aufgewiesen.



Oberschlesien Mi-Nr. 10, Doppeldruck des Aufdrucks, teils zusätzlich waagerecht bzw. senkrecht verschobener Aufdruck

Insbesondere das senkrechte Paar lässt aufgrund des Plattenfehlers "Ft." (anstelle "Pf.") erkennen, dass der zweite Aufdruck waagerecht verschoben ist. Auch in diesem Fall ist der Urmarkenplattenfehler Mi-Nr. 6 I bedingt durch die Aufdruckverschiebung nicht vorhanden.

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 01.05.2020 16:16:53 Gelesen: 37560# 64 @  
Ergänzend zum Beitrag [#54] nachfolgend einige weitere Aufdruckfehler der Mi-Nr. 11.

Der Aufdruck der Mi-Nr. 11 wurde an sieben aufeinanderfolgenden Tagen (Dienstag, den 02.03.1920 bis Samstag, den 06.03.1920 und Montage, den 08.03.1920 bis Dienstag, den 09.03.1920) produziert, wodurch sukzessive herstellungsbedingt abweichende Aufdruckfarben zur Anwendung kamen. Diese lassen sich unter UV-Licht unterscheiden. Die im Michel Deutschland-Spezial katalogisierten Aufdruckfehler gelten für Aufdruckfehler, welche die erste der drei Aufdruckfarben aufweist (Aufdruckdatum 02.03.-06.03.1920). Über die veranschlagten Katalogwerte ließe sich (wie bei Aufdruckfehlern der Mi-Nr. 10) streiten. In den nachfolgenden Drucktagen (mit herstellungsgebdingt abweichenden Aufdruckfarben) wurde gemäß den Angaben in der Fachliteratur (Handbuch von Oberschlesien) bewusst Makulatur (Aufdruckfehler) produziert. Diese Aufdruckfehler gelten nach heutigem Maßstab als "Aufdruck falsch" und werden entsprechend signiert. Im Regelfall weisen ungeprüfte Exemplare mit Aufdruckfehlern (Doppeldruck, kopfstehender Aufdruck usw.) die Aufdruckfarbe 2 oder 3 auf. Aufdruckfehler mit der ersten Aufdruckfarbe sind vergleichsweise selten. Ich schließe persönlich nicht aus, dass auch nach offiziellem Druckschluss weiter fleißig Fehldrucke absichtlich produziert worden sind - zumindest lässt sich ein erneut zusammengesetzte Aufdruckplatte nachweisen (Abbildung siehe Beitrag [#54]).



Oberschlesien Mi-Nr. 11 Doppedruck (Mi-Nr. 11 VI), teils zusätzlich waagerecht verschobener Aufdruck (dadurch Druck auf dem Bogenrand) sowie senkrecht verschobener Aufdruck



Oberschlesien Mi-Nr. 11 Doppeldruck (Mi-Nr. 11 VI) bzw. zusätzlich kopfstehender Aufdruck (Mi-Nr. 11 VII) sowie waagerecht (linke Briefmarke) und senkrecht (rechtes Paar) nach oben hin verschobener Aufdruck vom Bogenrand (dadurch fehlender Teilaufdruck der sonst nachfolgenden Aufdruckdreihe - "Vorstufe" der Mi-Nr. 11 XI)



Oberschlesien Mi-Nr. 11 Doppeldruck (Mi-Nr. 11 VI) auf Beleg, Rückseite der Karte blanko

Gruß
Pete
 
Stefan Am: 21.05.2020 17:05:42 Gelesen: 37101# 65 @  
Fortsetzung zu Beitrag [#54]

Gemäß Katalogangaben am 26. März 1920 (in der Praxis vermutlich wenige Tage bzw. bei den höheren Nennwerten bis zu wenigen Wochen später) kam nun die als endgültig feststehende Dauerserie Mi-Nr. 13-29 an die Schalter. Sie zeigt neben einer Friedenstaube über das oberschlesische Kohlerevier eine dreisprachige Inschrift in deutsch, polnisch und französisch. Der Druck dieser Marken erfolgte in mehreren Auflagen über 3 Jahre hinweg, so dass auch nachkriegsbedingt verschiedene Papiere, Farben und Gummierungen zur Verwendung kamen.



Ein Leckerbissen neben der Erforschung dieser Ausgaben sind für jede Sammlung die ungezähnte Nr. 18 (20Pf), von der einige wenige Stücke existieren und die links ungezähnte Nr. 21 (40Pf) vom linken Bogenrand, die vor allem in ungebrauchter Erhaltung gelegentlich zu erhalten ist.



Ebenfalls sehr selten anzutreffen ist die dreiseitig ungezähnt gebliebene Mi-Nr. 15 Udr, ...



... welche wie Mi-Nr. 21 Ul deren Existenz durch einen ausgefallenen Zähnungskammschlag während des Zähnungsvorganges verdankt. Entsprechend dürften lediglich wenige teilperforierte Schalterbogen existiert haben. Es ist nicht bekannt, wieviele Bögen unbemerkt die Qualitätskontrolle in der Pariser Staatsdruckerei überstanden und nach Oberschlesien gelangten. Pro Schalterbogen der kleinformatigen Werte (Mi-Nr. 13-21) kamen 15 Markenreihen à zehn Briefmarken (gesamt 150 Briefmarken pro Schalterbogen) zustande.



Oberschlesien Mi-Nr. 13, Schalterbogen zu 150 Briefmarken, gedruckt am 13.04.1920 von Maschinenmeister P auf Maschine 16

Die Schalterbögen Oberschlesiens sind so groß, dass diese auf keinen haushaltsüblichen Scanner passen. Die Aufbewahrung dieses Stückes erfolgt seit Jahren in einem Bilderrahmen (sonstige philatelistische Aufbewahrungsartikel sind schlicht zu klein).

Gruß
Pete
 
Wijäki Am: 27.05.2021 13:54:13 Gelesen: 29073# 66 @  
Hier mal ein Leckerbissen eine 13a linke Marke oben ungezähnt.



Gruß Winfried
 
Stefan Am: 27.05.2021 18:24:26 Gelesen: 29015# 67 @  
@ Wijäki [#66]

Hier mal ein Leckerbissen eine 13a linke Marke oben ungezähnt.

Ein interessantes Stück. :-)

Ich habe nur keine Erklärung, wie dies technisch machbar gewesen sein soll. Briefmarken im Kleinformat sind entweder dreiseitig ungezähnt (oben + unten und links oder rechts) oder einseitig am linken Bildrand - nicht oben.

Wurde diese Briefmarke einem Prüfer vorgelegt?

Gruß
Pete
 
Wijäki Am: 27.05.2021 18:56:06 Gelesen: 29000# 68 @  
Ja Pete, sie ist echt und geprüft Gruber BPP.

Gruß Winfried
 
Lars Boettger Am: 27.05.2021 19:30:47 Gelesen: 28984# 69 @  
@ Wijäki [#68]

Hallo Winfried,

geprüft mit Attest / Befund / Kurzbefund oder Prüfzeichen?

Beste Grüße!

Lars
 
Wijäki Am: 27.05.2021 19:37:41 Gelesen: 28979# 70 @  
Die Marke hat einen Kurzbefund.

Gruß Winfried
 
Lars Boettger Am: 27.05.2021 19:39:55 Gelesen: 28974# 71 @  
@ Wijäki [#70]

Hallo Winfried,

vielen Dank für die Präzisierung!

Beste Grüße!

Lars
 
Stefan Am: 27.05.2021 20:29:10 Gelesen: 28944# 72 @  
@ Wijäki [#68]

Ja Pete sie ist echt und geprüft Gruber BPP

Kannst du bitte auch den Kurzbefund zu diesem Prüfstück einstellen? :-)

Danke!

Gruß
Pete
 
Wijäki Am: 27.05.2021 20:58:20 Gelesen: 28926# 73 @  
Gerne, Pete:



Gruß Winfried
 
Stefan Am: 27.05.2021 21:21:49 Gelesen: 28916# 74 @  
@ Wijäki [#73]

Danke für den Scan!

Gruß
Pete
 
Martin de Matin Am: 28.05.2021 22:57:01 Gelesen: 28778# 75 @  
@ Wijäki [#66]

Wenn ich mir das Paar ansehe, stelle ich mir die Fragen:

-Hatte die linke Marke oben früher einmal eine Zähnung gehabt?
-Gibt es noch mehre Stücke der gleichen Art, eventuell auch Paare oder Randstücke?

Beim betrachten des Paares fällt auf, das bei der linken Marke die waagerechte Zähnung höher (zum Vergleich habe ich im Bild unten eine rote Linie gezogen) steht als bei der rechten Marke. Der grüne Balken zeigt den senkrechten Lochabstand der waagerechten Zähnung der rechten Marke an.



Ich will nicht sagen, das die Marke oben nicht geschnitten ist, aber zweifeln kann man schon. Ich habe bewust so ein Stück noch nicht auf einer Auktion gesehen, wobei man z.B. die 40 Pf. links geschnitten gelegentlich sieht.

Gruss
Martin
 
Stefan Am: 29.05.2021 10:24:16 Gelesen: 28733# 76 @  
@ Wijäki [#66]
@ Martin de Matin [#75]

Beim betrachten des Paares fällt auf, das bei der linken Marke die waagerechte Zähnung höher (zum Vergleich habe ich im Bild unten eine rote Linie gezogen) steht als bei der rechten Marke. Der grüne Balken zeigt den senkrechten Lochabstand der waagerechten Zähnung der rechten Marke an.

Der versetzte Kammschlag war mir ebenfalls aufgefallen (Bild in Beitrag [#66]), wodurch die linke Briefmarke etwas nach oben versetzt ist.

Ich nehme an, dass die linke Marke trotz Zähnungsausfalls marginal größer ist als die recht Marke, kann dies anhand des Scans allerdings nicht beurteilen.

Gruß
Pete
 
philast Am: 29.05.2021 16:52:09 Gelesen: 28642# 77 @  
@ Pete [#76]
@ Wijäki [#66]
@ Martin de Matin [#75]

Hallo,

ein faszinierendes Stück. Bloß erwerben würde ich es nicht wollen, weil ich da zu viel fragliche Dinge sehe.

Die bei dieser Markenausgabe verwendete Kammzähnung erfolgt in Laufrichtung der Zähnungsmaschine an jeweils 3 Seiten pro Markenreihe. Wie kann es sein, dass ein eben noch einwandfreier Zähnungsschlag eine Reihe weiter gar nicht mehr da ist?

Weiterer Punkt ist, dass man nach dem 13. Zähnungsloch oben links nur eine minimale Papierspitze sieht und keine komplette Papierbrücke von Zähnungsloch zu Zähnungsloch.

Dadurch besteht die Möglichkeit, dass die Zähnung entfernt wurde, ohne dass man in der waagerechten minimale Einbuchtungen einer Zähnung erkennen könnte. In diesem Fall würde ich sagen hier sind weniger als ein zehntel mm entscheidend.

Das wären meine Beweggründe für mich zu sagen, nein nehme ich nicht, auch wenn der Experte des Gebiets das Stück begutachtet und positiv bewertet hat.

Ich habe auch noch ein bisschen gemalt:



Grüsse
philast
 
Ameise Am: 13.03.2022 13:22:12 Gelesen: 21698# 78 @  
Hallo, hier einmal die DDR 0370 als kuriose Halbierung gelaufen und mit Nachporto belegt:



Viele Grüße
Enrico
 
Stefan Am: 13.03.2022 16:05:22 Gelesen: 21670# 79 @  
@ Silesia-Archiv [#56]

leider liegen auch mir nur diese beiden Briefstücke vor. Wer kann dazu etwas sagen? Warum wurden die Marken halbiert?

Briefstücke mit Halbierungen aus dem Abstimmungsgebiet Oberschlesien (1920-1922) sind die übliche Erhaltung. Die Stempelentwertungen OPPELN **b; *1i; *1k und *2* sowie LANDSBERG (OBERSCHL)b sind bei einer BPP-Prüfung üblichweise nicht belastbar, letztere sogar für das Jahr 1920 zweifelsfrei falsch (rückdatiert). Zumindest die Stempel OPPELN *1i und OPPELN *1k lagen der Interalliierten Kommission vor (Innendienststempel). Für Halbierungen der zweiten Dauerserie (Mi-Nr. 13-29, verausgabt ab Ende März 1920) lag i.d.R. keine Notwendigkeit für Halbierungen mehr vor (Bsp. Mi-Nr. 16).

Oberschlesien wurde zum 12.02.1920 unter Interalliierte Verwaltung gestellt, die ersten Briefmarken Oberschlesiens wurden am 20.02.1920 an den Postschaltern verkauft und die Briefmarken des Deutschen Reiches waren sofort ungültig. Gemäß den Angaben in der Fachliteratur setzte sofort ein großer Bedarf an Drucksachen ein, da für die anstehende Volksabstimmung (später festgelegt auf den 20.03.1921) zur zukünftigen Staatszugehörigkeit (Deutschland oder Polen) von verschiedenen politischen Seiten reichlichst geworben wurde. Man darf hier nicht vergessen, dass Oberschlesien seinerzeit wirtschaftlich als Ruhrgebiet des Ostens betrachtet wurde (Steinkohleabbau und -verarbeitung, Stahlproduktion). Die Festlegung des Abstimmungstermins hatte sich wiederholt verzögert, ursprünglich war laut Fachliteratur ein Termin im Jahr 1920 vorgesehen (zeitnah wie bei den drei anderen Abstimmungsgebieten).

Die Briefmarken zu 5 Pf. und 10 Pf. (sowie 50 Pf.) waren entsprechend sehr gefragt und der aufgrund des statistisch erfassten Bedarfs der OPD Oppeln des Jahres 1919 in Paris produzierte Bestand an Briefmarken der ersten Dauerserie Oberschlesiens (Mi-Nr. 1-9) für die ursprünglich geplante Abstimmungsphase zumindest bei einzelnen Wertstufen alsbald weitgehend aufgebraucht. Für Nominalen zu 2,5 Pf. und 3 Pf. bestand im Jahr 1919 noch weitgehend postalischer Bedarf, ab dem 01.10.1919 aufgrund der Portoerhöhung nicht mehr (dennoch wurde in Paris gedruckt und an Oppeln ausgeliefert). Ursprünglich waren für die erste Dauerserie (Mi-Nr. 1-9) auch Nominalen zu 25 Pf. und 30 Pf. geplant, welche auf dem Weg nach Oppeln verlorengegangen sein sollen.

Dadurch kam es im März 1920 zum Druck und Verausgabung der in einer Oppelner Druckerei produzierten Provisorien (Mi-Nr. 10-12), welche u.a. auch die Wertstufen zu 5 Pf. und 10 Pf. umfassten. Zur Überbrückung des Postwerzeichensmangels behalf man sich vereinzelt mit Halbierungen. Da das sammlerseitige Interesse an Abstimmungsmarken im Jahr 1920 sehr groß war (siehe auch Allenstein, Marienwerder, Schleswig usw.), wurde auch von interessierter Seite nachgeholfen und viel gemachtes Material auf den Markt geworfen, so u.a. die Halbierungen der Mi-Nr. 4 (10 Pf., halbiert 5 Pf. Nominale) und Mi-Nr. 6 (20 Pf., halbiert 10 Pf. Nominale).

Es kommen auch Halbierungen aus dem Abstimmungsgebiet vor, welche als echt geprüft werden können (BPP-Prüfung) [1][2].



Halbierungen der Mi-Nrn. 4 und 11 aus den Orten Oppeln (**c) und Kruppamühle vom 15.03. und 20.03.1920

Gruß
Stefan

[1] https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ME=225961#M54 (Beitrag 54)
[2] https://www.briefmarken-atteste.de/atteste/zeigen/809

[Beiträge [#78] und [#79] redaktionell verschoben aus dem Thema "Halbierung von Marken"]
 
Flieger Am: 14.03.2022 09:35:37 Gelesen: 21630# 80 @  
Beim Stichwort Oberschlesien fällt mir spontan ein: Sammler-Mache.
 
Stefan Am: 06.10.2022 20:04:49 Gelesen: 16869# 81 @  
@ Stefan [#6]

Die Signaturen beider Prüfer - Max Haertel und Dr. Müller - finden sich sehr sehr häufig auf Oberschlesienmarken und die Namen werden im Michel-Katalog erwähnt, dass man "Marken mit Prüfzeichen "Haertel", "Dr. Müller" und "Richter" unbedingt nachprüfen lassen." sollte. Dieser Hinweis erfolgt vollkommen zurecht, da sich auch Ansichten über echt und falsch in den letzten Jahrzehnten geändert haben!

@ Stefan [#7]

Wie im nachfolgenden Scan zu lesen, findet sich auch im Michel an mehreren Stellen eine Bemerkung über Max Haertel, ebenfalls auch über die Herren Dr. Müller und Richter:

Der Prüfer Dr. Müller aus Leobschütz in Oberschlesien war wiederholt ein Thema in diesem Thema, längst nicht nur in den beiden zitierten Beiträgen.

In einem Belegealbum lief mir vergangenen Samstag auf einem Tauschtag in Oberhausen-Vonderort der nachfolgende Beleg über den Weg, dort separat angeboten wegen des Bahnpoststempels "DT.RASSELWITZ - KATTOWITZ":



Sendung vom 04.08.1924 aus Leobschütz in Oberschlesien, adressiert nach Basse-Yutz in Frankreich, rückseitig ein Ankunftsstempel vom 07.08.1924, Porto der Sendung zu 30 Pf.

Der Postort Deutsch-Rasselwitz verblieb nach der Volksabstimmung vom 21.03.1921 beim Deutschen Reich, während Kattowitz als das andere Ende der Bahnlinie ab Mitte 1922 zu Polen kam.

Mir fiel sofort der Absender auf - ein gewisser Dr. H. Müller aus Leobschütz. Handelt es sich hier um eben jenen Prüfer Dr. H(arry). Müller aus Leobschütz? Vielleicht lässt sich der Sachverhalt anhand des im Absender angegebenen Postscheckkonto 4035 Breslau klären. Auf dem Attest in der Attestdatenbank in [1] sind leider nicht viele sonstige persönliche Angaben zum Prüfer aufgeführt (außer bspw. einer Postfachadresse).



Attest des Prüfers Dr. Harry Müller aus Leobschütz vom 15.07.1934

Gruß
Stefan

[1] https://www.briefmarken-atteste.de/atteste/zeigen/897
 
EDMI Am: 29.12.2022 18:58:46 Gelesen: 14148# 82 @  
Hallo Zusammen,

ich weiß, dass dieses Gebiet wohl mit das meistgefälschte ist. Gibt es dennoch eine Möglichkeit grobe Fälschungen zu erkennen und nicht aus Versehen etwas echtes zu entsorgen?

VG


 
Stefan Am: 30.12.2022 09:42:29 Gelesen: 14092# 83 @  
@ EDMI [#82]

Gibt es dennoch eine Möglichkeit grobe Fälschungen zu erkennen und nicht aus Versehen etwas echtes zu entsorgen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem gezeigten Exemplar um ein Original handelt, geht gegen Null. Circa 98-99 % aller Exemplare auf dem Markt dürften falsch sein. Letztendlich definitiv nachweisen ließe sich dies vermutlich lediglich anhand einer Originalvorlage. Ich gehe hier allerdings von einer Aufdruckfälschung aus - allein die Aufdruckfarbe gefällt mir bereits nicht.

Zwischen echt und falsch existieren schon ein paar Unterschiede. Neben der Aufdruckfarbe vom Handstempel weist das Original (Handstempel Type I) im Vergleich zur häufigsten Fälschung (Handstempel Type II) ein paar Unterschiede auf, welche sich beim Ausmessen ergeben (Bruchteile von Millimeter). In älteren Michel Deutschland-Spezialkatalogen werden diese Unterschiede auch noch aufgeführt (irgendwann zwischen 1983 und 1996 aus dem Katalog herausgeflogen).

Wir haben einige gestempelte (attestierte) Exemplare in der Attestdatenbank, siehe [1]. Fällt dir etwas zur Stellung des Handstempelaufdrucks vs. Tagesstempelabschlag auf? Dies wäre ein relativ sicheres Indiz bei gestempelten Exemplaren.

Der Tagesstempel kann auch ein Indikator zur Echtheit sein. Die meisten Originale und Fälschungen wurden mit den Tagesstempeln Oppeln *1i (wie in deinem Fall) und Oppeln *1k gestempelt. Es kommen aber auch Entwertungen von anderen Tagesstempeln aus Oppeln vor.

Oppelner Notausgaben mit den Prüfzeichen der Herren Haertel (Oppeln), Dr. Müller (Leobschütz) und Richter sind mit äußerster Vorsicht zu betrachten (Richter prüfte m.W. nie Oberschlesien, also Prüfzeichenfälschung). Haertel-signierte Briefmarken kommen oftmals satzweise daher und sind im Regelfall falsch (Ausnahmen einzelner Exemplare bestätigen die übliche Regel).

Attestierte Exemplare der Oppelner Notausgaben der Herren Dr. Weinberg BPP (bis 1996) und Gruber BPP (ab 1997) sind in Ordnung.

Gruß
Stefan

[1] https://www.briefmarken-atteste.de/atteste/suchen/ablage/284
 
EDMI Am: 30.12.2022 12:52:13 Gelesen: 14049# 84 @  
Hallo Stefan,

Danke für Deine Anmerkungen.

Mir fällt in der Tat auf dass bei den Attesten meist neben den Handstempel gestempelt wurde. Außerdem sind die Handstempelaufdrucke alles andere als perfekt und sauber abgeschlagen.

VG

Michael
 
Stefan Am: 30.12.2022 17:44:44 Gelesen: 14011# 85 @  
@ EDMI [#84]

Mir fällt in der Tat auf dass bei den Attesten meist neben den Handstempel gestempelt wurde. Außerdem sind die Handstempelaufdrucke alles andere als perfekt und sauber abgeschlagen.

Die nachfolgenden Abbildungen von Originalen habe ich mir aus der Attestdatenbank "ausgeborgt" [1]:



Bei Originalen (Aufdrucktype I) befindet sich der Aufdruck "C.I.H.S." oftmals (nicht immer) in der Nähe des Landesnamens "DEUTSCHES REICH", bei den Germanias (Pfennigwerte) im unteren Drittel der Briefmarke. Meistens (auch nicht immer) wurde der Tagesstempel von Oppeln nahe bzw. neben dem Handstempelaufdruck abgeschlagen. Der Handstempelaufdruck selbst ist nicht immer sauber (nicht immer vollständig) abgeschlagen.

Fazit: Vollständig abgeschlagene (= klar lesbare) Handstempelaufdrucke zentrisch in der Mitte der Briefmarke sind eher unüblich. Vollstempel als Entwertung sind auch eher unüblich. Dies schließt Originale nicht aus, kommt allerdings eher selten vor. Zentrisch abgeschlagene Handstempelaufdrucke sowie Vollstempel (Oppeln *1i bzw. Oppeln *1k) sind eher bei Fälschungen (Aufdrucktype II) üblich - bei vorliegenden Briefstücken gern auch rückseitig ein Prüfstempel von Max Haertel aus Oppeln (i.d.R. rot, zweizweilig, ohne Rahmen). Die Stempelfarbe vom Handstempelaufdruck ist m.W. wasserfest und verfärbt nicht beim Ablösen der Briefmarke (vom Briefstück).

Generell wurde gegen Ende der Gültigkeit (18./19.02.1920) der Oppelner Notausgabe vergleichsweise viel Material für den Sammlermarkt produziert (Aufdrucktype I), sowohl ungebraucht als auch aufgeklebt & gestempelt auf Briefstück. Der Literatur nach wurde der CIHS-Handstempel (Aufdrucktype I) anschließend unter Zeugen vernichtet. Anschließend (nach Gültigkeitsende) begann die Produktion von vergleichsweise umfangreicheren Sammlerbeständen mit dem vor Ort in Oppeln lagernden Reservestempel (Aufdrucktype II), welche heute als Fälschung angesehen wird.

In der Interalliierten Kommission befand sich auch ein Angehöriger, welcher in Frankreich im philatelistischen Fachhandel tätig war und wusste, wie man mit Briefmarken Geld verdienen konnte.

Dem Vernehmen nach hat der Sohn vom Prüfer Max Haertel nach dem Tode des Vaters (1935) aus dem Nachlass stammend weiter Oppelner Notausgaben als echt signiert und attestiert (ohne Fachkenntnis). Es gibt hier also nichts, was es nicht gibt. ;-)

Gruß
Stefan

[1] https://www.briefmarken-atteste.de/atteste/suchen/ablage/284
 

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