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Thema: DDR: Die Stempelfälschungen der Stasi
Das Thema hat 48 Beiträge:
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Baber Am: 23.04.2014 10:10:05 Gelesen: 39606# 1 @  
Hallo zusammen,

dass die Stasi den Briefverkehr zwischen Ost und West überwacht hat, ist sicher allgemein bekannt. Zu Ostern war ich in Leipzig und konnte dort im Museum am Runden Eck (ehemalige Zentrale der Stasi Leipzig) die verwendeten Geräte zur Kontolle des Briefverkehrs besichtigen.

An der Wand hing auch eine Schautafel mit gefälschten Stempeln westlicher Postämter. Das war mir neu. Warum die Stempel gefälscht wurden, war nicht erklärt. Weiß jemand eine Erklärung?



Gruß
Baber
 
Altmerker Am: 23.04.2014 10:26:21 Gelesen: 39600# 2 @  
@ Baber [#1]

Das finde ich mysteriös, denn die Stempel-Daten liegen, wenn erkennbar, nach dem Mauerfall. Dazu passen Postleitzahl und Datum nicht, z.T. zweistellige PLZ (36 Halberstadt 2- das Bahnpostamt) zu Zeiten mit vierstelligen, außerdem ist hier ja Ost-West-Fern-Ost und Süd munter gemischt. Zudem fallen immer wieder Unklarheiten bei Jahr und Uhrzeit auf.
 
Stefan Am: 23.04.2014 10:53:30 Gelesen: 39577# 3 @  
@ Baber [#1]

An der Wand hing auch eine Schautafel mit gefälschten Stempeln westlicher Postämter. Das war mir neu. Warum die Stempel gefälscht wurden, war nicht erklärt. Weiß jemand eine Erklärung?

Eine Mutmaßung meinerseits: Wenn bei der Überprüfung von verdächtigen eingehenden Sendungen aus dem Inland bzw. Ausland und bei der Öffnung dieser der Briefumschlag derart beschädigt wurde, dass die Öffnungsspuren nicht mehr zu kaschieren waren, musste ein neuer Versandumschlag angefertigt werden. Dieser musste auch den bzw. die entsprechenden Tagesstempel tragen, welche auch auf dem originalen Briefumschlag vorhanden waren. Sonst könnte eine Sichtung der Sendungen durch das MfS anhand abweichender Tagesstempel auffallen.

Es wäre natürlich interessant, derartige gefälschte Stempelabschläge auf in Sammlerhand gelangte Umschläge nachzuweisen. Das Foto bietet eine erste Möglichkeit, anhand von Orts- und Unterscheidungsbuchstaben zu recherchieren.

Nach [1] wird unter Angabe weiterführender Quellen vermerkt:

"In den 1980er Jahren öffnete das MfS pro Tag etwa 90.000 Briefe und 60.000 Pakete. Fand das MfS beim Öffnen Geld oder Wertgegenstände, so wurden diese gelegentlich entwendet und dem Staatshaushalt der DDR zugeführt. Im Zeitraum von 1984 bis 1989 nahm das MfS auf diese Weise rund 32 Millionen DM ein."

@ Altmerker [#2]

Das finde ich mysteriös, denn die Stempel-Daten liegen, wenn erkennbar, nach dem Mauerfall. Dazu passen Postleitzahl und Datum nicht, z.T. zweistellige PLZ (36 Halberstadt 2- das Bahnpostamt) zu Zeiten mit vierstelligen, außerdem ist hier ja Ost-West-Fern-Ost und Süd munter gemischt. Zudem fallen immer wieder Unklarheiten bei Jahr und Uhrzeit auf.

Kann es sein, dass das ausgestellte Blatt tatsächlich erst am 04.12.1989 erstellt wurde und der stempelnde Mitarbeiter sich die Mühe gemacht hat, alle Stempel mit dem seinerzeit tagesaktuellen Datum zu versehen? Dabei wurden dann auch Stempelgeräte genutzt (Bsp. 36 Halberstadt in der zweiten Reihe).

Gruß
Pete

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Postgeheimnis
 
Lars Boettger Am: 23.04.2014 11:00:05 Gelesen: 39573# 4 @  
@ Baber [#1]

Zu dem Thema gibt es ein ausgezeichnetes Buch von Peter Hellström "Die Postkontrolle der Staatssicherheit" - sehr interessant zu lesen!

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Holzinger Am: 23.04.2014 12:57:33 Gelesen: 39538# 5 @  
@ Pete [#3]

Kann es sein, dass das ausgestellte Blatt tatsächlich erst am 04.12.1989 erstellt wurde und der stempelnde Mitarbeiter sich die Mühe gemacht hat, alle Stempel mit dem seinerzeit tagesaktuellen Datum zu versehen? Dabei wurden dann auch Stempelgeräte genutzt (Bsp. 36 Halberstadt in der zweiten Reihe).

Mit großer Sicherheit. Weiter oben wird ja davon geschrieben, das "an der Wand eine Schautafel" ist, auf der lt. Bemerkung in der rechten, unteren Ecke) einige Musterabschläge gezeigt werden. Es ist also kein "Musterarbeitsblatt aus einer Anweisungsordnung", sondern - meiner Meinung nach - nur eine bildhafte "Schautafel" um das Problem zu zeigen.
 
Altmerker Am: 23.04.2014 16:11:16 Gelesen: 39485# 6 @  
@ Pete [#3]
@ Holzinger [#5]

In der Literatur lese ich aber, dass die Hauptabteilung M (Postkontrolle) zu der Zeit noch nicht aufgelöst war, d.h. die Stempel waren noch im MfS oder NaSi-Besitz. Vielleicht wurden die Stempel später zurückgedreht. Möglicherweise war es ein wichtiges Datum? An solche Dinger kam man m.E. erst ab Mitte Januar ran, als die Normannenstraße besetzt wurde und dann überall irgendwas gemacht wurde.
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:00:00 Gelesen: 39466# 7 @  
@ Baber [#1]

Es wäre vielleicht eine anzudenkende Idee, auf Basis Deines Originalfotos, die einzelnen Stempel in die Stempeldatenbank einzupflegen, mit dem entsprechenden Hinweis auf das was/wo/wie (vielleicht sogar mit ganz kurzer, einzeiliger englischer Ergänzung für die Suchmaschinen)?

Vielleicht findet sich dann auch einmal ein passender Beleg.

Gruß
Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:02:05 Gelesen: 39464# 8 @  
@ Baber [#1]

Weiß jemand eine Erklärung?

Hallo Baber,

Pete hat ja schon einen guten Hinweis gegeben und es war ja tatsächlich so, dass die Stasi sowohl die gesamte Post die aus der DDR nach Westen ging (und wohl nicht nur dorthin!), wie auch alle Post die vom Westen in die DDR ging öffnete, las, wie Petes Beitrag richtig feststellt ggf. auch Wertgegenstände zur "Unterstützung des DDR Staatshaushalts" entnahm, und dann wieder verschloss und an den Empfänger frei gab. Manchmal gingen dabei Kuverts und Verpackungen kaputt oder wurden ausgetauscht. Diese mussten dann wieder in einen angeblichen Zustand der "Jungfräulichkeit" versetzt werden und entsprechend auch mit passenden Poststempeln versehen werden. Diese hatte die Stasi dazu eben auch in ihrem eigenen Bestand! :-( Wie man sieht nicht nur von der DDR, sondern auch von der BRD und anderem Ausland wenn eben benötigt.

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:04:36 Gelesen: 39460# 9 @  
@ DL8AAM [#7]

Vielleicht kann ja auch jemand vor Ort beim Museum am Runden Eck nähere Information ermitteln? Ggf. sogar Belegabschläge für unsere wissenschaftliche Dokumentationsdatenbank bekommen (machen)? Das Thema klingt richtig richtig interessant.

Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:14:09 Gelesen: 39452# 10 @  
@ DL8AAM [#9]

Hallo Thomas,

eine entsprechende Anfrage per E-Mail habe ich bereits gestellt und warte auf Antwort. ;-)

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:25:50 Gelesen: 39443# 11 @  
@ filunski [#10]

Zwei I...'s, ein Gedanke ;-)

Oder, am besten der lokale Leipziger Briefmarkenklub schleust einen seiner vielen Jugendlichen über ein Schulpraktikum dort für zwei, drei Wochen ein. ;-) Der/Die könnte die archivarische Gesamtaufnahme dann sogar noch als positive Arbeit verkaufen. Und die Erstellung einer Webseite dann erst - mit passender Importdatei zum direkten Hochladen in die Datenbank. 15 Punkte, Abi 1.0 ;-)

Das wäre doch eine echt spannende und sinnvolle Jugendarbeit, oder? ;-)

Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:31:23 Gelesen: 39440# 12 @  
@ DL8AAM [#11]

SUPER ! :-)

Peter
 
uli Am: 23.04.2014 17:35:12 Gelesen: 39427# 13 @  
@ DL8AAM [#7]


Vielleicht findet sich dann auch einmal ein passender Beleg

Woran sollte man die Stempelabschläge von den Abschlägen der echten Stempel unterscheiden können? Oder war die Stasi so dumm und hat Fälschungen von Stempel angefertigt und genutzt, die es gar nicht gab oder zu dieser Zeit nicht oder für Briefe in die DDR nicht verwendet wurden? Kann ich mir schwer vorstellen.

Gruß
Uli
 
filunski Am: 23.04.2014 17:42:45 Gelesen: 39419# 14 @  
@ uli [#13]

Kann ich mir schwer vorstellen.

Hallo Uli,

die Burschen von der Stasi waren zwar in vieler Hinsicht sehr durchtrieben und sicher auch nicht die Dümmsten, aber alles wussten und kannten die auch nicht. Inwieweit dort auch Poststempelexperten ihr Unwesen trieben ist mir nicht bekannt, aber bei den auf dem abgebildeten Schaubild zu sehenden Abschlägen ist der eine oder andere Abschlag eines Stempelkopfs von Maschinenstempeln dabei, der, wenn so (ohne Entwerter - Welle bzw. Werbeklischee) alleine auf einem entsprechenden Brief an eine DDR Adresse zu finden, auffallen müsste! ;-)

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:45:51 Gelesen: 39415# 15 @  
@ filunski [#12]

;-)

Je länger ich drüber nachdenke, desto besser und ersthafter klingt die Idee. Viele Museen haben schon aus finanziellen Gründen kaum noch Manpower für solche archivarische Hintergrundarbeit zur Verfügung. Wenn man da mit einem sauber vorbereiteten Projekt seriös mal bei den richtigen Leuten anklingelt, kann dass eine beidseitige Win-Win-Situation werden. Und bei dem Museum am Runden Eck handelt es sich nicht um ein staatliches Museum, dass mit einem üppigen Etat ausgestattet ist, sondern vielmehr nur um einen e.V. in privater Trägerschaft des Bürgerkomitees Leipzig [1].

@ uli [#13]

Auf den ersten flüchtigen Blick, erscheinen einige Stempel in der Ausführung etwas unsauberer ausgefallen zu sein... Auch die "optische Symmetrie" scheint nicht immer genau zu passen, siehe z. B. der UB a im ersten Stempel oben links "WOLFENBÜTTEL 1 / 334".

Thomas

[1]: http://www.runde-ecke-leipzig.de
 
Stefan Am: 23.04.2014 17:52:10 Gelesen: 39412# 16 @  
@ uli [#13]

Oder war die Stasi so dumm und hat Fälschungen von Stempel angefertigt und genutzt, die es gar nicht gab oder zu dieser Zeit nicht oder für Briefe in die DDR nicht verwendet wurden?

Hier sind m.E. zuerst die Heimatsammler gefragt, nachzuschauen, ob der jeweilige Stempel mit dem betreffenden Unterscheidungsbuchstaben auf gängigen Sendungen verschiedener Formate (unversicherte Briefe, Einschreiben, Eilboten, Wertbriefe usw.) verwendet wurde oder im Beitrag [#1] (im Einzelfall) Innendienststempel kopiert wurden, welche anhand des Unterscheidungsbuchstabens auffallen müssten. Es wäre ungünstig, sich selbst Unterscheidungsbuchstaben auszudenken und anschließend entsprechende Stempelgeräte zu fabrizieren.

Für einen Vergleich von Original des jeweiligen Postamtes und Fälschung des MfS benötigt man auch Originale.

Weiterhin wäre zu prüfen, ob bei den eingangs gezeigten Stempelabschlägen (augenscheinlich) original Stempelfarbe verwendet wurde. Dies dürfte zumindest im Fall der Handstempelabschläge aus der DDR (Bsp. Schwerin, Grimma, Oschatz, Torgau usw.) theoretisch weniger ein Problem gewesen sein, da sicherlich ein Bezug der Stempelfarbe über die Post der DDR möglich scheint. Für Stempel aus dem Ausland, insbesondere aus dem "Westen" erscheint mir der Bezug passender Stempelfarbe schwieriger (Bsp. Bundesrepublik, Österreich, Schweiz, Luxemburg).

Gruß
Pete
 
Holzinger Am: 23.04.2014 19:29:30 Gelesen: 39368# 17 @  
@ Altmerker [#6]
@ alle

Das Datum "04.12.1989" ist ein historisches Datum (für Leipzig). Im Rahmen der Montagsdemo forderten die Demonstranten an diesem Tag Einlaß in die Bezirkszentrale. Deswegen (höchstwahrscheinlich) die nachträgliche Datumseinstellung auf allen Geräten.

Die Arbeit der Abteilung M wurde übrigens am 20.11.1989 eingestellt.
 
LOGO58 Am: 23.04.2014 20:02:57 Gelesen: 39353# 18 @  
Ich habe einmal an Hand der Stempel in Beitrag [#1], die geeignet waren, unsere Stempeldatenbank (DB) befragt. Ein interessantes Ergebnis:

KÖLN 1 / me / 5 = in DB als Maschinenstempel
FRANKFURT AM MAIN 1 / ma / 6 = in DB als Maschinenstempel
HILDESHEIM 1 / ad / 32 = in DB als Maschinenstempel
DARMSTADT 2 / o / 61 = in DB als Maschinenstempel
MARBURG, LAHN 1 / v / 3550 = in DB als Maschinenstempel
DÜSSELDORF 1 / mu / 4 = in DB als Maschinenstempel
TOKYO / JAPAN = in DB als Handstempel
WIESBADEN 1 / d / 62 = in DB als Handstempel
HANNOVER BPA / d / 3 = in DB als Maschinenstempel (Bandstempel)
MEUSELWITZ / 7404 / g = in DB als Handstempel
CELLE 1 / v / 31 = in DB als Maschinenstempel
 


Wer sich die Stempel ansehen will: Einfach z.B. KÖLN 1 / me / 5 in die Volltextsuche eingeben. Erstaunlich, dass nur ein Stempel aus der DDR dabei ist. Weitere Schlüsse sollten aber diejenigen ziehen, die ev. mehr Hintergrund haben. Dieses ist nur ein kleines Hilfsangebot.

Viele Grüße aus dem Norden
Lothar
 

filunski Am: 23.04.2014 20:23:13 Gelesen: 39340# 19 @  
An alle am Thema Interessierte

Ich habe bereits eine positive Antwort aus Leipzig auf meine Anfrage. Es klingt alles sehr vielversprechend und ich werde die nächsten Tage mehr Einzelheiten und auch weitere bekannte Fakten zu diesen Stempeln hier berichten. Dies in Kürze als Zwischenstand.

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 21:13:23 Gelesen: 39317# 20 @  
@ LOGO58 [#18]

Besten Dank für deine Mühe. Ich habe mir einmal die beiden TOKYO / JAPAN Stempel angeschaut und bereits auf den ersten Blick fallen Unterschiedene auf.



Vorbehaltlich der Abschlagsqualität und der "Idee", das die japanischen Stempel bzw. Formate und Elemente (intern) genormt waren, auf die Schnelle:

a) das K im Original ist "breiter", d.h. der Winkel zwischen dem NS-Strich und dem rechten Abstrich (Fuß) ist größer.

b) der Aufschwungbogen beim J geht im Original höher. Die Os wirken "breiter", in der Fälschung eierig ovaler? Die Füße der Originalen sind aufgeprägter/abgesetzter. Das kann aber auch am Abschlag selbst liegen?

c) die Datumszeile im Original ist breiter. Der Monat wird im Original (aus 1978) mit römischen Zahlen angebeben.

Interessant wären die ungefähren Einsatzzeiten der gefälschten Formen.

Oder auch MEUSELWITZ / 7404 / g



a) der eingeschlossene "o-Raum" des UB g ist im Original größer, das gefälschte g wirkt allgemein kleiner.

b) die waagerechten Stegbegrenzungen sind im Original breiter als die Kreisbegrenzungen

c) die freie Strecke zwischen dem oberen Ende der zweiten 4 der PLZ und der W-Basis im Ortsnamen ist im Original viel kürzer. Selbst wenn man das auf der Qualität des Fälschungsabschlages schulden würden und man die Enden der Zeichen nachzeichnen würde, würde dass dann alles von den Gesamtproportionen per einzelnen Zeichen nicht mehr zusammen passen? Das heisst die STASI hat diese Stempel wohl selbst angefertigt und sich nicht einfach nur 1:1-Kopien beim offiziellen Stempelschneider der DDR besorgt?

Ich glaube schon, dass sich an Hand der jeweiligen Vergleichsstempel Original und Fälschung in aller Regel schon unterscheiden lassen. Irgendwie wirken die MfS-Stempelfälschungen generell auch etwas liebloser "geschnitten" bzw. mehr homemade "hingeschustert", oder?

Gruß
Thomas
 
Mondorff Am: 23.04.2014 21:41:34 Gelesen: 39297# 21 @  
@ filunski [#19]

Vorläufig eine Zusatzinformation.

Ein gelber Zettel trägt die folgende Aufschrift:

"Mappe mit gefälschten Poststempeln. Für die Fälschung von Briefumschlägen verwendete das MfS Briefmarken aus der ganzen Welt. Um diese dann auch entwerten zu können, wurden dafür, im Auftrag der Abteilung M, im Ätzungsverfahren Stempelklischees hergestellt. Als Vorlage für die Herstellung dienten vermutlich Poststempel auf Originalbriefen."



Freundlichen Gruß
DiDi
 
filunski Am: 23.04.2014 23:53:39 Gelesen: 39253# 22 @  
Hallo zusammen,

das Thema wird ja richtig spannend und sicherlich noch interessanter. Vielen Dank an baber für seinen Anstoß dazu! :-)

Inzwischen hatte ich schon einen regen Austausch mit dem Leipziger Gedenkstättenleiter Herrn Tobias Hollitzer, der hier auch mit großem Interesse mitliest und sich positiv über das Interesse und auch den hier vorgetragenen postalischen Sachverstand geäußert hat.

Zu den Stempeln hat er mir noch wertvolle Zusatzinformationen geliefert welche ich hier mit seiner Zustimmung im Originalwortlaut veröffentliche:

"Die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig wurde am 4. Dezember 1989 im Anschluss an die Montagsdemonstration besetzt und in den folgenden Wochen aufgelöst. Die Besetzungen der Bezirksverwaltungen und der meisten Kreisdienststellen erfolgte zwischen dem 4. und 7. Dezember 1989. Nur die Berliner Zentrale wurde erst ab dem 15. Januar 1990 (übrigens angeregt durch die Bezirks-Bürgerkomitees) aufgelöst.

Während der Auflösung wurden durch die Militärstaatsanwaltschaft in Leipzig gefälschte Stempel, Ausweise und Pässe und auch diese Poststempel als Beweismittel sichergestellt. Als diese Ermittlungsverfahren im Frühjahr 1990 auf zentrale Berliner Weisung eingestellt wurden und der leitende Militärstaatsanwalt in Ruhestand geschickt wurde, hat dieser die nun nicht mehr benötigten Beweismittel dem Leipziger Bürgerkomitee für eine Ausstellung übergeben.

Bei den gefälschten Stempeln handelt es sich um eine Art Klischees aus Zinkspritzguss, die mittels eines Überwurfrings unter einem Handstempel befestigt wurden. Das verstellbare Zahlenwerk für die Angabe des Datums befindet sich im Handstempel und die Klischees haben an dieser Stelle eine viereckige Aussparung.

Zur Veranschaulichung wurden im Frühjahr 1990 von eine Reihe dieser insgesamt knapp 150 Stempel Abschläge auf einem A3-Blatt gefertigt und sowohl in der Ausstellung als auch im später erschienenen Begleitband „Stasi intern“ auf S.128/129 (Forum-Verlag 1990) abgebildet. Da ja irgendein Datum eingestellt werden musste, wurde der 4.12.1989 als Datum der Besetzung gewählt. Als Stempelfarbe für die hier in Rede stehenden Abschläge wurde ein normales Stempelkissen verwendet."


Auch das von Didi (Mondorff) in Beitrag [#21] gezeigte Bild passt ganz gut dazu, vielen Dank.

Ebenfalls vielen Dank an Herrn Hollitzer für seine Ausführungen und auch die angekündigte Bereitstellung von Abschlägen für unsere Datenbank. Von großem Interesse wäre es dann auch, ob jemand eventuell Belege zeigen kann, die solche Stempel zeigen.

Sobald die ersten Stempel in unsere Datenbank kommen, werde ich auch hier wieder Bescheid geben.

Beste Grüße,
Peter
 
Stefan Am: 24.04.2014 09:30:33 Gelesen: 39194# 23 @  
@ filunski [#22]

Ebenfalls vielen Dank an Herrn Hollitzer für seine Ausführungen und auch die angekündigte Bereitstellung von Abschlägen für unsere Datenbank.

Ein großes Dankeschön nach Leipzig!

Von großem Interesse wäre es dann auch, ob jemand eventuell Belege zeigen kann, die solche Stempel zeigen.

Wenn eine möglichst vollständige Liste (Angabe der PLZ, des Ortes, des Unterscheidungsbuchstabens und ggf. der Postamtsnummer) der gefälschten Stempelabschläge vorliegt, lässt sich nach entsprechenden Abschlägen suchen. :-)
Die Suche nach Fälschungen würde sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen; nach manchen Dingen sucht ein Sammler - wie einige sicherlich aus eigener Erfahrung wissen - mehrere Jahre.

Sammlerkollege DL8AAM hat in Beitrag [#20] begonnen, erste Vergleiche anzustellen und LOGO58 verweist in Beitrag [#18] auf bereits vorhandene Einträge (von Originalen). Ich habe mir gestern meine Sammlung DDR gestempelt (speziell die Jahrgänge 1980-1990, insbesondere Blocks und Kleinbogen) und im Anschluss ein halbes Kilo Kiloware der Dauerserie "Aufbau in der DDR" angesehen, welche erstmals in den Jahren 1980/81 an die Schalter gegeben und bis 1990 verwendet wurde. Nachfolgend die (leider eher mageren) Ergebnisse:

1. Handstempel (DDR) aus 7290 Torgau:

Im Beitrag [#1] wird ein Handstempel aus 7290 Torgau abgebildet. Im Beitrag [#22] erfolgt eine kurze Beschreibung des Materials ("Zinkspritzguss"), aus welchem die Fälschungen des MfS gefertigt wurden. In meiner Sammlung befinden sich diverse Handstempel aus Torgau, allerdings kein Handstempel mit dem Unterscheidungsbuchstaben "l" (wie "Ludwig"). Wenn man davon ausgeht, dass die Produktion des Zinkspritzgusses eher ungenau erfolgte, dann wäre es denkbar, dass es sich bei dem Unterscheidungsbuchstaben "l" nicht um diesen Buchstaben sondern um ein "i" handelt, bei welchem der Punkt des Buchstaben "i" mit dem Rest des Buchstabens irrtümlich verbunden ist.

Das Handstempelgerät mit dem Unterscheidungsbuchstaben "i" war auch im Torgauer Postamt 1 im Einsatz befindlich, wie die nachfolgende Abbildung des Blockes 78 (Ausgabedatum 11.09.1984) zeigt. Der Block selbst wurde auf Sammlerwunsch am 10.12.1984 gefälligkeitsentwertet, d.h. rückseitig ist die Gummierung des Blocks vorhanden (und daher m.E. von einem Originalabschlag auszugehen).



Im Vergleich zwischen echt und falsch:



2. Handstempel (DDR) aus 7260 Oschatz:

In der eingangs erwähnten Kiloware fand sich das nachfolgende Briefstück des unsauber abgeschlagenen Handstempels aus Oschatz (1a):



Die Fälschung des MfS weist die PLZ 726 auf; das Briefstück zeigt bereits die vierstellige PLZ 7260 und die Marke wurde (m.E.) am 12.05.1988 um 18 Uhr gestempelt.

Gruß
Pete
 

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