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Thema: Luftverkehr Sablatnig
christel Am: 07.03.2015 10:57:02 Gelesen: 4873# 1 @  
Luftverkehr Sablatnig - Berlin >>> via Warnemünde

Hallo liebe Mitleser,

kann eventuell jemand etwas über die Gesellschaft "Luftverkehr Sablatnig" in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg berichten ?

Ich habe Anfang dieser Woche eine Online-Auktion verfolgt, bei der ein Streifband von Berlin nach Dänemark, mit Zwischenstation "Warnemünde" angeboten war. Im Endeffekt zu einem recht respektablem Preis verkauft.

Ich habe derartiges noch nie gesehen, der neue stolze Besitzer möge mir verzeihen, dass ich den Beleg hier abbilde.

Eine weitere Frage: Warum wurde die Frankatur erst in Warnemünde entwertet?

ich freue mich schon auf Antworten und bedanke mich schon im voraus.

Christel


 
Kalmimaxiss Am: 07.03.2015 12:39:56 Gelesen: 4854# 2 @  
Einfach googeln:

https://www.google.de/search?q=Luftverkehr+Sablatnig&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=I-P6VImOBIH1UvrDgOgK

Die Fluglinie war Berlin-Warnemünde-Kopenhagen, der Brief wurde in Warnemünde nach Kopenhagen (siehe Adresse!) aufgegeben.
 
christel Am: 07.03.2015 12:50:13 Gelesen: 4848# 3 @  
Danke.

googeln kann ich wohl, aber die Informationen, die ich suchte, findet man dort auch nicht.

Wann wurde der Flugverkehr eingeführt, war es ein "offizieller" Dienst der deutschen Reichspost - der auch von dieser beworben wurde, warum wurde erst in Warnemünde entwertet wenn doch der Absender in Berlin ansässig ist.
 
saintex Am: 07.03.2015 14:05:17 Gelesen: 4835# 4 @  
@ christel [#3]

Hallo Christel,

die Informationen, die du suchst wirst du im Internet auch nicht finden. Hierfür ist das weitergehende Studium der aerophilatelistischen Spezialliteratur und der zeitgenössischen Amtsblätter des Reichspostministeriums sowie der von diesem herausgegebenen Luftpostlisten erforderlich, die sich - wenn überhaupt ! - nur in der philatelistischen Bibliothek in München, in anderen Spezialbibliotheken oder im Privatbesitz finden.

Ich schaue heute Abend mal, was ich zu dem Thema in meiner aerophilatelistischen Bibliothek finde. Der hohe Zuschlagspreis erklärt sich hier offensichtlich aus der Tatsache, dass es sich um einen Bedarfsbeleg handelt und mit Sicherheit nur wenige Streifbänder erhalten geblieben sind. Zusammen mit dem optisch ansprechenden Luftpostaufkleber "Durch Flugpost/pr. Flyvepost" ist der Luftpostbeleg ein echter "Hingucker", jedenfalls für den auf Bedarfsbelege der frühen 1920er Jahre spezialisierten Aerophilatelisten.

Eigentlich gehört der Beitrag aber nach meiner Ansicht in den Thread Air Mail/Luftpost - Aufkleber, Labels, Eindrucke, Vermerke.

saintex
 
Kalmimaxiss Am: 07.03.2015 18:01:18 Gelesen: 4805# 5 @  
@ christel [#3]

Wann wurde der Flugverkehr eingeführt?

Ich lese da: :-)

"Nach dem Kriege baute er Marineflugzeuge zu Verkehrsmaschinen um und bediente damit zunächst die Linie Berlin-Warnemünde. 1919 konstruierte er seine erste echte Passagiermaschine, die SAB P I und nahm mit ihr die erste deutsche Auslandslinie auf: Ab 21. April 1919 flog die Sablatnig Flugzeugbau GmbH linienmäßig nach Kopenhagen und Stockholm.
 
christel Am: 07.03.2015 18:03:50 Gelesen: 4803# 6 @  
@ saintex [#4]

"die Informationen, die du suchst wirst du im Internet auch nicht finden. Hierfür ist das weitergehende Studium der aerophilatelistischen Spezialliteratur und der zeitgenössischen Amtsblätter des Reichspostministeriums sowie der von diesem herausgegebenen Luftpostlisten erforderlich, die sich - wenn überhaupt ! - nur in der philatelistischen Bibliothek in München, in anderen Spezialbibliotheken oder im Privatbesitz finden."

Und gerade deshalb, weil sich diese Literatur nicht in meinem Besitz befindet, habe ich ja hier geschrieben und siehe da, eventuell durch saintex jemanden gefunden, der diese eventuell hat.

Und aus diesem Grunde liebe ich dieses Forum und danke Richard nicht zum ersten mal dafür, dass er es uns allen als Plattform zur Verfügung stellt.

Christel
 
saintex Am: 07.03.2015 20:53:20 Gelesen: 4773# 7 @  
@ christel [#6]

Hallo Christel,

so, ich habe jetzt mal zwei Stunden in meiner Bibliothek zu dem Luftpostbrief recherchiert und hier sind die Ergebnisse:

Die Fluggesellschaft wurde ursprünglich im Jahr 1919 unter dem Namen Luftverkehr Sablatnig gegründet und erhielt als eine der ersten deutschen Fluggesellschaften nach dem 1. Weltkrieg die Zulassung. Der Luftverkehr Sablatnig nahm im Jahr 1919 den planmäßigen Linienverkehr auf. Im Oktober 1920 ging der Luftverkehr Sablatnig in einem Gemeinschaftsunternehmen, an dem neben dem Flugzeughersteller Sablatnig die Schifffahrtsgesellschaft Norddeutscher Lloyd und die Deutsche Petroleum Gesellschaft beteiligt waren, auf und firmierte fortan als Lloyd Luftverkehr Sablatnig GmbH [1].

Die Fluglinie Berlin-Warnemünde-Malmö/Schweden-Kopenhagen/Dänemark wurde am 7.8.1920 eröffnet und im Pool von den deutschen Fluggesellschaften Deutsche Luft-Reederei (DLR) und Luftverkehr Sablatnig sowie der dänischen Fluggesellschaft Det Danske Luftfartselskab (DDL) beflogen. Dabei scheint die DLR die Strecke Berlin-Warnemünde beflogen zu haben während die Seestrecke Warnemünde-Malmö-Kopenhagen im Wechsel vom Luftverkehr Sablatnig und der DDL beflogen wurde. Offensichtlich wurden zunächst nur Fluggäste und Fracht befördert. Auf der Seestrecke zwischen Warnemünde und Malmö bzw Kopenhagen kamen dabei Wasserflugzeuge des Typs Friedrichshafen FF 49 zum Einsatz [2].

Flugpost war auf der Strecke Berlin-Warnemünde-Kopenhagen erst ab 15.9.1920 zugelassen. Näheres regelt die Verfügung Nr.626 vom 11.9.1920 über den Flugpostverkehr mit Dänemark [3]. Auch in den einschlägigen deutschen, dänischen und schwedischen Luftpostkatalogen wird der 15.9.1920 als Erstflugdatum für die Strecke Berlin-Warnemünde-Kopenhagen angegeben[4].

Damit wird nun auch das Besondere des Luftpostbeleges klar. Ich lese die Angaben im Tagesstempel Warnemünde 20.8.1920, also wurde das Streifband vor dem offiziellen Erstflugdatum am 15.9.1920 mit dem Flugzeug von Berlin über Warnemünde nach Kopenhagen befördert. Offensichtlich wurde die Zeitungssendung als Fracht befördert. Hierfür spricht auch die Frankatur mit nur 10 Pfennigen - vermutlich das Auslandsporto für eine Streifbandsendung nach Dänemark - und der fehlende Luftpostzuschlag.

Das Streifband enthielt offensichtlich ein Exemplar der in Berlin in dänischer Sprache erscheinenden Tageszeitung NUTIDEN (dt. Heute), einem Handelsblatt für Dänemark und Norwegen, das über die wirtschaftliche Situation in Deutschland berichtete und das sich an den skandinavischen Exporteur als Leser richtete [5].

Damit wage ich mal folgende Vermutungen:

Die Streifbänder wurden zusammen als Frachtsendung von der DLR von Berlin nach Warnemünde geflogen und dort vom Flugverkehr Sablatnig übernommen. Vermutlich waren die Streifbänder bereits in Berlin vom Zeitungsverlag mit dem Auslandsporto frankiert und der private Luftpostaufkleber der Fluggesellschaft Sablatnig angebracht worde. Die Fluggesellschaft Sablatnig liess die Frankatur in Warnemünde entwerten und beförderte die Zeitungssendungen anschließend als Frachtsendung über Malmö nach Kopenhagen wo die Zeitungssendungen von der Fluggesellschaft der dänischen Post zur Zustellung an die Empfänger übergeben wurden. Daher auch das (Auslands-)Porto für die Streifbandsendung.

Gut, ich gebe zu, bisschen viel Vermutungen aber da muss erst einmal jemand mit einer besseren Erklärung kommen. :)

Quellen

[1] Seifert, Karl-Dieter, "Sablatnig, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 321-322 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/ppn124235549.html
R.E.G. Davies, A History of the World's Airlines, London 1967 (Nachdruck 1983) Seite 13
[2] Eichner-Larsen, Det la i luften, Kopenhagen 1970 Seite 38-42
[3] Günter Otto, Katalog und Handbuch der Deutschen Luftpost 1919-1932, Berlin (Ost) 1972ff., Jahr 1920 Seiten 4 und 12
[4] Mats Hedelius, Dansk Luftpost - Takster og rutebeskrivelser, Skibby/DK 1992 Seite 32; Örjan Lüning, Luftpostens historia i Norden - The History of Airmail in Scandinavia, Stockholm 1978 Seite 310 Nr. 21A2; aus der deutschen aerophilatelistischen Literatur vgl. Otto a.a.O.[Fn. 3] und MICHEL Zeppelin- und Flugpost-Spezial-Katalog 2002 Seite 258 Nr. 20.5
[5] Internet, die Zeitung erschien nicht wirklich täglich sondern nur alle 14 Tage

saintex
 
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