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Thema: Postautomation: Die "Frankfurter Porto-Zange"
juni-1848 Am: 01.04.2015 00:17:43 Gelesen: 3818# 1 @  
Was an scheinbar Unscheinbarem in Nachlässen schlummern kann, möchte ich an folgendem Beispiel zeigen.

Zunächst ein Zeitschriften-Ausschnitt in Kurrent (im Volksmund als Sütterlin bezeichnet) – hier in Reinschrift:

Wenn unfrankierte Briefsendungen nach dem Bestimmungsorte der Karte unrichtig oder überhaupt nicht austaxiert sind, muß die Taxe nachträglich auf der Sendung berichtigt oder angesetzt und das austaxierte Porto in der Karte {die dem Kartenschluß = Behältnis für Postsendungen beiliegt} anderweit dargestellt werden. Bei Postämtern I und II wird die Karte aus diesem Anlasse nicht berichtigt, sondern die nachzutaxierenden Beträge werden in eine besondere, monatlich zu führende Nachweisung "Nachtaxe" eingetragen, in der der Führer des Portoankunftsbuches die von anderen Beamten bewirkten Eintragungen anzuerkennen hat. Im Bedarfsfalle können auch gräßere PÄ III von der OPD ermächtigt werde, die Nachtaxe zu führen.

Die am Bestimmungsorte nacherhobenen Beträge für versehentlich von der Aufgabe-Postanstalt abgesandte Briefe, Drucksachen, Geschäftspapiere und Warensendungen sind als nachtaxiertes Porto in der Karte oder der Nachtaxe zu vereinnahmen. Verweigert der Empfänger die Annahme, so ist der Betrag zu entlasten und auf der Sendung, - die nach dem Abgangsorte zurückzuschicken ist, - zu streichen.


Dazu handschriftlich diese Ergänzungen (rückseitig auf Thermopapier mit völlig ausgebleichtem Schatten eines Infla-Briefes):

Am 1.4.1922 verfügte die OPD Frankfurt die Erprobung einer „Porto-Zange“ beim Postamt Frankfurt N.O. 15. Der nachzuerhebende Betrag {Nachtaxe} und eine Nummer {des Postbeamten?} sollte in die besondere, monatlich zu führende Nachweisung „Nachtaxe“ geprägt werden. Dabei sollte die Prägung am rechten Rand der „Nachtaxe“ von oben nach unten beginnend ausgeführt werden. Die Lochung daneben diente wahrscheinlich nur dem besseren Erkennen. Zur Aufsummierung wurde die „Nachtaxe“ dann einfach kopfüber gedreht und der Betrag im rechten Winkel handschriftlich so eingetragen, daß er mit einem Blick für den Übertrag in das Portoankunftsbuch abzulesen war.

Da die schwache Kopie rein gar nichts mehr erkennen ließ, stocherte ich etliche Jahre in allem herum, was auch nur nach Frankfurter Nachgebühr roch – und wurde vor kurzem tatsächlich fündig:



(Datenbank # 7401)

Die private Mitteilung vom 18.5.1920 ab Leipzig 17 auf einer 10 Pf Germania Ganzsache wurde zwar mit ergänzender 10 Pf Germania auffrankiert, jedoch reichte das nach der Portoerhöhung vom 6.5.1920 leider nicht aus.

Am Bestimmungsort in Frankfurt wurde am 19.5.1920 das Doppelte ("20" Pf) des Fehlportos mit dreizeiligem Rahmenstempel " XII. \ Ffm 1 \ PORTO a" dokumentiert. Der Empfänger wohnte jedoch nicht in Frankfurt N(ord) wie adressiert. Also wurde die Nachgebühr durch das Postamt 1 noch am gleichen Tag wieder entlastet mit " Entl.Ffm I? \ 1'95. 20 \ 4-5 N" sowie handschriftl. das zuständige Zustellpostamt " N.O.15" zwecks Weiterleitung der Karte dorthin notiert.

Welch Geschenk des Himmels, dass der Postbeamte in N.O.15 übergründlich war! Er stanzte nicht nur die „Nachtaxe“, sondern auch die entlasteten Sendungen und zwar an der linken unteren Ecke - wahrscheinlich um Briefinhalte nicht zu beschädigen, denn die Porto-Zange stanzte ein kleines Loch in Form eines liegenden Trapezes und prägte dahinter das Nachporto " 20>" lotrecht über " F1281".

Weitere Informationen zur Frankfurter Porto-Zange, insbesondere wie lange diese "mechanische Spielerei" getestet wurde, konnte ich bislang nicht ergründen.

Wer kennt weitere Quellen, Belege?

Sammlergrüße
Werner
 
juni-1848 Am: 01.04.2015 14:10:14 Gelesen: 3751# 2 @  
Gerne erfülle ich die Bitte eines interessierten Sammlers!

Hier das Original des Text-Ausschnitts (Quelle unbekannt):



Es scheint sich um etwas "Dienstliches" zu handeln.

Die handschriftliche Notiz zur OPD-Verfügung läßt sich leider nicht so als jpg-Datei erfassen, dass dabei etwas Lesbares heraus kommt.

Sammlergruß
Werner
 
Nachtreter Am: 01.04.2015 14:59:07 Gelesen: 3732# 3 @  
@ juni-1848 [#1]

Die Zange wird ab 1922 erprobt und findet sich auf einer Karte von 1920 wieder?

Viele Grüße und einen schönen 01. April!

nachtreter
 
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