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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 960 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 29.12.2017 15:34:53 Gelesen: 298840# 236 @  
@ Magdeburger [#235]

Lieber Magdeburger,

dann denken wir ja (mal wieder) gleich. :-)

Es wäre sicher eine interessante Sache, diesen frühen Prägungen auf den Grund zu gehen, wie ich auch glaube, dass oft viel zu viel Wert auf Marke(n) und Stempel gelegt wird und zahlreiche andere, hochinteressante Aspekte eines Briefes unentdeckt und unkommentiert bleiben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 31.12.2017 18:02:09 Gelesen: 298743# 237 @  
@ bayern klassisch [#236]

Hallo Ralph, hallo Ulf,

ich hatte ja diesen Brief schon woanders gezeigt, aber er passt gut zu diesem Thema.

Paketbegleitbrief über ein Paket von 10 3/10 Loth vom 27.1.1864 aus Regensburg von einem Herrn J.W. Neumüller nach Sünching an die Gräfliche von Seinsheimische Renten Verwaltung. Oberhalb steht die Manual Nr.422 und es wurde ein kleiner Klebezettel von Regensburg (479) aufgeklebt, sowie mit dem L2 Zweizeiler von Regensburg gestempelt (Winkler 8b).

Auf dem Brief ist keine Taxe vermerkt die darauf hinweist das hierfür etwas bezahlt werden musste, der rote Strich sollte dafür dagewesen sein das dieses Paket übergeben wurde. Auf der Rückseite ist nichts ausser der Absenderadresse.
Im Brief selbst ist der Name des Absenders eingeprägt und dies wurde wie Ulf schon sagte des öfteren gemacht, ich selbst habe es in Briefen meist bei Rechnungsbriefen gesehen.





Siehe das nächste Stück eine Vorderseite eines Briefes aus Erlangen nach Leipzig, für das Franko waren 9 Kreuzer zu verkleben, dies geschah in Form einer Bayern 2 und 4, gestempelt mit Mühlradstempel Nr.114. Interessant zu dem Thema ist hier der eingeprägte Name des Absenders "Henninger" Erlangen und auch auf der Rückseite kann man noch erkennen das es sich um eine Lieferung von Lagerbier handelte.



Aber ich gehe davon aus das, dass Ganze schon viel früher anfing und zwar mit den Papiersiegeln in welche die Kürzel des Absenders oder wie bei Regierungssachen das Stadtsiegel mit eingeprägt wurden.



Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 31.12.2017 21:32:15 Gelesen: 298726# 238 @  
@ Gernesammler [#237]

Hallo Rainer,

der aus Erlangen ist wirklich früh - hast du gut gekauft.

Mit Prägungen innen oder als Siegel hat das aber nichts (oder zumindest nicht viel) zu tun, weil die einen anderen Zweck erfüllten bzw. man sie schon so kaufen konnte.

Liebe Grüsse und ein frohes Neues Jahr,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 03.01.2018 16:07:16 Gelesen: 298479# 239 @  
Liebe Freunde,

weil ich über die Jahre etwas Zeit hatte und fleißig war, will ich euch das Produkt meiner Mühewaltung und meiner Freude nicht vorenthalten.

Wer Fragen hat, darf sie gerne stellen, denn die Masse der Briefe sind sicher nicht für jeden ad hoc verständlich, vlt. sogar auch nach Lesens meiner Beschreibungen (was ich dann aber mir ankreiden müsste).

Liebe Grüsse von bayern klassisch














 
bayern klassisch Am: 18.01.2018 15:54:02 Gelesen: 294405# 240 @  
Liebe Freunde,



heute zeige ich einen Brief aus Nürnberg von der Firma Volleth & Boeschel an Firma Schneider in Erding vom 19.9.1859. Der Absender schrieb folgendes:

Wir haben die Ehre Ihnen untenstehend mit Rechnung über die uns durch uns(eren) Reisenden H(errn) Huller gefälligst ertheilte Bestellung aufzuwarten, deren Betrag Sie aus nach Richtigfinden gutzuschreiben belieben.

Wir bitten um Ihre ferneren geneigten Auftraege und begrüssen Sie mit Hochachtung ergebenste J. Volleth & Böschel J. Volleth

Rechnung

Sandten Ihnen durch Boehm´s Fuhre

1/4 Tonne Heringe
1 Kistl hellbraunen Candis (= Zucker).

Ziel 3 Monate 24.1.1860

Von Nürnberg aus hätte ein Brief nach Erding, da über 12 Meilen entfernt, 6 Kreuzer einfach gekostet. Volleth & Böschel sandten den Brief aber an den Vermittler Seb(astian) ?? Seelige Erben in München, der vorne seinen roten Firmenstempel abschlug und ließen diesen den Brief bis Erding frankieren. Jetzt unter 12 Meilen, genügten 3 Kreuzer, wie am 22.9.1859 auch verklebt. Später dürften die Nürnberger vom Münchener die Rechnung für ihre Dienste erhalten haben, denn gratis war schon damals nichts.

Wenn mir einer sagen kann, wie der Münchener "Forwarder" heißt, wäre ich sehr dankbar.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.01.2018 10:41:28 Gelesen: 294071# 241 @  
Liebe Freunde,

die Interpretation des folgenden Briefes steht auf tönernen Füßen und wer sie aushärten lassen kann, ist gerne gesehen.



Die Anschrift lautet:

An Den k. General der Infanterie, Gesandten am preußischen Hofe pp Joseph Grafen von Rechberg
Mindelheim

Zustellgeld 4 Xr

Mandatar ad insunandum
Adv(ocat) Herele dahier

Der Brief wurde in Augsburg am 23.12.1824 unfrei aufgegeben und eine Portofreiheit schien nicht vorgelegen zu haben (beim Empfänger). Man taxierte ihn mit 6 Kr. Porto, welches man in Mindelheim abstich, um es mit einem Kreuzer Botenlohn auf 7 Kr. zu erhöhen.

Der Vermerk "Zustellgeld 4 Kreuzer" scheint mit aber in der selben Tinte und Schrift vorgenommen worden zu sein, wie die ganze Adresse auch. Ich vermute nun, dass die Post 6 Kr., der Bote 1 Kr. und eine gesonderte Zustellung weitere 4 Kr. gekostet haben müsste, wüsste aber doch gerne, wie das physisch vor sich gegangen sein sollte, weil sich eigentlich der Botenlohn von 1 Kr. nicht so gut mit einer Insinuationsgebühr von 4 Kr. verträgt, oder liege ich hier falsch?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.01.2018 14:53:40 Gelesen: 292080# 242 @  
Liebe Freunde,

eine kleine eierlegende Wollmilchsau ist mir ins Netz gegangen, die ich euch nicht vorenthalten möchte.





Geschrieben von der Zichorien - Fabrik C. Trampler in Lahr in Baden wurde die Rechnung vom 1.10.1866 zuerst in Nördlingen an der bayerisch - württembergischen Grenze mit 3 Kr. frankiert (Tarif vom 1.8.1865 ohne Entfernungsunterscheidung bis 1 Loth - da auf blauem Zigarettenpapier geschrieben unter 5 g leicht). Man teilte dem Empfänger, Ferdinand Schustetter in Thann bei Simbach in Niederbayern mit, dass die von ihm bestellten Waren "mittelst Abstoß im Bahnhofe in Vilshofen & von da durch den Thanner Boten" zukommen würden und er nach Erhalt die Bezahlung derselben an die Herren Gutleben & Weidert in München vorzunehmen hätte.

Die Postaufgabe erfolgte am 7.10.1866 in Nördlingen, die Entwertung des Randstücks der Nr. 9 durch 2 Abschläge des offenen Mühlrades 354 (eigentlicher Grund meines Kaufes). Am Folgetag kam er in Thann bei Eggenfelden an.

Bei regulärer Postaufgabe im badischen Lahr hätte es bis Tann bei einer Entfernung von 52 Meilen 9 Kreuzer gekostet, so wurden also 6 Kreuzer eingespart. Vor dem 1.8.1865 wäre es als Inlandsbrief von Nördlingen nach Tann auch teurer gewesen: Bei 27 Meilen (über 12 Meilen) hätte man damals mit 6 Kreuzern frankieren müssen.

So einen Brief aus Lahr via Nördlingen nach Tann suche ich ab jetzt noch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.02.2018 15:27:46 Gelesen: 288690# 243 @  
Liebe Freunde,

auch wenn Dienstexpressbriefe recommandirt versendet werden sollten, glaube ich nicht, dass die meisten diesen Postsonderdienst genossen haben.



Hier einen aus Mellrichstadt vom dortigen Bezirksamt, der an den funktionierenden Gemeindevorsteher Küchler in Filke gerichtet war. Die Absenderbehörde notierte R.S. dringend. Am 15.11.1866 abgeschickt, kam er am selben Tag im nahe gelegenen Fladungen (15 km) an. Filke lag ca. 6 km östlich von Fladungen, daher dürfte ein Expressbote dorthin gelaufen sein, was kostenpflichtig war.

Liest man den Inhalt, wird einem klar, warum man per Express verschickte: Die Blattern hatten Einzug in Filke gehalten und es waren mehrere Häuser dort betroffen. Man bekam zu Ohren, dass es einen Horrortourismus nach dahin gab, indem Leute zu diesen Häusern aufbrachen, um zu sehen, wie Menschen mit dieser Krankheit aussahen.

Es war also massiv wichtig, dort durch den Herrn Gemeindevorsteher Schilder vor diesen Häusern anbringen zu lassen, die das Betreten strickt verboten.

Ob der Krieg von 1866 etwas mit dieser Krankheit dort zu tun haben könnte, wage ich nicht schreiben, aber völlig auszuschließen ist es nicht, nachdem mir Kenner der Szene schilderten, dass es wohl mehr Tote durch Krankheiten 1866 gegeben haben soll, als Tote auf dem Felde der Ehre. Gerne lese ich Meinungen dazu.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:09:11 Gelesen: 286580# 244 @  
Liebe Freunde,

unscheinbar, aber nicht übel, präsentiert sich ein Brief aus Wörth an der Donau vom 5.11.1859 an den kgl. Advokaten Metz Regensburg, der den Vermerk "frco" trägt, aber keine Freimarke aufweist. Dies war aber korrekt, da darunter vermerkt wurde "Denk fürstlicher Domainenrath" und damit hatten wir die Portofreiheit derer von Thurn und Taxis im Spiel, so dass man zu Recht einen Diagonalstrich anbrachte als Zeichen, dass hier nichts zu fordern war.



Nach Wörth an die dortige Taxis - Administration kannte ich einige Briefe, von dort aber waren sie mir nicht geläufig, was jetzt anders ist.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:25:42 Gelesen: 286577# 245 @  
Liebe Freunde,

hier zeige ich ein großformatiges Kuvert aus Neuburg an der Donau vom 3.3.1827 an "Das Hochwürdigste Erzbischlöfliche Consistorium als Metroplitan - Gericht Münhen - Freysing und als in Ehesache Richteramte IIter Instanz in München", welches als Terminsache frey Postschein lief.



Der Absender bezahlte 20 Kreuzer Franko bis München und 4 Kreuzer für den Postschein. Die Entfernung betrug 72 km, also unter 10 Meilen, so dass wir hier in die Entfernungsgruppe über 6 bis 12 Meilen fallen. Ein einfacher Brief hätte bis 1/2 Loth 4 Kreuzer gekostet, wonach dieser hier wie folgt gewogen und berechnet wurde: 4 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 + 2 = 20 Kreuzer = 9. Gewichtsstufe! Er wog also über 4 bis 4,5 Münchener Loth = 70 g und 87.5 g.

Oben rechts sehen wir die Reco-Nummern 3 und 49 von Neuburg und München. Ich gehe davon aus, dass er in München als Dienst - Expressbrief sofort zugestellt wurde, was bei einer Terminsache auch Sinn machen würde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:45:41 Gelesen: 286574# 246 @  
Liebe Freunde,

das lustige Stempelstück kommt heute aus Ansbach vom 19.3.1857 (Inhalt) und stammte von G. I. Gutmann aus Ansbach, der einen einfachen Brief an Jonas Nordschild nach Schweinfurt verfasst hatte.



Nach der reinen Lehre hatte der Postkunde mit seinem Brief anzustehen, den Brief, den er frankiert aufgeben wollte, vorzulegen und der Postbeamte bzw. Postbedienstete dann auszurechnen, wie hoch das Franko sein würde, um ihm dann die Marke(n) zu verkaufen. Ein Aufkleben der Marke(n) durch die Post gab es also nicht, denn der Postkunde sollte nun, ärmer um 3 Kr. und reicher um eine ebensolche Marke, von dannen ziehen, die Marke auf dem Brief applizieren und in den Schlitz (gab es innen und außen) des Postlokals werfen, wo dergleichen Stücke später eingesammelt, die Marken gestempelt und die Post dann abtransportiert werden würde.

So ganz ohne Ausnahme kann dieses Standardprozedere aber nicht gewesen sein, wie uns dieser Brief zeigt. Der Brief weist nämlich einen Mühlradstempel UNTER der Marke auf, der nicht anders genau dorthin gekommen sein kann, als dass zuerst noch gar keine Marke aufgeklebt worden war. Erst nachdem der offene Mühlradstempel 19 dort abgeschlagen wurde, wo sonst die Marke zu kleben hatte, stellte man sein Mißgeschick fest und klebte die Marke hälftig über den Stempel, um sie alsdann satt und zentrisch zu entwerten.

Dass hierfür ein Randstück herhalten musste, habe ich billigend in Kauf genommen. Ich denke, die meisten von euch hätten das auch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 10:55:29 Gelesen: 286573# 247 @  
Liebe Freunde,

frankierte Armensachen sind nicht so häufig, wie man sie sich wünscht. Daher habe ich bei dieser zugegriffen, die am 19.1.1858 in Augsburg beim Filialamt vom katholischen Stadtpfarramt St. Georg an den lokalen Armenpflegschaftsrath in Riedlingen bei Donauwörth mit 3 Kreuzer frankiert worden war, denn die Portofreiheit in Armensachen war bei der Briefpost an die Armenpflegschaftsrät(h)e nicht mehr gegeben.



Eigentlich müsste es Unmengen von diesen Dienstbriefen, in der Regel mit 1, 3 oder 6 Kreuzer Frankaturen geben - doch der Markt gibt dergleichen nicht her. Wer eine hat, darf sie mir gerne anbieten.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.02.2018 11:13:02 Gelesen: 286566# 248 @  
Liebe Freunde,

heute ein kleiner "Vortragsbrief" von mir zur bekanntesten Charaktereigenschaft unserer Schwaben beiderseits der damaligen Landesgrenze, damals wie heute denke ich.



Stuttgart 14.4.1846 als Portobrief nach Fellheim bei Augsburg. Die Aufgabepost taxierte ihn mit 9 Kr. (6 + 3 2. Gewicht) bis zur Grenze bei Ulm, Augsburg als 1. bayer. Poststelle schlug seinen Auslagestempel auf den fremden 9 Kr. ab und setzte in rot darunter das eigene Porto von Ulm bis Fellbach i. H. v. 6 Kreuzern an. In Fellbach addierte man am 16.4. diese beiden Beträge mit schwarzer Tinte und kam zu dem richtigen Ergebnis von 15 Kreuzer, die bei der Abgabe zu entrichten waren.

Nun faltete das freiherrlich von Renchlinsche Patrimonialgericht selbigen um und sandte ihn nach Stuttgart retour - ohne dass ihn die Post gesehen hätte.

In Stuttgart kam er dann auch wieder an und wurde prompt am 23.4.1846, jetzt jedoch nicht mit der Rechnung, die schwer war, sondern als Quittung über die erhaltenen Rechnung ab an den selben Empfänger. Nun waren zuerst einmal die vorherigen 15 Kr. zu streichen (Rötel) und das neue Porto bis zur bayer. Grenze mit 6 Kr. (einfach) anzusetzen. In Augsburg schlug man jetzt seinen 2. Auslagestempel auf diesen 6 Kr. ab und notierte 4 weitere Kr. für Bayern ab Ulm bis Fellheim (wieder einfaches Gewicht), so dass sich nun nur noch 10 Kr. (wieder in Fellbach mit schwarzer Tinte notiert) als Gesamtporto ergaben. Am 26.4. erfolgte die Zustellung dort und die Akte konnte endlich geschlossen werden.

Briefe mit mehr als einem Auslagestempel sind selten, egal aus welchem Grund dies vorgekommen sein mochte. Einen, bei dem man so gut die Geschäftsgänge hin und her sehen kann und der noch dazu mal schwer (1,5 faches Porto) und mal einfach war und der 6 rote Stempel je jeweils unterschiedlichen Daten von 3 Orten ausweist, muss man erst mal finden.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.02.2018 12:58:53 Gelesen: 286478# 249 @  
Liebe Freunde,

zum Preise einer Bratwurst ging mir dieser ins Netz und ich muss sagen, dass ich da wirklich viel Glück gehabt hatte, da mein Gebot fast noch niedriger, als der Ausruf war.





Zu sehen war lediglich die Vorderseite dieses Briefes mit Halbkresisstempel von Kempten 23.2. (Jahresangabe fehlte). Der Scan war so schlecht, dass ich die Anschrift (J. C. Göhl´s Erben Hindelang) ebenso wenig lesen konnte, wie ich die "16x" unten links auch erst beim Empfang vor Ort erkennen konnte, aber dazu später mehr.

Als ich ihn drehte, erfreute mich ein herrlich klarer Fingerhutstempel von Immenstadt 25.2., der sehr präsentabel ist, weil man nur eine Seite aufklappen muss, um ihn so präsentieren zu können.

Aber auch der Inhalt (ich wusste nicht, ob er überhaupt welchen hatte), ist ein besonderer: Er stammte aus München vom 20.2.1843 von Joseph Kölbl und betrifft die zuletzt ausgebliebenen Kerzenbestellungen des Empfängers.

Nun werdet ihr die Frage stellen, warum ich ihn überhaupt gekauft habe? Der einzige Grund war der, dass er eine riesige 3 Kreuzer Taxe trägt, die so groß ist, wie der ganze Brief in seiner Höhe.

Der Bratwurstbrief ist also von München geschmuggelt nach Kempten, obwohl es ab dem 1.1.1843 ein neues Taxregulativ gab, das die Post in Bayern vergünstigte (meistens jedenfalls). München - Immenstadt = 121 km = 16,2 Meilen = 6 Kreuzer Porto, jedoch Kempten - Immenstadt 20 km = 3 Kreuzer Porto wie notiert, Ersparnis also 3 Kreuzer oder 100%.

Beweis, dass der Empfänger in Hindelang (damals noch keine Poststelle!) mehrere Briefe am 25.2.1843 von einem Boten bekam, der das Gesamtporto auf diesen Brief schrieb mit 16 Kreuzern. Glück muss man haben!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.02.2018 10:55:21 Gelesen: 286341# 250 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief aus Nürnberg vom 8.1.1852 nach Ansbach, der unten links als R. S. = Regierungs - Sache den Vermerk trägt "Mit 1. Paß". Die Besonderheit ist nicht nur, dass ein amtlicher Paß des kgl. Landgerichts Nürnberg untergebunden war, weswegen der Brief keinen Ankunftsstempel von Ansbach aufweisen konnte, sondern dass er als R. S. portofrei lief, wie man doch eigentlich annehmen müsste, dass die Beantragung von Päßen und Ausweisen eine höchst private Sache war, die für dem jeweils Beauftragenden kostenpflichtig hätte gewesen sein müssen (und es noch heute ist).



Aber wenn wir uns den Empfänger ansehen, die kgl. Regierung von Mittelfranken, Kammer des Inneren, geht einem vlt. ein Licht auf: Womöglich hat ein Staatsdiener eine Dienstreise ins Ausland machen müssen und benötigte dafür dienstlich einen Reisepaß. Das wäre natürlich schon ein Grund, ihm diesen kostenlos zu verpassen und mit einem Brief wie diesen auf die Reise zu schicken.

Kaufpreis übrigens genau 1 Euro diese Woche in der Bucht - man sieht, wie "teuer" Altdeutschland ist!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 03.03.2018 12:04:29 Gelesen: 286004# 251 @  
Liebe Freunde,

der folgende Brief war eigentlich für ein liebes Forumsmitglied bestimmt - bis jemand bei eBay daher kam und ihn einfach überbot. Weil ich aber nicht weiß, ob er auch hier vorgestellt wird, denke ich, dass es das beste wäre, ihn zu zeigen und zu erklären, damit solch eine Pretiose nicht in mentale Vergessenheit gerät.





In Erlangen wurde er als Portobrief am 22.9.1868 nach Bremen aufgegeben. Adresse: "Mister William M. Macgrath Surgeon P & O "Indus" Care of Mess. H. Bischoff & Co. Bremen."

Als einfacher Brief in einen Vertragsstaat kostete er 2 Groschen, die auch in blau taxiert wurden und Bayern zustanden. Doch dann ging einiges schief:

Siegelseitig lesen wir: "Das Schiff "Indus" geht nach London" und darunter "Die Herren H. Bischoff & Co. verweigern unfrankiert die Annahme. Martens, Briefträger".

Weil die Weigerung der Bezahlung des Portos gleich der Weigerung der Annahme bedeutete, musste die Bremer Post ihn als unanbringlich ansehen und Erlangen zurück schicken. Nun waren aus den 2 Groschen 7 Kreuzer zu machen, was man gut hin bekam und leitete ihn am 24.9. retour.

Er dürfte 1 Tag später in Erlangen angekommen sein, was nicht ersichtlich ist, weil man später eine Retourmarke über den Ankunftsstempel klebte, womit wir schon zu der Besonderheit kommen, dass der Absender in Erlange unbekannt war (Siegel, Handschrift usw.). Ergo war die Retourbriefkommission in Nürnberg für die Öffnung des Kuverts zuständig und stellte siegelseitig den Empfänger fest: "Dr. Fr(iedrich) Wiel 7 Kr." wie immer in vorgeschriebener, roter Tinte. Bei Portoretourbriefen war von seiten der Retourbriefkommission auch darauf zu achten, dass die angefallenen Portokosten von dem zu ermittelten Empfänger bezahlt werden mussten.

Da die Zusendung von zu öffenenden Retourbriefen ja mit der (Innen-)Dienstpost erfolgte, wurde bei dergleichen Briefen intern die Abgabe- nicht von der Aufgabepost belastet und nach Eruierung des Empfängers auch nicht wieder entlastet. Das auf dem Brief haftende Porto musste also separat ausgewiesen werden, weil es sonst in Vergessenheit hätte geraten können.

Wer immer der jetzige Besitzer sein mag, er hat einen traumhaften Brief gekauft, der jeden bayerischen Postgeschichtler in Entzückung versetzt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.03.2018 10:55:59 Gelesen: 284509# 252 @  
Liebe Freunde,

nachdem ich 2 Belege mit siegelseitiger Frankatur hatte, galt es, einen 3. zu finden - und ich habe ihn gefunden (bisher habe ich eine 4II und eine Nr. 23 auf Correspondenzkarte) und kann, mit einem "normalen" Brief zum Zeigen, endlich eine A3 - Seite mit diesem Thema der Contraventionen aufziehen.



In München am 24.6.1852 geschrieben, war für den Versender wohl im Nachhinein zu wenig Platz für die breitrandige Marke, so dass er sie gegen die Vorschrift hinten anbrachte.

Wohlgebohren Fräuelin Josepha Schöll Herrn Landrichterstocher in Augsburg Ablage bey Kaffeehaus März am Klinkenthor.

Die Aufgabepost, ganz in ihrer Routine, stempelte oben rechts mit dem Mühlrad 217, ehe man bemerkte, dass dort gar keine Marke saß und holte dieses dann hinten nach. Auf den üblichen Vermerk (üblich ist relativ, weil ich keine 10 Belege kenne, die so aufgegeben wurden) "verte" = hinten, hatte man aber großzügig verzichtet.

Marken siegelseitig konnten keine Frankaturkraft entfalten, daher hätte der Brief als unfrei mit 6 Kreuzer Porto verschickt werden müssen. Aber großzügig wie man war, hat man Gnade vor Postrecht walten lassen ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.03.2018 11:02:33 Gelesen: 284507# 253 @  
Liebe Freunde,

es gab nur eine Variante bei der bayerischen Post, bei der das nicht Frankieren 800% Zuschlag erhielt - nämlich die Versendung einer Drucksache unfrankiert über 12 Meilen. Die Zeitung des Korrespondenten von und für Deutschland aus Nürnberg vom 8.8.1854 an das Königliche Kreis- und Stadtgericht in Schweinfurt wurde mit einem rosa Streifband verschlossen und hätte im Frankofall nur 1 Kreuzer gekostet, weil bis 1 Loth schwer und die Entfernung war bei Drucksachen irrelevant.



Doch man frankierte nicht und ließ den Empfänger 9 Kreuzer bezahlen - womit wir bei 800% Aufpreis wären. Dergleichen Stücke sind mit das Seltenste, was es in dem großen Bereich von Portoversendungen gibt und das mit großem Abstand. Für mich bei Köhler ein Glücksgriff und der Preis war sehr moderat. Schwein gehabt!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
12 kreuzer rot Am: 08.04.2018 21:59:52 Gelesen: 283951# 254 @  
Hallo,

an diesen Brief ist nichts Besonderes! Was ich aber nicht verstehe - wie die Post ihn mit dieser Anschrift zustellen konnte?

Bei kleinen Orten verstehe ich das schon! Aber Nürnberg ist aber um 1867 bestimmt nicht klein gewesen? Oder war der Empfänger eine bekannte Persönlichkeit?
Herrn Paul Rummel S. 388

bzw. was bedeutet „S. 388“

Mit freundlichen Grüßen
12 kreuzer rot


 
bayern klassisch Am: 04.05.2018 20:26:06 Gelesen: 282218# 255 @  
Liebe Freunde,

es gibt nicht viele Poststücke, bei denen meine Phantasie versagt, aber bei diesem für 1 Euro in der Bucht gekauften ist es so.



Halten wir uns an die Fakten: 1 Kreuzer Nr. 22 frankiert im Ortsbereich von Augsburg am 16.7.1873: "Herrn Kniewitz mit Briefen Herrn L. A. Riedinger - hier"

Seitlich vorne steht: "1873 Juli Gust. Vischer Verlobung". Innen steht gedruckt: "Fanny Schürer Gustav Vischer Verlobte. Augsburg, 14. Juli 1873".

Die Frage ist nun, da die Drucksache nicht gesiegelt wurde: War es eine Drucksache, oder hatte man eingedenkt der Tatsache, dass auch einfache Ortsbriefe nur 1 Kreuzer kosteten, dieser Drucksache noch einen Brief beigeschlossen und zwar den des Herrn Riedinger?

Was mich weiterhin etwas wundert: Warum gibt man 2 Tage nach der Verlobung diese erst bekannt? Ich hätte dies eher kurz vor dem Termin, oder doch am gleichen Tage erwartet.

Gerne lese ich eure Meinungen zu dem Stück.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2018 20:36:45 Gelesen: 282213# 256 @  
Liebe Freunde,

beim Anblick des hier gezeigten Briefes kann der geneigte Bayernsammler schon mal daran denken, dass der Absender nicht in Neu-Ulm ansässig war, sondern eher woanders, nämlich in Ulm.



Und richtig - der Brief kam auch nicht aus Neu-Ulm, aber er kam auch nicht aus Ulm, wie ich es erwartet hatte, sondern aus Erlangen!

Geschrieben wurde er in der Hugenottenstadt mit Niveau am 24.7.1864, aber seine Postaufgabe erlebte er in Neu-Ulm erst am 27.7., also 3 Tage später. Nun gut, damals war der Empfängerstatus "Jungfrau" nicht so schnellebig, wie vlt. heute, in jedem Fall kam er am Folgetag in Schwabmünchen an.

3 Kreuzer reichten von Neu-Ulm nach dorthin, während von Erlangen aus über 12 Meilen = 6 Kreuzer zu frankieren gewesen wären, von daher machte der außerpostalische Transport von Erlangen nach Neu-Ulm Sinn. Allerdings knoble ich noch, ob man nicht vlt. auch in Erlangen Sendungen nach Ulm abzuschicken hatte (Waren wie Briefe) und im Rahmen dieser Aktion das kleine Briefchen aus Gelegenheit nur dem Transporteur einfach mitgegeben wurde.

Für die Freunde des lustigen Nachnamens: Bartholomäus Hünerkopf hieß unser Erlanger Schlingel. Wer da nichts Böses dabei denkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2018 16:41:40 Gelesen: 282006# 257 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Portochargébrief vom 23.7.1864 an Verwalter Regensberger in Pillham, Post Pocking. Der Absender war der Graf von Lerchenfeld und der hatte es a) eilig und b) keine Marke(n) zur Hand und c) keine Lust am Schalter in Passau anzustehen, so dass es etwas schneller gehen musste, als üblich.



Dafür ließ er seinen Verwalter 6 Kreuzer Porto und 6 Kreuzer Recogebühr bezahlen - ziemlich viel Geld für einen 15 km laufenden Brief innerbayerisch.

Unter der Reco - Nr. 15 wurde er im Manual als Chargébrief geführt - weitere Notationen oder Stempelungen vermisst man, wie praktisch immer auf Briefen an diese Adresse.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.05.2018 21:11:08 Gelesen: 281987# 258 @  
@ 12 kreuzer rot [#254]

Hallo,

ohne die Zugabe in der Adresse wäre er sicher nicht leicht zustellbar gewesen, aber bei Geschäftsbriefen kannten die Postler ihre Kunden (= Empfänger) auch in großen Städten.

Wenn nicht, dann zogen sie mit dem Poststück zu allen Firmen oder Personen, die gemeint sein konnten und versuchten es dort an den Mann zu bringen.

Was der Zusatz bedeutet, weiß ich leider auch nicht. Ein Postfach war es nicht, die waren nicht nummeriert, aber es könnte ein Straßenname gewesen sein.

Nürnberg war ja die Stadt der Stadttore, also N für Nordtor, S für Südtor, W für Westtor und O für Osttor. Vielleicht solltest du mal in dieser Richtung weitersuchen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 15.05.2018 12:59:13 Gelesen: 281646# 259 @  
Liebe Freunde,

den folgenden Brief konnte ich bei PF (Peter Feuser Auktion) erwerben - ich kannte ihn aus dem Buch von Sammlerfreund Pr. aus München, der ihn an Robert F. bei München verkaufte für dessen Sammlung "Früher DÖPV".



Von Augsburg ging er am 30.09.1851 mit 2 Loth gewogen und dem Vermerk "Inhalt ohne Werth" versehen nach Dresden, wo er am 2.10. einschlug.

Ich bitte die Augen geneigter Betrachter auf den Aufgabestempel zu richten, denn allein der ist das besondere an dem Brief und bin mal gespannt, wer den Ablauf am Schalter rekonstruieren möchte - nur Mut!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.05.2018 14:10:39 Gelesen: 281533# 260 @  
Liebe Freunde,

ein Brief der Gebrüder Marzell aus Frankfurt am Main mit Franko - Notation im grünen, vorderseitigen Absenderstempel hatte es in sich. Datiert auf den 20.9.1855, sollte er über die Grenze nach Aschaffenburg geschmuggelt werden, wo er mit 6 Kreuzern frankiert am 23.9. nach Regensburg aufgegeben wurde. Ersparnis: 3 Kreuzer!



Als Vermittler diente Franz Marzell in Aschaffenburg, der hinten seinen blauen Firmenstempel abgeschlagen hatte. Vermutlich lief der Brief mit Waren mainaufwärts von Frankfurt nach Aschaffenburg, sonst hätte er nie 3 Tage benötigt. Bayern war das hier mal recht, weil man im Falle einer 9 Kreuzer Frankatur von Frankfurt aus gar nichts bekommen hätte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

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