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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 890 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 05.11.2022 20:23:00 Gelesen: 22292# 866 @  
@ Martin de Matin [#865]

Gute Frage - eine 9 Kreuzer Marke war sicher auf dem Brief; ob es diese genau ist, wird sich schwer ermitteln lassen, aber 1852 passt vom Farbspektrum her zu dieser Nuance und so oft wird man keinen 190-er auf einer 5a finden. Aber zweifeln kann man immer.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 07.11.2022 09:15:09 Gelesen: 21923# 867 @  
Liebe Freunde,

heute stelle ich einen Bestellzettel für den General-Anzeiger zu den Verordnungsblättern der k. b. Verkehrsanstalten von Carl Sittl (Passau) vor, wie ich ihn noch nicht gesehen habe. Mit diesem Bestellzettel, der an sich als Zeitungssache portofrei war, konnten die angeschriebenen Posthalter/Postexpeditoren/Postverwalter usw. bei dem Postassistenten Carl Sittl Literatur bestellen, die ihnen ihren praktischen Dienst erleichterte und somit das Suchen in manchmal zig Jahre alten Verordungsblättern ersparte.





Sittl hatte sich seine Werke von der Oberbehörde amtlich absegnen lassen und bot diesen Dienst um 36 Kreuzer feil. Interessierte, wir kennen ca. 250 dieser Bestellzettel dank Herrn Peschl, hatten nun folgende Möglichkeiten:

1. Sie fügten 36 Kreuzer in Marken dem Zettel bei, verschlossen diesen und schickten ihn kostenlos an Sittl zurück,

2. Sie überwiesen per Postanweisung 36 x an Sittl (der dann wartete, bis die Postanweisung mit dem Geld bei ihm in Passau eintraf), oder

3. Wir haben einen Fall wie diesen vor uns - er läßt uns knobeln, wie Sittl an seine 36 x kam, denn der Rücksender war Franz Maier, Posthalter in Tittling, wenn ich das richtig lese und der hatte ein Exemplar bestellt, aber den Bestellzettel offen an Sittl zurück gesandt.

Was in Bläuel vermerkt wurde, vorne wie hinten und außen, dürfte von Sittl selbst stammen - der Posthalter hatte ja in sepia Tinte geschrieben. Aber Sittl notierte ein Exemplar oben, machte darunter eine Buchhalternase für erledigt und vermerkte hinten eine 9, vlt. die Auftragsnummer, die er im Nachhinein vergeben hatte.

Lustig ist für mich als Contra-Sammler die Tatsache, dass alle andere ca. 249 Bestellzettel vorne - wie es die Vorschrift war - den Aufgabestempel (hier: Tittling) zeigen. Siegelseitig beweist der Passauer Ankunftsstempel, dass er schon mit der Post befördert wurde, ein Einschluß war also nicht getätigt worden.

Wieder eine kleine Seite für die Contraventions-Sammlung der Markenzeit.
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 11:42:22 Gelesen: 19508# 868 @  
Liebe Freunde,

einen Dienst-Express-Brief aus Neuötting mit Postaufgabe in Altötting vom 21.9.1836 von der dortigen Kgl. Bezirks-Bau-Inspektion an das Pfarramt Neuhofen bei Pfarrkirchen darf ich zeigen, der als Königliche-Regierungs-Sache mit dem in roter Tinte gehaltenen Vermerk "Äußerst Dringend" versehen wurde. Ausweislich des Präsentationsvermerks erfolgte die Zustellung am 23.9.1836.



Da Neuhofen heute ca. 170 Einwohner hat, wird es damals nicht viel mehr gehabt haben und daher ohne eigene Post gewesen sein. Es war also ein waschechter Dienst-Expressbrief aufs flache Land und der Bote, vom Postexpeditor der Abgabepost zu dingen, hatte (s)einen Botenlohn zu fordern, auch wenn dieser nicht auf dem Brief vermerkt wurde.

Lustig ist noch vorne oben links die Franchise "Ex Offo" = Ex Officio = aus dem Büro, den es in Bayern gar nicht geben durfte, weil die Franchise-Vermerke vorgeschrieben waren und "Ex Offo" war eine österreichische Franchise.

Im Inneren des Briefes lesen wir den Grund für die eilige Zustellung:

"Den angebogenen Kostenvoranschlag wolle gefälligst durchgangen und insofern Erinnerungen zu machen, für nöthig erachtet werden selbe beyge (Textverlust) ausserdessen aber nur die Namensunterschrift angefügt, und dieses Etats-Product umgehend wieder hierher rückgesendet werden, da das Etats-Exbonat bey höchster Kreis-Regierung schon vorliegen soll. Mit Hochachtung! Der Kgl. Bezirks-Ingenieur gez. Unterschrift".

Unten ist noch ein Kostenvermerk angefügt, der über 282 Gulden und 59 Kreuzer ausgefertigt wurde.

Eine Quittung für die Kosten des Expressbotens ist nicht erhalten geblieben. Die Entfernung von Pfarrkirchen bis Neuhofen beträgt fußläufig ca. 9,5 km einfach, so dass ich mir einen Botenlohn von etwas unter einem Gulden vorstellen kann.

Besonders schön ist die Tatsache, dass der Express-Vermerk in roter Tinte ausgeführt wurde, die sonst nicht auf dem Brief innen und außen zu finden ist - die spätere Express-Vorschrift sagte aus, dass Expressbiefe in roter Tinte in den Manualen und Briefkarten einzutragen waren, damit der emfpangenden Post sofort auffallen musste, dass Expressbriefe unterwegs waren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 11:55:50 Gelesen: 19506# 869 @  
Liebe Freunde,

Expressbrief des Grafen Guttenberg "An Den Freiherrlich von Guttenbergischen Patrimonial-Richter 1. Classe Herrn Raab Wohlgeboren cito cito in Weisendorf über Nürnberg und Emskirchen der Herr Posthalter wird gebeten den Brief sogleich nach Weisendorf zu senden".



Die Aufgabepost in Günzburg taxierte ihn mit 6x am 20.1.1834. Der Inhalt, den ich teilweise wiedergebe, erklärt, warum er sofort ausgetragen werden sollte:

"... künftigen Mondtag den 23. dieses reise ich, wenn nicht ein unvorgesehenes Hinderniß eintritt, von hier ab und werde also am 24. in Weisendorf eintreffen, wollen Sie dieß meinen Leuten sagen, ich komme mit Fanny, meiner Frau Mutter, dem kleinen Frantz, seinem Erzieher, die Meine ...".

Aus dieser Korrespondenz kennen wir mehrere Expressbriefe, die außen/innen Expressbotenlöhne aufweisen (oft 15 Kreuzer) - hier ist innen und außen aber nichts vermerkt worden - vlt. kamen an dem Tag auch mehrere Expressbriefe gleichzeitig an, oder der Herr Amtsrichter weilte gerade zufällig bei der Briefankunft in Emskirchen? Wir werden es nie erfahren.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.11.2022 12:00:44 Gelesen: 19505# 870 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich ein Beutestück der JHV diesen Jahres - ein Brief vom Münchener Bahnhof vom 3.2.185? an Frau Bojanowski poste restante Kosten Großherzogtum Posen Preußen.



9 x reichten für über 20 Meilen unter 1 Loth - in Preussen waren p.r. Briefe kostenlos zu verwahren und eine Lagerbuchnummer bekam er auch nicht.

Siegelseitig sehen wir einen Bahnpoststempel Leipzig-Berlin vom Folgetag und einen Ausgabestempel ohne lesbares Datum.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.12.2022 12:35:33 Gelesen: 13152# 871 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich meinen 4 x Brief von Bayern (Einlieferung bei der Bahnpost, wo unbekannt) nach Rödelheim (heute: Frankfurt am Main, Kreuzerbezirk), der in meiner Contraventions-Sammlung bestens aufgehoben ist, denn der Bahnpostbeamte hätte im Falle einer Aufdeckung der Nichtstempelung der beiden Marken das 10fache des Markenwertes bezahlen müssen, also eigentlich 40x.



Frage: Da die 1 x Marke das taxische Bestellgeld decken sollte, was nicht möglich war, hätten im Falle der Aufdeckung nicht auch 30 x Strafe gereicht?

Siegelseitig der Zettel von Maria Brettl, die mit einer bayer. 4 x Frankatur in den DÖPV nichts anfangen konnte, wie die allermeisten damals um 1990.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 05.01.2023 11:24:53 Gelesen: 7569# 872 @  
Liebe Freunde,

ein schöner Brief aus Seebach (heute Stadtteil von Bad Dürkheim in der Pfalz) vom 15.1.1842 mit Postaufgabe 2 Tage später bei der Postexpedition Dürkheim lief von einem württembergischen Pflegling "An Herrn Johannes Braunn. Wintzer in Kleinbottwar (heute eingemeindet in Steinheim an der Mur) bey Heilbronn im Königreich Wirtenberg".



Obwohl der Brief eher großformatig war, bestand er nur aus dem Quart-Foglio und muss daher unter 1/2 Loth gewogen haben. Bayern rechnete für sich 6x bis zum Rhein. Baden addierte 8x in Rötel. Das waren 14x bis zur württembergischen Grenze. Württemberg strich die beiden Alttaxen und setzte für sich 4x obendrauf, so dass die 18x Endporto beim Empfänger kassiert wurden. Hinten ist der Bief blank, wir praktisch immer in dieser Zeit.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.01.2023 11:48:32 Gelesen: 6907# 873 @  
Liebe Freunde,

zeigen kann ich heute eine Armensache der Armenpflege Roggenstein mit Postaufgabe am 18.3.1874 in Weiden an den Magistrat in Amberg.



Für mich sieht die Franchise unten links sehr nach P.S. = Partei - Sache aus, aber es ist weder eine Marke vorhanden, noch eine Taxe zu erkennen. Ich denke, Bayern hat hier 3 Kreuzer verloren und keiner hats gemerkt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 08.01.2023 12:29:16 Gelesen: 6899# 874 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine portofreie Regierungs-Sache vom 5.1.1879 von der Stiftungsadministration Bayreuth an das katholische Pfarramt in Hausen, Post Baiersdorf.



Doch "Post Baiersdorf" war wohl nicht ganz richtig, auch wenn der Brief schon am Folgetag dort ankam. Man strich "Post Baiersdorf" und vermerkte "Forchheim" daneben und leitete ihn kurzerhand nach dorthin um, wo er noch am selben Tag eintraf.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 10.01.2023 17:15:16 Gelesen: 6836# 875 @  
Liebe Freunde,

ein Brief, wie man ihn sicher nicht jeden Tag findet:



Trotz weitläufigen Inhalts ist weder ein Absendeort, noch ein Datum zu erkennen. Als wäre das für 3 volle Seiten nicht genug, stempelte man in (Bad) Dürkheim 9 / 5, um den Fehler zu bemerken und mit Tinte den 10 / 5 daraus zu machen - erlaubt waren manuelle Änderungen von Stempeldaten nicht, denn das hätte ja bei Fristsachen jeder machen können!

Der mit "frey" bezeichnete Brief kostete den Absender 6 Kreuzer bis Odernheim in der Pfalz.

Drehen wir den Brief hinten aber um 90 Grad, lesen wir, mit Rötel der Abgabepost versehen: "Porto 3x".

Aha - Das Franko reichte also nur von Post zu Post und der Cantonsbote ließ sich seinen Dienst des Austragens mit 3x vom Empfänger versüßen.

Passt gut in die Contra-Sammlung der Vormarkenzeit!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Franz88 Am: 10.01.2023 21:21:13 Gelesen: 6823# 876 @  
Lieber Ralph,

ein sehr interessanter Brief (auch für einen "nicht" Bayernsammler).

Liebe Grüße
Franz
 
Gernesammler Am: 10.01.2023 22:34:21 Gelesen: 6816# 877 @  
@ bayern klassisch [#875]

Hallo Ralph,

toller Brief, Danke fürs zeigen, ein echter Augenschmaus.

Steht im Text vielleicht ein Name mit Provenienz dass man auf den Absende Ort schließen könnte.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 10.01.2023 22:44:58 Gelesen: 6814# 878 @  
Liebe Freunde,

vielen Dank, freue mich auch sehr ihn zu haben.

Leider steht auf der 3. und letzten Seite nur unten ein Vorname, sonst nichts. Es war um 1840 absolut ungewöhnlich, kein Datum in einem Brief zu notieren, ohne Ortsangabe kam schon mal vor, wenn der Wohnort dem Postort entsprach. Aber auch hier wäre ich mir nicht sicher.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 12.01.2023 01:50:10 Gelesen: 6770# 879 @  
Liebe Freunde,

am 25.3.1844 verfasste das kgl. Landgericht in Markt Bibart ein Schreiben an das Kreis- und Stadtgericht Würzburg, welches erst 2 Tage später bei der Postexpedition Langenfeld aufgegeben wurde.



Die Franchise lautete: "Armensache Attestirt Königl. Landgericht Mkt. Bibart, gez. Unterschrift".

Es ging wohl um 2 Verfahren, denn unter der Expedition-Nr. 1890 und 1891 wurde gemeldet, dass 2 Schlossersöhne aus Iphofen wichtige Aussagen zu machen hätten.

Wieder eine kleine Facette mehr in meiner Armensachen-Sammlung.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 13.01.2023 12:17:59 Gelesen: 6735# 880 @  
Liebe Freunde,

den nachfolgenden Brief besaß ich sehr lange, stellte aber dann die Sammlung um und verkaufte ihn. Fehler.

Jetzt konnte ich ihn bei Rauhut zurückkaufen und bin sehr glücklich darüber, denn er ist etwas ganz Setenes.



Der Postvertrag zwischen den Niederlanden und Preussen vom 1.4.1851 bestimmte für Korrespondenzen in reinen Staatsdienstangelegenheiten die beiderseitige Portofreiheit, wenn die von der jeweiligen Aufgabepost bestätigt wurde.

Mein Brief vom 24.7.1859 aus Bad Kissingen nach Rotterdam entsprach als Regierungs-Sache diesen Anforderungen. Absender war das K. bayer. Landgericht und Badcommissariat vor Ort.

Empfänger: "An den Staatsrath und K. Commissar für die Provinz Südholland zu Rotterdam".

Die Leitung erfolgte über Frankfurt am Main (Taxis) und Preussen (Warburg) in die Niederlande.

Bei seiner Ankunft stellte man aber fest, dass er nach s´Gravenhabe laufen sollte, nachdem ihn der Briefträger Nr. 15 in Rotteram ausgetragen hatte. Letztlich wurde er am 27.7. in s´Gravenhage zugestellt.

Warum ist dieser Dienstbrief selten?

1. Gibt es von Bayern so gut wie keine Dienstbriefe in die Niederlande, warum auch immer.

2. Kenne ich keinen Dienstbrief mit Weiterleitung und da ich ja eine Mini-Sammlung "Dienstbriefe mit Besonderheiten" und "Weiterleitungen" habe, passt er jetzt sogar in 2 Sammlungen gut herein.

Liebe Grüsse von einem glücklichen bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 16.01.2023 00:36:30 Gelesen: 6633# 881 @  
Liebe Freunde,

wenn man einen Brief mit der Franchise K.D.S. (Königliche-Dienst-Sache) sieht, der aus der Markenzeit stammt, hier: München 24.6.1860, dann darf eine Augenbraue schon mal zucken, denn zu dieser Franchise fallen einem spontan nur Briefe der frühen Vormarkenzeit ein; oder ein Brief einer Majestät in späterer Zeit eben.



Hinten, außer einem Fragment des Speyerer Halbkreisstempels, sehen wir ein großes Siegel mit folgender Inschrift, wenn ich das richtig lese (600 dpi Scan):

Secretariat Ihrer Majestät der Königin von Bayern - das müsste Marie von Preussen sein, die von 1848-64 als Gattin seiner Majestät König Ludwig II in Bayern residierte. Nach dem Tod von Ludwig II war sie als Königinmutter bis 1889 Teil des bayer. Hochadels. Sie verschied in Hohenschwangau. Friede ihrer Asche.

Stellt sich nur noch eine Frage: Wer war der Empfänger, Herr C. (Caspar, Carl, Casimir, Cornelius usw.) Korn in Speyer? Leider habe ich, wie nicht anders zu erwarten, beim Googlen alles gefunden, nur nichts Taugliches. Gerne lese ich etwas zu dem Emfpänger in meiner Geburtsstadt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Gernesammler Am: 16.01.2023 08:23:51 Gelesen: 6616# 882 @  
@ bayern klassisch [#881]

Hallo Ralph,

ich habe alles mögliche versucht, aber ohne direkte Anrede keine Chance.

C. Korn Speyer, gehörte er zu den Bediensteten, war es ein Kaufmann oder, oder.

Vielleicht hat ja jemand anderes noch eine Idee um Dir zu helfen.

Gruß Rainer
 
bayern klassisch Am: 16.01.2023 10:11:14 Gelesen: 6615# 883 @  
@ Gernesammler [#882]

Hallo Rainer,

vielen Dank für deine Mühewaltung - da die Königin ihm schrieb, gehe ich davon aus, dass es eher eine Person aus der Öffentlichkeit war (ein Literat, ein Wissenschaftler, ein A oder B-Promi der Stadt Speyer, oder jemand aus ihrem aktuellen, oder ehemaligen Umfeld wie ein Erzieher).

Ich habe einen Freund in Speyer, der sehr belesen ist und über Speyer viel weiß (100 mal mehr als ich) und hoffe auf dessen Spürnase. Wäre schön heraus zu finden, was sie ihm 1860 geschrieben hätte haben können.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 18.01.2023 10:38:29 Gelesen: 6569# 884 @  
Liebe Freunde,

wer Contraventionen sammelt, freut sich über krumme Hunde, denn sie sind die Basis einer solchen Sammlung.

Aber ich will auch gerne mal eine Lanze brechen für richtig Gemachtes, obwohl es sonst oft falsch gemacht wurde und solch ein Brief wurde in Fürth am 4.6.1875 vom dortigen Magistrat an das württembergische Amtsnotariat in Dizingen (heute: Ditzingen) verschickt mit dem Vermerk "Porto jenseits". Diesem Terminus technicus begegnen wir schon im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts bei portopflichtigen Dienstbriefen, also Partei-Sachen, wenn der Absender eine Behörde war, die für eine fremde Behörde = Empfänger eine Dienstleistung vollbracht hatte, die eine Partei (= ein Privater) im seinem Einzugsbereich benötigte.



In diesen Fällen war seit 1868 unter den Korrespondenzen der Vertragsstaaten ausgehandelt worden, dass auch bei einer unfrankierten Versenund nur die günstigen Frankotaxen in Anwendung zu kommen hatten, und es demnach keine Portozuschläge geben sollte (im Gegensatz zu Privatkorrespondenzen).

Als Fernbrief Fürth - Ditzingen hätte man also bei einer Firma 7 Kreuzer bis 1 Loth bzw. 15g notieren müssen, über 1-15 Loth bzw. 250g 11 Kreuzer.

Hier war aber nur die weitaus günstigere Frankotaxe anzusetzen, also bis 15g nur 3 Kreuzer, wie es die aufmerksame Aufgabepost auch tat und die das Amtsnotariat am Folgetag gerne bezahlte (danke für diesen Abschlag, lieber Ditzinger!).

Bei regulären Dienstbriefen hätte sich die Absenderbehörde oben frontseitig benennen müssen - hier schlug man nur das grün-blaue Dienstsiegel ab, siegelseitig drücke man ein Papiersiegel auf - diese Nicht-Benennung als Absenderbehörde kenne ich seit den späten 1860er Jahren, vor allem aus der Pfalz und sie kommt hier und da immer mehr in Mode, weil ein Stempelabschlag schneller von statten ging, als das Ausschreiben mit Feder und Tinte. Auf eine Genehmigung der Post für dieses Vorgehen bin ich aber nicht gestossen - aber wir wollen ja nicht meckern, so sieht es doch viel attraktiver aus.

Hätte man diesen Brief (leider ohne Inhalt) mit 7 Kreuzern taxiert, wäre bei richtiger Taxierung ein Portobrief der 2. Gewichtsstufe gewesen, oder bei falscher Taxierung (der Mehrheit mir bekannter Briefe) nur ein Brief der 1. Gewichtsstufe, aber ungerechtfertigterweise mit Portozuschlag.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.01.2023 11:44:43 Gelesen: 6562# 885 @  
Liebe Freunde,

auch wenn das Jahr noch jung ist, bewerbe ich mich mit diesem Brief schon mal vorweg auf einen Treppchenplatz für den hässlichsten Brief Altdeutschlands - ich denke, meine Chancen, auch am Ende ganz oben zu stehen, sind gut.



Ein Brief aus Bamberg/Bahnhof vom 16.6.187(ich denke 72 oder 73) wurde verschickt an Seine Hochwürden Herrn Oberconsistorialsrath Hermes, Berlin, Ober....tor Nr. ?".

Jedenfalls zeigt uns die Siegelseite, die optisch der Frontseite in keiner Weise nachsteht, dass er dort wohl nicht mehr zu erreichen war und jemand in Berlin strich die Straßenangabe durch und setzte über Berlin "Köthenerstr. No. 38". Da werden sie den Brief auch zugestellt haben.

Die blaue 133 vorne kann ich mir nicht erklären - kann es einer?

Kaufgrund war der siegelseitige Vermerk des Absenders: "Rückadresse N(ota)B(ene) an das k. Bauamt Bamberg II". Der Absender war Bauinspektor, der Brief hat heute nur einen Teilinhalt.

Offenbar ahnte er, dass er mit der ihm vorliegenden Adresse vlt. gar nicht erst in Berlin zugestellt werden würde und sorgte so mit Bleistift schon mal vor, dass er an die richtige (dienstliche) Adresse zurücklaufen könnte. Kenne ich so auch kaum.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.01.2023 10:30:39 Gelesen: 5763# 886 @  
Liebe Freunde,

eine Partei-Sache des Landgerichts Wertingen vom 14.9.1848 wurde an das Landgericht in Au versandt und dafür 4x Porto taxiert, obwohl es mehrere Orte mit diesem Namen in Bayern gab - Contravention der Absenderbehörde, denn man hätte hier präzisieren müssen "bey München".



Siegelseitig sehen wir den Ankunftsstempel von Au b. München vom Folgetag und den Insinuation-Vermerk der Absenderbehörde "Auf die Post den vierzehnten Septr. 1848, gez. Unterschrift".

Keine häufigen Stempel, noch voller Inhalt und eine kleine Contravention - da konnte ich nicht untätig bleiben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.01.2023 11:35:26 Gelesen: 5731# 887 @  
Liebe Freunde,

ein Brief des katholischen Pfarrers von Dackenheim (südlich von Grüstadt) wurde am 17.7.1848 verfasst, aber erst am 22.7.1848 als Frankobrief im 16 km entfernten Frankenthal zur Post gegeben.



ein Brief des katholischen Pfarrers von Dackenheim (südlich von Grüstadt) wurde am 17.7.1848 verfasst, aber erst am 22.7.1848 als Frankobrief im 16 km entfernten Frankenthal zur Post gegeben.

Dazu muss man wissen, dass das kleine Dackenheim zur Postexpedition Freinsheim gehörte und erst am 1.2.1900 eine Posthilfsstelle bekam. Freinsheim war von Dackenheim nur 3 km entfernt.

Bei der Postaufgabe zahlte man 8 Kreuzer Gemeinschaftsfranko Bayern-Baden, halbscheidig zu teilen, und 4 Kreuzer Weiterfranko für Württemberg. Die Adresse lautete:

"Von dem katholischen Pfarramt in Dakenheim Canton Dürkheim

An das Wohllöbliche Bürgermeister Amt in Weisen bey Stuttgart, Privatsache, frey".

Ein Weisen bei Stuttgart gab es aber nicht, daher war der Brief auf die Schnelle nicht zustellbar, aber es gab ein Weissach (Porschefahrern wohlbekannt) und man ergänzte in Stuttgart die Adresse um: "Vielleicht Weissach".

Siegelseitig sehen wir nur den Transitstempel von Mannheim am 23.7., den Rest haben sich die sparsamen Schwaben erspart.

Freinsheim - Stuttgart war aber nur 3 km weiter als Frankenthal - Stuttgart, so dass die Mühewaltung gebührenmäßig nichts gebracht hat; die Gründe werden andere gewesen sein.

In jedem Fall eine Contravention durch den Absender, denn den genannen Ort gibt es heute noch nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 26.01.2023 12:00:10 Gelesen: 5726# 888 @  
Liebe Freunde,

das k. b. Kreis- und Stadtgericht Kempten schrieb am 8.3.1851 eine portofreie Armensache an das württ. Oberamtsgericht Vaichingen (richtig schon damals war aber Vaihingen), die am 10.3. in Kempten aufgegeben wurde. 2 Tage später zeigt uns der Ankunftsstempel in grün-blau von Vaihingen den Posteingang dort.



Den Vorschriften für portofreie Armensachen wurde nicht genügt, aber das war der Aufgabepost nicht so wichtig und beide Seiten haben die Portofreiheit anerkannt.

Inhalt:

Verlassenschaft des Eisenbahnarbeiters Jakob Heinrich Weidelich aus Weissach betreffend.

Am 6. dieses Monats starb dahier Jakob Heinrich Weidelich, Maurergeselle von Weissach jenseitigem Oberamtsgerichtes. welcher temporär hier beim Eisenbahnbau beschäftigt war-

Der Verstorbene hat nach vorliegender Anzeige außer einem ganz einfachen Kleideranzuge hier nichts hinterlassen, doch soll von ihm der Wirth Lang an der Altbäckersteig in Ulm einen Koffer mit Effekten in Verwahr haben.

Das verehrliche Gericht als competente Behörde hievon in Kenntnis setzend, zeichnet mit Hochachtung

königlicher Director, Unterschrift".

Darunter mit anderer Hand steht: "Am 19. März 1851 an das Schultheissenamt Weissach das Erforderliche veranlassen".

Wenn man weiß, dass zum 1.4.1852 die Strecke Kaufbeuren - Kempten eröffnet wurde, kann man davon ausgehen, dass unser Geselle bei eben dieser Strecke arbeitete und zu Tode kam.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.01.2023 10:28:50 Gelesen: 5690# 889 @  
Liebe Freunde,





zwee Flieschen mid eener Glabbe - davon kann ich hier einen zeigen: Der einzige mir bisher bekannte Brief aus Ludwigshafen nach Oggersheim (andersherum wäre es ganz genau so) mit 3 Kr. treffend frankiert vom 22.8.1868, dazu 2 praktisch gleichartige Abschläge des Halbkreisstempels mit der "7" als Zeitangabe, zumal kurz zuvor noch die "7A" Type in Gebrauch war, aber das hatte man wohl abgeschafft.

Der 2. Stempelabschlag brachte hier also keine Verbesserung der Klarheit - Briefe mit 2 vergleichbaren Abschlägen von Aufgabestempeln suche ich schon lange und viele gibt es wohl nicht.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 18.02.2023 10:13:26 Gelesen: 3200# 890 @  
Liebe Freunde,

was es nicht alles gibt bzw. gab! Ein Kuvert der Nürnberger Spiel-, Kurz- und Galanteriewaaren Christian Wilhelm Arold, Agentur & Commissions-Geschäft (ich liebe diese Signetten) zeigt uns die Postaufgabe in Nürnberg am 7.6.187(2), wie ich vermute.



Man notierte oben: "Zur promptesten Weiterbeförderung", was auch mit Rötel unterstrichen wurde, aber für läppische 3 Kreuzer gab es keine Expressbriefe und das Express-Porto von 2 1/2 Groschen ist auch nirgends vermerkt worden, wenn es denn je eines gab (ich glaube es nicht).

Empfänger war: "Herren Haasenstein & Vogler, Annoncen - Expedition in Leipzig - mit Briefen unter Chiffre G.K. 979".

All diese in dem Kuvert befindlichen Briefe waren sehr leicht, denn es wurde das Gewicht von 15g nicht überschritten (bzw. vorher 1 Loth).

Für mich scheint die Nürnberger Firma die Briefe von Kunden gesammelt zu haben, die sich auf die Leipziger Annonce gemeldet hatten.

Hier ein Link zu wikipedia, in dem auch die Firma Haasenstein 1855 in Altona [1] genannt ist:

Liebe Grüsse von bayern klassisch

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Annoncen-Expedition
 

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