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Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Das Thema hat 969 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 19.04.2019 10:18:22 Gelesen: 243962# 395 @  
Liebe Freunde,

verschlossene Briefe waren der Post zum Transport zu übergeben (Postzwang) und die allermeisten, die sich heute noch finden lassen, zeigen auch Siegel bzw. die Reste davon. Das war zwar illegal, kam aber recht häufig vor.

Seltener sind m. E. aber die legalen Briefe, also die, die nicht verschlossen waren und die man selbst, oder durch andere zustellen ließ.



Einen solchen "Abgrenzungsbrief", wie ich sie nennen möchte, zeige ich heute. Die Anschrift lautet: Wagner Leute for den Herrn Bothschacher Handelsmann alhier.

Damit dürfte Franz Xaver Poschacher in Titmoning gemeint sein.

Der Inhalt ist als Nachweis für Geleistetes zu verstehen, dessen Kosten sich total auf 7 Gulden und 30 Kreuzer belaufen. Gefertigt wurde der Brief am 1.1.1826, so dass die Kosten wohl 1825 angefallen sein dürften.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.04.2019 10:38:18 Gelesen: 243955# 396 @  
Liebe Freunde,

einen netten Inhalt hat der folgende Vermittlungsbrief, der in Aschaffenburg am 3.1.1848 verfasst wurde, jedoch erst am 8.1.1848 in Kempten als Portobrief mit 3 Kreuzern taxiert nach Nesselwang aufgegeben wurde. Nach dem Regulativ vom 1.1.1843 hätte er als einfacher Brief von Aschaffenburg nach Nesselwang (280 km direkte Linie, somit 37,5 Meilen) über 36 - 42 Meilen aber 14 Kreuzer gekostet, so dass man sich hier satte 11 Kreuzer (2 Mittagessen) sparte.



Neben dem lustigen Inhalt oben und dem Unterschleif war für mich auch ein Kaufgrund der letzte Satz des Briefes: "Um Verwechslungen zu vermeiden, belieben Sie meiner Addresse stets Roßmarkt C. 54 1/2 beizufügen".

Es war also nicht immer so, dass eine Angabe wie z. B. An Firma Karl Müller in München 100% zum Erfolg der Zustellung führte, sondern, wie dieser Brief zeigt, gelegentlich Präzisierungen notwendig waren, um das richtige Handelshaus zu eruieren, an den der Brief gehen sollte. Hier gehe ich davon aus, dass der letzte Brief an Franz Dessauer in Aschaffenburg wohl dort falsch zugestellt wurde. Wenn ich den jetzt noch hätte ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
briefmarkenwirbler24 Am: 19.04.2019 10:38:34 Gelesen: 243955# 397 @  
@ bayern klassisch [#395]

Hallo Ralph,

verschlossene Briefe waren der Post zum Transport zu übergeben (Postzwang) und die allermeisten, die sich heute noch finden lassen, zeigen auch Siegel bzw. die Reste davon. Das war zwar illegal, kam aber recht häufig vor.

Könntest Du dies vielleicht etwas näher ausführen, ich verstehe nicht genau, was jetzt daran illegal gewesen ist?

LG

Kevin
 
bayern klassisch Am: 19.04.2019 11:07:30 Gelesen: 243949# 398 @  
Liebe Freunde,

das kann einmal den besten Beamten passieren, dass sie in einem Gebührenregulativ einfach etwas vergessen. Bayern vergaß nämlich ab dem 1.7.1850 bei der inneren Umstellung der Tarife, die Versendung von anhängenden Mustern günstig zu stellen, wie das zuvor immer der Fall war und erst zum 1.7.1858 änderte man dies und vergünstigte Briefe mit anhängenden Mustern ohne Wert um 50%.

Die Folge war, dass das Publikum, das mit dergleichen Versendungen bewandert war, praktisch alles an Mustern ohne Wert in die Briefe stopfte, weil nur Auslandsbriefe und Briefe in den DÖPV mit anhängenden Mustern noch portobegünstigt waren. Bei Inlandsbriefen aber gab es keine Portomoderation, so dass sie wie gewöhnliche Portobriefe (oder frankierte Briefe) taxiert bzw. frankiert wurden.



Hier ein Beispiel aus Bamberg vom 3.1.1851 an Poschacher in Tittmoning. Oben lesen wir: "Inliegend Muster ohne Werth" und die Aufgabepost taxierte den Brief mit 9 Kreuzern (über 12 Meilen, aber bis 15,625g leicht trotz Muster.

Inhalt: In Erwiederung Ihres Werthen vom 26. v. Mts v. Js (vorigen Monats vorigen Jahres) reiche Ihnen bekommend Muster von schönen neuen Kleesaamen welchen Ihnen ad 23 1/2 ab hier ohne Sack pr. compt gegen 2 Monat rime p. Ffurt (Frankfurt) Augsburg oder Nürnberg äußerst erlaßen kann und worauf Ihnen angl. Auftraegen entgegen sehe, schöne Waare wird bei uns immer rarer, da der größte Theil der Ernte vom Regen gelitten hat und roth wurde, Sie werden daher wohl thun wenn Sie bald für Ihren Bedarf sorgen. Von 1 & 2 jährigen Saamen besitze ich keinen Vorrath dagegeben habe ich noch ein Partiechen 3 jährigen welchen Ihnen ad 18- erlaße, neue Zweschen 10 Es soll mir angenehm seyn mit Ihnen in Geschaeftsverbindung zu kommen, und können Sie überzeugt seyn bei mir eine reele & billige Bedienung zu finden. Mit Achtung zeichnet Johann Gabriel Keilholz".

Wieder ein kleiner Mosaikstein der wachsenden Sammlung "1851".

Wer an der altdeutschen Kurrentschrift noch etwas üben muss, darf sich den Brief hier gern als Muster nehmen und selbst versuchen, ihn zu transkribieren - auf gehts, Buam!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 10:29:38 Gelesen: 243864# 399 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Dienstbrief aus Bad Bergzabern in der Südpfalz an den Bürgermeister ("Maire") von Wissembourg (Weißenberg falsch geschrieben) vom 9.4.1859, der die 8 km innerhalb kürzester Frist zurück gelegt hatte und am Folgetag dort ankam. Ankunftsstempel, das kennen wir auch von anderen französischen Kartenschlußämtern, mangeln oft, weil man die sog. "Loco - Correspondenz", also diejenigen Poststücke, die am Ort bzw. im Lokalbereich verblieben, erst gar nicht ankunftstempelte, sondern gleich dem oder den Briefträger(n) zur schleunigen Bestellung aushändigte.



Das Eigentümliche daran war, dass er mit 3 Decimes (Taxstempel von Wissembourg) dem Herrn Bürgermeister ausgehändigt wurde, was für 8 km nicht eben wenig war, nämlich fast 9 Kreuzer! Absender war der königliche Revierförster Perges, der in seinem Schreiben Bezug nimmt auf einen Holzkauf des Gemeindedieners Heinz von Barbelroth.

Da Revierförster, der Name sagt es ja schon aus, in ihrem Revier weit herum kamen, so auch an die pfälzisch - französische Grenze, hätte es mich nicht verwundert, wenn sich dieser über Schweigen (500 Meter von Wissembourg damals wie heute entfernt) begeben hätte und den Brief kostenlos dem Bürgermeister übergeben hätte, vlt. noch mit einem sinnerweiternden Kommentar versehen.

Im Falle der frankierten Absendung hätte der Brief nur 6 Kreuzer gekostet, also ein Drittel weniger als hier. Ein ganz früher Druck auf die Korrespondenten zur Frankatur nach dem Ausland.

Liebe Grüsse von bayern kassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 10:50:28 Gelesen: 243860# 400 @  
Liebe Freunde,

noch etwas zu Briefen nach und von Frankreich:



Weil ich es bisher vergessen hatte, jetzt aber nachholen möchte, zeige ich euch die VO Nr. 11,934 vom 28.6.1858, die im VO - Blatt Nr. 34 vom 30.6.1858 gerade noch so rechtzeitig zum Postvertrag Bayern - Frankreich ab dem 1.7.1858 heraus kam und die zeigte, wie präzise hier nach neuem Muster zu verwiegen war.

Das in der VO mit "bayerisches Gewicht" genannte, uralte Münchener Loth (17,5g!), war somit endlich obsolet geworden, denn Frankobriefe nach Frankreich und Portobriefe aus Frankreich waren bis dato noch immer nach diesem Gewicht zu taxieren und zwar so, dass bis 1/2 Münchener Loth inklusive einfach war (also 8,75g inkl.).

Auch hatten nur die Poststellen Gewichte in fanzösischen Grammen, die Kartenschlüsse zu Frankreich führten, also nur ganz wenige, so dass man mit den ab 1850 international üblichen Zollgewichten (1 Loth = 15,625g) arbeiten musste und darauf bedacht war, die richtigen Teil - Loth - Gewichte vorrätig zu haben, um die Taxen korrekt zu ermitteln. Hierfür wurden ausgegeben: 3/10, 4/10, 5/10 und 6/10 Loth - Gewichte, womit alle möglichen Gewichtsstufen nach/von Frankreich messbar waren (bis 10g inkl. - bis 20g inkl. - bis 30g inkl. usw. mussten umständlich mit 1 Zollpfund = 32 Zolloth - Teilgewichten abgewogen werden, also fast so kompliziert wie heute der Alltag in der EU!).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 11:00:12 Gelesen: 243858# 401 @  
Liebe Freunde,

falsch taxierte Auslandsbriefe sind bei Bayern so selten, wie Kettenraucher in Filmen der 1950er Jahre - dennoch ist es immer wieder schön, mal einen nett daher kommenden zeigen zu können.



Als selbiger präsentiert sich ein einfachre (bis 1 Loth) Portobrief aus München vom 23.12.1858 an Firma Frowein & Co in Arnhem (deutsch: Arnheim) an der preussisch - niederländischen Grenze. Die doch sehr erfahrene Aufgabepost taxierte ihn zuest wie einen gewöhnlichen DÖPV - Brief über 20 Meilen nach Preussen mit 4 Silbergroschen, ehe man bemerkte, dass dergleichen falsch war. Nun strich man die falsche 4 und ersetzte sie durch die korrekte Portoforderung Bayerns an Preussen mit 3 Sgr., die Preussen auch siegelseitig im Rahmen ihrer Abrechnungen mit der NL - Post wiederholte.

Die Niederlande beließen den blauen Wirrwarr und notierten einfach ihr Gesamtporto von 25 Cents, die der Empfänger am 26.12. berappen durfte.

Der Absender, Max Wassermann in München, teilte der Fa. Frowein mit, dass der Java - Caffee der letzten Zeit in Preis und Qualität nicht dem entsprechen würde, was man als Proben damals nach München geschickt hatte und man darüber sehr erbost sei. Auch so erklärt sich mancher Portobrief, der frankiert aber auch nicht viel günstiger gewesen wäre.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 20.04.2019 11:06:38 Gelesen: 243856# 402 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Vorschuß - Rückschein von Erlangen nach Aub vom 20.1.1866. Er war unter Chargé ausgefertigt und sollte nach Einlösung des Post - Vorschusses wieder vollzogen und unterschrieben nach Erlangen zurück laufen.



Im Rückschein Nr. 43 sandte man der Postexpedition Aub einen Vorschuß über 1 Gulden an Brennhäuser in Gülchsheim zu (Aufgabepostler Schiller), der dort kassiert werden sollte. Aber das scheint in die Hose gegangen zu sein, denn der Vordruck wurde nicht ausgefüllt und somit auch nicht der Vorschuß eingelöst, sondern nur kommentarlos retourniert. Hat man auch nicht alle Tage.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:22:03 Gelesen: 243792# 403 @  
Liebe Freunde,

Portochargébriefe sind Geister, die Insider kennen, sonst aber hat sie keiner, hat sie keiner gesehen und haben tut man sie auch nicht. Aber es gibt sie! Nachdem ich einige davon zusammentragen konnte (innerbayerisch und im Postverein bzw. den Vertragsstaaten), gelang es mir heuer erstmals, einen Retour - Portochargébrief zu schnappen, auch wenn der Preis für ihn üppig war, aber bekanntlich ist die Erinnerung an das ausgegebene Geld schneller verschwunden, als die Freude, die man mit dem Stück hat, von daher ist alles gut.





Aufgegeben wurde er in Thalmässing am 27.4.1864, also genau 1,5 Monate nach dem Tode seiner Majestät Maximilians II am 10.3.1864, weshalb sich der Trauerrand und das schwarze Siegel, wie wir später sehen werden, erklären wird.

Gerichtet war er an Jakob Bauer aus Wettstetten, ca. 40 km südlich von Thalmässing und etwas nördlich von Ingolstadt gelegen. Der Absender wollte weder die Postgebühr, noch die Recommandation bezahlen und überließ folglich beides dem Empfänger. Daher notierte die Aufgabepost 6 / 6 für 6 Kreuzer Porto bis 12 Meilen und 6 Kreuzer ihr zustehende Recogebühr.

Damals hatte Wettstetten nur ca. 500 Einwohner, daher war die Post nicht sicher, wo es genau liegen würde und man notierte unter den Zielort Kipfenberg, strich dies dann aber und verblieb beim richtigen Ingolstadt. Ausweislich der Siegelseite war er am 28.4. in Ingolstadt und am Folgetag in ??heim.

Doch konnte die Zustellung und Berichtigung des 12 Kreuzer Portos nicht bewirkt werden, wie man aus der Notiz hinten ersehen kann: "Jakob Bauer seit drei Jahren tod, von dessen Verwandten nicht angenommen, Präßer, Postbote".

Warum niemand der "Relikten" den Brief annehmen wolte, geht wohl aus dem Inhalt hervor, den aber nur der Absender kannte: "Jakob Bauer von Wettstetten schuldet zur unterfertigten Rentenverwaltung Lehenbodenzins pro 1862 41 Kreuzer 3 Pfennige, Lehenbodenzins pro 1863 41 Kreuzer 3 Pfennige, in Summa 1 Gulden 23 Kreuzer 2 Pfennige.

Derselbe wird deshalb beauftragt, diesen Betrag innerhalb längstens 8 Tagen bei Vermeidung der gerichtlichen Einklagung portofrei anher zu senden.
Bemerkt wird hiebei, daß dem Geld nach für Porto u. Scheingebühr 9 Kreuzer, und als Austragergebühren für den Postboten 3 Kreuzer, sohin in Summa 12 Kreuzer, beizulegen sind.

Syburg, am 22. April 1864 Die freiherrlich Schenk v. Geyerische Rentenverwaltung - Schenk.

Fassen wir also zusammen: Portochargébrief, retourniert, Empfänger verstorben, Relikte nicht annahmewillig, Chargéstempel in schwarz, statt roter Farbe, Probleme mit der Findung des Zielortes, Trauerrand wegen kurz zuvor verstorbenem König und innen eine Postgebührenauflistung, die man auch nicht jeden Tag findet. Ich finde, viel mehr geht kaum noch, oder?

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:35:11 Gelesen: 243789# 404 @  
Liebe Freunde,

nach langer Zeit (hihi) ist mir wieder mal eine schnuckelige Armensache ins Netz gegangen. Im wunderschönen Regensburg ließ am 14.9. 1853 das dortige Kreis- und Stadtgericht eine portofreie A.S. = Armensache "Zum hochwürdigen Consistorium des Bißthums Passau in Passau" ab, also fast ein Bischofsbrief, könnte man sagen.



Die Bestätigung als Armensache war von einem für die Richtigkeit haftenden Beamten zu unterzeichnen, was hier auch getan wurde. Am Folgetag kam das Schreiben an und wanderte in die Akten - jetzt ist das gute Stück in meine Mini - Sammlung der Armensachen gewandert.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
wuerttemberger Am: 21.04.2019 08:36:52 Gelesen: 243788# 405 @  
@ bayern klassisch [#403]

Er lief über Eitensheim. Das liegt westlich von Wettstetten.

Gruß

wuerttemberger
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 08:56:28 Gelesen: 243780# 406 @  
@ wuerttemberger [#405]

Lieber Axel,

deine Augen möchte ich haben - tausche auch gerne ein paar Briefe dazu. :-)

Vielen Dank - ich saß 10 Minuten vor dem Brief und kam nicht drauf, weil ich vorne ein "G" gelesen hatte und partout nichts passen wollte mit einem "G".

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 09:09:56 Gelesen: 243776# 407 @  
Liebe Freunde,

das Königreich Hannover war nicht völlige Terra incognita für einen Bayern, aber aus der Welt war es schon!



Die Aufgabepost in Hollfeld hatte einen Postkunden am 8.1.1854 vor sich, der einen einfachen Brief aufzugeben gedachte. Für dergleichen besagte die Vorschrift (ab 1.6.1851 war Hannover im DÖPV), dass nach Ländern nördlich von Preussen die Taxe für Portobriefe in preussischer Währung = Silbergroschen zu notieren war, denn die tatsächliche Währung Hannovers, der Gutegroschen, war in Bayern abrechnungstechnisch unbekannt, weil man hier nur in rheinischen Kreuzern und Silbergroschen verrechnen konnte.

Daher waren die zuerst notierten 12 Kreuzer sinnentleert, denn die kannte keiner in Preussen und Hannover, weswegen man sie auch bald wieder mit dem feuchten Daumen auswischte. Richtig waren und wären gewesen 4 Silbergroschen für einfache Portobriefe über 20 Meilen via Preussen.

Bei der Ankunft in Hildesheim am Folgetag (Respekt!) strich man die 4 Silbergroschen durch und ersetzte sie korrekt mit 3 1/4 Gutegroschen, die unser Tischlermeister H. Bayer sicher freudig erregt berappte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.04.2019 09:31:47 Gelesen: 243766# 408 @  
Liebe Freunde,

bei dem folgenden Brief passte vieles - nicht!



Absender war der k. Notar M. Maunz in Sulzbach am 26.5.1873. Er ließ einen unfrankierten Brief an den k. Advokaten Herrn Ernst Gaßner in Amberg abgehen und fügte nur seine Expeditions - Nummer 329 hinzu, heute würde man Geschäftszeichen dazu sagen.

Zuerst wähnte ihn die Aufgabepost als Partei - Sache, für welche schon lange nur der Satz für Frankobriefe = 3 Kreuzer auch im Falle der unfreien Versendung vorgesehen war. Dann aber sah sie keine Notiz "P.S.", wie es hätte der Fall hierfür sein müssen und taxierte ihn wie einen gewöhnlichen Privatbrief mit 7 Kreuzern.

Oder: Man sah zwar keinen Vermerk "P.S.", tat aber so, als wäre es nur vergessen worden und taxierte eine Partei - Sache der 2. Gewichtsstufe richtig mit 7 Kreuzern, die andernfalls sogar als Privatbrief 11 Kreuzer gekostet hätte. Das werden wir wohl nicht mehr heraus finden.

Damit kommen wir zum nächsten Problem - der Stempelschneider hatte 1869/70 bei Sulzbach das "Z" falsch geschnitten. Das war dem Sulzbacher Postexpeditor aber egal und er verwendete diesen Stempel noch bis 1875 weiter!

Allerdings war der 1. Abschlag kopfstehend völlig desolat, weil a) kein Ort, b) kein Tag und c) kein Monat zu erkennen war (was mich eher an einen schweren Brief glauben läßt, da diese auch oft nur mangelhaft gestempelt werden konnten).
Der 2. Abschlag war nun gerade, immerhin, zeigte aber einen verschmierten Tag (26. mühsam zu erahnen) und einen kopfstehenden Monat (Mai) an, was auch nicht gerade im Sinne des Erfinders war.

Aber an diesem 26.5.1873 war dieses mangelhafte Produkt unserem Expeditor allemal gut genug und er ließ es dabei bewenden. Es versteht sich von selbst, dass dieser Brief auch keinen Ankunftsstempel aufweist, weil wenn alles zusammen kommt, dann kommt halt alles zusammen und auf einen Fehler mehr oder weniger kam es hier schon lange nicht mehr an.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 08:06:25 Gelesen: 243635# 409 @  
Liebe Freunde,

für meine wachsende Mini - Sammlung "1851" konnte ich den hier schnappen, der mir aber hinsichtlich seines Portos Probleme bereitet:



Augsburg, 28.2.1851, nach Isny in Württemberg, Taxe von Bayern 7 Kreuzer. Wieso 7 Kreuzer? Nach der Entfernung von 99 km zwischen beiden Postorten wären von Bayern aus nur 6 Kreuzer (über 12 - 18 Meilen) zu taxieren gewesen. Hat Augsburg gleich den einen Kreuzer für die Bestellung in Isny addiert? Wenn ja, wo steht das?

Fest steht, dass die bayer. Postkutsche ihn bis Isny gefahren hat (von Kempten aus) und ihr dafür nichts zustand, wie umbekeht eine württembergische Postkutsche bis Kempten gefahren wäre für Post nach Bayern und ihr hierfür auch nichts zugestanden hätte (waren nur 5 km).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 09:11:32 Gelesen: 243626# 410 @  
Liebe Freunde,



eine Retour - Recepisse (RR) der Briefpost aus Würzburg vom 11.4.1864 des Reichsrathes von Würzburg zu Würzburg nach Öttershausen bei Volkach an Verwalter Eberhardt lief unter Reco - Nr. 418 für 6 Kreuzer mit einem recommandirten Brief (leider hier nicht vorhanden) ab und traf am Folgetag in Volkach ein. Der dortige Landpostbote gab ihn mit dem Brief dem Empfänger zur Unterschrift ab und nahm in auch gleich quittiert wieder mit auf seine Tour.

Am 13.4. ging die RR wieder auf ihre Rückreise, wo sie am Folgetag in Würzburg eintraf und unserem Herrn Reichsrath zugestellt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 22.04.2019 09:19:14 Gelesen: 243624# 411 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen Teilfrankobrief aus München vom 8.4.1835 an:

Monsieur Monsieur le Chevalier J. G. Eynard aus soues de Monsieur Snell, Consul Suisse Rome



Nach dem Postvertrag Bayerns mit Österreich vom 1.5.1819 waren Briefe in den Kirchenstaat mit Leitung über Österreich bis zur bayer-österreichischen Grenze zu frankieren. Hier zahlte man 6 Kreuzer, die siegelseitig notiert wurden (bis Salzburg).

Österreich rechnete im Paket mit dem Kirchenstaat ab, weswegen öster. Taxen für dergleichen Briefe eigentlich obsolet waren (Österreich bekam je Unze = 30g 100 Bajocchi vom Kirchenstaat vergütet). Dennoch finden wir hier eine 13 Kreuzer Conventionsmünze in Rötel, die nirgendwo sonst auf den Brief gekommen sein kann.

Über Bologna (Grenzeingangspostamt des Kirchenstaats zu Österreich) lief er nach Rom, wo er am 16.4.1835 ankam und für 27 Bajocchi dem Empfänger ausgehändigt wurde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 04.05.2019 10:02:47 Gelesen: 242853# 412 @  
Liebe Freunde,

üblicherweise wurden Armensachen mit A.S., oder mit Armen - Sache verschickt. Causa paupera ist da schon sehr selten und auch Arm: S. kenne ich kaum, daher war mir dieser Brief aus Lauf vom 8.9.1864 recht, der nämlich erst am 13.9.1864 zur Post gebracht und am Folgetag in Schweinfurt ausgetragen wurde.



Gerade bei Armensachen ist oft eine hohe zeitliche Diskrepanz vom Schreiben des Briefes bis zu seiner Postaufgabe zu erkennen - hier 5 Tage, die für mich nicht (immer) erklärlich ist. Den Inhalt habe ich beigefügt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 24.05.2019 10:31:19 Gelesen: 241652# 413 @  
Liebe Freunde,

die kgl. Staats - Schuldentilgungs - Haupt Cassa in München schrieb am 15.11.1852 an die Kirchenverwaltung in Reuth eine portopflichtige Partei Sache, die man mit 9 Kreuzern taxierte (über 12 Meilen bis 1 Loth). Aber Reuth war das Problem, denn dieses gab es in Bayern mehrfach. Manuell fügte man "bei Weißenburg" und darunter "Landgerichts Hilpoltstein" bei, unterstrich die 9 und verfügte darunter "9 Xr Porto", als ob man das überlesen könnte.



Siegelseitig sehen wir einen Fingerhutstempel von Roth vom Folgetag und den Halbkreiser von Hilpoltstein. Und tatsächlich gab es in Bayern ein Reuth in der Oberpfalz (Postexpedition ab 1864) und die beiden Reuth bei Weißenburg und Hilpoltstein, denen beide (was für ein Zufall!) erst ab 1900 eine Posthilfsstelle zuteil wurde, die aber beide zum Oberpostamt Nürnberg gehörten und das hätte man in München auch wissen können.

Gab es mehrere Orte gleichen Namens, hatte der Absender dafür Sorge zu tragen, dass mit näherer Bezeichnung die Post keine Fehlversuche zu gewärtigen hatte, also eine klare Contravention in diesem Falle, auch wenn die schnelle bayerische Post noch die Zustellung am 16.11. bewirken konnte.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2019 10:48:10 Gelesen: 241543# 414 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich eine kleine Besonderheit - Brief aus dem badischen Lahr vom 18.5.1867 nach Thann bei Simbach in Bayern, wobei die Postaufgabe erst in München am 21.5.1867 erfolgte. Die 3 Kreuzer reichten bis 1 Loth ohne Entfernungsbeschränkung innerhalb Bayerns - von Lahr aus hätten aber sowohl bis München, als auch bis Thann immer 9 Kreuzer frankiert werden müssen, so dass sich der Absender 6 Kreuzer gespart hat.







Inseitig sehen wir 2 Seiten mit vielen Angaben - und den Original - Postschein von Thann vom 13.9.1867 an unseren Absender in Lahr, der den Versand eines Wertbriefes mit 9/10 Loth Gewicht über 27 Gulden belegt.

Dergleichen findet man heute nur noch alle paar Jahre einmal und ich bin sehr froh und stolz, das hier präsentieren zu dürfen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 25.05.2019 10:55:48 Gelesen: 241541# 415 @  
Liebe Freunde,

erneut fand sich in einem Konvolut eine nette Armensache, diesmal aus Bayreuth vom 30.1.1866, an das Bezirksgericht in Hof mit Ankunft am selben Tag.



Links lesen wir: "Armensache des k. Advokaten Herding bestätigt das k. Bezirksgericht Voigt" und daneben, ganz nach Vorschrift, das Dienstsiegel des Gerichts.

Interessant ist noch, dass beim Bayreuther Stempel der Einsatz des Monats wohl vergessen wurde.

In letzter Zeit kaufe ich so viele Armensachen, dass ich selbst davon fast arm werde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 28.05.2019 16:41:35 Gelesen: 241273# 416 @  
Liebe Freunde,

für meine Sammlung 1851 und Muster ohne Wert gleichermaßen war dieser ein Kauf - Schweinfurt 10.10.1851 an Herrn Jacob Degerl in Sulzbach mit inliegendem Muster. Für einfache Briefe bis 1 Loth inkl. waren 6 Kreuzer treffend frankiert worden - eine Moderation gab es nicht.



Ganz nett, wie ich finde.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 09:50:52 Gelesen: 241107# 417 @  
Liebe Freunde,

zu den absoluten Seltenheiten gehören Muster ohne Wert - Briefe innerhalb der Pfalz, von denen ich kaum eine Handvoll kenne. Heute darf ich einen Teilbrief aus Rülzheim vom 21.12.1852 von Julius Hans an Friedrich Georg Zumstein, Ölmühle in Bad Dürkheim "Ein(liegend) Muster ohne Werth" vorstellen. Am 22.12. war er in Speyer und am Folgetag wurde er seinem Empfänger in Bad Dürkheim zugestellt.



Da es nie eine Vergünstigung bei einliegenden Mustern gab, war der Brief wie ein gewöhnlicher Brief innerhalb der Pfalz über 1 bis 4 Loth zu frankieren, also mit 6 Kreuzern (Tarif 1.7.1850).

Der Absender war Mitglied der mosaischen Gemeinde von Rülzheim und die Familie Haas erlebte das gleiche traurige Schicksal, wie viele andere Familien auch im 20. Jahrhundert.

Frankiert wurden 2 unterschiedliche Farbnuancen der Nr. 2 Platte 2a. Sehr selten ist jedoch auch der Mühlradstempel 443 in der 1. Verteilung von Rheinzabern, eine Expedition, die erst im Juli 1851 eingerichtet wurde und von der mir kaum einmal Briefe bekannt sind, schon gar keine mit Musterbriefen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 10:07:04 Gelesen: 241101# 418 @  
Liebe Freunde,

bei Dienstbriefen waren die Vorschriften multipel, jedoch galt es immer für die Absenderbehörde diese als solche zu kennzeichnen, weil sie, tat sie das nicht, von der Aufgabepost zu taxieren waren.



Für meine Contraventions - Sammlung ist dieser Dienstbrief am Ort (!) von Bad Kissingen vom 7.11.1869 sehr geeignet, denn man vergaß die Franchise und die Aufgabe- und Abgabepost dort stempelte ihn und stellte ihn stracks zu, ohne eine 3 Kreuzer Portomarke in Anwendung zu bringen, wie es richtig gewesen wäre.

Hätte ein Fälscher Fachwissen, so könnte er eine gummierte Porto Nr. 1 aufkleben (und diese gfs. mit alter Tinte oder Federzug entwerten) und man hätte keine Möglichkeit, gegen diese Fälschung anzugehen. Gottlob wird das nie passieren, aber gefährlich können solche falsch behandelten Briefe schon sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 30.05.2019 10:12:58 Gelesen: 241099# 419 @  
Liebe Freunde,

selten findet man Briefe mit Farbfrankaturen, deren Marken nicht entwertet wurden. Einen solchen aber kann ich hier zeigen, lief er doch am 4.11.1864 von Bamberg aus nicht via Lichtenfels und Kassel, wie es der Absender wünschte, sondern via Frankfurt am Main und Köln nach Paderborn.



Dass niemand die Marken entwertete, mag daran liegen, dass man das Briefepaket nach Preussen in Bayern verschloß, ohne ihn genauer unter die Lupe genommen zu haben und die transitierenden Poststellen sahen auch keinen Anlaß, die Marken zu entwerten, weil dafür allein die Aufgabeposten zuständig waren im Postverein und schon gar nicht Preussen.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 

Das Thema hat 969 Beiträge:
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