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Thema: (?) (26/29) Königreich Bayern: Transite durch Bayern in der Kreuzerzeit
Das Thema hat 29 Beiträge:
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bayern klassisch Am: 29.11.2016 19:49:55 Gelesen: 13617# 5 @  
@ Max78 [#4]

Servus Max,

ich hätte nicht gedacht, dass der richtige Laufweg so schnell geknackt würde - Respekt! Via Sachsen und Bayerns Bodensee rauf ins obere Engadin.

Bayern bekam hier gar nichts und weitere Stempel sind auch keine vorhanden (sonst hätte ich die gezeigt).

Zeige doch mal deinen von Berlin nach Bern - ich bin mir recht sicher, dass er postgeschichtlich anders ist (u. U. so, wie du vermutest).

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Max78 Am: 29.11.2016 21:38:24 Gelesen: 13595# 6 @  
Servus Ralph,

schön, dass ich richtig GERATEN habe.

Hier der Beleg, den ich gemeint habe. Übrigens; ich konnte mir das Porto deswegen zusammenreimen, weil ich auf dieser wunderbaren Plattform ja auf sehr gute Quellen zurückgreifen kann. ;-) Ich verweise auf Deine Erläuterung zu einem Beleg von Silbergroschen aus dem Jahre 1853: Thema "Altdeutschland Preussen: Schöne Belege", Beitrag 265 [1].



Der Bahnpoststempel dürfte von Baden stammen, mit Richtungszeiger gen Süden. Na ja, Bern oder Neuchâtel (Beleg von Silbergroschen) liegen ja auch eher links vom Bodensee unterhalb Basels. Was bei Deinem Beleg bestimmt ganz interessant ist, wäre eventuell der "neue" Kurs über die am 25. Oktober 1856 eröffnete Bahnstrecke Rorschach - St. Gallen. Aber das ist nur eine vage Vermutung, wie meistens.

herzliche Grüße Max

[1] http://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?PR=106418
 
bayern klassisch Am: 30.11.2016 06:39:48 Gelesen: 13572# 7 @  
@ Max78 [#6]

Servus Max,

ja, hier kann man einiges lernen, wenn man will. Schön, in dir einen der Willigen zu haben. :-)

Deiner lief über Frankfurt am Main und Baden nach Süden, wie du ganz richtig schreibst. Taxis bekam als sog. inneren Vereinstransit 1 Kr. von Preußen (knapp 1/3 Silbergroschen) intern vergütet, Baden bekam gar nichts, trotz der langen Strecke via Heidelberg - Karlsruhe - Efringen nach Basel.

Daher schrieb die badische Bahnpost 9 Kr. Belastung von Preussen an Baden in blauer Tinte an und ergänzte schon vorab mit / 6, dass nach der Grenze noch 6 Kr. für die Schweiz zu kassieren waren, die es ebenso sah und 50 Rappen vom Empfänger holte.

Bern, Neuchatel usw. lagen immer im 2. Rayon der Schweiz und erforderten von Preussen aus 6 Kreuzer Porto bzw. 2 Silbergroschen Franko.

Bei meinem Brief hatte ich das mit der neu eröffneten Bahnstrecke Rorschach - St. Gallen gar nicht gewusst und bedanke mich vielmals für diese wichtige Information, die in meine Beschreibung einfließen wird.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 21.05.2018 12:43:02 Gelesen: 12181# 8 @  
Liebe Freunde,

heute mal zur Abwechslung mal etwas seltenes: Dienstbrief aus Saarbrücken (Preussen) vom 17.12.1851 über die bayerische Pfalz (Homburg - Ludwigshafen) und Baden (Mannheim - Haltingen) nach Schwyz über Basel, als Königliche Justiz Dienstsache portofrei in allen 4 Postgebieten.



Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 21.05.2018 13:53:33 Gelesen: 12168# 9 @  
Liebe Freunde,

zu diesem Brief bin ich wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, aber weil es so lustig ist, erzähle ich mal die ganze Geschichte und das postalische natürlich dazu.

Bei meiner Suche nach bayerischen Belegen in Frankreich suchte ich unter "Nuremberg", deutsch: Nürnberg, um zu sehen, ob etwas an Incoming Mail für mich als Bayernsammler von Frankreich aus angeboten würde. Tatsächlich gab es einen Treffer, den ich hier zeige. Der Anbieter hatte das Wort unten links als Nuremberg gelesen und dabei natürlich an Nürnberg in Bayern gedacht - das war zwar falsch, bescherte mir aber einen netten Transitbrief, wenn auch auf ganz andere Weise, als angedacht und beschrieben. Aber der Reihe nach.



Eine Ganzsache zu 5 Neukreuzer (Nkr.) wurde am 29.6.1867 in Dürnkrut an Mademoiselle Adeline de Montepin (?) aufgegeben, wofür der Werteindruck leider nicht reichte. Ergo mussten noch 2 Stück 10 Nkr. Marken zufrankiert werden, denn das einfache Franko bis 10g betrug 25 Nkr., so dass jetzt alles passte. Über Wien (gleicher Tag 21.00 Uhr im Eingang), Bayern, Württemberg und Baden gelangte er am 2.7.1867 via Strasbourg nach Paris (s. Ankunftsstempel siegelseitig).

Jedoch die Dame war nicht "empfänglich" für ihren Brief in gedachter 74 rue Amelot, Paris, hatte jedoch eine Nachsendeanschrift hinterlassen, wie wir siegelseitig lesen können: "Partie a Stutgard (Wurtemberg) 45 Koenigstrasse chez M. Anton Meyer".

Daher schrieb man vorne oben "Allg" (wofür?) und unten "Parti à Stutgard Wurtemberg" und genau letztes Wort liest sich heute wie Nuremberg.

Ausweislich der Siegelseite wurde der Brief nach Stuttgart offen an Baden (Kehl) ausgeliefert, wo die badische Bahnpost "FRANKREICH über BADEN" stempelte und ihn am 3.7. nach Württemberg übermachte, wo er am Folgetag im Rahmen des ersten Bestellgangs zugestellt wurde.

Den kleinen Stempel 5 / 7 kenne ich nicht (Paris?) und wer mir seinen Ort und seine Funktion beschreiben kann, ist gerne gesehen.

Laufweg daher: Österreich - Bayern - Württemberg - Baden - Frankreich - Baden - Württemberg.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.12.2018 10:38:26 Gelesen: 11396# 10 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich 3 Briefe von Odessa nach Marseille an zwei verschiedene Firmen dort. In der Chronologie darf ich vorstellen:

1. Brief



Firma Kousmin & Hessen aus Odessa vom 5.6.1869 (17.6.1869) porto an Auguste Savine fils in Marseille. Russland taxierte hier nichts. Laut van der Linden soll der A. - Stempel von Kustendje stammen, aber da bin ich mir nicht sicher, weil er angibt, dass er auf Briefe aus dem Osmanischen Reich kommen sollte, die ich auch mit diesem Stempel kenne.

Österreichische Stempel vermisse ich. Vorne nur AUTR - STRASBOURG 3 von Paris vom 24.6., siegelseitig der Pariser Ortsstempel vom selben Tag und der Ankunftsstempel aus Marseille vom Folgetag. Österreich hatte sicher 15 Neukreuzer taxiert und Paris ebenso sicher 10 Decimes Gesamtporto.

2. Brief



Firma M. Wurhaft & Co aus Odessa vom 14.1.1870 (26.1.1870) porto an J. K. Reymonet in Marseille. Hier sehen wir den selben A. - Stempel, jedoch siegelseitig einen Wiener Transitstempel vom ??? (sieht für mich nach falsch eingestellt aus dort). Österreich taxierte ihn wieder mit 15 Neukreuzern, aber Frankreich sah ihn als Doppelbrief an und taxierte mit 20 Decimes in Paris. Leitung wieder über Strasbourg - Paris am 3.2. und Ankunft in Marseille am Folgetag.

Ungewöhnlich finde ich die Rötel - 2 oben links, die ich von Frankreich so nicht kenne im 19. Jahrhundert, die ich aber sonst nicht lokalisieren kann.

3. Brief



Firma Giuseppe Bandich aus Odessa vom 13.7.1870 (25.7.1870, also der Kriegszeit Deutschlands mit Frankreich nach der Kriegserklärung vom 19.7.1870) an Auguste Lavine fils in Marseille, jetzt mit Leitvermerk "Via Vienne - Milan" kriegsbedingt und demnach nicht wie zuvor über Wien, Bayern, Württemberg und Baden nach Frankreich.

Vorne mit dem bekannten A. - Stempel, jetzt aber zusätzlich PORTO. Erst taxiert mit 15 Neukreuzern, diese später gestrichen und 30 Neukreuzer notiert, welche von Frankreich aber ignoriert wurden und nur 11 Decimes Gesamtporto angeschrieben wurde.

Siegelseitig 2 mal ein russischer Stempel vom 17.7. (29.7.), den ich leider nicht zuordnen kann und 2 mal derselbe Wiener Stempel vom 1.8.. Den vorderseitigen roten französischen Grenzübergangsstempe/Vertragsstempel kann ich leider nicht deuten, er sollte aber vom 4.8. sein, da am Folgetag Marseille Eingang stempelte.

Genauere Angaben zu den Taxen, der Leitung und dem allgemeinen Procedere aus der Kriegszeit 1870/71 von Briefen aus Russland nach Frankreich würden mich sehr interessieren.

Liebe Grüsse und guten Rutsch alles Mitlesern wünscht euch euer bayern klassisch
 
bignell Am: 29.12.2018 10:55:21 Gelesen: 11390# 11 @  
@ bayern klassisch [#10]

Hallo und Guten Rutsch Ralph,

beim zweiten Brief lautet der Stempel WIEN | 31 | 1 | 9 F. | 70

Lg, harald
 
bayern klassisch Am: 29.12.2018 11:46:58 Gelesen: 11381# 12 @  
@ bignell [#11]

Hallo Harald,

danke Adlerauge, du hast Recht. Muss mir eine neue Gleitsichtbrille kaufen. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 17.01.2019 16:11:34 Gelesen: 11325# 13 @  
Liebe Freunde,

heute zeige ich einen voll frankierten Dienstbrief aus Ellwangen nach Wien vom 27.05.1845, der zeigt, wie der Gemeinschaftsvertrag Österreichs beim Transit über Bayern ablief. Wie man sieht, alles gar nicht so einfach.



Das im Nenner notierte Franko war für den bayerischen Transit bestimmt, das im Zähler notierte Franko war das halbscheidig zwischen Württemberg (besser: Thurn und Taxis) und Österreich zu teilende Franko.

Hierbei ist zu erwähnen, dass die in rheinischen Kreuzern notierten und in Württemberg bezahlten Gelder nicht paritätisch umzurechnen waren. Im richtigen Leben war 1 Kreuzer Conventionmünze (CM) 1,2 bis 1,25 Kreuzer rheinisch wert.

Bezahlt wurden somit 13 Kreuzer Gemeinschaftsfranko und 7 Kreuzer für den bayerischen Transit. Aber rechts davon sieht man, dass die Reduktion Probleme bereitete, denn die inparitative Reduktion ergab 12 Kreuzer CM und 4 Kreuzer CM für Bayern. Somit wurde das Gemeinschaftsfranko mit einem weit höheren, als dem tatsächlich bezahltem Wert in Kreuzer CM konvertiert (12 Kreuzer CM entsprachen nämlich 15 Kreuzern rheinisch!), aber Bayern erhielt 7 Kreuzer rheinisch, die weit mehr waren, als die reduzierten 4 Kreuzer CM (4 Kreuzer CM waren paritätisch nur 5 Kreuzer rheinisch).

Wie man an den Röteln des rechten Bruches aber sehen kann, war diese Reduktion nicht mit der üblichen Reduktion rheinischer und conventionsmüziger Währung in Einklang zu bringen (und das noch hier bei einem einfachen Brief!), notierte man doch zuerst im rechten Bruch 18 / 8 Kreuzer rheinisch. Bei einer Progression von 50% der Taxen der 1. Gewichtsstufe wären aus 12 / 4 Kreuzern CM 18 / 6 Kreuzer CM geworden, aber nicht 18 / 8 Kreuzer CM.

Bei einer Progression um eine Gewichtsstufe in rheinischen Kreuzern hätte man 21 / 11 notieren müssen, dem 1,5 fachen Faktor für 13 und 7 Kreuzern rheinisch.

Alles nicht so einfach damals.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 14.02.2019 08:46:52 Gelesen: 11188# 14 @  
Liebe Freunde,

wer für seinen Ruhestand, wenn er denn lang anhalten möge, eine intensive, postgeschichtliche Beschäftigung sucht, darf gerne Briefe aus Österreich-Ungarn nach Württemberg sammeln, denn das ist ein wiklich tolles Gebiet mit vielen Imponderabilien, das einen immer wieder vor Rätsel stellt.



Einen solchen Rätselbrief aus Wien vom 13.10.1822 kann ich hier nach Aulendorf zeigen. Ich finde dabei weder vorn, noch hinten ein Franko (von 14 Kreuzer CM oder einem Vielfachen davon).

Was ich sicher sehe, ist eine 18, die auf eine 12 verbessert wurde, oder eine 18, die auf eine 12 verbessert wurde. Rötelkrüppel hat der Achim mal so treffend geschrieben und das passt hier wundervoll dazu.

Dann sehe ich ein gestrichene 13, die theoretisch auch eine 19 sein könnte und final oben eine 15.

Näme man den bayerischen Transit mit 8 Kreuzer einfach an und die württembergische Inlandstaxe mit 2 Kreuzern, so ergäbe das 8 + 4 = 12 Kreuzer für Bayerns Transit und 2 + 1 Kreuzer für Württemberg Inland bei einem Gewicht von über 1/2 bis 1 Loth, womit die 15 Kreuzer als Summe korrekt wären.

Wer eine andere Idee hat (hoffentlich!), darf sie gerne äußern.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 02.03.2019 08:53:07 Gelesen: 11084# 15 @  
Liebe Freunde,

weil ich einen aus 1851 gesucht und jetzt auch gefunden habe, zeige ich ihn mal hier: Künzelsau 3.4.1851 über Bayern nach Steyr in Österreich. Zuerst in rheinischen Kreuzern (und damit falsch) taxiert mit 13 / 7, dann richtig, weil man in Österreich in Conventionkreuzern rechnete, in 12 / 4 reduziert, die Wien am 8.4. richtig in 16 Kreuzer CM addierte und am Folgetag vom Empfänger kassierte.



Bayern bekam 7 Kreuzer rheinisch vergütet, während Württemberg und Österreich jeweils 6 Kreuzer CM erhielten - damit war jedem Postgebiet in etwa der gleiche Betrag für den bis 1/2 Loth wiegenden Brief verblieben.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Stamps99 Am: 08.03.2019 20:00:30 Gelesen: 10996# 16 @  
Hallo,

der nachfolgende Brief von Mailand nach Gotha ist wohl das, was manche Beschreibungen "austaxiert" nennen - an Taxen mangelt es jedenfalls nicht. Allerdings bereitet die Deutung der vielen Zahlen Schwierigkeiten.



M.E. ist der Brief von Mailand über Chur, den Bodensee, Lindau nach Augsburg gebracht worden, dann über Nürnberg, Leipzig nach Gotha.

Beteiligt waren demnach die Postverwaltungen von Österreich, der Schweiz, Bayern, Sachsen und Thurn & Taxis.

Weiß jemand, wie die Taxen dazu passen ?

Gruß Ralf
 
bayern klassisch Am: 08.03.2019 20:13:57 Gelesen: 10994# 17 @  
@ Stamps99 [#16]

Hallo Ralf,

war das ein Glücksschuß? Jedenfalls hätte der Brief so nicht laufen sollen, denn Milano = Mailand war österreichisch und Österreich hatte mit Thurn und Taxis (TT) ja einen eigenen Gemeinschaftsvertrag 1843 abgeschlossen, so dass offene Transite durch Bayern obsolet sein sollten. Aber keine Regel ohne Ausnahme.

Österreich taxierte zuerst 6 / 12 / 18. 12 Kreuzer Gemeinschaftstaxe, halbscheidig zwischen Österreich und TT zu teilen, dazu den Zuschlag von 6 Kreuzern wegen der Rayonierung bei TT und damit in summa 18 Kreuzer.

Tatsächlich lief er aber nach Augsburg und obwohl Bayern mit Österreich ab 1.10.1842 auch einen Gemeinschaftsvertrag hatte, galt dieser NICHT für Transite, also für Sendungen in andere Postgebiete über Bayern hinaus.

Daher galt jetzt der alte Postvertrag Bayerns mit Österreich von 1819 - 12 Kreuzer Conventionsmünze für Österreich, die auch notiert wurden rechts oben bis zur bayer. Grenze (egal von wo aus!), die Augsburg korrekt in 15 Kreuzer rheinisch reduzierte und so im Auslagestempel vermerkte.

Dazu kamen 12 Kreuzer für Bayerns Transit bis TT, so dass sich die (später gestrichenen) 27 Kreuzer erklären. Diese 27 notierte übrigens Nürnberg in seiner typisch wässrigen blauen Tinte und so belastet verließ er Bayern, daher auch oben der Vermerk "p(er) Nürnberg", also über Nürnberg zu leiten.

Der Empfänger in Gotha zahlte 10 1/4 Silbergroschen = 36 Kreuzer, so dass TT für den Brief ab der bayer. Grenze noch 9 Kreuzer kassiert hatte.

Über die Schweiz bzw. Sachsen lief er aber nicht - schade! So einen hätte ich dir auch gerne beschrieben, zumal Österreich eine kleine Strecke über die Schweiz nach Feldkirch/Bregenz selbst unterhielt und somit einen kostenlosen Transit durch die Schweiz zu bieten hatte.

Wenn du den mal nicht mehr brauchst. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Stamps99 Am: 08.03.2019 20:47:44 Gelesen: 10987# 18 @  
@ bayern klassisch [#17]

Hallo Ralph,

danke für die Erklärung der Taxen, so gibt das einen Sinn. Bleibt nur die Frage, warum der Brief über Augsburg lief - ich hatte das als Ausweis für den Weg über die Schweiz interpretiert.

Ich schieße im Übrigen durchaus gezielt auf hübsche Briefe, die ich nicht verstehe, bei denen kann ich oft am meisten lernen. Glück habe ich dann, wenn keiner mitschießt, der weiß, was er tut. :-)

Gruß Ralf
 
bayern klassisch Am: 09.03.2019 06:45:16 Gelesen: 10971# 19 @  
@ Stamps99 [#18]

Hallo Ralf,

es gab seit 1819 (mindestens) einen eigenen Kartenschluß Mailand - Augsburg, vlt. gab es den auch schon im 18. Jahrhundert (ich sammle Bayern ja erst ab 1806-75). Normalerweise hätte Mailand den Brief Richtung Wien - Prag - Asch geleitet, dann wäre er mit TT direkt ausgetauscht worden.

Hier hat man den sicher weitaus schnelleren Weg gewählt zu einer Zeit (1844), als die Gebühren, die die Denkweisen der Postverwaltungen zeigten, modifiziert wurden. Zuvor galt: Hohe Gebühren kassieren, ärarial denken und handeln, lange Routen auf eigenem Terrain ausarbeiten und folglich lange Laufzeiten generieren. Ab 1842/43 bröckelte dieses kundenunfreundliche System und wurde ersetzt durch ein relativ Kundenorientiertes, also mit direktem Austausch der Briefpakete, wenigen bis keinen Umwegen und gleichzeitiger Moderation der Gebühren bis hin zu Gemeinschaftsgebühren, die halbscheidig zwischen den beiden (immer bilateral denken!) Postverewaltungen zu teilen waren. Die Wünsche der Kunden wurden allmählich wichtiger, als der scheinbare staatliche Auftrag, möglichst viel Geld aus relativ wenigen Schreibern zu erpressen.

Aber es konnte immer mal Ausreißer geben, so wie dein Brief, der aus der Geschichte heraus nicht passt - wie man an den Taxen und deren Korrekturen sieht, war der auch damals 1844 nicht für jedermann adhoc verständlich. Wenn er jetzt noch eine O.B.C. - Stempel von Mailand hätte, wäre er dreistellig im Wert und ein Vortragsstück für die im Mai heuer stattfindende Jahreshauptversammlung meiner ARGE Bayern klassisch [1] geworden. Aber er ist auch so schon sehr gut und interessant, so dass ich dir zum Erwerb nur ganz herzlich gratulieren kann.

Liebe Grüsse,
Ralph

[1] http://www.arge-bayern.net
 
bayern klassisch Am: 17.10.2019 10:40:22 Gelesen: 10460# 20 @  
Liebe Freunde,

Briefe von Thurn und Taxis über Bayern in den DÖPV gibt es zahlreiche, z. B. nach Österreich; sucht man aber welche nicht nach dorthin, wird es eher dünn, auch wenn es wie hier Württemberg betraf.



Heute zeige ich einen aus Mainz, der als Behördenbrief sparsam tituliert worden war (D.S. = Dienst - Sache, sonst nichts) und der gerichtet war an das Kgl. Württ. Amtsnotariat Weickersheim. Man schrieb den 26.7.1855 und gab den Brief nach Frankfurt am Main auf. Von dort lief er per Bahn nach Würzburg, wo er am 27.7. eintraf und per Kutsche am Folgetag in Weikersheim eintraf, was eine Reise über ca. 55 km darstellte.

Hinsichtlich der Erlangung größter Schleunigkeit war diese Leitung alternativlos, denn per Kutsche ab Hessen hätte es sicher einen Tag länger gedauert.

Bayern bekam für den Transit des Briefes nichts, weil portofreie Dienstbriefe selbstverständlich keine inneren Transitkosten nach sich ziehen konnten (wer hätte die auch zahlen sollen?).

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 19.02.2020 10:44:07 Gelesen: 9829# 21 @  
Liebe Freunde,

was macht ein Schwabe in Griechenland, wenn er in seine Heimat, hier: Stuttgart, zu schreiben hatte? Richtig, er spart zuerst einmal Geld.

So ging es auch der Firma Fels & Co. in Patras, etwa 200 km westlich von Athen, als man am 15.9.1862 bzw. 24.9.1862 (julianischen Kalender beachten, den gab es nicht nur in Russland damals!) einen Brief an die lieben Eltern schickte, der wohlfeil bleiben sollte.

Mithin war er nicht der örtlichen Post aufzugeben, sondern wurde per Boot nach Triest geschmuggelt, wo er am 6.10.1862 mit einer 15 Neukreuzer - Marke frankiert für den DÖPV über 20 Meilen unter 1 Loth korrekt versehen nach Stuttgart geschickt wurde.





Wer hats erfunden? Nein, nicht die Schweizer, wie in der Werbung, sondern siegelseitig sehen wird den Firmenstempel der Firma Loessl, Kist & Co. in Triest(e).

Der Postenlauf war nun Triest - Wien - Salzburg - München - Augsburg - Ulm - Stuttgart, wo er am 9.10. mit der 1. Distribution (Verteilung der Briefträger) zugestellt wurde (dem Canzleirath Eating beim Königl. Ministerium des Inneren).

Für 2 BP$ (Bernatzsche Pizza Dollar) war mir noch nie ein Brief aus Griechenland mit Briefschmuggel in Kabinettqualität über Bayern angeboten worden und so freue ich mich sehr, diesen meiner kleinen und unbedeutenden Transitsammlung Bayern - Österreich beilegen zu können. Ich hoffe, es kommen noch viele weitere dazu.

Für die, die wie ich immer das Porto gegenrechnen, um zu erkennen, wieviel der Brief bei regulärer Postaufgabe gekostet hätte, hier die "Hard facts":

9 + 18 Kreuzer rheinisch = 9 Kreuzer rheinisch (15 Nkr.) für die Postvereinsstrecke und 18 Kreuzer rheinisch (30 Nkr.) für den österreichischen Lloyd ab 1858 bis 31.10.1866).

Also satte 18 Kr. rheinisch = 30 Neukreuzer gespart, so dass der Brief letztlich nur ein Drittel kostete, wenn man gerissen und schlau war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bignell Am: 19.02.2020 19:00:15 Gelesen: 9807# 22 @  
@ bayern klassisch [#21]

Lieber Ralph,

Gratulation zu diesem tollen Stück, der wär für 5 BP$ noch billig gewesen. Einen solchen aus Griechenland hab ich auch noch nicht, sag dem Schwaben, er soll noch ein paar losschicken. :)

Liebe Grüße, harald
 
bayern klassisch Am: 19.02.2020 19:19:17 Gelesen: 9801# 23 @  
@ bignell [#22]

Lieber Harald,

ja, würde ich gerne, aber ins Jahr 1862 nach Patras zurück zu reisen ist aus physikalischen Gründen (Zeitpfeil unumkehrbar) leider nicht mehr möglich.

Freuen wir uns, dass es solche Stücke überhaupt noch gibt, dazu zu moderatem Preis. Ich wünsche dir den Nächsten zu erhaschen.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bignell Am: 19.02.2020 20:14:02 Gelesen: 9795# 24 @  
@ bayern klassisch [#23]

Physik und Zeitpfeil, gilt das überhaupt noch im Zeitalter der alternativen Fakten? Naja nächstes Jahr tritt Donald Trump aus der Physik aus, und dann wird's möglich gemacht. ;)
 
bayern klassisch Am: 19.02.2020 20:28:49 Gelesen: 9791# 25 @  
@ bignell [#24]

Dann wäre der gute Donald da, wo Frau Merkel schon lange ist. :-)

Liebe Grüsse,
Ralph
 
bayern klassisch Am: 13.03.2020 09:36:48 Gelesen: 9653# 26 @  
Liebe Freunde,



wer erkennt die Besonderheit(en) dieser beiden Briefe aus 1851 von Nürnberg und Leipzig nach Wohlen in der Schweiz? Jede Meinung ist interessant, nicht jede wird immer stimmen. Egal, nur Mut.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 27.08.2020 20:43:44 Gelesen: 9066# 27 @  
Liebe Freunde,

zum moderatem Preis wollte ich den nicht liegen lassen, zumal er recht "farbig" daher kommt.





In Berlin am 8.8.1866, also kurz nach dem Krieg, wurde ein barfrankierter Brief aufgegeben an den bekannten Strohwarenhersteller Isler in Wohlen im Aargau in der CH. Der Absender zahlte 3 Silbergroschen bis zur Grenze Baden - Schweiz und 1 Sgr. Weiterfranko für die Schweiz.

Die badische Bahnpost bekam ihn am Folgetag in die Finger, überprüfte alles (Gewicht, Distanz usw.) und notierte - nichts. Die CH schrieb 10 f für 10 Rappen Weiterfranko von Baden erhalten auf den Brief.

Briefpapier graublau, Aufgabestempel grün, Absenderstempel blau, 3 in rotem Stift, 3 / 1 in Rötel und / 10 f in blauer Kreide - viel mehr geht wohl kaum.

Der Absender hatte notiert, dass der Brief am 8.7.1866 verfasst worden war (auch ein 2. Mal dieses Datum auf den Brief aufgesetzt), aber ich denke, dass er sich im Monat vertan hatte. Kann ja mal vorkommen ...

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 29.10.2020 10:20:01 Gelesen: 8685# 28 @  
Liebe Freunde,

folgendes Auktionsstück konnte ich mir schnappen und es ist ein postgeschichtlich ganz Besonderes:





Das Polizei - Commissariat in Mainz sandte am 2.5.1865 einen Dienstbrief (D.S. = Dienst - Sache) portofrei an den kaiserlichen Unterpräfekten nach Wissembourg im Elsaß. Thurn und Taxis hatte in seinem Postvertrag mit Frankreich keine Kennzeichnungspflicht für Dienstbriefe eingeführt.

Die Austauschpoststellen Frankreichs für TT waren Forbach und Strasbourg, wenn diese Briefe aus dem Süden des TT - Postbezirks kamen und, aber nur dann, wenn sie nach Wissembourg und der näheren Umgebung spediert werden sollten, auch der eigentlich lokale Paketschluß Wissembourg. Da TT kein Interesse hatte, seine Postsendungen im offenen Transit durch die Pfalz zu leiten, griff das übliche Verfahren, die taxische Korrespondenz in geschlossenen Briefpaketen nach Wissembourg, Forbach bzw. Strasbourg zu leiten, was man regelmäßig am Fehlen jeglicher Transitstempel leicht ersehen kann.

Aber wenn den so war, und davon dürfen wir getrost ausgehen, wie kamen dann 2 Abschläge des bayerischen Stempels B.S.P. = Baviére Service Public = Bayern Dienstsache auf diesen Brief, den bayer. Postbedienstete nie gesehen haben?

Meine Vermutung ist die, dass in Wissembourg solche Stempel nicht zur Nachstempelung verfügbar waren und beiden Postverwaltungen war viel daran gelegen, diese Briefe nicht mit Porto belegen zu lassen.

Aber die Farbe des Aufgabestempels von Mainz und der B.S.P. - Stempel sieht verdächtig ähnlich aus, ja fast identisch. Wäre es also möglich, dass für Dienstbriefe aus Mainz und Umgebung die taxische Post einen bayerischen Stempel führte? In Bayern hatten nur Poststellen einen B.S.P. - Stempel, die in unmittelbarem Austausch mit franz. Eingangsämtern standen, also Bergzabern, Landau, Neustadt an der Weinstraße, Zweibrücken usw..

Ausweislich der Siegelseite sehen wir einen geschlossenen Transit von Mainz - Worms quer über die Pfalz nach Wissembourg, wo man keinen Ankunftsstempel anbrachte, wenn der Brief in Wissembourg selbst verblieb, weil man annahm, dass dafür der Vertragsstempel Bavière - Wissembourg dienen sollte.

Gerne lese ich Meinungen zu diesem Stück und attestiert von Herrn Sem ist es auch.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
bayern klassisch Am: 12.12.2020 13:18:11 Gelesen: 8266# 29 @  
Liebe Freunde,

heute ein kleiner Knobler aus Trier vom 7.6.1843 über Thurn und Taxis und Bayern nach Wien. Der Absender bezahlte 5 1/2 Groschen bis zur bayer. Eingangsgrenze in Aschaffenburg. Der Laufweg war Trier - Koblenz - Frankfurt am Main - Aschaffenburg.



Bayern bekam für seinen Transit 12 Kreuzer rheinisch und nun lief er über Nürnberg, Regensburg nach Passau. Nach Übergabe des preussischen Briefepakets hatte Österreichs Post die Aufgabe, den bayer. Transit und das Inlandsporto auszurechnen, was man damals mit lila Tinte machte. Dort lese ich zuerst 14 / 12, also 14 Kreuzer CM für Bayerns Transit und 12 Kreuzer CM als Inlandsporto (Tarif vom 15.3.1843). Aber die Addition dieser Beträge hätte ein Ergebnis von 26 Kreuzern ergeben - hier kam man aber auf 36 Kreuzer unzweifelhaft.

Wenn man genau hinschaut, könnte man meinen, die oben stehende 14 wäre mit schwarzer Tinte vorne auf 24 verändert worden, was die Rechnung 24 + 12 = 36 zwar stimmig macht, aber nicht zu den Gewichten und vertraglichen Vergütungen passt.

Ausweislich der Siegelseite kam der Brief am 13.6. in Wien an - dafür, dass er nicht den kürzesten Weg (über die bayer. Pfalz!) nahm, und nur mit der Kutsche transportiert wurde, ein gutes Ergebnis.

Liebe Grüsse von bayern klassisch

Wer eine (bessere) Erklärung für die "14" bzw. "24" Kreuzer CM hat, darf das gerne hier kundtun.
 

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