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Thema: (?) (617) Italien 15. und 16. Jahrhundert: Briefe übersetzen
bignell Am: 16.02.2017 21:06:03 Gelesen: 7251# 1 @  
Italien 1585

Liebe Freunde,

kann jemand die Adresse entziffern?



Il molto Mag. ? et padre mio
??? off.mo il ? Vicario

Vicario (italienisch: Vikar), Padre (Pater/Vater) zeigt den kirchlichen Zusammenhang, aber woher kam der Brief, wohin ging er?



Vielen Dank,
harald
 
Saguarojo Am: 17.02.2017 09:36:15 Gelesen: 7208# 2 @  
@ bignell [#16]

Hallo,

ich glaube kaum, dass Dir hier jemand helfen kann.

Mein Vorschlag wäre, mal einen Urlaub in einer größeren Stadt in Italien zu verbringen, ein Stadtarchiv aufsuchen und einem Archivar diesen Brief vorlegen. Meistens können diese solche Schriften lesen.

Viel Erfolg und Grüße

Joachim
 
fogerty Am: 17.02.2017 16:31:32 Gelesen: 7177# 3 @  
@ bignell [#16]
@ Saguarojo [#2]

Warum denn gleich so pessimistisch! Habe jemanden kontaktiert, der hier sicher einen Teil übersetzen kann.

Will sich dann übers Wochenende zurückmelden.

Grüße
Ivo
 
bignell Am: 17.02.2017 17:56:54 Gelesen: 7164# 4 @  
@ Saguarojo [#2]

Hallo Joachim,

ich bin da wesentlich optimistischer, was die Leute hier im Forum schon alles entziffern konnten ist der Wahnsinn.

@ fogerty [#3]

Hallo Ivo,

vielen Dank und keine Eile.

Lg, harald
 
Max78 Am: 17.02.2017 21:12:16 Gelesen: 7137# 5 @  
Servus Harald,

mein grosses Problem ist, dass ich kein Italienisch kann. :-) Aber ich habe ein bisschen etwas zu lateinischen Abbrevationen dazugelernt. Somit dürfte die "Anschrift" eventuell heissen:

Al molto Magnifico Signore et Padrone mio cemti. ? [ggf. ähnlich sempre] ossevandissimo il Signore Vicario.

Auf der zweiten Seite lese ich unten: Stefano Tonello curato d' Vestie, das dürfte bedeuten: Stefano Tonello, (Hilfs-)pfarrer von Vieste.

Inhaltlich geht es glaube ich um eine Frage (Erlaubnis) zu einer Beerdigung eines Bürgers aus der Stadt Spoleto. Da ich wie gesagt überhaupt kein Wort Italienisch verstehe, habe ich bis zu diesem Punkt transkribiert, ist aber vage:

Questa sara per salutando et afieme [ggf. asieme, Zeichen?] quanto mi occorre ?? essere morto un(o) putto (frutto?) d' uno cittadino di Spoleto quale sarebbe dessiderato darti seppultura dentro alla mia chiesa, et percte' e' [? ggf. perdere] una proibitione del visitatore appostolico ...

Sehr viele Worte sind verkürzt dargestellt, wenn sich aber ein italienischsprechendes Mitglied meldet, eventuell kommt ja dann was SINNVOLLES dabei heraus. Soweit dürfte aber das Jahr bestätigt, Verfasser und Empfänger klar sein.

Um zu zeigen wie solch Abkürzungen gedruckt aussehen, hier ein Beispiel:



Eine von vielen Abkürzungszeichen in dieser Schrift ist das p mit der Schlaufe. Je nach Alter kann das "per" oder "pro" bedeuten, daher auch wieder nur vermutet: perillatore, was eigentlich per il latore = für/ durch den Träger heisst:



Grüße Max
 
bignell Am: 17.02.2017 21:56:55 Gelesen: 7122# 6 @  
@ Max78 [#5]

Hallo Max,

ich kann verdammt gut italienisch essen, mit dem Verstehen haperts leider auch ;)

Vieste klingt gut, das könnte passen. Wenn ich Dich recht verstehe meist Du als Empfänger den Vikar von Spoleto, den der Pfarrer um Erlaubnis für die Beerdigung bittet - klingt schlüssig.

Vielen Dank,
harald
 
Max78 Am: 17.02.2017 22:08:43 Gelesen: 7116# 7 @  
@ bignell [#6]

Das ist eine gute Frage, dazu müsste man sich erst mal klar werden, was in dieser Region, zu dieser Zeit die Aufgabe eines "Vicario" und die Aufgabe eines "Curato" war. Im heutigen Sinne würde man da ja nicht unbedingt unterscheiden. Könnte auch sein, dass es um den "Vorgesetzen" ging, der ebenfalls in Vieste ansässig war (hier muss ich noch das Wort "osservandissimo" verbessern (mein Hochverehrtester), er spricht auch von Padrone, also Dienstherr/Chefe/etc.)

Man müsste sich geschichtlich mit der Thematik auseinandersetzen oder den kompletten Text nach weiteren Hinweisen durchsuchen. Der Schreiberling spricht auf jeden Fall von "seiner Kirche", eine von vielen in Vieste?

herzliche Grüße Max
 
fogerty Am: 18.02.2017 07:45:21 Gelesen: 7071# 8 @  
@ Max78 [#5]
@ bignell [#6]

Ja, stelle fest, man ist hier auf dem richtigen Weg! Hier nun die Antwort meiner "Fachfreundin":


Hallo Ivo,
anbei der Brief. Eine Abkürzung am Ende habe ich nicht entziffern können, aber es ist ein Titel/Anrede! Das ist was ich so auf die schnelle machen konnte - Inhalt in Kurzform: Der Kurat Stefano Tonello schreibt dem Vikar wegen einer Bestattung eines jungen Bürgers aus Spoleto. In der Kirche aber ist das vom apostolischen Visitator verboten worden und der Kurat berichtet das dem Vikar.
Glg, Martina



Dies mal in aller Kürze.

Grüße
Ivo
 
fogerty Am: 18.02.2017 11:08:13 Gelesen: 7043# 9 @  
Hier noch der gesamte Originaltext:


1 Al molto magnifico signore et padre mio

2 eminentissimo osservandissimo il signore vicario

1 Questa sara per salutarlla et abierne quanto me occorre per essere

2 morto uno putto d’uno cittadino di Spoleto quale sarebbe

3 dessideroso darli seppoltura dentro alla mia chiesa et

4 perchè è una proibitione dal visitatore appostolico che

5 nessuno possa seppellire dentro che prima si faccia il

6 tumolo io non l’ho voluto farne niente senza il consenso

7 di vostra signoria. Siete piacendoli per illatore (jemand der Nachricht bringt) mi avisi et grate

8 facendolo me fare grande contento. Non essendo per altro

9 umilissimente gli bascio la mane. Di Vieste il di

10 ultimo di septembris 1585. Laudabilis illustratissimo ser.....

Dominus vostro signore magnifico

Dominus Stefano Tonello curato di Vieste.

Grüße
Ivo
 
bignell Am: 18.02.2017 12:09:29 Gelesen: 7037# 10 @  
@ fogerty [#8]

Hallo Ivo,

bitte Martina meinen herzlichsten Dank bestellen, das ist grossartig.

Vielen Dank,
harald
 
fogerty Am: 18.02.2017 21:03:21 Gelesen: 7003# 11 @  
@ bignell [#10]

Ich glaube, eine Frage war noch offen !

---

Hoi Ivo,
hier eine kleine Erklärung der beiden kirchlichen Funktionen. Sie waren im 16. Jahrhundert nicht viel anders als heute. In dem Brief schreibt der Kurat wohl dem Bischofsvikar bzw. einem Kapitularvikar.

Glg und bis bald,
Martina

Kurat (von lateinisch cura, „Fürsorge“ oder auch „Pflege“) ist ein alter kirchenrechtlicher Titel und bezeichnet in der katholischen Kirche einen Geistlichen der mit eigenem Seelsorgebezirk (Kuratie) betraut ist. Kuraten sind, wenn das Recht nichts anderes bestimmt, den Pfarrern gleichgestellt (can. 516 § 1 CIC). Auch wenn eine Kuratie streng kirchenrechtlich keine Pfarrei ist. Früher war es aber oft so, dass der Kurat den Pfarrer in seiner Tätigkeit unterstützt (Verwaltung, Sakramentenspendung, Predigt, Seelsorge usw.) und war einem Kaplan gleichgestellt. Meistens war der Kurat ein Priester, der innerhalb einer Pfarre eine eigene Kirche übertragen bekommen hatte und dort alle Funktionen eines Pfarrers ausübte. Im 16. Jahrhundert war das oft so!

Vikar ist allgemein ein Stellvertreter. Dazu zählen auch der Papst (Stellvertreter Jesu Christi), die Apostolischen Vikare, die Generalvikare oder Pfarrvikare. Der Begriff Kaplan ist abgeleitet vom lateinischen "capellanua".

Der Begriff Vikar stammt vom lateinischen "vicarius" und bedeutet "Stellvertreter". Die Stellvertretungsämter können dauernd oder nur vorübergehend ausgeübt werden.

Bischofsvikar: Der Bischofsvikar ist der Vertreter des Diözesanbischofs für einen bestimmten Bereich der Seelsorge oder territorialen Bereich der Diözese.

Kapitularvikar: Nach altem Kirchenrecht vorübergehender Leiter einer Diözese bei Erledigung des bischöflichen Stuhls. Das Amt entspricht heute in etwa dem des Diözesanadministrators.


---

So, ich glaube, damit wäre alles beantwortet.

Grüße
Ivo
 
Max78 Am: 19.02.2017 11:05:08 Gelesen: 6951# 12 @  
Moin Ivo,

ich denke, Du bist da nah dran und ihr habt das gut ausgeführt. Allerdings würde ich die Sätze " das ist im 16. Jhr oft so gewesen!" und "ich glaube damit wäre alles beantwortet." anders formulieren. Schliesslich befindet man sich hier nicht in der Gegenwart oder kurz nach der Gleichschaltung im 3. Reich. Was 1585 in Vieste so geregelt wurde konnte 20 km nördlich schon ganz anders aussehen. Wikipedia halte ich zwar für eine gute Quelle, wenn es darum geht, grobes fundiertes Wissen zu bekommen, spezifisch gesehen haben sich damit aber schon einige vertan. Man kann es mit dem Michel-Gesamtkatalog vergleichen, der einem Spezi höchstens als Orientierung dienen kann.

Die tolle Ausarbeitung Deiner Freundin ist wirklich interessant. Hier würde mich noch interessieren, ob Sie sich wirklich sicher ist mit dem Wort "padre". Es macht für mich, obwohl ich kein italienisch kann, so keinen Sinn. Die Abbrevation wäre hier absolut sinnlos, da alle 5 Buchstaben zu lesen sind (mit dem ansonsten steil geschriebenen "n" könnte die Endung "re" oder "ne" bedeuten). Ich kenne z. B. die Abbrevation p. re = padre. Stecken vielleicht 2 Worte dahinter, z.B. padre ... oder bedeutet es doch padrone ?

So wie ich Harald kenne, wird wohl die Frage, welchen Weg dieser Brief genommen hat, am wichtigsten sein. Leider kann man das an dem Geschriebenen immer noch nicht festmachen. Eine Institution im postalischen Sinne gab es zu jener Zeit ja noch nicht, aber es gibt sehr wohl Zeichen, die Art und Weise einer Übermittlung bezeugen können, so z. B. ein Dreieck (kopfstehend oder normal), ein angedeuteter Galgen, der dem Übermittler sagen sollte: pass ja auf! oder doppelte Kreuze für die Überbringung per "Eilpost" (Reiterschaften des Militärs).

Wie gesagt danke für die Ausführung, mit Grüssen Max

PS: eventuell erzählt eine vergrösserte Darstellung des Abdrucks vom Sigel noch etwas.
 
fogerty Am: 19.02.2017 17:50:11 Gelesen: 6920# 13 @  
@ Max78 [#12]

Hallo Max,

bin zwar jetzt hier nicht der Fachmann, dafür aber schon im Italienischen kundig. Die Anrede padre einem Priester gegenüber ist auch heute noch üblich! Deshalb ergibt es, für mich jedenfalls, schon einen Sinn. Einen Kirchenmann als padrone zu bezeichnen wäre mir jedenfalls neu.

Grüße
Ivo
 
Max78 Am: 19.02.2017 19:34:43 Gelesen: 6909# 14 @  
Lieber Ivo,

ich habe nicht gemeint, dass es inhaltlich keinen Sinn macht, NATÜRLICH tut es das. Ich meinte nur die Abkürzung nicht nachvollziehen zu können und hoffe, dass meine Frage deutlich formuliert war, schließlich weiss ich es ja nicht. Es wäre bezüglich des Empfängers wichtig. Wenn man sich z. B. vorstellt, dass der Hilfspfarrer dem Pfarrer der selben Kirche ein Nachricht sendet, dann kann er das auch mündlich während der Vesperpause machen. ;-) Die Abbrevationen haben eine klare Funktion, die genaue Titulierung spielt also eine wesentliche Rolle.

Wenn einem etwas neu ist, schaut man am besten zurück (oder kreiert sich sein eigenes Süppchen, was manchmal auch nicht schlecht ist. :-) Dass das Wort Padron oder Padrone auch bei den Geistlichen eine Rolle spielte, zeigt folgende Seite (aus dem Jahre 1740). So ganz von weltlichen Aufgaben konnte man sich ja doch nicht trennen, schließlich musste hier z. B. ein Begräbnis organisiert werden, was allein durch beten nicht zu machen war:



siehe z. B. an einen Pfarrherren.

herzliche Grüße Max
 
bignell Am: 19.02.2017 20:11:50 Gelesen: 6891# 15 @  
@ fogerty [#13]
@ Max78 [#14]

Hallo Ivo, hallo Max,

vielen Dank für Eure Informationen, da hab ich wieder was gelernt. Witzigerweise seh ich das wie Ivo, padrone hätte ich doch eher ausgeschlossen, aber auf dem rechten Scan von Max, rechts unten taucht padrone ganz explizit auf. Aber vielleicht denke ich bei padrone zuerst an nicht legale italienische Organisationen, und das führt mich aufs Glatteis.

So wie ich Harald kenne, wird wohl die Frage, welchen Weg dieser Brief genommen hat, am wichtigsten sein.

Fast. Die wichtigste Information für mich ist immer wer an wen warum (die Geschichte dahinter) geschrieben hat. Von wo und wohin ist für mich deshalb interessant, weil das meist zur Ermittlung "wer an wen" relevant ist.

Lg, harald
 
bignell Am: 13.05.2017 12:34:09 Gelesen: 6672# 16 @  
Brief 1463 von Doge Christoforo Moro an seinen Castellan

Liebe Freunde,

ich würde wieder Eure Hilfe bei der Transkription eines Briefes benötigen.



Absender ist der Doge Christoforo Moro [1] somit dürfte der Brief aus Venedig stammen.

Anschrift:



Nobili et Sapienti Viro Castellano Minoto Potestan et Capitaneo Justinopolis

Danach folgt ein Zeichen das ich nicht deuten kann:



Der Text selbst ist für mich teilweise gut lesbar, teilweise nicht:



Chrystophorus Mauro: dei gra dux venetia Nobili et Sapienti Viro Castellano minoto: do suo Mandato potestatia
Capitaneo Justinopolis, fideli dilecto, salutem, et dilectionis affectum. Attentis nouientibus p Michaelem filum Nicolay, de gra??is de pirano
aduertus subditos M ?? ??? ac subditos m?o? portular qbus domos combust necat aratia copu ac molendu?a de?ixit con =
honorem mei dny ?icuti plamuis ?oribitis Mandamus volas cum meo consilio Rogator a dextiro modo curare et ???
debeatis de habendo ??? michaele quem sub bona custodia aduocat mei co?s muta?s si ??ro alibi e??et ita ? cum habere no
possetis ei notificari fr??tis, q subito ad mei dny patiam ?e confere debeat

Signatur ohne Unterschrift, an den Löchern im Seitenrand sieht man, dass der Brief mit einem Siegel an einer Schnur "unterzeichnet" worden sein dürfte.



Dat? ?? m?o ducali palatio dre xviiii julii indict? x? mcccclxiii

Ich würde mich über jede Klarstellung / Korrektur sehr freuen.

Vielen Dank, harald

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Cristoforo_Moro
 
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