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Thema: Sütterlin und andere Schriften - wer kann das lesen ?
Das Thema hat 3369 Beiträge:
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evwezel Am: 10.03.2024 18:23:31 Gelesen: 3030# 3345 @  
@ Koban [#3344]

Guten Abend Koban,

das ist ein Volltreffer! Wie konnte ich das übersehen?! Es ist so einfach wenn man es weiß.

Vielen Dank für diese Lösung!

Emiel
 
volkimal Am: 10.03.2024 18:49:54 Gelesen: 3023# 3346 @  
@ evwezel [#3343]

Hallo Emiel,

nur ein paar Kleinigkeiten:

Waldlager, den 5.8.16.

Liebe Josefine & Gertrud!

Mit vielen herzlichen
Dank erhielt ich den lieben
Brief von Josefine & habe
daraus ersehen, dass Ihr Euch
auch die wohlverdiente Erho-
lung gegönnt
habt. Möge
die Kur recht gut auf Euch
einwirken, auf dass Ihr
gestärkt demnächst wieder
der Heimat zusteuern könnt.
Mir geht es G.s.D.[1] den Verhält-
nissen entsprechend ganz gut
& muss man schon sehen, wie
man sich durchschlägt. Gestern
war ich bei meinem Kamera-
den in Romagne & traf ich
dort auch Wilh. Kirschkamp[2]
an. Auch diese Protektion

Romagne passt sehr gut. Es kommen aber gleich 2 Orte in Frage: Romagne-sous-Montfaucon oder Romagne-sous-les-Côtes. Beide sind ca. 30 km von Verdun entfernt.

Seite 2
wie auch alle andere habe ich
ihm besorgt & weiss er vor Freude
& Dankbarkeit kaum Worte
zu finden, wenn ich mit ihm
zusammen komme. Einige
gemütliche Stunden haben wir
zusammen verbracht & will
er mich demnächst aufsuchen
kommen. Beim Kerzenlicht
sitze ich augenblicklich & schrei-
be; der Regen prasselt in Strö-
men auf mein Pappdach & musste
ich an zwei Stellen eine leere
Conserven Büchse unterstellen
da es nicht mehr ganz wetter-
fest ist. Nun morgen wird
mit meinem Neubau begon-
nen & gibt es eine gemütliche
& vor allem eine dem Winter
entsprechende Bude. Arbeit



Seite 3
gibt es noch in Hülle & Fülle[3]
& brauche ich nicht über Lang-
weile zu klagen. Heute Abend hatte
ich ein Festessen, da ich vorgestern
einen Hasen erlegt[4] hatte &
ist es eine recht willkommene
Abwechselung wenn man ausser
der Portion noch etwas zuzusetzen
hat. Dass Heinrich das E.K.[5]
erhalten hat, habt Ihr sicher-
lich schon von zu Hause gehört &
hat es mir auch sehr viel
Freude gemacht. Sonst
wüsste ich heute nichts
von Bedeutung mitzuteilen.
Zudem ich Euch recht gute
Erholung wünsche bin
ich mit herzlichem Gruße
Euer tr. Bruder
Karl

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 10.03.2024 20:56:54 Gelesen: 2998# 3347 @  
@ volkimal [#3346]

Hallo Volkmar,

ich bedanke mich wieder ganz herzlich für Deine Korrektur! Vermutlich wird mit dem Dorf Romagne "Romagne-sous-les-Côtes" gemeint. Siehe auch https://www.morthomme.com/romagne.html

Karl erzählt in seinem Brief über Wilhelm Kirschkamp, der als Gefreiter beim Reserve Fußartillerie-Regiment Nr. 9 tätig war.



Dieses Regiment befand sich z.Zt. tatsächlich in der Nähe von Verdun, aber leider kann ich nicht überprüfen ob es sich August 1916 auch in Romagne-sous-les-Côtes befand.

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 11.03.2024 16:29:35 Gelesen: 2900# 3348 @  
Liebe Sammlerfreunde,

meiner Erfahrung nach, enthalten Feldpostbriefe häufig mehr Drama wie eine Seifenoper. Ich zeige Euch heute einen Brief von einem Unteroffizier im Ersten Weltkrieg, geschrieben am 10. September 1915. Er hat gerade eine Nachricht von seiner Mutti empfangen. Sie beklagt sich darüber, dass Karl das Geld zum Fenster rauswirft. Außerdem kann Mutti nicht mehr schlafen, weil sie sich Gedanken macht über die Liebeseskapade ihres Sohnes. Was hat Karl mit seiner Freundin Thresi in Köln ausgefressen? Auf der ersten Seite fehlt mir übrigens noch ein Wort. Viel Spaß beim Lesen!

Emiel

---
Seite 1

Stenay, den 10.September 15

Meine liebe Josefine!

Entschuldige bitte vielmals,
dass ich solange von hier nicht mehr geschrieben
habe, aber recht gerne hätte ich es schon getan
wenn man die nötige Zeit dazu gehabt hätte.
Wenn die Zeit da ist, greife ich natürlich zu-
erst die Feder für meine liebe, gute Thresi & hab(e)
ich in den Briefen auch das (…) von
meinen Erlebnissen mitgeteilt. Ja, manchmal
hat es mir seit unser letztes Wiedersehen hart
am Kragen(?) vorbeigegangen[1] & danke ich den
lb. Gott vielmals, dass er mich so glücklich bis
jetzt noch erhalten hat. Ja, lb. Josefine man
lebt hier nicht nur im Sorge um die Lieben
zu Hause, sondern bekommt auch noch Briefe
von zu Hause wie soeben von Mamma der
auch schwer drückt & gekränkt hat. Erstens
schrieb sie, hätte sie sich eine unruhige Nacht
angetan, weil Pappa mich mit Thresi in Cöln
an dem Morgen allein gelassen hätte. Liebe
Josefine ich bitte Dich an, hältst Du das für
möglich. Eine solche reine, wahre Liebe wie
wir zwei haben, gibt es überhaupt nicht
& ist mir nie der Gedanke gekommen mich auch
nur ehrer zu Schulden kommen zu lassen.

Seite 2

Es waren für uns beide glückliche ja
sehr glückliche Stunden & werde ich sie nie in
meinem Leben vergessen. Dann schrieb Mama
wegen Geld. Du weist es ja genau so wie ich, dass
ich meine Ehre darin lege alles was ich eben
missen kann, nach Hause zu schicken & schmerzte
es mich sehr, solches zu hören. Dass wir hier
auch Ausgaben haben, ist selbstverständlich
& hab‘ ich mich in Coblenz bei meinem Schneider
gleichzeitig für den Winter gedeckt. Anbei eine
kleine Aufstellung von diesem Monat & hat
Vater in Cöln ja selbst gesehen, was das
Leben draussen kostet. Ich sag‘ Dir dass ich
heute den ganzen Tag nichts wert bin & hab‘ ich
meinem Herzen einmal freien Lauf gelassen,
indem ich mich einmal ordentlich ausgeweint
habe. Ich weiss ja, Mutter meint es nicht so,
aber ich sage Dir für einen denkenden & fühlen-
den Menschen ist es hart wenn man solche
Zeilen in diesen harten Zeiten lesen muss.
Nun genug! Ich möchte an dieser Stelle nicht
versäumen Euch allen, besonders Dich vielmals
zu danken für all‘ die Aufopferung & Liebenswür-
digkeit die Ihr meiner lieben Thresi erwiesen
habt. Hoffentlich macht ihr Euch nicht zu viel
Arbeit, da sie es wirklich nicht wünscht &
ausserdem nicht gemütlich ist.
Nun ich wünsche Euch alles Gute & Beste!

Text auf der linken Seite
Mit herzlichem Gruß und Kuss an Eltern, Geschwistern, meine liebe
(?) Clärchen. Dein treuer Bruder Karl.

[1] Die Redewendung "Hart am Kragen vorbeigehen" kenne ich nicht. Vermutlich habe ich etwas falsch gelesen.


 
Gauss Am: 11.03.2024 17:21:48 Gelesen: 2879# 3349 @  
"Es kostet mir den Kragen" oder "Es geht mir an den Kragen" heißt es geht an mein Leben. Er meint also wohl, er ist knapp mit dem Leben davongekommen (Kragen hier im Sinne von Hals).

Das ?: das Neueste?
 
evwezel Am: 11.03.2024 17:35:14 Gelesen: 2874# 3350 @  
@ Gauss [#3349]

Gut gesehen! "Neueste" muss richtig sein. Vergleich der Anfangsbuchstabe von diesem Wort mal mit dem Anfangsbuchstaben "N" in "unruhige Nacht".

Und jetzt ruft meine Frau zum Abendessen. Ich muss mich beeilen, sonst geht es mir an den Kragen.

Viele Grüße,

Emiel
 
Gauss Am: 11.03.2024 17:51:12 Gelesen: 2862# 3351 @  
Dito. Einen guten Appetit wünsche ich.
 
volkimal Am: 11.03.2024 20:56:02 Gelesen: 2819# 3352 @  
@ evwezel [#3350]

Hallo Emiel,

nur ein paar Kleinigkeiten:

am Kragen vorbeigegangen[1] & danke ich dem
lb. Gott vielmals, dass er mich so glücklich bis
jetzt noch erhalten hat. Ja, lb. Josefine man
lebt hier nicht nur in Sorge um die Lieben

nur etwas zu Schulden kommen zu lassen.

Mit herzlichem Gruß und Kuss an Eltern, Geschwistern, meine Liebe
&
Clärchen. Dein treuer Bruder Karl.

mit "meine Liebe" ist Thresi gemeint.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 12.03.2024 08:31:59 Gelesen: 2737# 3353 @  
@ volkimal [#3352]

Guten Morgen Volkmar,

vielen Dank! Was würde ich überhaupt ohne Dich machen ?

Als Niederländer vergesse ich manchmal, dass bei Verben wie "helfen", "folgen" (und in diesem Feldpostbrief auch das Verb "danken") immer den Dativ benutzt wird ("ich danke dem Gott"). Zum Beispiel, ein Satz wie "Ich glaube der Lehrerin nicht" sieht für mich komisch aus.

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 12.03.2024 11:09:46 Gelesen: 2707# 3354 @  
Liebe Sammlerfreunde,

heute fahren wir fort mit den Erlebnissen von unserem Unteroffizier Karl im Ersten Weltkrieg. Das Weihnachtsfest 1915 kommt mit grossen Schritten näher und auch Karl stellt eine Wunschliste auf. Am Ende seines Briefes wird deutlich, dass Karl etwas schmeckvolles für das Weihnachts-Festmal in Gedanken hat (ich entschuldige mich bei den Vegetarier unter Euch)... Auf der ersten Seite fehlt mir noch ein Wort (oder Abkürzung?).

Viele Grüße,

Emiel
---
Seite 1

Stenay, den 10. XII.15.

Liebe Schwester!

Heute Morgen habe ich einen
Brief mit div. Wünschen abgehen lassen;
wenn es eben möglich ist könnt ihr dem
W. mitgeben; vor einigen Tagen schrieb
ich Dir ausserdem dass ich in einem (…) Pa-
ket zwei Batterien & zwei Birnen[1], aber keine
Lampe (ich meine die Hülle an und für sich)
erhalten habe. Heute fand ich nun auch
eine vor & schickt mir daher keine. 1. Stück
Rasierseife & zwei Stück andere Seife dürft
ihr auch noch beifügen da beide fast alle
sind. Sonst wüsste ich augenblicklich wirk-
lich nicht was mir noch fehlte & genügt es
ja auch vollständig wenn es das schon
zu tragen(?) hat. Im Voraus sage ich Euch
allen für die frdl. Besorgung herzlichsten
Dank. Somit befinde ich mich noch
Wohlauf & hoffe dasselbe von Euch allen.
Für heute empfanget nochmals
vielen Dank; mit frdl. Gruß auch an Eltern
& Geschwister bin ich Dein tr. Bruder
Karl

Gerade habe ich mit meinen Burschen Holz
klein gemacht, deshalb die schlechte Schrift.

Seite 2
Sollte ich auch einige Patronen No 00 od. No 0[2]
da haben, bitte ich selbige auch mitgeben
zu wollen! Nochmals frdl. Gruß.

Wie geht es Mutter?


[1] Glühbirnen
[2] Vermutlich werden damit Schrotpatronen gemeint.

---


 
volkimal Am: 12.03.2024 12:11:18 Gelesen: 2696# 3355 @  
@ evwezel [#3354]

Hallo Emiel,
ich lese:

Stenay, den 10. XII.15.

Liebe Schwester!

Heute Morgen habe ich einen
Brief mit div.[1] Wünschen abgehen lassen;
wenn es eben möglich ist könnt ihr dem
W.[2] mitgeben; vor einigen Tagen schrieb
ich Dir ausserdem dass ich in einem Pa-
ket zwei Batterien & zwei Birnen[3], aber keine
Lampe (ich meine die Hülle an und für sich)
erhalten habe. Heute fand ich nun auch
eine vor & schickt mir daher keine. 1. Stück
Rasierseife & zwei Stück andere Seife dürft
ihr auch noch beifügen da beide fast alle
sind. Sonst wüsste ich augenblicklich wirk-
lich nicht was mir noch fehlte & genügt es
ja auch vollständig wenn er [4] das schon
zu tragen hat. Im vorraus sage ich Euch
allen für die frdl. Besorgung herzlichsten
Dank. Somit befinde ich mich noch
Wohlauf & hoffe dasselbe von Euch allen.
Für heute empfanget nochmals
vielen Dank; mit frdl. Gruß auch an Eltern
& Geschwister bin ich Dein tr. Bruder
Karl

Gerade habe ich mit meinem Burschen Holz
klein gemacht, deshalb die schlechte Schrift.

schräg:
wenden

Seite 2
Sollte ich auch einige Patronen No 00 od. No 0[2]
da haben, bitte ich selbige auch mitgeben
zu wollen! Nochmals frdl. Gruß.

Wie geht es Mutter?

[1] diversen
[2] Weihnachtsmann

[3] Glühbirnen
[4] er = der Weihnachtsmann
[5] Vermutlich werden damit Schrotpatronen gemeint.



Das seltsame Zeichen düfte das Pfund-Zeichen (Gewicht) sein. Bei Wikipedia findestr Du es unter https://de.wikipedia.org/wiki/Pfund
Oben habe ich das Symbol eingesetzt, das es für den PC gibt. das geschriebene (rechts) sieht etwas anders aus.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 12.03.2024 12:39:01 Gelesen: 2690# 3356 @  
@ volkimal [#3355]
Hallo Volkmar,

mit dem Pfund-Zeichen liegst Du bestimmt richtig und das hätte ich eigentlich wissen müssen. Siehe auch Beitrag [#1635]. Ich hatte es schon wieder vergessen...

Und mit "dem Weihnachtsmann" macht plötzlich alles Sinn. Diese Lösung hatte ich völlig übersehen. Vielen Dank für Deine Hilfe!

Viele Grüße,

Emiel
 
volkimal Am: 12.03.2024 13:51:10 Gelesen: 2663# 3357 @  
@ evwezel [#3356]

Hallo Emiel,

leider habe ich zu Paketen keine Portotabelle. Ich habe aber irgendwie in Erinnerung, dass Pakete bis zu 1 Pfund im 1. Weltkrieg besonders günstig waren. Vielleicht kann ein anderer von euch dazu etwas sagen.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.03.2024 10:29:18 Gelesen: 2430# 3358 @  
Liebe Sammlerfreunde,

jemand hat mich freundlich darauf hingewiesen, das ich in meinem Beitrag # 3354 die Wörter "schmeckvolles" (schmackvolles) and "Festmal" ("Festmahl") nicht richtig geschrieben habe. Ich entschuldige mich für diese Verletzungen der deutsche Rechtschreibung und vermutlich werden es auch nicht die letzten Fehler sein... Es gibt aber immer Hoffnung auf Verbesserung. Wie mein Lateinlehrer damals schon sagte: „repetitio est mater studiorum“ („Wiederholung ist die Mutter der Studien“). Nun genug darüber.

Ihr kennt inzwischen meine Vorliebe für Feldpostbriefe. Heute zeige ich Euch wieder einen Brief von Unteroffizier Karl, geschrieben am 10. April 1916. In diesem Brief ist mir eigentlich nur ein Wort nicht ganz klar ("Inbelr." ; vermutlich eine Abkürzung). Hat jemand von Euch vielleicht eine Lösung dafür?

Viele Grüße,

Emiel

Seite 1

Waldlager, den 10.IV.16.

Meine liebe Josefine!

Mit vielem herzlichen Dank
erhielt ich Deine lieben Zeilen & habe mit
großem Interesse die Neuigkeiten daraus
erfahren. Zunächst freute es mich sehr, dass
zu Hause alles wohlauf ist. Dasselbe kann
ich auch von mir sagen. Mit großem
Vergnügen las ich weiter, dass Gertrud ein
solch schönes Zeugniss mit nach Hause
gebracht hat; ich gratuliere sie recht
herzlich dazu & werde auch nicht verfehlen[1]
ihr morgen od.[2] in den ersten Tagen einen
Briefchen zu schicken. Inbelr.(?) Josef ist
es ja recht bedauerlich; hoffen wir aber wo
er jetzt die nötige Unterlage hat, dass
er sein Ziel doch noch erreicht. Wielange
ist denn eigentlich Traudchen[3] dort ge-
wesen; kam sie nur um den Onkel
guten Tag zu sagen? Die erfreuliche
Nachricht, dass es dem armen Herrn
so leidlich wieder geht[4], habe ich mit
großem Interesse & Freude gelesen &

Seite 2

mögen ihm noch recht viele glückliche
Stunden vergönnt sein. Lb. Josefine!
Ich habe Euch vor einigen Tagen geschrieben
ihr möchtet mir etwas Butter schicken; ich
habe dabei aber nicht bedacht, dass ihr selbst
kaum welche bekommen könnt.[5] Solltet
ihr sie noch nicht abgeschickt haben, so
lass es nur denn wir werden schon sehen,
dass wir durchkommen. Seit einigen
Tagen ist es hier wieder sehr lebhaft.
Unmenge von Truppen, Kolonnen & Batterien
sind hier durchgekommen & war es die
Nacht ganz schrecklich. Das Glas ist bei
mir aus dem Rahmen gefallen. Sämtliche
Gegenstände die nicht fest hingen(?)[6] lagen auf
der Erde & glich alles einem Wirwarr.
Der Pulvergeruch zieht sich hier bei uns herü-
ber & war es gerade nicht angenehm hier.
Nun, wenn wir nur wieder gesund
wiederkommen, so wollen wir zufrieden
sein & Gott danken.
Für heute sei nochmals ge-
dankt für die frdl. Zeilen; mit herzlichem
Gruß auch an die lb. Eltern & übrigen
Geschwistern bin ich Dein treuer
Bruder Karl

Über deine tadellose Maschinenschrift
habe ich mich gewundert „Lässt sich nichts
zu wünschen übrig.“


[1] versäumen
[2] oder
[3] Kurzform für Gertrud
[4] Es geht ihm wieder leidlich = Es geht ihm wieder einigermaßen gut
[5] Die Versorgung mit Milch, Butter, Eiern und Fleisch brach zeitweise völlig zusammen. Siehe auch https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/alltagsleben/lebensmittelversorgung.html.
[6] Der Punkt steht nicht auf dem i, sondern auf dem n. Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob “hingen” richtig ist.


 
volkimal Am: 13.03.2024 10:52:36 Gelesen: 2418# 3359 @  
@ evwezel [#3358]

Hallo Emiel,

wieder nur ein paar Kleinigkeiten:

Meine liebe Josefine!

Mit vielem herzlichen Dank
erhielt ich Deine lieben Zeilen & habe mit
grossem Interesse die Neuigkeiten daraus
erfahren. Zunächst freute es mich sehr, dass
zu Hause alles wohlauf ist. Dasselbe kann
ich auch von mir sagen. Mit grossem
Vergnügen las ich weiter, dass Gertrud ein
solch schoenes Zeugniss mit nach Hause
gebracht hat; ich gratuliere sie recht
herzlich dazu & werde auch nicht verfehlen[1]
ihr morgen od.[2] in den ersten Tagen einen
Briefchen zu schicken. Inbelr.(?) Josef ist
Bei "Inbelr" bin ich mir nicht ganz sicher. Mir fällt aber keine Bedeutung dafür ein.
es ja recht bedauerlich; hoffen wir aber wo
er jetzt die nötige Unterlage hat, dass
er sein Ziel doch noch erreicht. Wielange
ist denn eigentlich Traudchen[3] dort ge-
wesen; kam sie nur um den Onkel
guten Tag zu sagen? Die erfreuliche
Nachricht, dass es dem armen Herrn
so leidlich wieder geht[4], habe ich mit
grossem Interesse & Freude gelesen &


Seite 2

mögen ihm noch recht viele glückliche
Stunden vergönnt sein. Lb. Josefine!
Ich habe Euch vor einigen Tagen geschrieben
ihr möchtet mir etwas Butter schicken; ich
habe dabei aber nicht bedacht, dass ihr selbst
kaum welche bekommen könnt.[5] Solltet
ihr sie noch nicht abgeschickt haben, so
lass es nur denn wir werden schon sehen,
dass wir durchkommen. Seit einigen
Tagen ist es hier wieder sehr lebhaft.
Unmenge von Truppen, Kolonnen & Batterien
sind hier durchgekommen & war es die
Nacht ganz schrecklich. Das Glas ist bei
mir aus dem Rahmen gefallen. Sämtliche
Gegenstände die nicht fest hingen [6] lagen auf
der Erde & glich alles einem Wirrwarr.
Der Pulvergeruch zieht sich bis bei uns herü-
ber & war es gerade nicht angenehm hier.
Nun, wenn wir nur wieder gesund
wiederkommen, so wollen wir zufrieden
sein & Gott danken.
Für heute sei nochmals ge-
dankt für die frdl. Zeilen; mit herzlichem
Gruße auch an die lb. Eltern & übrigen
Geschwistern bin ich Dein treuer
Bruder Karl

Über deine tadellose Maschinenschrift
habe ich mich gewundert „Lässt sie nichts
zu wünschen übrig.“


[1] versäumen
[2] oder
[3] Kurzform für Gertrud
[4] Es geht ihm wieder leidlich = Es geht ihm wieder einigermaßen gut
[5] Die Versorgung mit Milch, Butter, Eiern und Fleisch brach zeitweise völlig zusammen. Siehe auch https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/alltagsleben/lebensmittelversorgung.html.
[6] Eindeutig hingen! Der Punkt steht nicht auf dem i, sondern auf dem n. Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob “hingen” richtig ist.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.03.2024 11:20:22 Gelesen: 2411# 3360 @  
@ volkimal [#3359]

Hallo Volkmar,

es erstaunt mich immer wieder, wie schnell Du meine Transkription überarbeiten kannst. Vielen herzlichen Dank dafür! Ich vermute, "Inbelr." ist die Abkürzung eines Wortes, das so etwas bedeutet wie "mit Beziehung auf".

Viele Grüße,

Emiel
 
volkimal Am: 13.03.2024 12:02:47 Gelesen: 2401# 3361 @  
@ evwezel [#3360]

Hallo Emiel,

wie wäre es mit "Inbetr" = "In Betreff" = In Bezug auf"? Der zweitletzte Buchstabe kann durchaus eine "t" sein, wenn ich zum Beispiel "jetzt" ansehe.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.03.2024 13:20:00 Gelesen: 2385# 3362 @  
@ volkimal [#3361]

Hallo Volkmar,

ich denke, Du hast recht. Ich habe nämlich noch einen Feldpostbrief von Karl mit dieser Abkürzung gefunden. Auch hier würde "Inbetr."= "in Betreff" sehr gut passen.

Viele Grüße,

Emiel


Seite 1

Stenay, den 6.XII.15.

Meine lb. Schwester!

Mit vielen Dank
erhielt ich gestern Deinen Brief. Mit
grossem Vergnügen ersah ich daraus, dass
es unserer guten Mutter wieder besser geht
& möge sie recht bald ganz wiederher-
gestellt sein. Dass es im Geschäft au-
genblicklich ruhiger geworden ist, liegt
ja nur an der Jahreszeit & hoffen wir dass
wir nächstes Jahr um diese Zeit den lang-
ersehnten Friede haben, & wollen wir
mit vereinten Kräften uns bemühen, dass
was wir in den Kriegsjahren ein(schnüren?)
mussten, wieder herauszuholen. In Deinem
Brief konnte ich den Namen des betr.
Wirtes nicht lesen, der das Kapital abbe-
zahlt hat; schreibe mir ihn bitte bei
Deinen nächsten Zeilen. Inbetr. Brocker(?)
Frau Wilms nicht hereinlassen. Wenn
auch in der ersten Zeit das Geschäft etwas
geholen wird, sicherlich bleiben wir

Seite 2

bei der auch wieder hängen & fängt
das alte Leid von neuem an. Nun, von
hier aus kann ich es nicht so beurteilen
& hoffe ich, dass ihr schon das Rechte
finden werdet. Dass der Braumeister
nochmal frei gekommen ist, hat mich
gewundert & hoffen wir, dass er auch
für fernerhin als unabkömmlich zu-
rückgestellt wird. L. Schwester! Hier
gibt es wenig Neues & Interessantes. Immer
das Gleiche! Stellungskrieg. Gestern war
ausnahmsweise noch einmal ein heftiger
Artilleriekampf. Eure Paketchen mit
Cognac & das eine mit den zwei
Batterien, 2 Birnen & Cigarren habe ich
erhalten. Fehlte da nicht die eigentliche
Lampe? Nun für heute muss ich
schliessen, da ich noch nach Nantillois[1]
muss.
Haltet Euch alle recht wohl.
Mit herzlichem Gruß auch
an unsere lb. Eltern & Geschwister
bin ich in tr. Bruderliebe Dein
Karl


[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Nantillois


 
volkimal Am: 13.03.2024 13:53:56 Gelesen: 2376# 3363 @  
@ evwezel [#3362]

Hallo Emiel,

der Text und die Bilder gehören nicht zusammen.

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.03.2024 14:00:44 Gelesen: 2373# 3364 @  
@ volkimal [#3363]

Hallo Volkmar,

etwas war schiefgegangen (zwei Feldpostbriefe wurden an demselben Tag geschrieben). Ich versuche es noch einmal.

Viele Grüße,

Emiel

Seite 1

Stenay, den 6.XII.15.

Meine lb. Schwester!

Mit vielen Dank
erhielt ich gestern Deinen Brief. Mit
grossem Vergnügen ersah ich daraus, dass
es unserer guten Mutter wieder besser geht
& möge sie recht bald ganz wiederher-
gestellt sein. Dass es im Geschäft au-
genblicklich ruhiger geworden ist, liegt
ja nur an der Jahreszeit & hoffen wir dass
wir nächstes Jahr um diese Zeit den lang-
ersehnten Friede haben, & wollen wir
mit vereinten Kräften uns bemühen, dass
was wir in den Kriegsjahren ein(schnüren?)
mussten, wieder herauszuholen. In Deinem
Brief konnte ich den Namen des betr.
Wirtes nicht lesen, der das Kapital abbe-
zahlt hat; schreibe mir ihn bitte bei
Deinen nächsten Zeilen. Inbetr. Brocker(?)
Frau Wilms nicht hereinlassen. Wenn
auch in der ersten Zeit das Geschäft etwas
geholen wird, sicherlich bleiben wir

Seite 2

bei der auch wieder hängen & fängt
das alte Leid von neuem an. Nun, von
hier aus kann ich es nicht so beurteilen
& hoffe ich, dass ihr schon das Rechte
finden werdet. Dass der Braumeister
nochmal frei gekommen ist, hat mich
gewundert & hoffen wir, dass er auch
für fernerhin als unabkömmlich zu-
rückgestellt wird. L. Schwester! Hier
gibt es wenig Neues & Interessantes. Immer
das Gleiche! Stellungskrieg. Gestern war
ausnahmsweise noch einmal ein heftiger
Artilleriekampf. Eure Paketchen mit
Cognac & das eine mit den zwei
Batterien, 2 Birnen & Cigarren habe ich
erhalten. Fehlte da nicht die eigentliche
Lampe? Nun für heute muss ich
schliessen, da ich noch nach Nantillois[1]
muss.
Haltet Euch alle recht wohl.
Mit herzlichem Gruß auch
an unsere lb. Eltern & Geschwister
bin ich in tr. Bruderliebe Dein
Karl


[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Nantillois


 
volkimal Am: 13.03.2024 14:55:54 Gelesen: 2332# 3365 @  
@ evwezel [#3364]

Hallo Emiel,

eine Zeile hattest du übersehen:

Stenay, den 6.XII.15.

Meine lb. Schwester!

Mit vielen Dank
erhielt ich gestern Deinen Brief. Mit
grossem Vergnügen ersah ich daraus, dass
es unserer guten Mutter wieder besser geht
& möge sie recht bald ganz wiederher-
gestellt sein. Dass es im Geschäft au-
genblicklich ruhiger geworden ist, liegt
ja nur in der Jahreszeit & hoffen wir dass
wir nächstes Jahr um diese Zeit den lang-
ersehnten Friede haben, & wollen wir
mit vereinten Kräften uns bemühen, dass
was wir in den Kriegsjahren ein(schnüren?)
mussten, wieder herauszuholen. In Deinem
Brief konnte ich den Namen des betr.
Wirtes nicht lesen, der das Kapital abbe-
zahlt hat; schreibe mir ihn bitte bei
Deinen nächsten Zeilen. Inbetr. Brocker
würde ich wenn eben möglich die
Frau Wilms nicht hereinlassen. Wenn
auch in der ersten Zeit das Geschäft etwas
gehoben wird, sicherlich bleiben wir


Seite 2

bei der auch wieder hängen & fängt
das alte Leid von neuem an. Nun, von
hier aus kann ich es nicht so beurteilen
& hoffe ich, dass ihr schon das Rechte
finden werdet. Dass der Braumeister
nochmal frei gekommen ist, hat mich
gewundert & hoffen wir, dass er auch
für fernerhin als unabkömmlich zu-
rückgestellt wird. L. Schwester! Hier
gibt es wenig Neues & Interessantes. Immer
das Gleic he. Stellungskrieg. Gestern war
ausnahmsweise noch einmal ein heftiger
Artilleriekampf. Eure Paketchen mit
Cognac & das eine mit den zwei
Batterien, 2 Birnen & Cigarren habe ich
erhalten. Fehlte da nicht die eigentliche
Lampe? Nun für heute muss ich
schliessen, da ich noch nach Nantillois[1]
muss.
Haltet Euch alle recht Wohl.
Mit herzlichem Gruße auch
an unsere lb. Eltern & Geschwister
bin ich in tr. Bruderliebe Dein
Karl


[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Nantillois

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.03.2024 15:16:00 Gelesen: 2324# 3366 @  
@ volkimal [#3365]

Hallo Volkmar,

es ist unglaublich, dass ich eine ganze Zeile übersehen hatte. Vielleicht wird es Zeit für ein Besuch beim Augenoptiker.

Volkmar, wiederum vielen Dank für Deine Hilfe. Du bist Spitze !

Viele Grüße,

Emiel
 
Parachana Am: 24.03.2024 17:46:18 Gelesen: 393# 3367 @  
Guten Abend,

ich habe hier eine Ansichtskarte aus Bernau die nach Osnabrück geht. Mich würde in der Adresse interessieren was es für eine Fabrik ist.



Danke im Voraus
Uwe
 
Koban Am: 24.03.2024 17:56:44 Gelesen: 392# 3368 @  
@ Parachana [#3367]

Posamenten-Fabrik

Zitat Wikipedia: "Posamente ist eine Sammelbezeichnung für schmückende Geflechte, wie Zierbänder, gewebte Borten, Fransenborten, Kordeln, Litzen, Quasten, Volants, Spitzen aller Art, überzogene Knöpfe und Ähnliches."

Gruß,
Koban
 
Parachana Am: 24.03.2024 18:12:45 Gelesen: 387# 3369 @  
@ Koban [#3368]

Danke für die schnelle und sehr konkrete Antwort. Jetzt weiss ich auch warum ich beim entziffern auf kein Ergebnis kam. Posamentenfabrik ist mir unbekannt.

Wünsche einen schönen Abend
Uwe
 

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