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Thema: Kulturgutschutzgesetz: Für den Erhalt des privaten Sammelns
Das Thema hat 78 Beiträge:
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petzlaff Am: 23.07.2015 16:12:12 Gelesen: 42913# 4 @  
@ Ursula Kampmann [#11]

Liebe Uschi,

ich habe spontan unterschrieben - du weißt ja, dass ich mich seit Jahren auch dem Münzsammeln verschrieben habe, für das diese Petition eher als für Briefmarken relevant ist.

Ich habe vor Jahren bezüglich desselben Themas einen offenen Brief an den damaligen Niedersächsischen Ministerpräsidenten, späteren Bundespräsidenten Christian Wulff geschrieben, mit der Aufforderung, dem bezogenen Gesetz im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern. Die darauf folgende negative Abfuhr hatte ich seinerzeit im Numismatikforum veröffentlicht.

Gruß und Danke, Stefan
 
mljpk Am: 23.07.2015 17:31:11 Gelesen: 42883# 5 @  
Liebe Sammlerfreunde,

bevor ich mich auf Zusammenfassungen in Zweiquellen stütze, würde ich zur Meinungsbildung den aktuellen Referentenentwurf gerne selber lesen. Nur, ich finde ihn nicht. Habt Ihr einen Link zur letzten Fassung? Auf der Seite der Bundesregierung heißt es in einer Richtigstellung vom 10.07.2015, dass der Entwurf in der nächsten Woche auf der Seite der Kulturstaatsministerin Grütters veröffentlicht wird [1]. Nur finde ich den Entwurf dort heute noch nicht. Habe ich nur Tomaten auf den Augen? Bin für jeden Hinweis direkt auf die Quelle dankbar.

Mit besten Sammlergrüßen
Jens

[1] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-10-richtigstellung-kgsg-die_welt.html
 
22028 Am: 23.07.2015 18:53:22 Gelesen: 42839# 6 @  
Ich habe auch schon vor einigen Tagen unterschrieben, man weiß ja nie.
 
Rore Am: 23.07.2015 19:09:42 Gelesen: 42820# 7 @  
Habe fertig.
 
Cantus Am: 23.07.2015 23:20:23 Gelesen: 42739# 8 @  
Ich habe auch unterschrieben, denn man weiß ja nie, wie so ein Gesetz zukünftig tatsächlich gehandhabt wird. Natürlich sollte dem Handel mit Raubkunst und Ähnlichem ein spürbarer Riegel vorgeschoben werden, andererseits gibt es in Ländern wie z.B. Österreich oder Polen heute schon einen starken und amtlicherseits geduldeten oder sogar geförderten Missbrauch solch einer gesetzlichen Regelung, denn dort entscheidet der gerade zufällig zuständige Grenzbeamte im Einzelfall, was er als Kulturgut definiert und daher unmittelbar einziehen darf. So etwas verträgt sich mit meinem Freiheitsgedanken nicht.

Viele Grüße
Ingo
 
0nickyet Am: 24.07.2015 07:40:29 Gelesen: 42693# 9 @  
Guten Morgen,

der Referentenentwurf der Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes bringt eine Beweislastumkehr für Güter mit einem Wert von mehr als 150.000 EUR und einem Alter von mehr als 50 Jahren ins Spiel. In diesen Fällen könnte in Zukunft eine Ausfuhrgenehmigung fällig werden, und zwar auch innerhalb der EU. Bislang ist es so, dass ein Kulturgut auf einer Liste verzeichnet sein muss, damit die Ausfuhrbeschränkung greift. Diese ist nicht nur schwierig zu handhaben - man stelle sich ein jüngst ausgegrabenes Gut der römischen Antike und den bürokratischen Prozess bis zur Aufnahme in die Liste vor, sowie die Gefahr durch die kapitalstarke Sammelwut eines "Investors" - sondern entspricht auch nicht der Auslegung europäischer Verträge.

Da es sich um einen Referentenentwurf handelt - also eine Idee, die noch innerhalb des Bundeskabinetts diskutiert werden muss, bevor sie überhaupt den Bundestagsfraktionen zur Umsetzung in einen Gesetzentwurf übergeben wird - ist er öffentlich überhaupt nicht verfügbar. Alles, was es gibt, sind offizielle Äußerungen der Ministerin, wie etwa hier [1].

Generell sollte betont werden, dass es hierbei um die Zielsetzung geht, öffentliches Kulturgut vor dem Verschwinden in private Sammlungen zu bewahren, und es damit für die demokratische Öffentlichkeit zugänglich zu halten. Briefmarken und Münzen würden zum "öffentlichen Kulturgut" überhaupt erst, wenn jemand seine Sammlung stiftet (z.B. einem Museum vermacht) oder ein übergeordnetes Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit ausgemacht wird. Privatbesitz kann nicht beliebig in öffentliches Kulturgut umgewandelt werden, hier stehen Rechte gemäß Art. 14 Abs.1 Grundgesetz gegen Art. 73 Abs. 5a Grundgesetz.

Es ist ja gut, wenn öffentliche Wachsamkeit hinsichtlich geplanter Gesetze herrscht. Einfluss auf eine solche Diskussion erhält man aber nur, wenn man ernsthaft und sachlich diskutiert, und geeignete Verfahren wählt. Wenn ein bedenklicher Gesetzentwurf vorliegt, kann es sich lohnen, die eigenen Argumente den zuständigen Bundestagsabgeordneten zukommen zu lassen, oder durch Leserbriefe eine öffentliche Diskussion anzuregen. Vorher gibt es gar keinen Text, an dem zu debattieren wäre - weshalb auch jede/r alles behaupten kann ("Betroffen sind alle, die sich auf traditionelle Sammelgebiete wie zum Beispiel Bücher, Briefmarken, Möbel, Keramik, Münzen, Oldtimer oder Bilder spezialisiert haben" - dieser Satz des Dokuments ist "phantasievoll").

Zudem erlaube ich mir den Hinweis, dass es sich bei "openPetition" um nichts weiter als eine digitale Unterschriftenliste handelt, deren Verwendung des Begriffs "Petition" mindestens irreführend ist. Man kann dort auch gegen die Farbe des Gartenzauns seines Nachbarn protestieren, und dafür Unterschriften aus Uruguay und den Philippinen sammeln.

Mit sommerlöchrigen Grüßen
Jürgen

[1] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-15-statement-novelle-kulturgutschutzgesetz.html
 
ligneN Am: 24.07.2015 15:21:49 Gelesen: 42594# 10 @  
@ 0nickyet [#9]

Moin,

der Beitrag bringt es auf den Punkt.

Deutschland ist neben der Schweiz das schwarze Loch für Münz- und Kunsthändler/Raubgräber weltweit.

Man sollte es sich schon sehr gut überlegen, mit wem man da ins Solidarboot steigt.
 
bayern klassisch Am: 26.07.2015 16:19:08 Gelesen: 42455# 11 @  
Petition für das private Sammeln

Liebe Freunde,

unsere Politiker planen wieder mal einen Akt der stufenweisen Enteignung - diesmal sind die Sammler dran. Vor allem die Beweislastumkehr ist ein starkes Stück - ich habe schon unterschrieben und bitte jeden Sammler, gegen diesen Wahnsinn aus Politikerhirnen durch seine Teilnahme vorzugehen.

https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-den-erhalt-des-privaten-sammelns

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
KaraBenNemsi Am: 26.07.2015 16:35:08 Gelesen: 42441# 12 @  
Hallo,

siehe hier: [Link auf dieses Thema, die Redaktion]

Wobei auch ich zu denen gehöre, die erst einmal selbst den Gesetzentwurf sehen wollen, bevor sie irgendwo unterschreiben.

Grüße

KaraBenNemsi
 
bayern klassisch Am: 26.07.2015 16:40:01 Gelesen: 42438# 13 @  
@ KaraBenNemsi [#12]

Hallo,

vielen Dank für den Hinweis - hatte ich glatt übersehen; hier im Forum geht es so schnell mit den Threads und Beiträgen, dass man kaum noch mitkommt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
stampmix Am: 26.07.2015 17:05:50 Gelesen: 42421# 14 @  
@ bayern klassisch [#11] und [#13],

Hallo bayern klassisch,

nicht immer befindet sich zwischen zwei Ohren biologische Masse, die den Strukturen eines Organes gerecht wird.

offtopic: Das Problem ist die zunehmend ausufernde und unkontrollierte Bürokratie in Kombination mit den neu gewonnenen Informations- und Überwachungsmöglichkeiten. Ich darf hier einen alten Bundespräsidenten sinngemäß zitieren: Sinnlose und unsinnige Gesetze gab es früher auch, nur sind die einfach in den Aktenschränken verschwunden ohne weiteren Schaden anzurichten. Heute reicht eine online-Recherche in Kombination mit einer noch immer vorhandenen Obrigkeitsmentalität - und du hast ein Problem.

mit bestem Gruß
stampmix

[Beiträge [#11] bis [#14] redaktionell in das Hauptthema verschoben]
 
Francysk Skaryna Am: 03.08.2015 13:32:32 Gelesen: 42223# 15 @  
Moin,

zu diesem Thema an dieser Stelle vielleicht einmal zwei Verweise zu weiterführenden Artikeln aus der Presse.

Den internationalen Kulturgüterschutz sieht Frank Walter Steinmeier als einen politischen Auftrag. Sein Gastbeitrag stand in der F.A.Z. [1]

Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und, Medien erläutert in einem Gespräch, ob der Vorwurf zuträfe, dass das neue Kulturgütergesetz zu einer Enteignung der Sammler führen könnte. [2]

Der in Rede stehende Provenienznachweis könnte für den einen oder anderen ein echtes Problem darstellen. Wer die Rechnungen für seine Belege und Marken aus den letzten Jahrzehnten aufgehoben hat - was ja weder verpflichtend war und auch nicht ist - wird sich in diesem Punkt mit der neuen Regelung schwer tun, die geforderten Nachweise zu erbringen. Das trifft natürlich in besonderm Maße auf Nachlässe zu, die von den Erben veräußert werden sollen. Der Gesetzesentwurf ist in diesem Punkt auch recht schwammig, wie dieser Nachweis denn aussehen soll. Neben einem einen zu niedrigen Preis listet der Entwurf auch Barzahlung, Kauf von Privat ohne Hinzuzug eines Fachmannes als Hinweise bereits als Verdachtsmomente für einen unlauteren Handel auf. Hier kann eine unpräziese Formulierung selbsternannten Experten Tür und Tor öffnen, Sammler wie auch Händler zu diskriminieren oder gar zu kriminalisieren.

Ferner ist der Handel nach dem aktuellen Stand der Dinge für das gewerbliche in Verkehr bringen zu einer Dokumentation mit Foto sowie einer Provenienzforschung angehalten. Wie soll und wie kann er das erbringen. Dieser Punkt bietet auch eine schöne Spielwiese, entweder die Ankaufspreise zu drücken oder für diesen Dienst Gebühren aufzuschlagen. Betroffen sind hiervon also im wesentlichen Einlieferer und Verkäufer. Prinzipiell ist diese Regelung auch geeignet, Fundunterschlagungen zu fördern.

Gruss

[1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/frank-walter-steinmeier-über-kulturgüter-13592803.html
[2] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/monika-grütters-im-interview-zum-kulturschutzgut-gesetz-13688258.html
 
Francysk Skaryna Am: 04.08.2015 17:06:24 Gelesen: 42061# 16 @  
Moin,

mittlerweile gibt es von der Bundesregierung eine Pressemitteilung zur anstehenden Novellierung des Kulturschutzgesetzes. [1]

Inhaltlich geht es dabei darum, illegal ausgeführtes Kulturgut anderer Staaten an diese zurückzugeben und um eine Abwanderung deutschen Kulturgutes zu verhindern. An diesem Punkt wird dann dann wohl auch der Zoll (neben weiteren Behörden) in der späteren Praxis als Vollzogsorgan beteiligt sein. Gepland ist eine Regelung, die Einzeleintragungen öffentlicher Sammlungen in die Verzeichnisse national wertvollen Kulturgutes der Länder nicht mehr erforderlich macht, da diese dann per Gesetz geschützt sind.

Umgesetzt wird dabei eine Unesco - Konvention so wie eine EU-Richtlinie vom Mai 2014 zum Kulturgutschutz. Auch die Länder fordern wohl schon seit Jahren einen Verbesseten Schutz vor Kulturgutabwanderung.

Bislang ist nicht ausdrücklich geregelt, was national wertvolles Kulturgut ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Kulturgut jederzeit als national wertvoll eingestuft werden. Die jetzt anstehende Konkretisierung soll auf den Erfahrungen der bisherigen Einstufungspraxis aufbauen. Hier soll es eine präziese Definition im Rahmen einer Rechtsverordnung geben. Eingeführt werden dabei Alter- wie auch Wertgrenzen. Diese Grenzen liegen bei 50 Jahren und 150.000 Euro. Soweit die Schwellenwerte erreicht sind - und das ist ein Kritikpunkt an der Novellierung - soll nun auch bei der Verbringung ins EU - Ausland eine Exportlizenz erforderlich werden. Diese ist bislang erst bei der Verbringung in Drittstaaten außerhalb der EU erforderlich. Insgesamt werden mit der Reform die Eingriffsmöglichkeiten des Staates bei der Ausfuhr von Kunstwerken aus Deutschland drastisch erweitert, da nun in jedem Fall eine Exportlizenz erforderlich sein wird. Das ist aber auch einer der Kritikpunkte an dieser Novellierung [2]:

Laut Referentenentwurf der Kulturstaatsministerin soll gewährleistet werden, dass Kulturgut, das den Länderbehörden bisher nicht bekannt ist, vor der Ausfuhr als national wertvoll eingetragen werden kann und nicht teuer aus dem Ausland mit Steuermitteln zurückgekauft werden muss. Diesen Wortlaut kann man natürlich auch als eine Art Vorkaufsrecht interpretieren, wenn dabei die Preise künstlich unter Marktniveau gedrückt werden. Das wäre dann eine Art der Enteignung, die ja schon als Vorwurf eingebracht wurde. Andere Optionen als die Abgabe an die Behörden bleiben ja faktisch nicht.

Naturgemäß unterstütz der Fachverband für das deutsche Archivwesens die geplante Änderung des Kulturgutschutzgesetzes und weist die unsachliche Kontroverse um die Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes zurück. [3]

Der Bundesverband Deutscher Gallerien und Kunsthändler sieht auch Museen als Leidtragende dieser Novellierung an, da diese auf Leihgaben aus privaten Sammlungen angewiesen seien. [4]

Kulturstaatsministerin Grütters äußerte sich bereits 2013 zu Medienberichten bezüglich der Novellierung des Kulturgutschutzes durch die Bundesregierung [5]

Ebenfalls aus 2013 stammt der Bericht der Bundesregierung zum Kulturgutschutz in Deutschland [6]

Gruss

[1] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-15-statement-novelle-kulturgutschutzgesetz.html
[2] http://www.lto.de/recht/hintergründe/h/kunst-kulturgutschutzgesetz-export-handel-kulturgüter/
[3] http://www.siwiarchiv.de/?p=10097
[4] http://www.bvdg.de/BVDG_aktuell_Kulturgutschutznovelle
[5] http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2015/02/2015-02-23-bkm-novellierung-kulturgutschutz.html
[6] http://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/BKM/2013-08-12--bericht-kulturgutschutz.pdf?__blob=publicationFile&v=7
 
0nickyet Am: 11.09.2015 06:53:26 Gelesen: 41554# 17 @  
Herzlichen Glückwunsch an alle namenlosen und namentlich genannten Unterstützer der Kampagne, die von der Initiatorin in ihrer eigenen Zeitschrift nun als Staatsgegner bezeichnet werden. Ich zitiere aus der "MünzenWoche" vom 20. August 2015: "Darin drückt sich das tiefe Misstrauen aus, das Sammler inzwischen gegenüber dem Staat entwickelt haben." [1] Diesen Satz bezieht die Initiatorin auf jene, die ihre Kampagne ohne Nennung des Namens unterzeichnet haben. Aus einer Vorsichtsmaßnahme zur eigenen Privatsphäre macht die Frau also eine politische Grundhaltung.

Um das mal ganz klar zu sagen: Hier werden Briefmarken- und Münzsammler, Philatelisten und Numismatiker für die politischen Ziele einer Einzelperson eingespannt. Trau schau wem.

[1] http://www.muenzenwoche.de/de/News/4?&id=3597&utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=M%C3%BCnzenWoche+20.08.2015&newsletter=M%C3%BCnzenWoche+20.08.2015
 
Francysk Skaryna Am: 11.09.2015 09:15:09 Gelesen: 41515# 18 @  
Moin,

@ Cantus[#8]

... man weiß ja nie, wie so ein Gesetz zukünftig tatsächlich gehandhabt wird.

@ bayern klassisch [#11]

unsere Politiker planen wieder mal einen Akt der stufenweisen Enteignung - diesmal sind die Sammler dran.

Natürlich ist es eine Form der Enteignung, wenn Leihgaben nach fünf Jahren automatisch Nationales Kulturgut werden. [1] Das setzt alle alters- und Wertregelungen außer Kraft und schließt alles ein, was einem Museum zu Ausstellungszwecken zur Verfügung gestellt wird. Somit fällt faktisch auch eine kleine Heimatsammlung mit Briefmarken und Postkarten unter diese Regelung. Man ist nach dieser Zeit nicht mehr Herr seiner eigenen Sammlung. Wie diese Regelung klamme Komunen handhaben werden, kann man sich schon jetzt lebhaft vorstellen. Ob das dem Schutz des Kulturgutes dient oder man das Kind mit dem Bade auskippt, kann wohl jeder selbst entscheiden.

Gruss

[1] http://www.mdr.de/nachrichten/beckmann-bilder100.html
 
angim Am: 11.09.2015 17:09:20 Gelesen: 41452# 19 @  
Es ist nicht mehr von der Hand zu weisen: Der Staat ist klamm.

Wer sich einmal neue Ausweise ausstellen lassen muss und dann die dafür erhobenen Gebühren dafür ansieht, der weiß, wovon ich rede.

Für mich sehen diese neuen Gesetzesentwürfe nach "Kommerzieller Devisenbeschaffung" aus.

Natürlich habe ich allervollstes Verständnis dafür, wenn in einem neuen Gesetz den internationalen Raubgräbern das Handwerk erschwert werden soll.

Jahrzehntelang hat die Deutsche Post und ihre Vorläuferorganisation für breite Massen der Bevölkerung dafür Werbung gemacht, daß der Kauf ihrer Produkte wertsteigernd wäre. Sozusagen ein Milliardengrab.

Jetzt auf einmal sollen die Briefmarkensammler an den Rand der Kriminalität gedrängt werden?!

Das erinnert mich an rotchinesische Verhältnisse.

angim
 
Richard Am: 16.09.2015 09:36:41 Gelesen: 41268# 20 @  
Referentenentwurf zum Kulturgutschutzabkommen nun veröffentlicht

wm (15.9.2015) - Zwar dauerte es nahezu zwei Monate länger als geplant, aber seit dem 14. September 2015 liegt der angekündigte Referentenentwurf des Kulturstaatsministeriums öffentlich zur Einsicht bereit. 148 Seiten Umfang, in denen jeweils die Änderungen zu dem bereits seit 1954 bestehenden Gesetz farblich hervorgehoben sind.

Aus gut informierten Kreisen verlautete, dass die erhebliche Verzögerung in erster Linie eine Folge der massiven Proteste sich betroffen fühlender Kreise war, deren Kritik sich landesweit in Medien aller Art niedergeschlagen hatte. Offenbar bestand doch Korrekturbedarf, so dass auch seitens des verantwortlichen Ministeriums von Staatsministerin Monika Grütters weit mehr an Aufwand und Zeit zu investieren war, um berechtigten Forderungen nachzukommen. Ob damit alle Vorstellungen erfüllt sind und der nunmehr vorgelegte Text für alle Interessensvertreter akzeptabel ist, ist eine ganz andere Frage, auf die Kenner und Experten sicherlich in der kommenden Zeit ihre individuelle Antwort geben werden.

Der Entwurf, der nun die parlamentarischen Beratungen in den Gremien durchläuft, ist eine Gesetzesvorlage, die unter

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/BKM/2015/2015-09-15-kgsg-entwurf-online.html;jsessionid=C376D616DBF5E9821826E22591FE8FDA.s1t1?nn=811092

herunterzuladen ist. Wenn man z. B. bei Google einfach die Suchworte „Kulturgutschutz Referentenentwurf“ eingibt, wird die Seite der Bundesregierung als erste angezeigt.
 
mausbach1 (RIP) Am: 16.09.2015 10:09:53 Gelesen: 41245# 21 @  
@ Richard [#20]

Bitte beachten, dat dat Ding 150 Seiten hat.
 
Francysk Skaryna Am: 16.09.2015 11:49:55 Gelesen: 41215# 22 @  
Moin,

@ Richard [#20]

massiven Proteste sich betroffen fühlender Kreise

Das läßt natürlich auch eine Rückschluß auf die im Vorfeld geführten Abstimmungen mit den Beteiligten - kurz die Art der Kommunikation - zu. Bei so viel Kritik bleibt der Eindruck, dass man da fern der Realtät etwas dahinschmeißen wollte. Wirkte etwas unausgegoren.

Dem alternativlosen Entwurf (Seite 5) zu Folge ist nach Begriffsbestimmungen in § 2 Kulturgut im Sinne dieses Gesetzes archäologisches Kulturgut so wie Kulturgut, das ausgegraben oder gefunden worden ist oder bei dem aufgrund der Gesamtumstände zu vermuten ist, dass es aus Grabungen stammt oder es sich um archäologische Funde handelt. Nach Punkt 9 ist auch jede bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von paläontologischem, ethnographischem, numismatischem oder wissenschaftlichem Wert Kulturgut. Jede Einrichtung im Bundesgebiet, deren Hauptzweck die Bewahrung und Erhaltung von Kulturgut und die Sicherung des Zugangs der Öffentlichkeit zu diesem Kulturgut ist (Museen, Bibliotheken, Archive etc.), ist nach Punkt 10 eine Kulturgut bewahrende Einrichtung.

Das ist alles recht weit gefaßt und hier ist die Frau Ministerin von ihrem Grundsatz, dass das Gesetz auch weit zu fassen sein, nicht abgewichen. Dass die Numismatiker weit mehr als die Philatelisten betroffen sein würden war abzusehen. Aber die Begriffe Sammlung, Fundsache, geschichtlicher Wert sind natürlich interpretierbar. Und es ist absehbar, dass eine Kulturgut bewahrende Einrichtung auch ausreichend ernst genommen werden will. Wer wird dies mit Leben füllen?

@ mausbach1 [#21]

Bitte beachten, dat dat Ding 150 Seiten hat.

Das hatte Richard auch geschrieben. Du meinst vielleicht den Umfang von 1.56 MB Dateigröße?

Gruss
 
mausbach1 (RIP) Am: 16.09.2015 11:53:36 Gelesen: 41211# 23 @  
@ Francysk Skaryna [#22]

Überlesen. :-(
 
Francysk Skaryna Am: 17.09.2015 14:46:23 Gelesen: 41120# 24 @  
Moin,

wie das Handelsblatt meldet [1], sehen Museumsdirektoren im geplanten Kulturschutzgesetz eine Chance für ihre Häuser. Das ist nachvollziehbar wenn man im Hinterkopf hat, dass sie bei Auktionen oft gegen private Bieter nur all zu oft das nachsehen haben.

Interessant an der Opt-out-Möglichkeit ist, dass der Schutz auch für so genannten Dauerleihgaben gilt. Zwar können Eigentümer der Leihgaben von diesem Schutzangebot Gebrauch machen, müssen es aber nicht! Der Umstand, dass weder Sammler noch Künstler befürchten nüssen, dass sie die Verfügungshoheit über ihre Werke verlieren, weil sie sich als Dauerleihgabe in einer öffentlichen Sammlung befinden, eröffnet dann aber ganz andere Aspekte:

Jeder Sammler kann vertraglich festhalten lassen, dass er seine Leihgabe einem Museum nur für einen bestimmten Zeitraum überläßt. Ein Schelm, der dabei denkt, jemand wolle sich nur die Erbschaftssteuer sparen! Ein Sammler könnte nun eine Leihgabe theoretisch auch nur für einen ganz bestimmten Zeitraum unter Schutz stellen lassen und diese danach anschließend - nach Ablauf der Frist - gewinnbringend verkaufen.

Das ist sicher nicht im Sinne der Regelung - läuft dem eigentlichen Schutzgedanke sogar grob zuwider - und ist mit anderen Ressorts (-> Finanzen) sehr wahrscheinlich nicht abgestimmt. Zumindest in diesem Detail stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit.

Gruss

[1] http://www.handelsblatt.com/panorama/kultur-kunstmarkt/debatte-die-vorteile-des-neuen-kulturgutschutzgesetzes/12159330.html
 
mljpk Am: 17.09.2015 20:07:00 Gelesen: 41054# 25 @  
Liebe Sammler und Philatelisten,

nachdem der Entwurf nun endlich vorliegt, kann fundiert diskutiert werden. Bin gerade dabei die hier aufgeworfenen Fragen und geäußerten Befürchtungen anhand des Entwurfes als weitere Diskussionsgrundlage zu erarbeiten. Ich werde in den kommenden Tagen peu à peu meinen Senf abgebene. Es nimmt aber etwas Zeit in Anspruch die Zusammenhänge zu verstehen. Heute zur zentralen Frage:

1. Sachlicher Anwendungsbereich des Gesetzesvorschlages, sind Briefmarken betroffen?:

In § 1 wird der Anwendungsbereich einmal auf „nationales Kulturgut“ ausgedehnt (Schutz gegen Abwanderung), im Übrigen nur auf Kulturgut.

Der Begriff des Kulturgutes wird in § 2 Ziff.9 definiert, wo das Kulturgut als bewegliche Sache oder Sachgesamtheit von künstlerischem, geschichtlichem oder archälogischen Wert oder aus anderen Bereichen des kulturellen Erbes, insbesondere von … numismatischem Wert benannt ist.

Der Wortlaut bezieht sich zwar nicht auf Briefmarken, durch die Formulierung „insbesondere“ wird aber deutlich, dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern nur um Regelbeispiele handelt. Da Markensammler selbst damit argumentieren, dass sie zur Erforschung und dem Erhalt des kulturellen Erbes zur Art und Weise der Informationsbeförderung (Posthistoriker) und eines Teils der alltäglichen Gebrauchskunst (Briefmarken) beitragen, zudem Philatelie und Numismatik in Art und Weise von Strukturierung und der Belegung historischer Umstände mittels des Objekts ähnlich herangehen, können Briefmarken und Sammlungen insbesondere älterer Perioden unter den Begriff des Kulturgutes im Sinne des Gesetzes fallen.

Meine Auslegung dürfte durch den EuGH gestützt werden, der zum Gemeinsamen Zolltarif Sammlungsgegenstände wie folgt definiert hat: Gegenstände, die geeignet sind, in eine Sammlung aufgenommen zu werden, das heißt Gegenstände, die verhältnismäßig selten sind, normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Verwendungszweck gemäß benutzt werden, Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen sind und einen hohen Wert haben.

Die VO EG 116/2009 die die Ausfuhr von Kulturgütern europarechtlich regelt, greift auf die Definitionen des Gemeinsamen Zolltarifs zurück, womit die allg. Definition auch im Kulturgüterschutz greifen könnte.

Allerdings nennt die VO EG 116/2009 in ihren ausführlichen Anlagekatalogen nirgendwo Briefmarken oder Belege oder „philatelistische“ Objekte, womit der Gesetzesentwurf des Kulturgutschutzrechts durch die Einfügung des Wortes „insbesondere“ in die Definition einen weiteren Anwendungsbereich will, als die zwingend anzuwendende EG-Verordnung. Die EG-Verordnung nennt nur „Wiegendrucke“ und Handschriften sowie „sonstige Antiquitäten“ älter als 100 Jahre als Kulturgüter im Sinne der Verordnung.

Für eine Einbeziehung von Briefmarken und Belegen in den Anwendungsbereich des deutschen Kulturgutschutzrechts spricht allerdings das Ziel der verbesserten Umsetzung des Übereinkommens vom 14.11.1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut, UNESCO-Übereinkommen 1970. Dort sind die Kulturgüter in Art.1 wie folgt definiert:

For the purposes of this Convention, the term `cultural property' means property which, on religious or secular grounds, is specifically designated by each State as being of importance for archaeology, prehistory, history, literature, art or science and which belongs to the following categories:

(a) Rare collections and specimens of fauna, flora, minerals and anatomy, and objects of palaeontological interest;

(b) property relating to history, including the history of science and technology and military and social history, to the life of national leaders, thinkers, scientists and artist and to events of national importance;

(c) products of archaeological excavations (including regular and clandestine) or of archaeological discoveries ;

(d) elements of artistic or historical monuments or archaeological sites which have been dismembered;

(e) antiquities more than one hundred years old, such as inscriptions, coins and engraved seals;

(f) objects of ethnological interest;

(g) property of artistic interest, such as:

(i) pictures, paintings and drawings produced entirely by hand on any support and in any material (excluding industrial designs and manu-factured articles decorated by hand);

(ii) original works of statuary art and sculpture in any material;

(iii) original engravings, prints and lithographs ;

(iv) original artistic assemblages and montages in any material;

(h) rare manuscripts and incunabula, old books, documents and publications of special interest (historical, artistic, scientific, literary, etc.) singly or in collections ;

( i) postage, revenue and similar stamps, singly or in collections;

(j) archives, including sound, photographic and cinematographic archives;

(k) articles of furniture more than one hundred years old and old musical instruments.

Auf Seite 67 des Referentenentwurfs wird auch verschämt mitgeteilt, dass “die weite Definition des Art.1 des UNESCO-Übereinkommens“ nicht außer Acht gelassen wird, was die Bedeutung des unscheinbaren Wortes "insbesondere" unterstreicht.

Nach meiner Auffassung fallen damit auch Briefmarken, Sammlungen solcher und Belege unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. Vor dem Hintergrund des Ziels einer effektiven Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens 1970 ist es fraglich, ob eine ausdrückliche generelle Herausnahme von „Briefmarken, Belegen und sonstigen philatelistischen Objekten“ aus dem sachlichen Anwendungsbereich möglich ist.

Nach Art.5 lit b) des UNESCO-Übereinkommens sollen die Konventionsstaaten Verzeichnisse besonders wichtiger Kulturgüter führen, deren Export eine besondere Beeinträchtigung des nationalen kulturellen Erbes bedeuten würde (mir liegt nur die englische Fassung vor, die amtliche Übersetzung mag etwas anders formulieren). Darauf aufbauend könnte argumentiert werden, dass nur Briefmarken und Sammlungen die in Verzeichnissen erfasst sind, nach dem Übereinkommen besonderen Export- oder Importbeschränkungen unterliegen sollen, generelle Export- oder Importbeschränkungen von Briefmarken und philatelistischen Sammlungen vom Übereinkommen nicht gefordert wird, und auch die EG-VO Briefmarken nicht benennt.

Zweitens kann für den Bereich der nicht in Inventaren erfassten Briefmarken und philatelistischen Sammlungen bei einem generellen Genehmigungsverfahren bei Überschreitung von Grenzwerten mit der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes argumentiert werden. Briefmarken, Sammlungen und Sammlungsteile werden in großem Umfang verkauft und getauscht. Dabei ist eine große Zahl privater Sammler auch auf grenzüberschreitende Kontakte mit anderen Sammlern angewiesen. Der Referentenentwurf stellt bei den Belastungen der Bürgerinnen und Bürger stark kunstmarktbezogen darauf ab, dass die Belastungen für den Bürger nicht so groß sei, da der Bürger bei einem Erwerb eines Kunstwerkes regelmäßig Provinienz- und Wertnachweise von gewerblichen Händlern verlangt, die diese aus handelsrechtlichen Gründen und Servicegründen sowieso vorhalten. Diese Logik greift aber im hochfrequenten Sammlerverkehr (was zu belegen ist) gerade nicht, weshalb hier anders als in anderen Bereichen des Handels mit Kunstwerken die Sammler doch stärker belastet werden.

Einzelne Briefmarken mögen die Wertgrenzen für eine Genehmigungspflicht selten überschreiten, bei Sammlungen mag dies anders sein. Der Marktpreis ist schwierig zu bestimmen, da Katalogpreise keine Marktpreise sind, die Marktpreise wiederum äußerst volatil bis in einigen spezialisierten Randgebieten schlicht nicht feststellbar. Wie will im konkreten Fall ein Zöllner bei der Ausfuhrkontrolle feststellen, ob eine Briefmarkensammlung die Schwellenwerte erreicht? Er wird im Zweifelsfall die Sammlung zur Klärung stoppen. Der Sammler könnte dies nur umgehen, in dem er vergleichbar mit einem Händler bereits vorbeugend Wertforschungskonvolute und Herkunftsnachweise vorhält um seine Sammlung freizubekommen, umgekehrt etwa im Falle eines grenzüberschreitenden Tausches solche Konvolute vom anderen Sammler fordern wird, um einer Blockade am Zoll wegen der Klärung der Einfuhr zu umgehen, und seiner Pflicht zum Nachweis der Rechtmäßigkeit der Einfuhr zu genügen.

Nach meiner Auffassung steht hier der Gesamtaufwand in keinem Verhältnis zum erstrebten Ziel, dem in der Abwägung die Erfordernisse des UNESCO-Übereinkommens einfacher genüge getan werden kann, wenn nur Sammlungen oder Marken dem Anwendungsbereich des Gesetzes sowohl für die Ein- oder Ausfuhr unterworfen werden, die in einer Liste der geschützten nationalen Kulturgüter eingetragen sind. So kann ein Blick in die Liste Klärung bringen, die ja im Internet publik gemacht werden sollen. Insofern würde schlicht der auch bisher geltende Eintragungsgrundsatz für den nur am Rande nach dem Schutzzweck relevanten Briefmarkenmarkt umgesetzt werden.

Wenn man es für erstrebenswert erachtet, dürften nach meiner Auffassung im Rahmen einer fundierten Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess daher realistische Aussichten bestehen, Briefmarken, Sammlungen solcher oder sonstige philatelistische Objekte aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herauszunehmen, soweit diese nicht in einem nationalen Verzeichnis wichtiger Kulturgüter eingetragen sind. Hier ist konstruktive Einflussnahme direkt aus der Sammlerschaft und deren Organe gefragt. Eventuell ist der Entwurf auch dem BdPh zur Stellungnahme zugeleitet worden der dann abwägen könnte ob er hier in die eine oder andere Richtung Einfluss nehmen will. Man mag ja auch geschmeichelt sein, wenn Briefmarken durch Teilnahme an besonderen Verfahren von Gesetzgeber "geadelt" werden. Ich sehe allerdings die Adelung durch eine mögliche Aufnahme in die Verzeichnisse wichtiger Kulturgüter als ausreichend an.

In diesem Sinne einen schönen Abend. Weitere Analysen folgen.
 
bayern klassisch Am: 18.09.2015 06:17:02 Gelesen: 41021# 26 @  
@ mljpk [#25]

Sehr gut geschrieben und stringent gefolgert. Bin gespannt auf das, was noch kommt.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
mljpk Am: 18.09.2015 14:52:38 Gelesen: 40956# 27 @  
Liebe Sammlerkollegen,

zunächst bitte ich die vielen Rechtschreibfehler in den obigen Ausführungen zu entschuldigen. Zu später Stunden und im Eifer des Gefechts fällt das Korrekturlesen manchmal nur oberflächlich aus.

Noch ein Nachtrag zur Frage, inwieweit eine Befreiung von Briefmarken und Belegen trotz der Anforderungen des UNESCO-Übereinkommens möglich ist. Auch das Vereinigte Königreich ist Mitglied des Übereinkommens wenn mir auch nicht ganz klar ist, inwieweit die Unterscheidung zwischen der "Annahme" (Acceptance) und der Ratifikation die britische Gesetzgebung beeinflusst hat ( http://www.unesco.org/eri/la/convention.asp?KO=13039&language=E&order=alpha ). In der dortigen Ausführungsverordnung zum Exportgesetz heißt es aber bei der Definition von Kulturgütern:

SCHEDULE 1 OBJECTS OF CULTURAL INTEREST

1. Any objects of cultural interest manufactured or produced more than 50 years before the date of exportation except:

(a)postage stamps and other articles of philatelic interest;

(b)birth, marriage or death certificates or other documents relating to the personal affairs of the exporter or the spouse of the exporter;

(c)letters or other writings written by or to the exporter or the spouse of the exporter; and

(d)goods exported by, and being the personal property of, the manufacturer or producer thereof, or the spouse, widow or widower of that person. ( http://www.legislation.gov.uk/uksi/2003/2759/schedule/1/made )

Briefmarken und Objekte von philatelistischem Interesse sind hier ausdrücklich ausgenommen, was dafür spricht, dass die Herausnahme von Briefmarken aus dem Anwendungsbereich des Kulturgutschutzrechts oder zumindest Beschränkung auf solche die in einer Kulturgüterliste eingetragen sind, keinen Verstoß gegen das UNESCO-Übereinkommen darstellen kann.



Mit besten Grüßen in die Runde.
 
mljpk Am: 23.09.2015 20:20:28 Gelesen: 40753# 28 @  
Nachdem in den letzten Beiträgen der Frage nachgegangen wurde, ob durch die geplante Neuregelung des Kulturschutzgesetzes allgemein auch Briefmarkensammler betroffen sein können, und wie und warum das geplante Gesetz gegebenenfalls in seinen Auswirkungen noch beschränkt werden kann, nun eine kurze Zusammenfassung der möglichen Auswirkungen:

2. Auswirkungen für den Briefmarken- und Belegsammler ?

2.1. Bei der Ausfuhr

Nationales Kulturgut, also nur Briefmarken oder Sammlungen die in die Liste nationalen Kulturgutes aufgenommen sind oder sich in einer öffentlich oder öffentlich geförderten Sammlung befinden, bedürfen nach §§ 22 und 23 stets einer Ausfuhrgenehmigung.

Sonstige Briefmarken und Sammlungen bedürfen (wir erinnern uns an die gewollt weite Auslegung des Begriffes des Kulturgutes) nach § 24 Abs.1 i.V.m. den Alters- und Wertgrenzen der VO EG Nr.116/2009 für die Ausfuhr außerhalb und innerhalb der EU abhängig von verschiedenen Alters- und Wertgrenzen der Genehmigung.

Nach meiner Auffassung können Briefmarken unter „sonstige Antiquitäten“ nach Kategorie A Nr.15 des Anhanges I zur VO EG Nr.116/2009 fallen, womit nach außerhalb der EU ein Alter von über 100 Jahren und einem Wert von 50.000 EUR und nach innerhalb der EU ein Alter von 100 Jahren und ein Wert von 100.000 EUR maßgeblich wäre.

Der Referentenentwurf beantwortet, nach den Erläuterungen auf Seite 96 des Entwurfes wieder stark kunstmarktorientiert und damit einzelobjektbezogen zu den Wertgrenzen die Frage nicht, wie hinsichtlich einer Sammlung als Sachgesamtheit zu verfahren ist, bei der nur einzelne Objekte die Altersgrenze erreichen, und nur die Gesamtheit mit Objekten jüngeren Datums den Wert überschreitet. Kommt es hier auf den Zeitpunkt der Komposition der Sammlung an, die jeweils älteste Marke unbeachtet deren Wert, oder konsequent auf das Einzelobjekt abstellend, dass alle Einzelmarken mindestens 100 Jahre alt sein müssten, wenn nicht eine Marke für sich oder die Summe der 100 Jahre alten Marken die Wertgrenze erreichen? Hier besteht aus meiner Sicht noch Klarstellungsbedarf, bzw. bei der regelmäßig aus einer Vielzahl von Briefmarken bestehenden Sammlungen im internationalen Verkehr (hunderte oder sogar tausende Marken) einfach die Möglichkeit der Herausnahme der Briefmarken aus dem Anwendungsbereich solange sie nicht in Listen der nationalen Kulturgüter erfasst sind (insoweit Beibehaltung des alten Listenprinzips).

Bei der Wertermittlung ist der in den letzten drei Jahren gezahlte An- oder Verkaufspreis, also ein Marktpreis anzulegen. In Zweifelsfällen ist ein begründeter Schätzwert einzuholen. Nach meiner Auffassung dürften die Wertgrenzen im gewöhnlichen Sammlerverkehr nicht erreicht werden, soweit doch, dürfte die Einholung einer Genehmigung einen nur geringen Aufwand darstellen.

Jedoch stellt sich auch hier das Problem der Einschätzung z.B. bei einer Zollkontrolle einer Sendung ins Ausland, ob eine Sammlung etwa im privaten Tauschverkehr nun der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht. Wie bereits im letzten Beitrag angeführt müsste der Sammler für den Zweifelsfall Wertunterlagen und Katalogdaten bereit halten, was dann zu einem „faktischen Genehmigungsverfahren“ durch den Nachweis gegenüber dem Zoll über die fehlende Genehmigungspflicht trotz unterschreiten von Wertgrenzen führt. Bei gewerblichen Händlern oder einem Auktionshaus mag dies anders sein, da diese ja Kostenbelege und damit einen Marktwert nachweisen können. Bei einem Privatverkauf wird ggf. angezweifelt werden, ob Wertdeklarationen oder Kaufpreisangaben richtig oder dem Marktwert entsprechend sind. Bei einem Tausch liegt außer mühsam zu sichtenden Katalogangaben gar kein Geldwert als Ermittlungsgrundlage zu einer Genehmigungspflicht vor. Bezeichnenderweise schweigt sich der Entwurf in den Erläuterungen zur Wertermittlung auf Seite 98 völlig zu den Erwägungen und der gedachten Durchführung aus. In der Praxis wird es dann erst recht schwierig werden, in Zweifelsfällen anhand der Gesetzgebungsmaterialien eine Hilfestellung zu bekommen.

Für regelmäßige Auslandsaussteller deren Sammlungen die Wert- und Altergrenzen überschreiten können, kann nach § 26 für die Dauer von fünf Jahren eine Dauergenehmigung eingeholt werden. Dies bedeutet zwar einen gewissen bürokratischen Aufwand, müsste aber für den betroffenen Sammler machbar sein.

Gemäß § 21 Abs.4 ist eine Ausfuhrgenehmigung zu erteilen, wenn die Marken oder die Sammlung nicht in einem Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes aufgenommen ist, oder kein Eintragungsverfahren läuft und keine sonstigen Ausfuhrverbote bestehen, die hier nicht erläutert werden können. Das Verfahren soll maximal 10 Tage dauern.

Nach meinem Verständnis ist das Verfahren zur Ausfuhrgenehmigung damit nur ein Kontrollinstrument zur Überwachung ob national wertvolles Kulturgut des eigenen oder eines fremden Staates ausgeführt wird. Dies wird durch die Erläuterungen auf Seite 97 des Referentenentwurfes bestätigt. Im Rahmen der Erforderlichkeit zu dieser Zielerreichung nach der UNESCO-Konvention sehe ich kein in die Sammlerinteressen minder eingreifendes Mittel so man denn unbedingt Briefmarken und Sammlungen derer als mögliche national wertvolle Kulturgüter ansehen möchte, die durch Genehmigungsverfahren identifiziert werden müssen.

2.2. Bei der Einfuhr

Spiegelbildlich zur Ausfuhrgenehmigung darf kein nationales Kulturgut eines anderen Staates bzw. welches unter Verstoß gegen die EG-VO oder andere Rechtsvorschriften von dort ausgeführt wurde, eingeführt werden. Ausgenommen sind solche nationalen Kulturgüter die sich gem. § 29 bereits in Deutschland befinden.

Äußerst problematisch ist § 30, der vom Einführenden das Mitführen geeigneter Unterlagen für den Nachweis der Rechtmäßigkeit der Einfuhr von jeglichem Kulturgut verlangt, also nicht nur von „nationalem“ Kulturgut.

Als geeignet werden insbesondere Ausfuhrgenehmigungen des Herkunftsstaates angesehen, die nach der UNESCO-Konvention von jedem Mitgliedsstaat fordert. In der Praxis kann dies tatsächlich zur Vermeidung nachträglichen Nachweisaufwandes bedeuten, jeweils im Vorfeld unabhängig von Werten und Altersgrenzen zumindest bei der Einfuhr von Marken von außerhalb der EU die nicht eindeutig nach Katalogen usw. gewöhnliche Massenware sind, eine Einfuhrerlaubnis des entsprechenden Staates einzuholen bzw. vom Versender zu fordern, was für diesen natürlich wiederum einen erheblichen Aufwand fordert, und so den internationalen privaten Kauf und Tausch erschweren kann (was nebenbei bemerkt dem Gedanken der Förderung der – geschwollen ausgedrückt – Völkerfreundschaft und der Vermittlung anderer Kulturen durch die Philatelie zuwider läuft). Ungelöst bleibt wiederum die Frage, wie ohne größeren Ermitllungsaufwand festgestellt werden kann, ob der andere für das einzuführende Objekt überhaupt eine Ausfuhrgenehmigungspflicht besteht. Der Referentenentwurf verweist hier auf die Bereitstellung grundlegender Informationen zu den Regeln anderer Staaten auf dem einzurichtenden Internetportal. Wird dies bei der Einfuhrkontrolle vergleichbar mit der Ausfuhrkontrolle ausreichen, um längere Liegezeiten bei Klärungsfällen zu vermeiden? Es wird abzuwarten sein, wie detailliert die Datenbank sein wird.

Die Nachweislast hat auch Auswirkungen auf eventuell angeordnete Sicherstellungen und Einziehungen nach § 33 zumindest was die Verfahrensdauer angeht. Ich vermag zwar nicht zu erkennen, dass im Entwurf die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Einfuhr insgesamt dem Einführenden auferlegt wird, was aus rechtsstaatlichen Gründen bereits schwer möglich sein wird, allerdings reichen die fehlenden Bescheinigungen zumindest für eine Sicherstellung bis zur Klärung der rechtmäßigen Einfuhr durch die Behörden aus. Zur Klarstellung der letztendlichen Darlegungs- und Beweislast für eine unrechtmäßige Einfuhr usw. beim Staat könnte etwa in § 35 Abs.1 Ziff.1 eingefügt werden, „… der hinreichende Verdacht nach § 33 Abs.1 Nr.1 nach Ermittlungen der Behörde über die anstehende unrechtmäßige Ausfuhr oder die unrechtmäßige Einfuhr entfallen ist….“ Entsprechend bei den anderen Regelungen.

Weitere Analysen zu den Rechtsfolgen bei Verstößen bzw. während Klärungsphasen bei Unsicherheiten folgen.

Mit abendlichen Philagrüßen ! Euer MLJPK
 

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