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Thema: Bund Offsetdruck
Dieter 66 Am: 25.12.2023 00:20:28 Gelesen: 512# 1 @  
Hier möchte ich doch mal kurz auf den Offsetdruck eingehen. Ich habe viele Jahre in der graphischen Industrie gearbeitet. Bei den meisten Rollen- oder Bogenoffsetmaschinen ist die Farbreihenfolge cyan, magenta, yellow und key also schwarz. Schwarz wird nie aus den 3 Grundfarben gebildet, sondern immer autark als viertes Druckwerk. Dann gibt es noch weitere Druckwerke für Schmuckfarben für z.B. Gold oder Silber. Moderne Druckmaschinen können heute bis zu 12 Druckwerke haben.

Wie im Einzelnen der Offsetdruck funktioniert, kann am besten im Internet recherchiert werden. Da gibt es zig Seiten. Das würde hier den Rahmen sprengen.

Hier allerdings noch mal ein Bild der Rasteranordnung der Farben. Das erklärt auch den unterschiedlichen Rasterverlauf bei Briefmarken unter der Lupe.

Wenn man einen Bogen mit einer Lupe untersucht, kann ein bestimmtes Muster der Rasterung erkannt werden. Die Rasterung der vier Farben werden nicht im selben Winkel aufgetragen, hierfür gibt es eine Empfehlung:

Wenn eine falsche Winkelung eingestellt wird, entstehen kreisartige Formen, die dann auch mit freiem Auge zu erkennen sind. Dieser Effekt wird Moiré-Effekt genannt.



Angenehme Feiertage wünsche ich allen.
 
Ben 11 Am: 27.12.2023 09:31:02 Gelesen: 438# 2 @  
@ Dieter 66 [#1]

Guten Morgen,

eine bitte an die Redaktion, den Beitrag #25 in das Thema "Bund Druckverfahren und Druckveredelungen von Briefmarken bestimmen" verschieben, oder ein separates Thema "Bund Offsetdruck" zu eröffnen.

Ich würde in den nächsten Tagen auf den Beitrag antworten wollen.

Danke und VG.
Ben.

[Redaktionell auf Wunsch von Ben kopiert aus dem Thema "Bund: Farben ausgebleicht / verblasst / chemisch beeinflusst"]
 
Ben 11 Am: 28.12.2023 15:54:39 Gelesen: 378# 3 @  
@ Dieter 66 [#1]

Hallo Zusammen,

den Offsetdruck mal etwas genauer zu betrachten, ist eine sehr gute Idee, die ich hier gern mal aufgreifen. Die Rasterwinkel sind ein guter Einstieg.

Die Zählrichtung der Rasterwinkel ist historisch entstanden. Man hat bei der Erstellung der fotografischen Vorlagen eine drehbare Glasplatte mit einem Raster verwendet und diese Platte je nach Farbe gedreht. Ausgangslage war 0° = Senkrecht (= 12 Uhr, oder Kompass-Nord). Gedreht wurde in Uhrzeigerrichtung rechts. Die Praxis hat sich bis heute erhalten. Bei Philatelisten sorgt das regelmäßig für Verwirrung, da Winkel in den Katalogen als mathematische Winkel aus der horizontalen und gegen den Uhrzeigersinn angegeben werden.Ich habe mir angewöhnt, immer den Bezug „aus der Senkrechten“ mit zu nennen, oder von „grafischen“ Winkeln zu sprechen, um eine Abgrenzung von mathematischen Winkeln zu zeigen.

Es wäre jedoch sinnvoll, sich auch in den Katalogen an den Regeln der grafischen Industrie zu orientieren und diese auch anzuwenden, denn Briefmarken sind ein Print-Produkt.

Die Anwendung ist klar definiert. Die stark zeichnenden Farben Cyan, Magenta und Schwarz müssen einen Abstand von 30° haben (bei elliptischen Rasterpunkten sogar 60°), die schwächste Farbe dazwischen mit einem Abstand von 15° zu den Nachbarn.

Für den Betrachter ist die Wahrnehmung von senkrechten / waagrechten Strukturen (0°) besonders deutlich, weshalb hier die schwächste Farbe (Gelb) liegt. Die Wahrnehmung von schrägen Strukturen ist bei 45° am schlechtesten. Hier liegt die stärkste Farbe, meist Schwarz. Damit ergeben sich für die Farben Magenta und Cyan die Winkel 15° bzw. 75°. Auf diesen Winkeln können die Farben getauscht werden.

Wie unterschiedlich Farben auf diesen Winkeln angeordnet werden können, zeigen die Ausgaben der Dauerserie "Welt der Briefe". Hier zum Beispiel das Folienblatt der 5 Cent Marke "Seerose". Dank dem Matrix-Code lassen sich auch die unterschiedlichen Hersteller bzw. Nachauflagen genau zuordnen.



Die Anordnung von Magenta beginnt bei 15°, erscheint auch in 45° und schließlich auch auf 75°. Wichtig ist: wenn eine Farbe ihren Rasterwinkel ändert, ist dieser mindestens bei einer weiteren Farbe auch anders.

Links würde Schwarz auf 45° liegen, in der Mitte hingegen auf 15° und rechts wieder auf 45°.



Ein Moiré ist ein störendes Muster, das durch Überlagerung von mehreren regelmäßigen Rastern entsteht und durch den Betrachter wahrgenommen wird. Wobei die Betonung hier auf "störend" liegt. Die Winkellage der Raster begünstigt das Entstehen von Moirés, ist aber keine Bedingung. Moirés können auch durch Passerverschiebungen beim Druck entstehen und durchaus „schmerzhaft“ sein, wie die Passerverschiebung bei der "Hochwasserhilfe" aus 2002 zeigt. Das Muster verläuft in fast senkrechten Linien. Die Verschiebung der Farben wirkt beinahe "Schmerzhaft".



Streng genommen ist die bekannte Offset-Rosette, das kreisförmige Muster der Rasterpunkte auch ein Moiré. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass dieses Muster nicht als störend wahrgenommen wird. Für manche ist das mittlerweile sogar ein Qualitätskriterium.

Man diskutiert über Offset-Rosetten mit Punkt in der Mitte oder ohne. Ziel sollte es jedoch sein, solche Rosetten generell zu vermeiden.



Viele Grüße
Ben.
 
Ben 11 Am: 28.12.2023 18:26:08 Gelesen: 355# 4 @  
@ Dieter 66 [#1]

Bei den meisten Rollen- oder Bogenoffsetmaschinen ist die Farbreihenfolge cyan, magenta, yellow und key also schwarz. Schwarz wird nie aus den 3 Grundfarben gebildet, sondern immer autark als viertes Druckwerk.

Wenn in der Praxis von Cyan, Magenta, Yellow und Key, also CMYK, gesprochen wird, dann wird im Besonderen das gleichnamige Farbmodell gemeint, welches die Grundlage für den 4-farbigen Offsetdruck ist. Das Modell beschreibt, aus wie großen Anteilen der Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb sich das gedruckte Bild zusammensetzt. Aus den drei Farben lassen sich durch subtraktive Farbmischung viele weiteren Farbnuancen erzeugen. Alle drei Farben zusammen ergeben in der Theorie Schwarz. In der Praxis ist dieses jedoch eher ein stumpfes, mattes und dunkles Braun. Deshalb wird zusätzlich und ggf. als letztes eine kräftige schwarze Farbe gedruckt. Die Bezeichnung „Key“ weißt auf die „Schlüssel“-Bedeutung der Lage des Rasters hin. An der Lage dieses Farbrasters werden alle anderen Farben ausgerichtet. Wenn von Passerverschiebungen gesprochen wird, dann beziehen sich diese immer auf Schwarz.

Die schwarze Farbmischung kann man gut von einer alleinstehenden schwarzen Farbe unterscheiden. Kürzlich hatte ich einen Kleinbogen 145 Cent "Schwertlilie" zur Untersuchung, an dem man beides gut sehen konnte.

Im unteren Bildbereich der Marke, am Stiel der Blume, sieht man auf der linken Seite (roter Pfeil) die eigenständige schwarze Farbe auf einem Winkel von 15°, während auf der rechten Seite (oranger Pfeil) das Schwarz aus der Farbmischung zu sehen ist.

Das Unterscheidungsmerkmal für die Farbmischung sind hier die dunklen Rasterpunkte auf 75°, die ursprünglich von der Farbe Magenta stammen. In Zusammenwirken mit Cyan und Gelb werden Teile dieser Punkte zu einem Schwarz.

Eine alleinstehende schwarze (Ruß-) Farbe sieht man unter dem Mikroskop oder einer guten Lupe (10-fach) als kräftige, tiefschwarze Farbe, die durchaus erhaben, also von hoher Farbschichtdicke ist und glänzend erscheint.



CMYK definiert nicht die Reihenfolge der Farben in der Druckmaschine, obwohl man damit auch Drucken könnte. Praktisch kann z.B. die Reihenfolge von Magenta – Gelb eine andere Wahrnehmung hervorrufen, als Gelb – Magenta. Die Reihenfolge der Farben in der Maschine wird demnach bestimmt durch das Bild, was man erzeugen will. Gut zu sehen ist das im Video zur Herstellung der Briefmarke der „Sendung mit der Maus“.

In den meisten Marken befinden sich die Seltenen-Erden-Pigmente in der gelben Farbe. Anhand der Fluoreszenzreaktion auf IR-Licht kann man sehen, wo Gelb gedruckt wurde. Alleinstehend im gelben Balken des Regenbogens ist die grüne Fluoreszenz sehr kräftig. Ähnlich im Bereich des benachbarten Grün. Hier liegt zum Gelb noch etwas Cyan, die Rasterpunkte überlagern sich jedoch wenig. In den Bereich des roten Bogens ist die Reaktion deutlich schwächer und im benachbarten grün-blauen Hintergrund am schwächsten ausgeprägt. Hier liegen eine geschlossene Fläche Cyan und Rasterpunkte von Magenta über dem Gelb.



An diesen "sekundären" Unterscheidungen kann man die Reihenfolge der Farben gut bestimmen. Hier ist sie Gelb - Cyan - Magenta - Schwarz (nur zur Unterstützung einzelner Linien).

Moderne Druckmaschinen können heute bis zu 12 Druckwerke haben.

Wobei für die Konfiguration der Maschine dann 6 Farben auf der Vorderseite und nach einer Bogenwendung nochmal 6 Farben für die Rückseite gedacht sind. Die Aufteilung kann auch 5 Farben + Lackierung auf beiden Seiten sein.

Die Rollenoffsetmaschine der Bundesdruckerei hat 6 Druckwerke und zusätzlich ein Flexodruckwerk.

VG Ben.
 
Dieter 66 Am: 28.12.2023 23:54:51 Gelesen: 322# 5 @  
@ Ben 11 [#4]

Hallo Ben, super detailreiche Erklärung.

Auch die praktische Darstellung an Hand der Marken.

Also ein wenig weiter her geholt, ist der Flexodruck am besten mit einem Stempel vergleichbar.

Ein wenig anders als Offsetdruck. Am besten im Internet recherchieren.

Viele Farbmanipulationen wurden wohl an Marken der 60er/70er Jahre vorgenommen.

Hier ein Bild aus den Anfängen des Offsetdruckes. Der Druck entstand auf einer der ersten 4 Farben Offsetmaschinen die damals an eine Druckerei geliefert wurde. Das war 1967. Leider steht mir das Original nicht zur Verfügung. Daher ist das Raster kaum zu erkennen.



Gruß Dieter
 
Dieter 66 Am: 29.12.2023 23:03:26 Gelesen: 269# 6 @  
@ Dieter 66 [#5]

Hier ein Beispiel der Farbdruckreihenfolge einer mehrfarbigen Briefmarke.

Bei diesem Offsetdruck wurden als erstes 2 Sonderfarben verwendet (speziell angemischt) und dann die ymck Reihenfolge. Ein Druck mit 6 Druckwerken.

Oben dann das Endprodukt.



Gruß Dieter
 
Ben 11 Am: 30.12.2023 14:54:16 Gelesen: 227# 7 @  
@ Dieter 66 [#6]

Im Philatelie-Shop Weiden bekommt man ein kleines Büchlein "Druckverfahren Deutscher Briefmarken" von 2011, das einen ganz guten Einblick in die Technologie der Briefmarkenherstellung zeigt. Als Einstieg in das Thema gut geeignet, wenn man sich das Fachgebiet vertiefen möchte.

Hier wird anhand der "Himmelsscheibe von Nebra" auch der mehrfarbige Offsetdruck beschrieben. Die 8 Druckschichten (7 Farben + Lack) werden schön gezeigt.



Die Marke selbst verrät noch etwas mehr, als im Buch gezeigt wird. Die äußere Fläche zeigt ein nach grau neigendes Orange (Pantone 406) auf einem grafischen Winkel von 15°. Daneben Schwarz mit einer Lackierung oben auf.



Die Farbraster zeigen einen Punktschluss, d.h., die Rasterpunkte berühren sich in den Quadranten. Während die grau-orange Farbe runde Rasterpunkte mit 4 Kontaktseiten hat, zeigt die schwarze Farbe elliptische Rasterpunkte mit zwei Kontaktseiten. Entsprechend der Anwendung elliptischer Rasterpunkte liegt der Rasterwinkel hier nun bei 135°. Das ist schon etwas gewagt, denn das gescannte Bild der Marke oben zeigt eine Anfälligkeit zum Moiré in der schwarzen Farbe.

Suchen wir uns die gelbe Farbe zur Orientierung, finden wir die 0° Rasterlage am ehesten im Rand der Scheibe. Weiter in der Mitte finden wir Magenta mit 15° und auch Cyan auf 75°. Die Regeln zum Abstand bei elliptischen Rasterpunkten von 60° werden also eingehalten.



Es gibt dann noch Gold als letzte Farbe oben auf. Eine recht dünne Schicht, eventuell ungerastert. Metallpigmentierte Farben sind in Offset aufgrund der Größe der Pigmente schwierig zu drucken.



Die Lackierung auf Schwarz um die Scheibe herum ist wegen des Glanzes gut zu sehen. Hier liegen auch die Seltenen-Erden-Pigmente. Im inneren der Scheibe gibt es keine Lackierung, aber auch eine schwache Reaktion auf IR-Licht. Ein Indiz dafür, dass auch in Gelb solche Pigmente vorhanden sind, aber wegen der Farbüberlagerung nur schwach leuchten.



Die Bilder wurden mit einem USB-Mikroskop bei 100-facher Vergrößerung erstellt. Die IR-Aufnahmen sind Fotografien.

Ich wünsche viel Spaß beim Forschen und ein gesundes Neues Jahr, wenn's denn soweit ist.
Ben
 
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