Thema: Sütterlin und andere Schriften - wer kann das lesen ?
evwezel Am: 13.03.2024 10:29:18 Gelesen: 10269# 3358@  
Liebe Sammlerfreunde,

jemand hat mich freundlich darauf hingewiesen, das ich in meinem Beitrag # 3354 die Wörter "schmeckvolles" (schmackvolles) and "Festmal" ("Festmahl") nicht richtig geschrieben habe. Ich entschuldige mich für diese Verletzungen der deutsche Rechtschreibung und vermutlich werden es auch nicht die letzten Fehler sein... Es gibt aber immer Hoffnung auf Verbesserung. Wie mein Lateinlehrer damals schon sagte: „repetitio est mater studiorum“ („Wiederholung ist die Mutter der Studien“). Nun genug darüber.

Ihr kennt inzwischen meine Vorliebe für Feldpostbriefe. Heute zeige ich Euch wieder einen Brief von Unteroffizier Karl, geschrieben am 10. April 1916. In diesem Brief ist mir eigentlich nur ein Wort nicht ganz klar ("Inbelr." ; vermutlich eine Abkürzung). Hat jemand von Euch vielleicht eine Lösung dafür?

Viele Grüße,

Emiel

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Waldlager, den 10.IV.16.

Meine liebe Josefine!

Mit vielem herzlichen Dank
erhielt ich Deine lieben Zeilen & habe mit
großem Interesse die Neuigkeiten daraus
erfahren. Zunächst freute es mich sehr, dass
zu Hause alles wohlauf ist. Dasselbe kann
ich auch von mir sagen. Mit großem
Vergnügen las ich weiter, dass Gertrud ein
solch schönes Zeugniss mit nach Hause
gebracht hat; ich gratuliere sie recht
herzlich dazu & werde auch nicht verfehlen[1]
ihr morgen od.[2] in den ersten Tagen einen
Briefchen zu schicken. Inbelr.(?) Josef ist
es ja recht bedauerlich; hoffen wir aber wo
er jetzt die nötige Unterlage hat, dass
er sein Ziel doch noch erreicht. Wielange
ist denn eigentlich Traudchen[3] dort ge-
wesen; kam sie nur um den Onkel
guten Tag zu sagen? Die erfreuliche
Nachricht, dass es dem armen Herrn
so leidlich wieder geht[4], habe ich mit
großem Interesse & Freude gelesen &

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mögen ihm noch recht viele glückliche
Stunden vergönnt sein. Lb. Josefine!
Ich habe Euch vor einigen Tagen geschrieben
ihr möchtet mir etwas Butter schicken; ich
habe dabei aber nicht bedacht, dass ihr selbst
kaum welche bekommen könnt.[5] Solltet
ihr sie noch nicht abgeschickt haben, so
lass es nur denn wir werden schon sehen,
dass wir durchkommen. Seit einigen
Tagen ist es hier wieder sehr lebhaft.
Unmenge von Truppen, Kolonnen & Batterien
sind hier durchgekommen & war es die
Nacht ganz schrecklich. Das Glas ist bei
mir aus dem Rahmen gefallen. Sämtliche
Gegenstände die nicht fest hingen(?)[6] lagen auf
der Erde & glich alles einem Wirwarr.
Der Pulvergeruch zieht sich hier bei uns herü-
ber & war es gerade nicht angenehm hier.
Nun, wenn wir nur wieder gesund
wiederkommen, so wollen wir zufrieden
sein & Gott danken.
Für heute sei nochmals ge-
dankt für die frdl. Zeilen; mit herzlichem
Gruß auch an die lb. Eltern & übrigen
Geschwistern bin ich Dein treuer
Bruder Karl

Über deine tadellose Maschinenschrift
habe ich mich gewundert „Lässt sich nichts
zu wünschen übrig.“


[1] versäumen
[2] oder
[3] Kurzform für Gertrud
[4] Es geht ihm wieder leidlich = Es geht ihm wieder einigermaßen gut
[5] Die Versorgung mit Milch, Butter, Eiern und Fleisch brach zeitweise völlig zusammen. Siehe auch https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/alltagsleben/lebensmittelversorgung.html.
[6] Der Punkt steht nicht auf dem i, sondern auf dem n. Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob “hingen” richtig ist.


 
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