Thema: Belege aus der eigenen Familiengeschichte
volkimal Am: 12.04.2013 16:42:03 Gelesen: 309408# 15@  
Hallo zusammen,

von den Ur-ur-Großeltern fehlen in der Vorstellungsrunde nur noch Friedrich Wilhelm Quinckardt und seine Frau Elise geb. Lehmann. Ich möchte mit Friedrich Wilhelm Quinckardt beginnen.



Ur-ur-Großvater Friedrich Wilhelm Quinckardt wurde 1842 in Magdeburg geboren. Nach dem Besuch der Handels-Akademie in Gera war er als Handlungsreisender in Magdeburg tätig. 1867 gründete er zusammen mit seinen Bekannten Carl Köhler in Berlin eine Chemikalien-Engros-Handlung. Das Unternehmen vergrößerte sich zusehends und gewann überall einen guten Ruf. Der Krieg 1870/71 schadete dem Geschäft und sein Partner schied 1872 aus der Firma aus. 1875 verkaufte Friedrich Wilhelm Quinckardt aus gesundheitlichen Gründen die Firma und blieb nur stiller Teilhaber.

Aus demselben Grund zog er 1880 nach Charlottenburg in die Berliner Straße 41, an die auch diese Karte geschickt ist. Sein erstes eigenes Haus baute er 1884 in der Bismarckstraße. 1893 ließ er sich am Stuttgarter Platz in Charlottenburg ein herrschaftliches Wohn- und Geschäftshaus bauen. Dort lebte er bis zu seinem Tode im April 1904.



Von Fotoansichtskarte des Hauses habe ich leider nur dieses ungebrauchte Exemplar. Vor einigen Jahren gab ich einmal den Namen meines Urgroßvaters ins Internet ein. Ihr könnt Euch vorstellen, wie erstaunt ich war, einen ca. 30-seitigen Bericht über das Haus von Ururgroßvater und das Nachbarhaus zu finden. Daraus stammen die folgenden Zeilen:

1893 ließ F.W. Quinckardt durch den Bauunternehmer Otto Emil Alfred Schrobsdorff am Stuttgarter Platz 16 in Charlottenburg ein herrschaftlichen Wohn- und Geschäftshaus errichten. Zusammen mit dem Nachbarhaus bildete es eine imposante Doppelanlage. Die Wohnungszuschnitte und -größen des Vorderhauses entsprechen denen des Hauses Stuttgarter Platz 15, sind aber wie das gesamte Haus spiegelverkehrt angelegt. Friedrich Wilhelm Quinckardt wünschte für sein Haus ein höheres Dach als das des Nachbarhauses vom Baukönig Schrobsdorff, zwei hohe, getreppte Spitzgiebel sowie auf dem hohen Dach noch einen spitzen Turm.

Nach dem 2. Weltkrieg wird das Haus Stuttgarter Platz 16 bei der Behörde als "mittelschwer" zerstört registriert. Im Zuge des neuen Denkmalschutzgesetzes wird das Vestibül des Hauses im April 1995 auf die Liste der Baudenkmäler in Berlin gesetzt. Rechts ist das Haus im Jahre 2008 zu sehen.



Der Stuttgarter Platz war eine begehrte Wohnlage, standen die Häuser doch genau gegenüber dem Bahnhof, auf dem die kaiserliche Familie auf dem Weg zum und vom Schloss Charlottenburg Station machte. Der Pfeil deutet auf das Haus von Ur-ur-Großvater. Die vornehme Wohnlage hat sich inzwischen gründlich verändert. In vielen Städten, so auch in Charlottenburg, ist das Bahnhofsviertel zur Erotikmeile geworden. Wie in fast jedem Haus befindet sich im Haus Stuttgarter Platz 16 inzwischen unten rechts ein Nightclub. Die rechte Karte hat Urgroßvater Oswald Hentschel (der Schwiegersohn von F.W. Quinckardt) an seine Tochter geschickt. Sie besuchte gerade ihren Großvater F.W. Quinckardt in Berlin.



Die Berliner Privatpost und Spedition A.G. (Berlin G) nahm am 1. Oktober 1895 ihre Arbeit auf. Im Tarifheft von 1896 entdeckte ich, dass sich im Haus „Stuttgarter Platz 16“ eine Annahmestelle dieser Privatpostanstalt befand. Im Juni 1987 wurde die Berliner Privatpost und Spedition A.G. von der Packetfahrt (Berlin B) übernommen. Die Marken und Ganzsachen der Privatpost konnten aber ausnahmslos und zeitlich unbegrenzt weiter verwendet werden.

Soweit für heute. Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende
Volkmar
 
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