Thema: Deutsches Reich Feldpost 1. Weltkrieg
Das Thema hat 805 Beiträge:
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Lars Boettger Am: 12.03.2023 18:38:12 Gelesen: 99515# 706 @  
Die Feldpostkarte hätte es so m.E. nach nicht geben dürfen. Nach der Besetzung von Luxemburg am 1. / 2. August 1914, sind auch die Postbüros besetzt worden. Aber relativ schnell nahmen die luxemburgischen Postbeamten wieder Post an. Die gezeigte Karte hat erst einmal nicht das Postsystem verlassen. Sie zeigt keinen Übernahmestempel von einer deutschen Feldpoststation. Ich gehe davon aus, dass sie den Empfänger in Dortmund erreicht hat.

Die luxemburgische Regierung blieb während des Krieges neutral. Die luxemburgische Verwaltung bestand weiter. Normalerweise hätte die Karte entweder nach dem geltenden Tarif mit dem Deutschen Reich mit 5 Centimes frankiert werden müssen oder sie hätte als unfrankierte Postkarte behandelt werden müssen. Beides ist nicht geschehen, der Vermerk "Feldpost" wurde innerhalb des Großherzogtums in den Anfangswochen akzeptiert.

Beste Grüße!

Lars


 
DFP14-18 Am: 13.03.2023 18:09:17 Gelesen: 99473# 707 @  
Hallo Lars,

Ich sehe die Sache so: Es handelt sich um eine Karte die als "normale" Feldpostkarte zu werten ist. Die luxemburgischen Posteinrichtungen waren schon in den ersten Augusttagen 1914 von deutschen Soldaten besetzt. Diese wurden jedoch nicht geschlossen. Eine deutsche Feldpoststation gab es noch nicht, sie wurde mit der FPSt No 1 erst ab Ende des Monats eingerichtet (erster Stempelnachweis 29.8.14). Aus diesem Grund wurden die luxemburgischen Posteinrichtungen wie deutsche Feldpoststationen für den Versand von Feldpostsendungen durch deutsche Soldaten benutzt. Es wurden deshalb auch keine Gebühren erhoben. Auch Zensurmaßnahmen unterblieben vorerst, soweit die Zieladresse nicht in Elsass-Lothringen lag (Spionage-Verdacht). Zivile Post musste hingegen frankiert werden (5 Centimes).

Ich denke, dass ich mit dieser Einschätzung richtig liege.

Schönen Gruß
Uli

Noch 2 Beispiele:


 
Lars Boettger Am: 13.03.2023 22:27:39 Gelesen: 99453# 708 @  
@ DFP14-18 [#707]

Hallo Uli,

vielen Dank für Deine Antwort! Du hast recht, es gab erst am 28. August 1914 eine fest eingerichtete Feldpoststation am Bahnhof von Luxemburg. Aber es gibt genügend Post von Soldaten in Luxemburg, die Anfang August 1914 über mobile deutsche Feldposteinrichtungen eingeliefert wurden. Auch bei den Zensurmassnahmen bin ich aufgrund der Beleglage anderer Meinung. Ja, Zensur in Elsass-Lothringen fand statt, aber das heisst nicht, dass in anderen Teilen Deutschlands nicht auch zensuriert wurde.

Anbei ein Beleg, der am 8. August 1914 im Postamt in Luxemburg-Bahnhof eingeliefert und dann einem deutschen Feldpostamt übergeben wurde.

Beste Grüße!

Lars


 
DFP14-18 Am: 14.03.2023 16:03:05 Gelesen: 99424# 709 @  
@ Lars Boettger [#708]

Hallo Lars,

meine Antwort ist ja und nein.

Ich habe eine Reihe von Belegen aus dem August 1914, wo Feldbriefe und Feldpostkarten über die Landespost in Luxemburg ins Reich versendet wurde; dies ohne Frankierung ("Feldpost über Landespost befördert") und wenige auch mit Frankierung (etwas später). Im August war die Anwesenheit von deutschen Feldpoststationen noch sehr unsicher und wechselnd, je nachdem, welche Truppen gerade anwesend waren. Wie gesagt war eine feste Station (FPSt 1) erst Ende des Monats anwesend.

Der heute gezeigte Beleg trägt den FP-Stempel der 16. Inf.-Division, deren Regimenter am 2.8.14 als erste die luxemburgische Grenze überschritten. Das ist der Stempel der Division die zuerst die zugehörige FP-Einrichtung nachgeführt hatte; also der erste deutsche FP-Stempel der möglich war. Dieser Stempel (Handbuch-Nr. 547 des gültigen Kataloges der ArGe Deutsche Feldpost 1914-1918) ist erstmals am 7.8.14 nachgewiesen, und dies in Luxemburg. Man erkennt auf dem gezeigten Beleg, dass am 8.8.14 noch mit dem Ortsstempel gestempelt wurde und am nächsten Tag nochmals mit dem deutschen FP-Stempel nachgestempelt wurde. Auch solche Belege gibt es. Es zeigt nur die noch nicht geordneten Verhältnisse in diesem Zeitraum. Diese unfrankierten Belege sind im Sinne der gebührenfreien Feldpostbeförderung zu sehen.

Zur Zensurpost: In der ersten Zeit des August kenne ich noch keine Zensuren auf derartigen Belegen aus Luxemburg. Dann zuerst nur auf Belegen die nach Elsaß-Lothringen (bzw. grenznahe Gebiete wie auch z.B. Köln) adressiert waren, da dieses Gebiet als besonders anfällig für Spionage war. Meines Wissens nach wurde zuerst durch die Auslandsstelle Trier zensiert; ab wann genau ist mir gerade nicht bekannt.Natürlich gab es ansonsten überall auch Zensurmaßnahmen ins oder aus dem Ausland, das ist bekannt. Aber ich bin auch nicht der Spezialist für die Auslandzensuren.

Es ist ein spannendes philatelistisches und militärhistorisches Thema. Bin weiterhin gespannt.

Gruß Uli
 
Lars Boettger Am: 14.03.2023 18:21:15 Gelesen: 99405# 710 @  
@ DFP14-18 [#709]

Hallo Uli,

das Kommunikationsbedürfnis der deutschen Truppen war enorm. Und ich verstehe, dass Feldpostämter erst nachgeführt werden mussten. Wo ich persönlich etwas in Erklärungsschwierigkeiten komme, ist die Nutzung der großherzoglich-luxemburgischen Postanstalten. Vor allem, warum Luxemburg die Portofreiheit akzeptiert hat. Die für mich einzig logische Erklärung ist, dass sie keine Wahl hatten. Die deutschen Soldaten hielten die Postämter besetzt, die deutschen Soldaten haben bei den Postämtern ihre Post abgegeben, die luxemburgische Post hat - zumindest im Monat August 1914 - die Feldpost ohne ausreichende Frankatur befördert.

Mein erster Beleg aus Luxemburg mit deutscher Zensur ist vom 7. August 1914 (Saarbrücken / grenznah), mein zweiter Beleg mit deutscher Zensur aus Luxemburg ist vom 16. August 1914 (Stuttgart). Ab Mitte Oktober 1914 wurden die Belege aus und nach Luxemburg über die Zensurstelle in Köln geleitet, aber Ende November 1914 über die Zensurstelle in Trier.

Beste Grüße!

Lars


 
DFP14-18 Am: 15.03.2023 15:29:05 Gelesen: 99357# 711 @  
@ Lars Boettger [#710]

Moin Lars,

genauso sehe ich das auch. Die Postanstalten waren besetzt, deutsche Feldpoststempel waren aber meist nicht vorhanden, und frühestens ab 6.8.14 der der 16. ID; dieser auch wiederum nicht für jeden erreichbar. Portofreiheit konnte seitens Lux. vermutlich nicht durchgesetzt werden. Andererseits war Lux. als neutrales Ausland....

Zensurmaßnahmen gibt es natürlich im ganzen Reichsgebiet, und bereits direkt bei Kriegsbeginn wurde Zensur angeordnet. Zu berücksichtigen ist aber, dass der rasante Vormarsch der deutschen Verbände eine geordnete und vollständige Zensur nicht einhalten konnte. Gerade in der ersten Augusthälfte ist dies erkennbar. In meinem Bestand sind die Zensuren vornehmlich aber nicht ausschließlich durch die Auslandsstelle Trier erfolgt.

Gruß von der teils verschneiten Nordsee
Uli
 
HWS-NRW Am: 01.04.2023 19:47:56 Gelesen: 96113# 712 @  
Einen weiteren interesanten Beleg erhielt ich heute beim Phila-Treff von Jürgen überreicht:



Nicht nur den Ritter Götz von Berlichingen konnte man seinerzeit mit einer "künstlichen Hand" überraschen. Für einen im Reservelazarett VII in Dresden wartenden Soldaten kündigte eine auch in Dresden ansässige Firma für Aluminiumwaren ein "Ersatzteil" für einen im Krieg "verloren" gegangenen Finger an.

Ich finde, ein herrlicher Beleg aus der Nachkriegszeit, ich werde ihn auf jeden Fall in meiner Zweitauflage-Buch "Militär-Sanitätswesen" mit aufnehmen.

mit Sammlergruß und einem Danke schön an Jürgen Witkowski.
Werner
 
Shinokuma Am: 02.04.2023 20:51:54 Gelesen: 96050# 713 @  
@ DFP14-18 [#711]

Hallo Uli und Lars,

ihr seid ja in diesem Thread besonders aktiv. Passend zu den letzten von euch gezeigten Karten möchte ich heute auch 2 Feldpostkarten aus dem ersten Kriegsjahr 1914 beisteuern; beide vom selben Absender an die selbe Empfängerin, Fräulein Hansi Dörcken in Wetter a.d. Ruhr. Und beide abgestempelt in der 2. Gardeinfanteriedivision der kaiserlich Deutschen Feldpostexpedition.



Diese erste Karte wurde am 28.8.1914 im nordfranzösischen Dorf La Capelle geschrieben. Der Text lautet:

"Die herzlichsten Grüße aus Frankreich sendet Dir Wolf.
Sind gestern über die belgische Grenze 80 km Frankreich.
Heute kämpfen wir vielleicht noch gegen die Engländer.
Gestern haben wir 4000 Engländer gefangen genommen und 7 ..." (das letzte Wort kann ich nicht entziffern)



Die zweite Karte aus der Adventszeit wurde am 4.12.1914 aus einem Ort geschrieben, den ich nicht finden kann, da die Aneinanderreihung der einzelnen Buchstaben zu keinem Ergebnis führen. Der Text lautet:

"Liebe Hansi! Deine Karte vom 22. eben erhalten. Herzl. Dank. Es grüßt Euch alle herzl. Euer Wolf.
Bitte um Weihnachtsmänner von Schokolade für Weihnachten."

Offensichtlich war der Absender nicht an vorderster Front und litt nicht wirklich Not.

Fraglich bleibt, ob es sich bei der Empfängerin um die Braut oder um die Schwester handelte, was angesichts der aufrichtigen Glückwünsche (Felicitations Sinceres) auf der ersten Karte anzunehmen wäre.

Mit herzlichen Grüßen

Gunther
 
skribent Am: 03.04.2023 15:06:42 Gelesen: 96008# 714 @  
Guten Tag!

Mittels einer Ansichtskarte, auf der der Brüsseler Justiz-Palast abgebildet ist,



sandten die beiden Armeeangehörigen Gustav und Friedrich Uhde ein paar Ostergrüße nach Berlin-Hirschgarten.



Versehen mit dem Briefstempel Militär-General-Direktion der Eisenbahnen in Brüsel *Feldintendantur* wurde die Feldpost-Karte im Postamt auf dem Brüsseler Nordbahnhof am 24.4.1916 aufgeliefert.

MfG >Franz<
 
DFP14-18 Am: 03.04.2023 21:29:12 Gelesen: 95978# 715 @  
Hallo Gunther,

da Du mich in Deinem Beitrag genannt hast, möchte ich Dir etwas dazu antworten.Der Schreiber (Gefreiter Renfordt) befand sich offensichtlich beim Stab der 2.Garde-(Infanterie)Division, die dem Gardekorps zugehörig war, dieses wiederum gehörte zur 2. Armee. Da er sich beim Divisionsstab befand, lag er nicht unmittelbar in der Frontlinie. Die 1. Karte schrieb er am 28.8.1914 aus La Capelle. Dieser Ort liegt auf halber Strecke zwischen Namur (Belgien) und St Quentin (Frankreich) und schon auf französischem Gebiet. Die Schlacht bei Namur 23.-24.8.1914 war geschlagen und das die 2. Armee mit dem Korps befand sich im Aufmarsch zur Schlacht bei St. Quentin, die am 29.8.14 (also am nächsten Tag) begann. Die 4000 gefangenen Engländer waren wohl ein wenig übertrieben, auch wurden diese eher von benachbarten Einheiten der 1. Armee genommen. Insgesamt hast Du einen schönen und interessanten Beleg gezeigt.

Nach dem bekannten Rückzug an der Marne (1. Marneschlacht) erfolgte als neue Strategie der "Wettlauf zum Meer". Im Rahmen dieser Operation wurde das Gardekorps der 6. Armee überstellt. In diesem Verband kam es in die Gegend von Namur ("Erste Flandernschlacht" = Ypernschlacht vom 20.10.- 18.11.1914). Deine 2. Karte wurde am 6.12.14 in Gheluwe geschrieben, dieser Ort liegt südöstlich von Ypern. Es herrschte relative Ruhe bevor das Korps am 8.12.14 - also 2 Tage später - von Ypern abgezogen und nach kurzer Reserve in die Champagne verlegt wurde.

Nun habe ich mehr geschrieben als ich vorhatte, aber so kannst Du Deine beiden interessanten Karten zeitlich und örtlich gut einordnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf meine Publikation über "Die ersten 40 Tage des 1. Weltkrieges" hinweisen, die ich 2014 zum Rückblick auf den Beginn des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren veröffentlicht habe. Tag für Tag wird beschrieben mit reichlich Abbildungen von Belegen u.a. Bei Interesse bitte melden.



Beste Grüße
Uli
 
evwezel Am: 13.06.2023 12:07:06 Gelesen: 83394# 716 @  
Liebe Sammelfreunde,

Ich zeige Euch zwei Postaufgabestempel der Stadt Coblenz, kopiert von einer Feldpostkarte.

Was mich interessieren würde, ist was „* 2 3“ und „* 1 f“ hier eigentlich bedeutet (es gibt übrigens noch viel mehr Kombinationen). Könnte jemand etwas dazu sagen?

Viele Grüße,

Emiel


 
volkimal Am: 13.06.2023 12:47:06 Gelesen: 83382# 717 @  
@ evwezel [#716]

Hallo Emiel,

Die Zahl unten in der Mitte ist die Postamtsnummer. Links und rechts sind Unterscheidungszeichen. Jeder Stempel im Postamt hatte eine andere Zeichenkombination. Im Linken Stempel sind die Unterscheidungszeichen "* a" (keine 3). Der rechte Stempel hat die Zeichen "* f".

Wenn es in einem Ort nur ein Postamt gibt, so entfällt die Postamtsnummer und dort ist ebenfalls ein Stern.

Gibt es in einem kleinen Postamt nur einen Stempel, so entfällt der Buchstabe und dort ist ebenfalls ein Stern.

Gibt es nur ein Postamt, das nur einen Stempel hat, steht unten "* * *".

Viele Grüße
Volkmar
 
evwezel Am: 13.06.2023 13:20:27 Gelesen: 83368# 718 @  
@ volkimal [#717]

Hallo Volkmar,

Vielen Dank! Du hast wirklich eine Antwort auf alles ! :-)

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 21.06.2023 20:50:53 Gelesen: 81158# 719 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich zeige Euch eine Feldpostkarte vom Ersten Weltkrieg mit dem folgenden Stempel:

"SOLDATENHEIM,
Gesellenhaus, Gerichtsstr. 6
Coblenz"

Weiß jemand vielleicht, ob von diesem Soldatenheim noch alte Bilder existieren?

Viele Grüße,

Emiel


 
evwezel Am: 22.06.2023 13:08:16 Gelesen: 81024# 720 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich habe einen Feldpostbrief mit (u.A.) folgenden Informationen auf dem Umschlag:

Absender:
Kanonier W. Ackermann
Landwehr Fußart. Batln. I/38
Deutsche Feldpost 239

Feldpoststempel:
K.D. Feldpoststation
8.9.17.10-11V
* Nr 239 *

Briefstempel:
Landw.-Fußartl.-Rgt. No 38 1. Batterie


Könnte mir jemand etwas sagen bezüglich der Standorte der Absender? Laut dem Brief war Herr Ackermann in Stellung auf dem Balkan am 8. September 1917:

Ihre Karte, die Sie mir nach der schweren Arbeit des Zeugnisschreibens zukommen ließen, hat mich am 7.8. im Lazarett Rabrovo[1] erreicht.

(...)
Als ich nun entlassen wurde, konnte ich den Weg zu meiner Batterie zu Fuß zurücklegen.

(...)
Ich ging am Bahnhof Dedeli vorbei und wanderte mühselig den Furkapaß[2] hinauf. Ab und zu erkundigte ich mich bei einem Bulgarski, ob ich noch auf den richtigen Wege nach (Hozi?) Obasi[3] sei. Dort liegt das Biwack unserer Batterie.

(...)
Wir halten hier in der Nähe des Doiran-Sees[4] treue Wacht.


[1] Siehe https://en.m.wikipedia.org/wiki/Rabrovo,_Valandovo
[2] Siehe Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Furka,_North_Macedonia
[3] Der Ortsname is leider nicht gut lesbar.
[4] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Dojransee

---


 
DFP14-18 Am: 22.06.2023 17:49:28 Gelesen: 80957# 721 @  
@ evwezel [#720]

Hallo,

die Örtlichkeiten sind doch schon recht genau beschrieben und der Weg, den der Kanonier Ackermann gegangen ist ist gut verfolgbar. Nur der Ort Obasi ist unklar. Dieser lässt sich in keinem (auch kriegshistorischen) Atlas oder anderer Orts-Lexika finden. Vielleicht ist ja ein Scan des Namens von irgend jemandem anderem besser zu lesen.

Die Feldpost 239 lag zu dieser Zeit in Dojran, also direkt am Dojran-See, und somit in der Nähe der beschriebenen Orte "Dedeli" und Furka-Pass in Nordmazedonien.

Insofern ist alles stimmig.

Das Landwehr-Fußartillerie-Bataillon 38 war vom 14.4.1917 - 22.11.1917 der 1. bulgarischen Armee unterstellt.

Was hier aber sehr auffällig ist: Der abgeschlagene Vollstempel (Katalog-Nr. 2154) durfte eigentlich ab 15.2.1917 auf normalen Feldpostsendungen nicht mehr verwendet werden, er war nur für nachzuweisende Sendungen (z.B. Einschreiben usw.) zulässig. Es musste für einfache Feldpostbriefe- und karten ausschließlich ein ausgestanzter oder stummer Tarnstempel verwendet werden. Allerdings wurde der hier verwendete Stempel nicht ausgestanzt (aptiert) und nachweislich weiter verwendet, aber eben nur für z.B. R-Briefe.

In meiner Sammlung gibt es für den Zeitraum Februar bis Oktober 1917 offensichtlich nur einen Normstempel mit ***, welchen ich auf 15 Belegen vorliegen habe. Zwei verschiedene aptierte Stempel gibt es erst in der letzten Phase ab Oktober 1917 (Phase III) durch Tausch mit einer bisher unbekannten Feldpostanstalt.

Es ergeben sich deshalb 3 Möglichkeiten:

- entweder liegt ein Stempelirrtum des Datums vor, z.B. 1916 statt 1917 (das kann mit einem Vergleich der handschriftlichen Datumsangabe auf dem Brief kontrolliert werden)
- oder der Stempel wurde gegen die gültigen Vorschriften verwendet.
- oder es war für die Feldpost 239 eine Zweigstelle eingerichtet worden und dafür nur dieser Stempel vorhanden. Eine solche Zweigstelle ist aber bisher nicht bekannt!

So birgt jeder Feldpostbeleg sein eigenes Geheimnis!

Anbei noch ein Beleg aus meiner Sammlung von der gleichen Einheit, nur von der 2. Battr. (statt der 1. Battr.) mit dem vorschritskonformen Normstempel *** (leider ohne Ortsangaben oder Hinweise zur Lokalisation).



Viele Grüße Uli
 
evwezel Am: 22.06.2023 22:07:16 Gelesen: 80903# 722 @  
@ DFP14-18 [#721]

Hallo Uli,

herzlichen Dank für Deine Ergänzungen und Bemerkungen. Ich vermutete schon, dass die Feldpost 239 zu dieser Zeit in Dojran situiert war, aber ich war mir nicht sicher. Vielen Dank, dass Du das bestätigen konntest!

Ich habe noch einige Fragen. Du schreibst:

Der abgeschlagene Vollstempel (Katalog-Nr. 2154) durfte (...) ab 15.2.1917 auf normalen Feldpostsendungen nicht mehr verwendet werden.

Stimmt es, dass Du hier an der Verfügung N° 54 referierst (siehe auch Beitrag [#200])? Es handelt sich bei meinem Feldpostbrief ganz sicher nicht um ein Stempelirrtum des Datums. Das bedeutet, dass nur die Möglichkeiten 2 und 3 übrig bleiben.

Tarnstempel

Feldpoststempel aus den Anfangsjahren des 1. Weltkriegs enthielten (...) einiges an Daten, welcher übergeordneten Großeinheit der Absender angehörte und gaben so auch Aufschluss über deren momentanen Aufenthaltsort. Mit zunehmendem Kriegsverlauf wollte man diese Informationen aber nicht mehr so direkt weitergeben und es entstanden dann (...) aptierten Stempel, auch unter der Bezeichnung "Tarnstempel" bekannt.” [1]

Es ist mir noch immer nicht ganz klar, wozu ein Tarnstempel verwendet wurde (ich muss aber gestehen, dass ich kein Experte bin). Hierunter zeige ich Dir an der linken Seite nochmals den aptierten Stempel von Deiner Feldpostkarte, an der rechten Seite den nicht aptierten Stempel von meinem Feldpostbrief:



Das Einzige, was hier „aptiert“ wurde, ist doch die Feldpostnummer (Nr. 239)? Der Absender hat diese Information aber auch selbst auf der Feldpostkarte geschrieben:



Hier wirft sich die Frage auf, wozu das Entfernen der Feldpostnummer eigentlich diente. Sind Tarnstempel nicht ziemlich absurd, wenn Absendervermerke verraten, woher der Brief stammt?

Ortsname „Hogi Obasi“

Ich habe auch schon versucht den Ortsnamen „Hogi Obasi“ oder „Hozi Obasi“ zu finden, aber leider ohne Erfolg.



Viele Grüße,

Emiel

[1] Siehe auch Beitrag #49 im Thema Aptierte Stempel.
 
DFP14-18 Am: 25.06.2023 12:36:07 Gelesen: 80136# 723 @  
@ evwezel [#722]

Hallo Emiel,

Du wirfst da Fragen auf, die an die Basis des Wissens über die Feldpost 1914-1918 gehen. Ich habe in verschiedenen Antworten in diesem Threet zum Thema bereits etwas geschrieben. Eine umfängliche Beantwortung ist in diesem Rahmen schlichtweg nicht möglich. Deshalb habe ich mir überlegt, ob es nicht besser wäre, einmal einen Auszug aus dem Handbuch der ArGe "Die deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg - Handbuch und Katalog" (3.Auflage 2019) ab Seite 130 einzustellen. Ich kann dieses tun, da ich der Autor dieses Kapitels selbst bin. Ich empfehle aber, sich das Handbuch zu besorgen. Man findet dort die Abhandlungen zu allen Facetten der Feldpost. Siehe Homepage der ArGe http://www.deutsche-feldpost1914-18.de .







Ich denke, dass das Lesen dieses Artikels auch anderen Feldpost-Interessierten gut helfen kann.

Schönen Sonntag noch und beste Grüße
Uli
 
evwezel Am: 25.06.2023 22:12:33 Gelesen: 80052# 724 @  
@ DFP14-18 [#723]

Guten Abend Uli,

vielen Dank! Wenn ich morgen mit dem Zug zur Arbeit fahre, werde ich den Text mal in Ruhe lesen. In den letzten Jahren habe ich zuerst die Sütterlinschrift lesen lernen müssen (mit herzlichem Dank an meinem Mentor Volkmar Werdermann !). Das hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen und deswegen habe ich mich viel weniger beschäftigt mit wegweisenden Feldpost-Studien. Das wird sich aber bestimmt ändern!

Viele Grüße,

Emiel
 
evwezel Am: 29.06.2023 10:41:36 Gelesen: 79416# 725 @  
@ DFP14-18 [#723]

Hallo Uli,

ich habe deine Information gelesen, aber für einen Neuling wie ich gehst Du ein bisschen zu schnell (ich habe inzwischen auch das Handbuch "Die Deutsche Feldpost im Ersten Weltkrieg 1914-18" angefordert von deiner Arbeitsgemeinschaft). Habe ich folgendes richtig verstanden?:

Postaufgabestempel - Die Postaufgabestempel von deutschen Orten sind auf Feldpostsendungen von der Heimat an die Front oder wenn ein Soldat keinen direkten Zugang zur Feldpost hatte.

Zum Beispiel:



(Soldaten-)Briefstempel / Truppenstempel - Soldatenbriefstempel, kurz auch SB-Stempel genannt, sind Stempel der verschiedenen Truppenverbände, die auf Feldpostkarten und Briefen abgeschlagen die Portofreiheit der Feldpost bekundeten. Briefstempel durften keine Inhalte aufweisen, die der Geheimhaltung widersprachen. Soldatenbriefstempel wurden aber z.B. bei Unterstellungswechsel direkt bei der Truppe entsprechend verändert (Herausschneiden und/oder Hinzufügen von Teilen des Stempels). Das war bei den Feldpoststempeln nicht möglich, denn dieses war ausschließlich nach Weisung übergeordneten Feldposteinrichtung (Armeepostdirektor / Oberste Heeresleitung) per Anordnung durchzuführen.

Zum Beispiel:



Vollstempel – Aufgabestempel mit der offenen Formationsangabe. Die vom Kriegsanfang bis zum Februar 1917 benutzten („Voll-ˮ)Stempel gaben im Text die Formation von der Division aufwärts an.

Zum Beispiel:



Tarnstempel – Anonymiosierter Aufgabestempel (aptierter Vollstempel) - Tarnstempel wurden verwendet, um dem Feind den Standort der deutschen Kriegsstandorte nicht zu offenbaren. Zur Verschleierung der Heereszusammensetzung mussten die Vollstempel durch Ausstanzung geändert (=aptiert) werden. Der Urstempel als sogenannter Vollstempel musste alle Hinweise auf die zugehörige Division aufwärts verlieren. Dies geschah zumeist durch Herausstanzen oder Auskratzen dieser Merkmale. Außerdem wurden sogenannte „stumme“ Stempel neu hergestellt. Nur diese beiden Arten von Stempeln durften für die gewöhnlichen Sendungen verwendet werden. Verwendet ab Februar 1917.

Zum Beispiel:



„Stumme“ Stempel - Tarnstempel mit dem alleinigen Text „Deutsche Feldpost“. Verwendet ab Februar 1917

Zum Beispiel:



Tarnnummerstempel - Für nachzuweisende Sendungen (Einschreib-, Wert- und Geldsendungen), sowie für die Leitmaterialien (Briefbundzettel, Beutelfahnen) bekamen die Feldpostanstalten der Formationen von den Divisionen aufwärts neu hergestellte „Tarnnummern“-Stempel. Diese zeigten fast ausschließlich den Text „Deutsche Feldpost Nr…“. Bestimmungsgemäß durften - aber auch mussten - ausschließlich diese dafür verwendet werden, denn nur somit konnte die Herkunft der Sendung zurückverfolgt werden. Verwendet ab Februar 1917.

Und jetzt die Praxis

Ich zeige Dir eine Feldpostkarte aus meiner Sammlung, geschrieben am 12. Februar 1917. Hier würde ich einen Tarnstempel erwarten. In diesem Fall bin ich mir aber nicht sicher. Handelt es sich hier um ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (= Tarnstempel)?



Transkription:
Den 11. Febr. 1917.

Lieber Jakobus!

Vor wenigen
Tagen empfing ich Deine
Karte. Schicke Dir diese als
Erwiederung. Du siehst ein
wahres Bild darauf.
Viele Grüße, auch an
Eltern u. Geschw. Dein Br. (…)

Abs. (…) Anen Inft.=Regmt. 77, 3. Bataillon,
9. Kompagnie

Feldpostkarte

Herrn
Jakobus Anen
In Marienchor[1]
b./ Bunde, Ostfriesland
Prov. Hannover.


(Soldaten)Briefstempel:
2. Han. I.R. 77 [2]
9. Komp.

Urstempel oder Tarnstempel (?):
Hier bin ich mir nicht sicher. Ist das nun ein sehr schlecht lesbarer Urstempel oder ein nicht besonders gut gelungen Versuch zum Auskratzen der Merkmale (=Tarnstempel)?

[1] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Marienchor.
[2] Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/2._Hannoversches_Infanterie-Regiment_Nr._77

Viele Grüße,

Emiel
 
DFP14-18 Am: 30.06.2023 21:21:36 Gelesen: 78791# 726 @  
@ evwezel [#725]

Guten Abend Emiel,

mir ist durchaus klar, dass meine gescannten Seiten viel "Stoff" auf einmal waren. Aber das Thema, welches Du angeschnitten hattest, ist bezüglich der gestellten Fragen eben auch vielgestaltig. Und durch das Studieren des gesamten Textes kann man letztlich das Thema begreifbar machen.

Und ich konstatiere: Das hat sich für Dich gelohnt, Du hast alles richtig verstanden.

Durch die Tarnung wollte man die Zusammensetzung z.B. einer Division verschleiern, indem ein Regiment namentlich nicht der Division zugeordnet werden konnte. Aber der Feind war ja nicht dumm, schon bald kannte man viele ausgestanzte Stempel, und so war der Effekt unwirksam. Deshalb wurden innerhalb einer Armee (oder anderer höherer Verbände) Mitte Oktober 1917 die Stempel dem entsprechenden Armee-Postdirektor eingesandt, der diese dann in seinem Zuständigkeitsbereich austauschte. Von diesem Austausch gibt es leider keinen erhaltenen Plan. Und genau dieses ist mein Forschungsgebiet: Identifizierung der ausgestanzten Stempel und Rekonstruktion des entsprechenden Vollstempels; und dann Aufschluss der Vertauschungen. Ein ganz schwieriges Thema, auf dem ich seit vielen Jahren "herumkaue".

Noch etwas: Die Feldpoststationen hatten ja von Anfang an Nummern-Stempel. Diese durften auch noch nach Februar 1917 für nachzuweisende Sendungen verwendet werden. Man musste doch bei solchen Sendungen den Weg zur Absender-Feldpostanstalt zurück verfolgen können. Allerdings wurden auch viele dieser Nummernstempel ausgestanzt.

Nun zur Frage Deines abgebildeten Beleges. Das 2. hannoversche Infanterie-Regiment 77 unterstand im gesamten Kriegsverlauf der 20. Infanterie-Division. Der Feldpoststempel passt also. Er ist nicht ausgestanzt, nur unsauber abgeschlagen. Das bisher bekannte Spätdatum dieses (Voll-)Stempels (Kat.-Nr. 572) ist der 13.2.17, also noch einen Tag später. Die 20. Inf.Div. wurde von der DFP 717 (Deutsche Feldpost 717) bedient.

Freundliche Grüße
Uli
 
evwezel Am: 01.07.2023 11:34:41 Gelesen: 78692# 727 @  
@ DFP14-18 [#726]

Guten Morgen Uli,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Die Feldpost ist ein kompliziertes, aber bestimmt auch spannendes Untersuchungsgebiet!

Mit herzlichem Gruß,

Emiel
 
evwezel Am: 02.07.2023 23:35:50 Gelesen: 78282# 728 @  
Liebe Sammelfreunde,

ich zeige Euch eine Feldpostkarte vom Soldatenheim in Nisch [1]. Könnte mir jemand sagen, was die genaue Adresse war?



Viele Grüße,

Emiel

[1] https://de.m.wikipedia.org/wiki/Niš
 
Briefuhu Am: 03.07.2023 08:29:58 Gelesen: 78139# 729 @  
Hallo Emiel,

es dürfte sich um das Soldatenheim in Nis/Serbien aus dem 1. Weltkrieg handeln.

Niš ist die drittgrößte Stadt in Serbien und gleichzeitig der Hauptverwaltungssitz des Okrug Nišava. 2011 zählte die Stadt 260.237 Einwohner.

Niš ist Industrie- und Handelsstadt und Sitz eines orthodoxen Bischofs. In Niš befinden sich eine Universität, ein Symphonie-Orchester, Museen, Theater und verschiedene Kultureinrichtungen. (Wikipedia)

Schönen Gruß
Sepp
 
evwezel Am: 03.07.2023 15:05:22 Gelesen: 77959# 730 @  
@ Briefuhu [#729]

Hallo Sepp,

vielen Dank für deine Nachricht. Ich bin ganz sicher dass es sich um das Soldatenheim in Nis/Serbien handelt, aber ich möchte gerne genau wissen wo das Soldatenheim sich in Nisch / Niš befand. [1]

Viele Grüße,

Emiel

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ni%C5%A1
 

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