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Thema: Äquatorialguinea: Basisinformationen
Bendix Gruenlich Am: 13.01.2024 09:33:30 Gelesen: 205# 1 @  
Bei Äquatorialguinea handelt es sich um ein Land in Zentralafrika, im Westen, am Atlantik gelegen, zwischen Kamerun im Norden und Gabun im Osten und Süden. Ca. 28.000 km² (Festland ca. 190x140 km, rd. 26.000 km²) Vorgängerausgaben sind die Spaniens für die Spanische Besitzungen im Golf von Guinea (Rio Muni - Festland / Fernando Poo - die Inseln, insgesamt auch als Guinea Espanol bekannt). Auch die spanische Kolonialverwaltung hat gerne Briefmarken drucken lassen. Meiner Meinung nach um Geld zu machen. Aber überlassen wir das einem anderen Bericht.

Geografisch interessant: Fernando Poo, heute Bioko, liegt näher an Nigeria und Kamerun als am Festland Rio Muni. Die Zusammenführung dieser Gebiete dürften wir also der Kolonialvergangenheit zuschreiben können.

1949 - 149.000 Einwohner. 1885 hat Spanien mit anderen Kolonialmächten seine Interessen in Afrika verstärkt und das Festlandgebiet Rio Muni arrondiert. Damit änderte sich die typische Handelspostenpolitik Spaniens in eine Kolonialpolitik. Unabhängigkeit 1968.

Dann schauen wir doch einmal, was das Land mit seiner neu gewonnenen Freiheit angefangen hat. Staatsoberhaupt wurde der ehemalige Kolonialbeamte Francisco Nguema.

Dann ging es los: hat sich erst wählen lassen und dann alle parlamentarischen Strukturen rasch beseitigt. Eine wesentliche Anzahl Parlamentarier wurde ermordet. Einheitspartei, Nguema wurde als Diktator installiert, verbunden mit dem Überhäufen mit den üblichen schrillen, verherrlichenden Titeln. Beratung durch kommunistische Spezialisten aus Russland und Kuba in politischen Fragen (also Ausschaltung der Opposition, am besten durch Mord - sicher ist sicher-, Herrschen durch Terror).

Vertreibungen von Ausländern, Lagerhaft für potentielle Regimegegner, Wirtschaftszusammenbruch, Zwangsarbeit und Zwangsarbeitslager mir Mord und Totschlag, Schließung relevanter öffentlicher Infrastruktur (Schulen, aber auch Postämter, letztere ungefähr ab Mitte 1972 bis September 1979).

Allerdings begann just in dieser Zeit die Ausgabe von schrillen Agentur-Ausgaben von 1972-1980. Insbesondere die Firma Filanumismatica Madrid, die auch den Katalog für dieses Sammelgebiet ausgab, soll in diesem Bereich aktiv gewesen sein.

Also, Agentur-Ausgaben: Ein philatelistisch uninteressierter Staat verkauft die Rechte zum Briefmarkenverkauf an eine in der Regel in der westlichen Welt angesiedelte Agentur. Die entwirft und druckt dann bunte Bilder, die insbesondere in eben der westlichen Welt gut vermarktbar sind bzw. waren. Deswegen finden sich eben Bilder des westlichen Kulturkreises auf diesen Marken. Die Marken werden direkt von der Druckerei, an die Agentur und den Briefmarkenhandel gegangen sein.

Beispiel: Madonnen, Malereien von da Vinci, Murillo, Dürer und anderen - Weihnachtsausgabe vom 20.02.1972, Michel Nr. 37-43, Nominale 42 Guinea-Peseten (GQE) - das entsprach seinerzeit DEM 2,00 (Standardbrief in Deutschland zu dieser Zeit DEM 0,30). Natürlich gefälligkeitsgestempelt, mittels Aufdruck. Sicher interessant wäre es zu wissen, wie das seinerzeit vermarktet wurde, und wie die Beute zwischen der Agentur und Äquatorialguinea aufgeteilt wurde. Leider kann ich dazu aktuell nichts berichten.

Diese Ausgaben kann man verteufeln - aber auch folgender Aspekt: wir sehen immerhin hochwertige Kunst - Bildungsbürgerwissen für cent-Beträge. Leser dieses Beitrags wissen jedenfalls jetzt Bescheid.



Beliebt sind auch Sportmotive - bunte Marinemarken mit dem Thema Sommerspiele in Deutschland, hier die maritimen Wettbewerbe in Kiel.



Auflagen unbekannt. Aber auch wenn die genannt werden würden, fände ich es schwer, diesen Angaben zu vertrauen.

Gibt es echtgelaufene Briefe aus dem Gebiet? Diese Frage wurde hier auf den Philaseiten bereits beantwortet. Bitte dem Link folgen, wobei meiner Meinung nach das überzeugendste Stück ein Brief von der nigerianischen Botschaft an Daimler darstellt, der Rest scheint philatelistisch motiviert.

https://www.philaseiten.de/cgi-bin/index.pl?ST=3105&CP=0&F=1

Ich empfehle Interessierten auch die Einsichtnahme in die Philastempel-Datenbank oder Philastempelkarte. Da gibt es tatsächlich zwei Beispiele offenbar echt gelaufener Stempelabschläge vom Festland.

Auch der Phila-Schurke Clive Feigenbaum (der auch hinter berüchtigten Phantasieausgaben wie Staffa, Nagaland, Dhufar, Eritrea und „State of Oman“ und anderen stehen soll, wäre einen eigenen Artikel wert) soll mit unautorisierten Ausgaben mitgemischt haben. Diese Ausgaben sollen Beschriftungen in Englisch statt spanisch ausweisen und Peseten-nominiert sein, statt in Bipkwele.

Michel schreibt, dass zumindest die von der Fabrica National de Moneda e Timbre (FNMT) gedruckten Marken als „offiziell“ verausgabt angesehen werden können.

Natürlich sind Blocks ebenfalls immer gut vermarktbar. Hier Block 1 – zu GQE 225,00, nämlich 25 + 200 Zuschlag (insgesamt ca. DEM 11,25!)



Zur Währungssituation:

• 1968-Spanische Pesete (ESP)
• 12.10.1969: 1 ESP = 1 Äquatorial-Pesete (GQE)
• 29.09.1975: Umbenennung der Äquatorial-Pesete in Ekuele
• 15.03.1981: Umbenennung der GQE in Ekwele (Plural Bipkwele)
• 01.01.1985: 4 GQE = 1 XAF (CFA-Franc)

Übrigens: 1 CFA-Franc = 1 alter französischer Franc = 0,01 neuer Franc FRF.
6,5597 FRF = 1 EUR = 655,97 XAF

Bis zum 12.07.1977 war die GQE an die ESP 1:1 gekoppelt. Danach an einen Währungskorb und eine Zeit lang an SDR (Sonderziehungsrecht), vom 06.08.1979. bis 31.12.1984 wieder an die ESP (in welchem Verhältnis konnte ich nicht herausfinden - vermutlich kam es zwischenzeitlich zu Abwertungen, wie man an dem Umtauschverhältnis GQE - XAF sehen kann, ohne Abwertung hätte das Verhältnis 0,25 GQE = 1 XAF betragen).

Francisco Nguema belegt jedenfalls aktuell Platz 3 der grausamsten Nachkolonialregierungschefs Afrikas. 1979 erschossen (nein, nicht von genervten Philatelisten, sondern von marokkanischen Soldaten im Auftrag seines Neffen. Den lokalen Soldaten fehlten die Nerven, man fürchtete sich vor dämonischen Kräften des Delinquenten). Das Regime wurde auch manchmal mit dem kambodschanischen Pol Pot-Regime verglichen.

Beerbt wurde Francisco Nguema von seinem Neffen, Obiang Nguema Mbasogo, der seinen Onkel beseitigt hat. Echt afrikanisch-postkolonial werden die entscheidenden Positionen an Familien- und Cliquenmitglieder übertragen bzw. übernommen.

Äquatorialguinea soll - so das aktuelle Echo im Internet - für sein repressives Regime weiterhin berüchtigt sein, die Bereicherung seitens der Familie Nguema und ihr nahestehende Freunde soll hoch sein.

Immerhin, der Nachfolger hat die Agenturverträge gekündigt, und seitdem hat sich die Ausgabepolitik wieder normalisiert.

Ein spanischer Sammler dieses Gebiets gab die Auflagen, der nach den Agenturausgaben durch die FNMT hergestellten Briefmarken in einer Diskussion mit 55.000-75.000 an, bei bis zu 20 Ausgaben pro Jahr.

In den 1990ern dann Ölfunde und seitdem geht es dem Land wirtschaftlich besser. Aktuell (2021) macht Öl 60% des Bruttosozialprodukts aus.

Bevölkerung:

1949: 0,149 Mio.
1968: 0,318 Mio.
1980: 0,282 Mio.
1990: 0,465 Mio.
2022: 1,674 Mio.

44% gelten als arm. Die Geburtenrate der letzten 50 Jahre war ca. 4-mal, seit 2015 ca. 3-mal so hoch wie in Deutschland.

In der (deutschsprachigen) Presse liest man ganz selten von diesem Land. Zuletzt im März 2023: Ausbruch des Marburg-Virus (88% Sterbewahrscheinlichkeit – lang und qualvoll). Acht Fälle, 150 km voneinander entfernt sollen auf dem Festland (Rio Muni) aufgetreten sein.

So, zum Schluss noch ein Agentur-Schocker von 1972: Mi-Nr. 109 Olympische Spiele in München.

Marke München



Übrigens: Äquatorialguinea hatte seinerzeit keinen Athleten zum Wettbewerb aufgeboten.
 
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