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Thema: Hervorragende Sammlungen - Spanien
Das Thema hat 45 Beiträge:
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Heinz 7 Am: 07.02.2021 13:38:41 Gelesen: 12964# 1 @  
Wann dürfen wir von einer hervorragenden Sammlung sprechen? Sollte sie möglichst umfangreich/komplett sein? Sollte sie bereit oder tief sein? (Damit meine ich z.B. Schweiz Michel Nrn. 1-94 komplett oder exzessive Sammlung nur der Nummern 8+9) Sollte sie ihr Schwergewicht auf Briefe legen, oder werden ungebrauchte Marken/wenn möglich in Einheiten, bevorzugt? Sollten Probedrucke und Abarten dabei sein, oder eher nicht...? Dürfen die ganz teuren Raritäten fehlen, oder müssen sie dabei sein, damit wir sie als "hervorragend" bezeichnen?

Darüber lässt sich trefflich debattieren.

In meiner kleinen Serie habe ich versucht, einige wichtige Sammlungen von Kap der Guten Hoffnung oder Mauritius vorzustellen. Heute möchte ich das dritte Land "Spanien" eröffnen, obwohl die ersten zwei Gebiete nur wenige Leser fanden. Ich muss aber "aufpassen": die eigenen Ansprüche an die Qualität der Beiträge möchte ich bewusst herunterschrauben. Die Analyse einer Sammlung nach vielen Aspekte kann viele Stunden verschlingen, und diese "Verpflichtung" will und kann ich zur Zeit nicht wieder auf mich nehmen. Es soll also eher eine "muntere Plauderei" sein, als durchgängig tiefschürfende, vollständige Analysen. Ich bitte meine Leser um Verständnis dafür.

Natürlich sind wir bei solchen Themen versucht, gleich "die beste" Sammlung vorzustellen; und drei "Kandidaten" dafür habe ich im Kopf. Ein Freund hat mich gefragt, welches denn die beste Sammlung des Landes Spanien sei, und darum habe ich in meiner Bibliothek gestöbert. Dabei habe ich schöne Entdeckungen gemacht. Aber den Einstieg starte ich mit einer kleinen, eher unscheinbaren Sammlung, die ich selbst erst entdeckt habe.

Am 10.2.1965 kam eine kleine Spanien-Sammlung zur Versteigerung bei Robson Lowe, London. Sie war nicht separat erwähnt, sondern lief unter dem Titel "Europa", das aber auch ergänzt wurde von "America and Asia", und das alles in 462 Losen. Eine unauffällige Auktion also.



Blättern wir durch den Katalog, steigt aber das Interesse, denn speziell auf den Farb-Fototafeln finden wir sehr schöne Stücke aus den Niederlanden und Bayern und ... eben Spanien! 6 Lose sind farbig abgebildet. Und hier wird auch der Name des Spanien-Sammlers erwähnt: Conte Contini aus Florenz. Auf Seite 27-32 wurden die Lose 327-373 beschrieben und mit Fotos teilweise abgebildet. Dazu kamen, wie erwähnt, Farbfotos auf den Umschlagseiten C I+ C II+ C III.

Die 47 Lose hatten einen Schätzpreis von GB£ 8'632. Das tönt heute nach sehr wenig, doch 1 GB£ hatte im Februar 1965 noch einen Gegenwert von CHF 12.096. Ferner gab es 1965-2000 noch eine jährliche Geldentwertung und andererseits Zinsen auf Guthaben, sodass wir den Wert eines GB£ dieser Auktion massiv "aufwerten" sollten, um den Wert der Sammlung angemessen einschätzen zu können. Meine Rechnung ergab das verblüffende (Zufalls-) Ergebnis, dass meines Erachtens 1 GB£ (10.2.1965) mit genau CHF 40.00 (31.12.2019) umgerechnet werden sollte! Nicht 40.01, nicht 39.99, sondern 40.00, Punkt-Landung. Reiner Zufall.

Unsere Conte Contini-Sammlung (1965) hatte also einen Schätz-Wert von CHF 345'280 (heute).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 14:26:23 Gelesen: 12938# 2 @  
@ Heinz 7 [#1]

Die meisten Briefmarkensammler sind stolz und glücklich, wenn sie eine Sammlung mit einem Wert von über CHF 250'000 zusammentragen können. Einigen fällt dies natürlich leichter, als anderen; das "Spielgeld", das ein Sammler für seine Liebhaberei einsetzen kann, ist bei fast allen Sammlern doch eng beschränkt. Es gibt aber doch auch einige Sammler, die namhafte Mittel in den Ankauf ihrer Sammlung stecken können.

Es darf wohl angenommen werden, dass Conte Contini beträchtliche Mittel für den Aufbau seiner Sammlungen zur Verfügung standen. Contini sammelte meines Wissens nicht nur Spanien. Es interessiert mich aber, wie seine Spanien-Sammlung zusammengesetzt war. Umfangmässig war sie nicht gross, aber wertmässig erreichte sie doch hohe Werte.

Die Sammlung war aufgeteilt wie folgt:

Ausgaben 1850-1856: Lose 327-344
Ausgaben 1860-1874: Lose 345-352
Ausgabe 1937: Los 353
Postal Forgeries 1850-1876: Lose 354-371
Sammlung Spanien+Kolonien: Los 372
Sammlung Cuba+Puerto Rico: Los 373

Los 372 umfasste 2817 Briefmarken, Los 373 45 Briefmarken. Auffallend ist, dass nicht weniger als 18 Lose Postfälschungen waren! Das ist meines Wissens aussergewöhnlich und das finde ich faszinierend. Die vielen vorkommenden Fälschungen waren ja auch der Grund dafür, dass die spanische Postverwaltung ihre Markenausgaben ständig ersetzte.

1850 - 1. Ausgabe
1851 - 2. Ausgabe
1852 - 3. Ausgabe
1853 - 4. Ausgabe
1853 - Stadtpost Madrid
1854 - 5. Ausgabe
1855/1856 - 6. Ausgabe
1860 - 7. Ausgabe
1862 - 8. Ausgabe
1864 - 9. Ausgabe
1865 - 10. Ausgabe, und so weiter

Die Postfälschungen wurden alle angeboten mit Schätzpreisen zwischen GB£ 6 und GB£ 15 (also CHF 240 bis CHF 600 Wert heute), 18 Lose.



Auf dieser Fototafel sind Ausschnitte von 15 Briefen gezeigt, die offenbar alle unerkannt durch die Post versandt wurden 1856-1873!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 15:23:14 Gelesen: 12924# 3 @  
@ Heinz 7 [#2]

3 Lose der Sammlung Contini hatten einen Schätzpreise von GB£ 1'000 und mehr, das entspricht immerhin CHF 40'000 heute.

Die weiteren "Wert-Klassen"

GB£ 1000/+: 3 Lose
GB£ 500-999: 4 Lose
GB£ 200-499: 3 Lose
GB£ 100-199: 6 Lose
GB£ 50-99: 2 Lose
GB£ 20-49: 3 Lose
GB£ 10-19: 16 Lose
GB£ 6-9: 10 Lose = total 47 Lose.

16 Lose hatten also einen Wert von (heute) CHF 4000 und mehr. Zusammen ergeben sie ein Total von £ 8'175 (1965) = CHF 327'000 (2019).

Eine der "Ikonen" der Spanien-Philatelie ist die Briefmarke 1851, Königin Isabella II. im Oval mit Diadem. Von der 2 Reales-Marke orangerot wurden nur wenige Exemplare verwendet, ihre Auflage wird im Michel-Katalog mit 1432 angegeben.

Vergleiche dazu das Thema von Marc: "Prozentsatz erhaltener Marken: Spanien 2 Real 1851".

Die Contini-Sammlung weist gleich zwei Lose auf, welche diese seltene Briefmarke zeigen (Michel Nr. 8): Los 330+331



und



Die Lose hatten Schätzpreise von

330: GB£ 650 (= CHF 26'000 / 2019)
331: GB£ 550 (= CHF 22'000 / 2019)

In der Liste der Contini-Lose erreichten sie somit Platz 6 (330) und 7 (331).

Los 330 wird im Katalog leider unvollständig gezeigt. Es handelt sich dabei um einen Briefteil von Palma de Mallorca nach Valencia, frankiert mit einer Buntfrankatur: 2 Reales + 6 Cuartos (Michel Nr. 8+6)

Los 331 ist ein Fragment mit sogar einer 3-farbigen Buntfrankatur: Dos Reales + 6 R. blau + 10 R. grün (Michel 8+10+11).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 15:48:08 Gelesen: 12907# 4 @  
@ Heinz 7 [#1]

Platz 8 in der Reihe der wertvollsten Lose erreichte Los 345, ein erstaunlicher Ausland-Brief von Zaragoza nach Bruxelles (Belgien), weitergeleitet nach Paris, frankiert mit einem Viererstreifen (!) der 19 Cuartos 1861 (Michel Nr. 46)



Den Schätzpreis von GB£ 400 würde ich umrechnen auf CHF 16'000 heute.

Noch höher bewertet wurde Los 341



Ein Fragment mit nicht weniger als 32 Exemplaren der 1854 6 Reales, davon ein Neunerblock (Michel Nr. 30)

Auf nicht weniger als GB£ 750 (= CHF 30'000 Wert heute) schätzte Robson Lowe den Wert dieser wohl einmaligen Einheit ein. Es wird interessant sein, die Verkaufspreise dieses Stückes früher und später zu vergleichen, denn dieses Stück zierte natürlich auch andere Spanien-Sammlungen und ist einfach zu identifizieren.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 16:15:18 Gelesen: 12895# 5 @  
@ Heinz 7 [#1]

Conte Contini liess sich offenbar begeistern von grossen Briefmarken-Einheiten von seltenen Spanien-Marken. Die teuersten fünf Lose seiner Sammlung sind alles grössere Einheiten von guten Marken. Platz 5 haben wir bereits kennengelernt: Neunerblock der Nr. 30 plus 23 weitere Marken auf Fragment, siehe @ Heinz 7 [#4]

Auf der Farbseite der Umschlagseite C II vorne sind 2 Lose abgebildet der Lose 335 und 339



Das Los 335 besteht aus einem Fragment mit einem unregelmässigen Zwanzigerblock der 5 Reales Marke 1852 (Michel Nr. 15), daneben klebt noch ein Paar der sehr seltenen DOS REALES Marke von 1852 (Michel Nr. 14). Zusammen bilden sie eine Kombination, die 1965 auf GB£ 850 (= CHF 34'000 / 2019) geschätzt wurde.

Los 339 ist ein herrlicher Viererblock der ebenfalls seltenen 2 Reales-Marke von 1853. Auch diese Marke ist recht selten, obwohl sie im Wert ihren zwei "Schwestern" von 1851 und 1852 etwas nachsteht. Als Viererblock wurde sie aber geschätzt auf nicht weniger als GB£ 1'200, dies entspricht einem heutigen Wert von CHF 48'000. Eine der Marken hat noch eine Abart ("variety no stop under "s" of "Rs").

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 16:38:32 Gelesen: 12886# 6 @  
@ Heinz 7 [#1]

Wir haben bei unserer Betrachtung der Sammlung Contini wunderbare Einheiten kennengelernt der

2. Ausgabe: Lose 330+331
3. Ausgabe: Los 335
4. Ausgabe: Los 339
5. Ausgabe: Los 341

Die Frage ist berechtigt, ob auch die Ausgabe 1850 mit einem extra-teuren Los vertreten ist. Die Frage kann ich bejahen! Im Katalog von Robson Lowe waren die Lose 327+328 überschrieben mit Ausgabe 1851, das ist aber nicht korrekt. Betrachten wir doch Los 328; es ist zweifellos die erste Ausgabe 1850:

Es dürfte viele Spanien-Sammler zum Schwärmen bringen:



Ein Fragment mit

- Paar der 5 Reales rot (Michel Nr. 3)
- Viererblock und Einzelstück der 10 Reales grün (Michel Nr. 5) (diese Marke ist schon als Einzelstück recht selten)
- zwei Dreierstreifen und drei Einzelstücke der 6 Reales blau (Michel Nr. 4)

total also 16 Marken. Eine unglaubliche Kombination, die mit GB£ 1'200 (1965) geschätzt wurde, die ich zu CHF 48'000 umrechnen würde (2019).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 07.02.2021 17:55:09 Gelesen: 12867# 7 @  
@ Heinz 7 [#1]

Das Los 334 wurde in der Auktion am höchsten geschätzt mit imposanten GB£ 1‘250 (1965), das wären nach meiner Umrechnung heute glatte CHF 50‘000. Der Text des Loses ist:

« 1852 issue, 2r. pale red. A VERY RARE LIGHTLY CANCELLED BLOCK OF FOUR with good margins all round except at right (…) »

Die DOS REALES von 1852 ist selten. Die Michel-Nummer 15 hat eine Auflage von nur 3394 Stück.

Warum Robson Lowe diesem Spitzenstück keine Farbabbildung im Katalog zugestand, weiss ich nicht. Auf Seite 29 finden wir zumindest eine Schwarzweissfoto.



Sie bestätigt, dass der Viererblock sehr fein gestempelt wurde und so das Stück optisch sehr gut wirkt.

Zusammenfassend möchte ich zur Sammlung Conte Contini sagen:

Die Sammlung ist breiter und tiefer, als es die 47 Lose vermuten lassen. Los 372 allein umfasst drei Alben mit nicht weniger als 2817 Marken. Warum Robson Lowe dieses Los mit nur GB£ 175 schätzte = CHF 7.000, weiss ich nicht, aber er wird seine Gründe gehabt haben. Oft interessieren an Auktionen nur die Spitzenstücke, und die «normalen» Teile der Sammlung werden günstig in Sammellosen verkauft.

Die Sammlung Contini glänzte mit historisch sehr interessanten Postfälschungen und, wie gesehen, mit einigen handverlesenen, wunderbaren Losen mit Marken der ersten Ausgaben von grosser Seltenheit und hohem Wert. Eine Sammlung, meine ich, die es wert ist, dass sie nicht in Vergessenheit gerät, auch wenn es andere Sammlungen gibt, die sie in Umfang und Wert noch klar übertreffen.

Heinz
 
Martin de Matin Am: 07.02.2021 18:28:58 Gelesen: 12855# 8 @  
@ Heinz 7 [#7]

Eine kleine Ergänzung zum Viererblock der 2 Real (MiNr. 14). Gemäß des Auktionskatalogs von AFINSA vom 12.10.2000 soll es nur drei Viererblocks von dieser Marke geben. Der dort angebotene Viererblock hatte einen Schätzpreis von 60.000 Euro und soll angeblich der schönste(?) sein.

Gruss
Martin
 
Heinz 7 Am: 08.02.2021 19:56:40 Gelesen: 12799# 9 @  
@ Heinz 7 [#7]

Das Sammellos 372 hat offenbar einigen Sammlern gefallen, und so stieg das Resultat von GB£ 175 auf Zuschlag GB£ 320. Das sind (heute) nach meiner Rechnung CHF 12'800.

Ich habe die Ergebnisliste dieser Auktion einsehen können. 7 Lose der 47 Lose Spanien blieben unverkauft. Die 40 verkauften Lose erreichten ein Total von GB£ 7017 (= CHF 280'680 - 2019). Das Spitzenlos 334 [#7] erreichte sogar GB£ 1'300, das entspricht nach meiner Rechnung stolze CHF 52'000.

Aber andere Lose gingen nicht ganz so hoch, wie geschätzt. Anbei die Rekapitulation der 8 oben vorgestellten (Spitzen-) Lose:

8) Los 345 = Est. GB£ 400 = PR: unverkauft
7) Los 331 = Est. GB£ 550 = PR: unverkauft
6) Los 330 = Est. GB£ 650 = PR: GB£ 550
5) Los 341 = Est. GB£ 750 = PR: GB£ 550
4) Los 335 = Est. GB£ 850 = PR: GB£ 600
2+) Los 328 = Est. GB£ 1200 = PR: GB£ 1050
2+) Los 339 = Est. GB£ 1200 = PR: GB£ 1050
1) Los 334 = Est. GB£ 1250 = PR: GB£ 1300

Zu meinem Erstaunen blieb also das sehr attraktive Los 331, das die Titelseite des Kataloges zierte, liegen. Bestimmt fand es dennoch bald seinen Platz in einer schönen Spanien-Sammlung.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.02.2021 00:00:31 Gelesen: 12745# 10 @  
@ Heinz 7 [#1]

Die Sammlung Contini ist sicherlich zwar sehr bemerkenswert, aber zweifellos gibt es noch weit umfangreichere und wertvollere. Eine der wirklichen Spitzensammlungen wurde 1989 verkauft.

Sie wurde mit "Isabella" bezeichnet, doch es dürfte sich um die Sammlung von Luis Cervera gehandelt haben: "Spain 1850-1865". Dieser Spanier gewann 1974 den Grand Prix d'Honneur an der Internationalen Briefmarkenausstellung in Basel. Gemäss dem Vorwort im Auktionskatalog sollte es eigentlich diese Sammlung sein. Der Auktionator nannte keinen Namen.

Es ist eine grossartige und umfangreiche Sammlung!

Lose 10001-10116: Lose Erste Ausgabe 1850
Lose 10117-10184: Lose Zweite Ausgabe 1851
Lose 10185-10229: Lose Dritte Ausgabe 1852
Lose 10230-10263: Lose Vierte Ausgabe 1853 (bis Michel 21)
Lose 10264-10278: Lose Stadtpost Madrid
Lose 10279-10315: Lose Fünfte Ausgabe 1854
Lose 10316-10327: Lose Sechste Ausgabe, Isabella 1855/1856
Lose 10328-10346: Lose spätere Ausgaben 1860-1865



Die Sammlung wurde in Zürich angeboten, von David Feldman. Das Haus Feldman hatte sich kurz zuvor mit Habsburg zusammengetan, darum firmierte das Auktionshaus damals mit "Habsburg Feldman". Die Auktion war auf den 3.5.1989 angesetzt.

Die Lose hatten einen Schätzpreis von imposanten CHF 1'450'650. (Ich hoffe, meine Addition stimmt).

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.02.2021 00:33:09 Gelesen: 12739# 11 @  
@ Heinz 7 [#10]

In den 10 2/3 Jahren des letzten Jahrhunderts gab es eine Geldentwertung, und darum sollten wir die Werte verzinsen. Ab 2000 ist das Zinsniveau sehr stark gesunken, sodass seither tiefe Werte eingesetzt werden sollten. Seit dem 1.1.2020 rechne ich nun aber keine Zinsen mehr hinzu.

Tausend Schweizer Franken vom 3.5.1989 entsprechen nach meiner Berechnung einem Wert von CHF 1523.25 (per 31.12.2019). Die Sammlung hatte also einen Schätzwert von CHF 2'209'703. Das ist nun zweifellos ein respektabler Betrag.

Die Auktion lief sehr gut!

280 Lose Verkauf über Schätzpreis: 103%-650%
20 Lose Verkauf zum Schätzpreis = 100%
45 Lose Verkauf unter dem Schätzpreis = 44%-97%
1 Los unverkauft, gemäss Liste von Habsburg Feldman!

Die Summe der Verkaufserlöse (345) erreicht sehr hohe CHF 2'277'530, zum Zuschlagpreis müssen 15 % Provision hinzugewählt werden = CHF 2'619'160 (Mai 1989) bzw. CHF 3'989'635 (Ende 2019).

Die höchste prozentuale Erhöhung schaffte ein seltener Ersttag-Brief der Nummer Eins! Die Nummer 1 von Spanien ist ja nicht besonders teuer, aber einen schönen Ersttagbrief findet man selten. Los 10009 stieg von einem Startpreis von CHF 4'000 auf CHF 26'000 Zuschlag = Preis CHF 29'900 (1989) = CHF 45'545 (Wert Ende 2019).



Ein schönes Gute-Nacht-Stück, nicht wahr?

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.02.2021 22:39:59 Gelesen: 12668# 12 @  
@ Heinz 7 [#10]

Bei Contini war ein Viererblock der 2 Reales 1852 das teuerste Stück.

Bei Cervera auch!

Wir haben das Top-Stück schon gesehen. Es zierte die Titelseite des Kataloges (oben, Beitrag 10). Ein astreiner Viererblock der Nr. 14 (2 R.) ist hier ergänzt durch einen Viererblock und ein Paar der Nr. 15 (= 5 Reales) und einem Paar der Nr. 16 (= 6 Reales).

Der Ausruf lag bei CHF 40'000, aber der Zuschlag erfolgte bei rekordreifen CHF 100'000. Als aktuellen Wert 2019 errechne ich demnach CHF 175'174 (2019).

Nun habe ich die Katze bereits aus dem Sack gelassen (zur Frage nach dem Toppreis).

Das zweithöchste Resultat erreichte Los 10151



... ein traumhaftes Fragment mit einer Dreifarben-Frankatur (8+9+11), wobei die Spitzenmarke (Mi Nr. 8), die 2 Reales 1851 im Paar vorhanden ist

Ausruf 40'000, Ergebnis CHF 70'000 + 15 % = 80'500 (1989) = 122'622 (2019)
Das Stück stammt aus der Sammlung von Maurice Burrus

Ebenfalls CHF 70'000 Zuschlag erreichte ein Fragment mit sieben (!) Marken der 2 Reales 1853 (ein Sechserblock plus ein Einzelstück). Der Ausruf lag bei "nur" CHF 30'000: Los 10250



Dasselbe hohe Resultat schaffte auch Los 10249, ebenfalls eine Nr. 19, diesmal als seltene Einzelfrankatur auf Brief von Huesca nach Burdeos.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.02.2021 23:15:01 Gelesen: 12613# 13 @  
Die vier teuersten Lose der Auktion Cervera habe ich oben bereits vorgestellt.

Platz 5 erreichte Los 10110:



Es ist ein Zehnerblock der Nummer 5: Ausgabe 1850 - 10 Reales grün, auf Fragment. Das Ergebnis war CHF 38'000 + 15 % (1989), und damit war dieses Los das teuerste Stück der 1. Ausgabe von 1850

Platz 6 erreichte Los 10043:

eine Platten-Rekonstruktion der Nummer 2 (12 Cuartos-1850). Diese bestand aus 40 Marken.

Platz 7 gehört Los 10150:



Ein sehr schönes Fragment mit Buntfrankatur der Ausgabe 1851: 2 Rs + 6 Rs + 5 Rs.

Ergebnis: CHF 36'000 + 15 % = CHF 41'760 (1989)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.02.2021 11:46:29 Gelesen: 12549# 14 @  
@ Heinz 7 [#10]

In den Beiträgen 10-13 habe ich die 7 teuersten Lose der Sammlung Cervera gezeigt.



Das achtbeste Ergebnis erzielte Los 10149, ein weiteres Fragment mit einer Buntfrankatur, das eine Michel Nr. 8 enthält: 2 Reales der Ausgabe 1851. Der Startpreis von CHF 20'000 wurde klar übertroffen: CHF 35'000 Zuschlag.

Platz neun habe ich bereits teilweise gezeigt, aber ich habe den senkrechten Viererstreifen "abgeschnitten", darum zeige ich ihn nochmals in voller Grösse. Die 6 Reales Marke blau der Ausgabe 1853 war auf CHF 15'000 geschätzt, erreichte aber stolze CHF 34'000 + 15%!



Das 10. höchste Ergebnis erreichte Los 10101, ein Sammellos. Die Nummer 5 (10 Reales grün, 1850) wurde plattiert (30 Marken, alle ungebraucht). Schätzpreis war CHF 25'000, Zuschlag CHF 32'000 + 15 %.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 14.02.2021 13:01:06 Gelesen: 12533# 15 @  
@ Heinz 7 [#10]

Auf Seite 65 des Auktionskataloge prangt ein beeindruckender Block der Nummer 21: Los 10261: die 6 Reales blau der Ausgabe 1853. Es ist ein Dreissigerblock.



Der Schätzpreis von CHF 17'500 wurde klar übertroffen: CHF 32'000 + 15 %

Wir haben gesehen, dass die erste Ausgabe bei Cervera eine sehr wichtige Stellung einnahmen, sie ergaben dann über 100 Lose an der Auktion. Los 10100 war ein schönes Stück: ein Fragment mit einer Buntfrankatur: ein Paar der Nummer 4 + ein Paar der Nummer 1 (= 6 Reales blau und 6 Cuartos schwarz).



Auf runde CHF 30'000 + 15 % wurde das Stück hochgeboten und erreichte so Platz 12 der höchsten Ergebnisse an dieser denkwürdigen Auktion.

Man sieht daraus, dass nicht nur die teuerste (Standard-) Marke von Spanien, die 2 Reales Marke von 1851, Michel Nr. 8 glänzten, sondern dass auch Stücke der 1./3. und 4. Ausgabe überzeugten konnten und sehr hohe Ergebnisse erzielten. Von der Nummer 8 fanden wir nicht weniger als 13 Lose im Angebot!



Von den teuren Abarten und Fehldrucken von Spanien war hier aber bisher nicht die Rede, obwohl davon auch ein paar vorhanden waren. Die 12 Cuartos Marke von 1865 mit kopfstehendem Rahmen war in einem mit 27er-Block (!) enthalten (Los 10344), da hätte ich nun ein Ergebnis von mehr als CHF 11'000 erwartet (+15 %).

Die Stadtpost-Ausgaben 1853/54 hatten auch einige gute Lose.

Schliessen möchte ich meine Übersicht der wunderbaren Cervera-Sammlung mit Los 10207, einem alten Bekannten: das Fragment der 2 Reales 1852 (Nr. 14) zusammen mit einem unregelmässigen 20er-Block der Nummer 15 (5 Reales 1852). Wir haben das Stück in der Contini-Sammlung gesehen.

@ Heinz 7 [#5]



1989 erreichte Los 10207 Rang 24 bei den Schätzpreisen (CHF 13'000) und Rang 14 bei den Zuschlägen (CHF 28'000). Dies zeigt, wie vollgespickt mit hochwertigen Raritäten diese Sammlung war.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.02.2021 19:59:00 Gelesen: 12456# 16 @  
@ Heinz 7 [#10]

Kann eine Sammlung "die beste aller Zeiten" sein, wenn "die Beste" fehlt?

Diese Frage stürzte schon viele, viele Philatelisten in tiefe Grübeleien. Von einigen Philatelisten wird die Frage rundweg verneint, bei anderen aber hören wir, dass nicht das Spitzenstück ALLEINE entscheiden darf.

Bitte - worum geht es denn GENAU?

Nun, wir haben die vielleicht schönste und sicherlich eine der teuersten Sammlungen von Briefmarken von Spanien 1850-1865 kennen gelernt (Beiträge [#10]-[#15]), die Sammlung von Luis Cervera, die 1974 auch mit dem Grand Prix d'Honneur der Internationalen Briefmarkenausstellung in Basel ausgezeichnet wurde. Wir haben gehört, dass bei der Auflösung der Sammlung diese die Käufer rund 2,6 Millionen Schweizer Franken (1989) kostete, heute wäre dies meines Erachtens mit knapp CHF 4 Millionen gleichzusetzen. Die Sammlung strotzte nur so vor grossen Raritäten und es gibt Stimmen, die sagen, die Sammlung sei die beste Spanien-Sammlung aller Zeiten gewesen.

Andere sagen dazu klipp und klar: NEIN! Und ihre Begründung ist "einfach": es gibt eine Marke von Spanien, die FEHLTE (offenbar*) in der Sammlung Cervera.

Das (*) ist eine reine Vorsichtsmassnahme: es wäre ja denkbar, dass an der Auktion in Zürich dieses Spitzenstück NICHT angeboten wurde, OBWOHL Cervera es ebenfalls sein eigen nannte. Aber diese Möglichkeit scheint mir eher unwahrscheinlich, und darum verfolge ich sie nun nicht weiter. (Immerhin habe ich die Möglichkeit erwähnt).

Es gibt - das wissen die Kenner der Spanien-Philatelie - einen überaus seltenen Fehldruck. Und dieser Fehldruck wurde von Habsburg/Feldman 1989 nicht angeboten.

Im Thema: "Die berühmtesten und wertvollsten Briefmarken der Welt" habe ich diesen Fehldruck ausführlich besprochen (siehe dort: [#328]).

Siehe ausserdem auch Thema "Farbfehldrucke", Beitrag 2.

Es handelt sich um die DOS REALES Marke von 1851 in der Farbe BLAU (statt orangerot). In einer Platte von 6 Reales-Marken, die blau gedruckt wurden, war versehentlich ein Klischee einer 2 Reales-Marke eingesetzt worden, und so wurde die 2R-Marke auch blau gedruckt. Streng genommen sollte man vielleicht besser von einem "Wertzeichenfehldruck" statt von einem "Farbfehldruck" sprechen. Aber weil sich ein Betrachter einer Marke wohl immer zuerst am Nominalwert der Marke orientiert, hat sich diese Bezeichnung "Farbfehldruck" eingebürgert.

Die 2 Reales 1851 blau ist unglaublich selten. Man kennt bis heute nur 3 Exemplare davon.



Dieses Stück auf diesem Foto stammt aus der Tapling-Sammlung, erscheint aber auf diesem Foto etwas hell.

(Fortsetzung folgt)

Heinz
 
Heinz 7 Am: 15.02.2021 21:56:05 Gelesen: 12434# 17 @  
@ Heinz 7 [#16]

Der Farbfehldruck 2 Reales 1851, blau statt orangerot, war meines Wissens lange Zeit umstritten, und erst, als ein Paar auftauchte, das die zwei Marken 2R+6R zusammenhängend zeigte, wurde die Echtheit des Fehldruckes nicht mehr in Frage gestellt.



Hier eine Abbildung des Paares: oben die DOS Reales Marke, unten die SEIS Reales Marke (durch Stempel ziemlich zugedeckt, aber erkennbar).

Von den drei existierenden Fehldrucken landete einer bereits 1884 in der Sammlung von Thomas Keay Tapling, der seine Sammlung noch im 19. Jahrhundert dem British Museum schenkte. Damit waren für die Sammler der Welt nur noch zwei Exemplare erhältlich, und das auch nur höchst selten:

Nummer II wurde im 20. Jahrhundert meines Wissens nur 4 mal an einer Auktion angeboten, Nummer III sogar nur zweimal! Ich weiss nicht, wann Luis Cervera seine ernsthafte Sammeltätigkeit aufnahm, aber es scheint so, dass er 1958 gegen einen anderen grossen Spanien-Sammler den Kürzeren zog (oder 1958 gar nicht mitbot). Danach hatte er bis 1974 offenbar keine Möglichkeit mehr, einen solchen Fehldruck zu kaufen.

Jedenfalls scheint ihm die Michel Nr. 8a gefehlt zu haben. Und - ganz gleich, welche Schätze er sonst auch zusammentragen konnte - ein Schlüsselstück (das Beste, werden einige Sammler sagen) konnte er nie erreichen...

Ob der Sammlung Cervera aus diesem Grund die Krone für "die beste Spanien Sammlung aller Zeiten" nicht mehr zusteht, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen.

Heinz
 
marc123 Am: 18.02.2021 10:15:02 Gelesen: 12380# 18 @  
@ Heinz 7 [#17]

Lieber Heinz,

hier einmal das dritte Exemplar (Encyclopaedia 2. Band, von L. N. Williams, Colour Plate 5), dann sind wir komplett.



es scheint so, dass er 1958 gegen einen anderen grossen Spanien-Sammler den Kürzeren zog (oder 1958 gar nicht mitbot). Danach hatte er bis 1974 offenbar keine Möglichkeit mehr, einen solchen Fehldruck zu kaufen.

Dieser Sammler war Jean Dupont, der auch eine bedeutende Spanien Sammlung aufgebaut hatte. Aus der Encyclopaedia 2. Band, von L. N. Williams, geht auf Seite 163 hervor, dass dieses Stück (ex Ferrari und Hind), 1958 von Jean Dupont erworben wurde und am 29 Oktober 1974 an einen Sammler in Spanien für 67000 Pfund verkauft wurde. Diese wurde von Willy Balasse (wohl nicht in einer Auktion?) verkauft.



Die Sammlung von Jean Dupont wurde 1986 bei Willy Balasse verkauf, wo auch im Vorwort auf die vielen hohen internationalen Auszeichnungen hingewiesen wurde. Einige bedeutenden Stücke wurden wohl bereits früher verkauft, so dass dieser Katalog eher nicht mehr die bedeutende Sammlung wiederspiegelt.

Liebe Grüße
Marc
 
Heinz 7 Am: 18.02.2021 14:15:32 Gelesen: 12346# 19 @  
@ marc123 [#18]

Lieber Marc,

sehr schön! Du kommst mir zuvor.

Den Auktionskatalog Balasse "Dupont" habe ich in meiner Bibliothek, aber ich habe ihn noch nicht studiert. Ich ahnte aber, dass der Farbfehldruck fehlt, denn sonst wäre er wohl gross angekündigt worden.

Die Info betreffend Kauf 1958 und Verkauf 1974 habe ich auch gesehen (Williams), aber ich weiss nicht, welcher spanische Sammler der Käufer 1974 war. Und der Betrag von GB£ 67'000 scheint mir unglaublich hoch zu sein! 1974 war das Pfund zwar nicht mehr in den historischen Höhen, aber doch noch einiges wert.

Es ist schade, dass wir vermutlich die Sammlung Dupont nicht mehr in ihrer ganzen Grösse erkennen können. Vielleicht geben die Zeitschriften "Balasse Magazine" oder "Le Philateliste Belge" weitere Informationen?

Machst Du eine Besprechung der wichtigsten Stücke der Dupont-(Rumpf-)Sammlung (Balasse 1986)? Das wäre interessant.

Herzliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 18.02.2021 14:28:51 Gelesen: 12342# 20 @  
@ Heinz 7 [#7]
@ marc123 [#18]

Lieber Marc,

danke für Dein Interesse an der Frage nach grossen Spanien-Auktionen.

Ich habe übrigens einen weiteren Katalog gefunden, der ein gutes Stück anbot, das wir (sehr ähnlich) sogar schon kennen: ein wunderbarer Viererblock, ganz ähnlich dem Block aus der Contini-Sammlung "1852 issue, 2r. pale red. A VERY RARE LIGHTLY CANCELLED BLOCK OF FOUR with good margins all round except at right" (siehe Beitrag 7).



Diese Auktion bei Soler kannte ich nicht und leider habe ich den Katalog dazu nicht.

Wer weiss mehr?

Heinz
 

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