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Thema: Schweiz: Fingerhutstempel
Heinz 7 Am: 09.08.2023 17:42:41 Gelesen: 669# 1 @  
«Fingerhutstempel» werden die Stempel der Gruppe 104 aus dem bahnbrechenden Stempel-Werk der Schweiz von Andres und Emmenegger von 1931 genannt. Ich zitiere aus dem Vorwort zu dieser Stempelgruppe:

«Diese kleinen Einkreisstempel mit Ortsname nur in Blockschrift und dreizeiligem Datum (Tag, Monat und Jahr) – in Spezialsammlerkreisen auch unter dem Namen «Fingerhutstempel» bekannt – sind in den Details ausserordentlich abwechslungsreich und bilden daher ein beliebtes Sammelgebiet.» Gemäss Handbuch ist die Grösse dieser Stempel im Durchmesser 18-20 mm.

Die Gruppe 104 hat sehr viele verschiedene Stempel. Bereits 1931 wurden mehr als 700 verschiedene Stempel davon aufgelistet, Nr. 4059 (Aadorf) bis Nr. 4795 (Zuzgen).



Auf diesem Falt-Brief von Aeugst nach Zürich von 1863 wurde der Fingerhutstempel in Affoltern am Albis (abgekürzt: "A/A") angebracht. Der Brief wurde in Aeugst aufgegeben; Aeugst hatte damals nur eine sog. Postablage, keine vollwertige Poststelle, und wurde darum vorschriftsgemäss mit dem Stabstempel "Aeugst" entwertet. Bei der Weiterleitung wurde das Datum ergänzt durch die nächste Poststelle (Durchgangsstempel). Den dritten Stempel erhielt der Brief bei der Ankunft in Zürich (rückseitig), noch am selben Tag 22.SEPT.

Dieser Brief wurde adressiert wie folgt:

Sr. Wohlehrw.
Herrn Pfarrer Zimmermann
z. Fraumünster
Zürich

die erste Zeile dürfte wohl heissen: "Seiner Wohlehrwürdigen"

darüber steht noch: "pressant", unterstrichen, was so viel heisst wie: eilig oder dringend. Fraumünster ist eine grosse Kirche in Zürich. Das "z" ist wohl eine Abkürzung für "zu".

Heinz
 
Gernesammler Am: 09.08.2023 19:14:10 Gelesen: 661# 2 @  
Hallo Heinz,

schönes Thema, da der kleine Fingerhutstempel ein eigenes Sammelgebiet darstellen kann und ich denke bei vielen auch beliebt ist.

Gruß Rainer


 
Heinz 7 Am: 10.08.2023 09:08:47 Gelesen: 646# 3 @  
@ Heinz 7 [#1]

Auch in der Neuauflage des Stempelwerkes Andres & Emmenegger, ergänzt und neubearbeitet von Alfred Müller, Senior und Junior, und Anton Lipp, ca. 1973, nahm die Stempelgruppe 104 einen prominenten Platz ein. Auf nicht weniger als 50 Seiten wird in Band IV diese grosse Stempelgruppe behandelt, wobei die Stempel neu nummeriert wurden. Auch eine Fein-Klassifizierung innerhalb der Fingerhutstempel wurde vorgenommen; sie zeigt 5 Untergruppen und 9 verschiedene Typen(!)



Aber Achtung, wir sind noch nicht am Ende. Falls der Stempel zusätzlich die Stunde anzeigt, wann der Brief gestempelt wurde, dann wird der Stempel der Gruppe 106 oder 107 zugeordnet. Wenn er die Tageszeit anzeigt, also: Vormittag/Nachmittag/Abend, deutsch oder französisch (Matin/Soir), dann gehört er zur Gruppe 108. Wenn der Ortsname mit einer Zierlinie unterlegt ist der Gruppe 109 (so auch die Gruppe 105). Sofern die Tageszeit nur mit Anfangsbuchstaben gekennzeichnet ist = Gr. 110, wenn aber in Tageszeit in Worten ausgeführt wurde = Gruppe 111, 112, 113 oder 114; je nach Schriftart und ob mit oder ohne Zierlinie. Werden gar die Tageszeit UND die Stundenzahlen gezeigt, so haben wir einen Stempel der Gruppe 115, 116, 117, 118 oder 119. In den Gruppen 105-119 gibt es aber auch grössere Stempel mit denselben Merkmalen (21 oder 22 mm). Die Stempelgruppen 105-119 weisen aber eine viel kleinere Vielfalt auf, als die Gruppe 104, und konnten gesamthaft auf nur 26 Seiten katalogisiert werden.



Der anbei gezeigte Stempel von Zürich ist zwar nur 19 mm gross (im Durchmesser) und damit nicht grösser als ein FH-Stempel, aber er gehört nicht zur Gruppe 104, sondern zur Gruppe 113.

Es gibt Sammler, die zählen diese Stempel auch zu den Fingerhutstempeln; andere beschränken diese Bezeichnung auf die Stempel der Gruppe 104.

Es ist gar nicht so einfach, hier die ganz korrekten Katalogisierungen vorzunehmen; wenn aber ein Sammler geübt ist, findet er sich gut zurecht, weil die Kriterien sind eindeutig.

Das hier gezeigte Damenbriefchen ist sehr pittoresk. Es hat nur eine Grösse von 12.7 x 4.9 cm. Rückseitig wurde das Briefchen mit einer Verschlussmarke verziert.



Was die Briefe-Schreiberin 1855 dem Herren Pfarrer in Bonstetten mitzuteilen hatte, wissen wir nicht.

Heinz
 
Heinz 7 Am: 10.08.2023 10:31:40 Gelesen: 632# 4 @  
@ Heinz 7 [#1]

Ich erlaube mir, anbei nochmals einen Brief zu zeigen, den ich vor über vier Jahren zu einem anderen Thema einmal gezeigt habe.

Da der Brief vom Sammler ausführlich beschrieben wurde, kann ich mir eine Wiederholung der Klassifizierung hier ersparen.



Besonders schön für mich als Sammler des Bezirkes Knonauer-Amt ist die Tatsache, dass der Brief gleich drei Gemeinden betrifft:

Aeugst als Abgangsort
Affoltern als Durchgangsort
Rifferswil als Ankunftsort (vom Briefeschreiber als "Riferschweil" bezeichnet)

Da kommt Freude auf!

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.08.2023 10:36:52 Gelesen: 592# 5 @  
@ Heinz 7 [#4]

Am 26. Februar 1857 wurde dieser schöne Brief von Knonau nach Zürich gesandt. Er wurde vorschriftsgemäss mit einer Stempel "eidgenössische Raute" entwertet, daneben wurde ein sogenannter "Fingerhutstempel" abgeschlagen, der Ort und Zeit des Versandes offenlegte.



Der Brief wurde freigemacht mit einer hellblauen "Strubel"-Marke.

Welche Nachricht dem Empfänger gesandt wurde, habe ich noch nicht zu entziffern versucht. Es war ein Vordruck-Brief aus Knonau, der handschriftlich ergänzt wurde, mit einem Stempel "Ausserordent. Stempel Kanton Zürich. 10 rp" versehen wurde und so zum Versand kam. Absender des Briefes war die Notariats-Kanzlei von Knonau, welche eine Gebühr von 10 Rappen in Rechnung stellte. Ich denke, der Schreiber des Faltbriefes des Briefes war:

Herr "Nötzli, Landschreiber".



Wenn jemand den Brief - vor allem das handschriftlich ergänzte - zweifelsfrei lesen kann, wäre ich um Hinweise dankbar. Ich denke, er fängt an mit:
Vordruck: "Sie besitzen einen Schuldbrief von"
handschriftlich: "600 Schweizer Franken... Zürich ... Anna Huber..."

Freundliche Grüsse

Heinz
 
Heinz 7 Am: 11.08.2023 11:18:58 Gelesen: 585# 6 @  
@ Heinz 7 [#5]

Ich habe gezeigt, dass es üblich (und korrekt) war, den Fingerhut-Stempel nur als Zweitstempel einzusetzen; als Entwerter der Briefmarke wurde ein anderer Stempel eingesetzt: Ein Stabstempel, ein Rautenstempel, etc.

Es gab jedoch auch Briefe, da wurden die Briefmarken selbst auch mit dem Fingerhutstempel entwertet. Einen besonders schönen Brief zeige ich anbei:



Der Brief wurde in Affoltern am Albis geschrieben an den Gemeindeschreiber Hotz in Maschwanden (ein Dorf in der Nähe), frankiert mit einer 5-Rappen Marke "Strubel" und glasklar gestempelt in blau mit dem Fingerhutstempel von Affoltern a/A.

Heinz
 
volkimal Am: 01.11.2023 09:51:53 Gelesen: 267# 7 @  
Hallo zusammen,

ein Brief vom 28.06.1867 aus Wetzikon nach Zürich:



Der Durchmesser des Fingerhutstempels aus Wetzikon beträgt 20 mm. Die beiden Stempel auf der Rückseite sind leider kaum zu erkennen. Der eine kommt aus Zürich. Woher der andere kommt weiß ich nicht.

Viele Grüße
Volkmar
 
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