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Thema: Briefmarkenhaus Hermann E. Sieger wird nach 101 Jahren liquidiert !
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Richard Am: 16.01.2024 09:01:50 Gelesen: 12316# 1 @  
Briefmarkenhaus Hermann E. Sieger wird nach 101 Jahren liquidiert!

(wm-pcp) Insider horchten bereits auf, als die Vorwerbung des Auktionshauses Heinrich Köhler in Wiesbaden vor wenigen Tagen u.a. den Verkauf der Luftpost- und Zeppelin-Sammlung der Familie Sieger aus Lorch inserierte. Diese Aerophilatelie-Kollektion war repräsentativ für die „Marke Sieger“, die seit den 1930-er Jahren weltweit bekannt wurde. Hermann Ernst Sieger wie auch sein Sohn Hermann Walter Sieger waren legendäre Fachprüfer auf diesem Gebiet und letzterer führte die Lorcher Firma in den 1970-er Jahren zur Weltspitze. In jener Zeit soll sie mit ihren Abo-Modellen und dem weltweiten Neuheitenbezug, um nur einige Geschäftssegmente zu nennen, bis 60 Millionen DM umgesetzt haben. Aber im 21. Jahrhundert ging es zuerst langsam, dann immer stärker bergab. Neukunden zu werben war aufgrund nicht mehr zugänglicher Werbemöglichkeiten bei der Deutschen Post immer schwieriger, gleichzeitig starben alte Kunden mehr und mehr hinweg. Und dann kam noch Corona und das Internet! Und nun die Liquidation (siehe: https://www.briefmarken-sieger.de/impressum/ )

All dies schilderte Günther H. Sieger unlängst in einem auf der Internetseite des Bundesanzeigers veröffentlichten Bericht, den wir anschließend im Wortlaut wieder geben.


Hermann E. Sieger GmbH Lorch
Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020
Lagebericht
Lage des Unternehmens und Abkehr vom Rechnungslegungsgrundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit

Die Firma Hermann E. Sieger GmbH betreibt seit 101 Jahren Deutschlands größtes Spezialversandhaus für Briefmarken und philatelistische Bedarfsartikel, Münzen und Zubehör. Unsere Absatzmärkte befinden sich in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie dem angrenzenden deutschsprachigen Raum wie Südtirol, den Niederlanden oder dem Elsass. Der Verkauf erfolgte immer auf Basis unseres bewährten Neuheitensystems für Briefmarken und Münzen. Dazu kommen unsere regelmäßig erscheinenden Kataloge (Siegerpost), früher mit einem Umfang von bis zu 120 Seiten, heute mit maximal 32 Seiten und unser laufend aktualisiertes Internetportal. Leider hat sich der Briefmarkenmarkt in den letzten Jahren nicht wie erhofft stabilisiert, sondern ist stetig zurückgegangen.

Ein großer Dämpfer erfolgte während der Corona-Krise. Anfangs gab es zwar gewisse Umsatzzuwächse, die allerdings aber nur von kurzfristiger Dauer waren. Diese Zeit hat die Firma Hermann E. Sieger GmbH durch eine fast 1,5 Jahre dauernde Kurzarbeitsphase überleben können. Die Überalterung unserer Kundschaft, die neuen Medien und die damit verbundene Tatsache, dass sich junge Leute heute kaum noch für Briefmarken begeistern lassen, hat die Situation in den vergangenen Jahren immer schwieriger gemacht. Die zwischenzeitlich gestiegene Inflation und die Rezession Anfang 2020 mit einer extremen Kaufzurückhaltung des Mittelstands hat unser Geschäftsmodell zunehmend und nachhaltig beeinträchtigt.

Von der Gesellschafterversammlung wurde daher am 29.08.2023 beschlossen, die Geschäftstätigkeit aufgrund der unbefriedigenden Ergebnisentwicklung und weiterhin ungünstiger Zukunftsaussichten bis zum 31.12.2023 einzustellen.

Darüber hinaus wurde in der Gesellschafterversammlung am 07.12.2023 die Auflösung der Gesellschaft mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2023 beschlossen. Zum Liquidator wurde Günter Hermann Sieger bestellt. Der Jahresabschluss auf den 31.12.2020 wurde daher unter Abkehr vom Rechnungslegungsgrundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufgestellt.

Geschäftsverlauf und -ergebnis

Ausgehend von einem Umsatzrückgang um 22,8 % gegenüber dem Vorjahr bei einem überproportional gestiegenem Materialaufwand wurde im Jahr 2020 ein Rohergebnis in Höhe von TEUR 2.729 erzielt. Bei einem proportional stabilen Personalaufwand wurde das Ergebnis insbesondere durch erhebliche Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert im Vorratsvermögen mit TEUR 5.054 belastet. Diese Abschreibungen berücksichtigen die Bewertung des Vorratsvermögens unter Abkehr vom Rechnungslegungsgrundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit. Der Jahresabschluss auf den 31.12.2020 weist einen Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 5.374.863,09 aus. Unter Berücksichtigung von Entnahmen aus der Kapitalrücklage und von Entnahmen aus (anderen) Gewinnrücklagen wird zum 31.12.2020 ein Bilanzverlust in Höhe von TEUR 5.205 ausgewiesen. Das Eigenkapital der Gesellschaft ist aufgezehrt. In der Bilanz wird ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von TEUR 1.115 aktiviert. Die Liquidität war im Berichtsjahr gegeben, ist inzwischen jedoch deutlich angespannt.

Prognosebericht: Liquidationsverfahren

Durch die zwischenzeitlich eingeleitete Beendigung der Geschäftstätigkeit und die Liquidationsmaßnahmen soll die Gesellschaft ohne Insolvenz beendet werden. Die wesentlichen Gläubiger tragen dieses Vorgehen mit und unterstützen die Gesellschaft mit flankierenden Maßnahmen. In diesem Zusammenhang hat der Alleingesellschafter am 31.08.2023 auf 5 Darlehen im Gesamtwert von rund TEUR 609 verzichtet. Weitere Darlehensgläubiger haben am 31.08.2023 Rangrücktritte für Darlehen im Gesamtwert von TEUR 1.116 gewährt.

Die Liquidation der wesentlichen Vermögenswerte ist wie folgt geplant:

1. Warenlager: Der Verkauf wird über ein renommiertes Briefmarken-Auktionshaus in Deutschland und der Schweiz (für internationale Bieter) abgewickelt.

2. Kundenstamm mit Abonnenten, den Einzelkäufern und dem Online-Shop: Hier laufen gerade Verhandlungen – mit einem größeren Mitbewerber – die zum Zeitpunkt, zu dem der Lagebericht verfasst wurde, aber noch nicht vollständig abgeschlossen sind. Wir rechnen damit, dass unsere Kunden bereits im neuen Jahr von der neuen Firma beliefert werden. Zum gleichen Zeitpunkt beginnt dann der Abverkauf jener Waren, die nicht über das Auktionshaus verkauft werden können - natürlich wie in solchen Fällen üblich, mit erheblichen Rabatten und Nachlässen.

3. Immobilien der Hermann E. Sieger GmbH: Deren Veräußerung haben wir in die Hände der Immobilienabteilung unserer Hausbank, der Volksbank Stuttgart gelegt. Erstes Projekt, welches bereits jetzt offeriert wird, ist unser ehemaliges Druckereigebäude in der Hohenstaufenstrasse, im Lorcher Industriegebiet Ost.Aktuell gehen wir davon aus, dass bei diesen Vermögenswerten Veräußerungserlöse entstehen, welche die bilanzierten Buchwerte erreichen. Insofern sehen wir gute Chancen, die Liquidation erfolgreich abschließen zu können.

Als Risiko der künftigen Entwicklung besteht jedoch auch die Gefahr, dass die Gesellschaft die Liquidation nicht erfolgreich abschließen kann und Insolvenz beantragt werden muss. Aktuell schätzen wir dieses Risiko aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen und der Bereitschaft des Gesellschafters zu unterstützenden Maßnahmen als gering ein. Der Zeitraum, in dem das komplette Vermögen liquidiert wird, dürfte sich bis zum Herbst 2024 erstrecken - abhängig natürlich, wie schnell die Immobilien veräußert werden können.

Der Auktionsverkauf erfolgt über zwei größere Spezialauktionen, eine davon im März und die zweite im September 2024. Die Außenstände und Bankverbindlichkeiten denken wir in monatlichen Schritten, bis spätestens März 2024 beglichen zu haben, wobei wir bereits zum Jahresende unsere Außenstände reduzieren konnten. Mit der Liquidation endet eine lange und viele Jahre auch erfolgreiche Firmentradition. Unser Dank geht an alle Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden, welche uns stets treu begleitet haben.

Lorch, den 12. Dezember 2023
Liquidator Günter Hermann Sieger


Quelle: http://www.bundesanzeiger.de
 
22028 Am: 16.01.2024 09:23:38 Gelesen: 12295# 2 @  
@ Richard [#1]

Nicht nur Insider, auch ich, horchten auf dass zumindest der erste Teil der Sieger Sammlung bei Köhler in Wiesbaden versteigert wird. Mich wunderte schon vor einigen Jahren als die damaligen Chefs von Sieger beim aus dem Gedächtnis beim RPSL treffen in Sindelfingen das ja immer von Heinrich Köhler gesponsort wurde, von Köhler und geehrt wurden.

Man könnte Bände über die Firma schreiben, ich gestehe ich war vor 45 Jahren oder so auch Kunde dort, mein Vater von dem ich noch einen guten Meter Briefe mit Neuheiten, teilweise noch ungeöffnet von dieser Firma habe vorliegen, ebenso.

Corona hat die Firma sicher nicht „gekillt“, das war das Sammlerverhalten allgemein worauf die Firma sich nicht umgestellt hat. Heute braucht man keinen Neuheitendienst der Neuheiten zu inflationären Preisen anbietet, OK, der Service der Firmen muss bezahlt werden.

Ich hoffe bei der Luftpostauktion etwas zu finden dass in meine SCADTA Sammlung passte, andererseits habe ich noch keinen Sieger Brief mit SCADTA Marken gesehen, allerdings, seine Sammlung hatte sicher auch NICHT Sieger Briefe.
 
nagel.d Am: 16.01.2024 12:40:34 Gelesen: 12164# 3 @  
Da ich des öfteren bei Sieger bestellt hatte, gerade bei Marken von Liechtenstein und das Preis-/Leistungsverhältnis für mich gestimmt hat muß ich sagen schade drum.

Letztendlich ist es aber auch hier ein Beispiel, daß der Wandel nicht mehr schönzureden ist. Neuheiten bestellen die Jüngeren heute im Zeitalter des Onlinehandel direkt bei der entsprechenden Postverwaltung und bei älterem Material greift man auf Ebay, Delcamp und co zurück.
 
Eric Scherer Am: 16.01.2024 13:14:42 Gelesen: 12120# 4 @  
@ nagel.d [#3]

Da hast Du genau recht. In sog. "mehrstufigen Vertriebsmodellen" kann man sich als Händler nur halten, wenn man echten Mehrwert generiert und die Ware sonst nicht für alle auch so zugänglich ist. Früher habe ich über Sieger z.B. USA-Neuheiten gekauft, weil der Zahlungsprozess nach Washington über einen Bankscheck einfach aufwändig und teuer war.
 
drmoeller_neuss Am: 16.01.2024 13:47:28 Gelesen: 12078# 5 @  
@ Richard [#1]

Wieder geht ein philatelistisches Schwergewicht von Bord.

Wie viele andere Händler sucht man die Schuld bei anderen und dem "bösen" Umfeld.

Und dann kam noch Corona und das Internet!

Corona war für den Versandhandel das beste Konjunkturprogramm seit Jahrzehnten. Und das Internet hat den Versandhandel vereinfacht und kostengünstiger gemacht. Scheinbar ist man bei Sieger aber nicht mit der Zeit gegangen und hat zu lange an Traditionellem, d.h. Gedrucktem festgehalten, obwohl diese Kundschaft langsam, aber sicher ausstirbt.

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Ausgehend von einem Umsatzrückgang um 22,8 % gegenüber dem Vorjahr bei einem überproportional gestiegenem Materialaufwand wurde im Jahr 2020 ein Rohergebnis in Höhe von TEUR 2.729 erzielt. Bei einem proportional stabilen Personalaufwand wurde das Ergebnis insbesondere durch erhebliche Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert im Vorratsvermögen mit TEUR 5.054 belastet. Diese Abschreibungen berücksichtigen die Bewertung des Vorratsvermögens unter Abkehr vom Rechnungslegungsgrundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit. Der Jahresabschluss auf den 31.12.2020 weist einen Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 5.374.863,09 aus.

Man hat sich jahrelang selbst reichgerechnet und jetzt gemerkt, dass die im Lager liegende Kartonphilatelie auf dem Markt nichts mehr wert ist. Auch Frankaturware verliert jedes Jahr an Wert, siehe nur Länder wie Liechtenstein, Österreich und Dänemark, die nur noch mit erheblichen Abschlägen überhaupt absetzbar sind.

Man muss aber Sieger zu Gute halten, dass er selbst (hoffentlich) rechtzeitig die Reissleine gezogen hat. Zum Glück sind Immobilien in Süddeutschland noch gefragt und Arbeitskräfte dort knapp, so dass die Beschäftigten schnell im Einzelhandel oder an anderer Stelle unterkommen dürften.

Man kann nur dreimal raten, wer der Kundenstamm von Sieger übernimmt. Mein heisser Favorit ist ein erfolgreiches Handelshaus am Bodensee.
 
Droenix Am: 16.01.2024 15:19:51 Gelesen: 11985# 6 @  
Da bin ich gespannt, was auf den Auktionen in Deutschland und der Schweiz angeboten wird. Wenn es sich um die eigene Sieger Flugpost-Sammlung handelt, wie die ersten Bilder aus der Vorschau von Heinrich Köhler zeigen, dann bin ich sehr gespannt! Ob dort dann auch das Warenlager angeboten wird ?
 
TeeKay Am: 17.01.2024 11:53:46 Gelesen: 11665# 7 @  
Ein Schwergewicht war Sieger zuletzt nicht mehr. 2020 machte das Unternehmen nur noch 2,7 Mio Euro Jahresumsatz - 7400 Euro pro Kalendertag oder pro Mitarbeiter und Kalendertag 116 Euro. Da machen Bettler in London doppelt soviel Tagesumsatz.

Ich persönlich denke, dass es nicht schade um das Unternehmen ist. Ja, sie haben Marken aus exotischen Ländern im Abo angeboten. Und ja, das mag für den einen oder anderen günstiger gewesen sein, als sie sich direkt an der Quelle zu besorgen. Aber der Großteil des Geschäfts dürfte auf überteuerte Motiv-Abos entfallen sein, mit denen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen wurde [1]. Der BDPh wurde mit kleinen jährlichen Spenden gewogen gestimmt, auf dass bis heute Verbandsoffizielle das Loblied "Wenns Spaß macht, ists gut" auf wertlose aber teure Aboprodukte anstimmen. Seltsamerweise bewarb Sieger das Zeug in den mir bekannten Fällen nicht mit gigantischen Mengen Spaß, sondern mit potenziellen Wertentwicklungen, die nie eintraten.

Als Versandhändler ausgerechnet Covid und die weggefallene Möglichkeit der Werbung in Postfilialen für das Scheitern verantwortlich zu machen, ist absurd. Als die Sieger-Tütchen aus den Filialen verschwanden, tauchte im Hintergrund eine Erfindung namens Internet auf. Man mag es kaum glauben, aber einige der wertvollsten Aktiengesellschaften der Welt sind im Internet groß gewordene Onlineshops. Nie zuvor war es möglich, zielgruppengenauer Werbung zu machen und Kundenadressen einzusammeln. Nie zuvor war es möglich, Werbebudgets so exakt zu steuern wie heute. Und was könnte für Versandhandel besser sein als eine Pandemie, bei der Menschen nicht mehr das Haus verlassen?

Wahrscheinlicher ist für mich, dass der Vater bis zum Schluss nicht das Zepter an den Sohn abgeben wollte und das Geschäft so führte, wie er es seit 50 Jahren tat - ohne Internet.

[1] Siehe Bilanz für 2018: "Bedauerlicherweise hat sich die Prognose vom letzten Jahr - im Jahre 2018 - nicht erfüllt. Wir mussten wiederum einen Umsatzrückgang von über 10 Prozent hinnehmen, was darauf zurückzuführen war, dass es in diesem Jahr kein internationales Großereignis gab, welches weltweit philatelistisch dokumentiert werden konnte. Es gab also weniger Briefmarken, die angeboten und verkauft werden konnten."
 
drmoeller_neuss Am: 17.01.2024 13:52:44 Gelesen: 11515# 8 @  
@ TeeKay [#7]

Ein Schwergewicht war Sieger zuletzt nicht mehr. 2020 machte das Unternehmen nur noch 2,7 Mio Euro Jahresumsatz - 7400 Euro pro Kalendertag oder pro Mitarbeiter und Kalendertag 116 Euro. Da machen Bettler in London doppelt soviel Tagesumsatz.

Wie kommst Du denn darauf, dass bei einem Briefmarkenhandelshaus das Rohergebnis gleich dem Umsatz entspricht? [1] Der in Deinem Beispiel genannte Bettler ist ein Spezialfall, wo das Rohergebnis tatsächlich dem Umsatz entspricht (wenn man die Abschreibung für den Hut, die Gebühr für die maschinelle Zählung der Münzen in der Bank etc. einmal vernachlässigt :) )

Wie üblich, hast Du vollkommen recht, was den Rest Deines Beitrages angeht.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Rohergebnis
 
Redfranko Am: 17.01.2024 13:58:19 Gelesen: 11508# 9 @  
Eine kleine Träne muss ich mir schon aus dem Augenwinkel wischen, denn mit Sieger fing bei mir das Sammeln an. So manche Taschengeld-DM floss in den späten 70er-Jahren in ein USA-Abo. Und als dann ein Ausbildungsjob sicher war, gab es auch mal kleinere Sonderbestellungen.

Ich glaube der Vergleich zu großen Online-Shops hinkt. Denn dort wird zum Teil enormes Wagniskapitel reingehauen, dass ein kleiner deutscher Briefmarkenhändler niemals bekommen hätte. Und es gibt immer wieder Fälle, wo selbst bei Investitionen im dreistelligen Millionenbereich der Laden gegen die Wand gefahren wird. Wie viele Jahre hat Amazon 0 $ Gewinn gemacht?

Der Niedergang von Sieger ist bedauerlich, aber m.E. verkraftbar.
 
alex11 Am: 17.01.2024 18:42:33 Gelesen: 11284# 10 @  
@ drmoeller_neuss [#5]

"Auch Frankaturware verliert jedes Jahr an Wert, siehe nur Länder wie Liechtenstein, Österreich und Dänemark, die nur noch mit erheblichen Abschlägen überhaupt absetzbar sind."

Dänemark kenne ich mich nicht aus, aber die Preise für Frankaturware von Liechtenstein und Österreich in einen Topf zu werfen, ist schon witzig.

Viele Österreicher (inklusive mir) würden sich freuen, Euro-Frankaturware Österreich 'mit erheblichen Abschlägen' angeboten zu bekommen.

Grüße Alexander
 
drkohler Am: 17.01.2024 18:58:50 Gelesen: 11265# 11 @  
So manche Taschengeld-DM floss in den späten 70er-Jahren in ein USA-Abo.

Da liegt vielleicht auch ein Geheimnis der US-Philatelie begraben.



Diese Blatt ist ein ungefaltetes Markenheftchenblatt. Es war in den USA so nie erhältlich, die wenigen bekannten Exemplare stammen alle aus Deutschland.

Das Gerücht war/ist, dass ein/der deutsche Vertreter ein kleines Paket dieser Heftchen bekommen hatte (aus welchen Gründen auch immer, warscheinlich 100 Stück). Und Sieger war damals einer/der Vertreter der USA in Deutschland.

Es kann also durchaus sein, dass in Sammlungen von Sieger-Abo Bezüger dieses MHBlatt schlummert. Kann wahrscheinlich locker für einen dreistelligen $-Betrag angeboten werden.
 
nagel.d Am: 17.01.2024 21:03:27 Gelesen: 11140# 12 @  
Was mir bei den letzten Siegerpost vermehrt aufgefallen ist, ist, daß dort im Angebot auch Modelleisenbanen (Loks) angeboten werden oder auch Hefte für Sammlermodellautos beigefügt waren (Top Collect wenn ich mich richtig erinnere). Ob man da neben dem klassischen Briefmarken und Münzangebot nicht zuviel Nischenangebote aufgemacht hat, ohne sich dann wirklich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren.

Ich werde die Tage noch aus dem letzten Siegerpostmagazin einiges aus dem Bereich Liechtenstein personalisierte Marke bestellen.
 
Journalist Am: 17.01.2024 21:36:27 Gelesen: 11106# 13 @  
@ nagel.d [#13]

Hallo nagel.d und an alle,

wie wurde den das letzte Siegerpostmagazin verschickt? - früher hat Sieger ja fast alles als Infopost oder Dialogpost frankiert mit Briefmarken verschickt.

Die Frage hier an dieser Stelle, um eventuell mehr Leser zu erreichen, die Antworten wenn möglich aber bitte unter der "Rubrik" Dialogpost posten - danke.

Die Frage soll etwas Licht in das bisherige Dunkel der letzten Monate der Dialogpost mit Briefmarken bringen - schon jetzt danke für entsprechende Antworten.

Viele Grüße Jürgen
 
lueckel2010 Am: 18.01.2024 00:27:23 Gelesen: 11003# 14 @  
@ drkohler [#11]

Ich kann von einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 1993 berichten:

Als Mitglied der ArGe "USA/ Canada im BDPh" hatte ich dort auch ein Neuheitenabonnement. Die USA-Neuheiten waren 1993 noch erschwinglich und ziemlich "übersichtlich". Sieger, damals Agentur des USPS für den europäischen Raum (soweit ich mich erinnere), belieferte auch unseren Neuheitenwart zuverlässig und preiswert.

Im Rahmen dieses Abos wurde zuerst eine Mi.-Nr. 2376 I A ausgeliefert und einige Zeit später eine Mi.-Nr. 2376 I F (anderes Zähnungsmaß). Glaubwürdigen "Gerüchten" zufolge, wurde die letztgenannte Marke von Sieger beim USPS " ausschließlich für den "europäischen Markt" geordert! Allerdings wurde in der deutschen Fachpresse und auch im ArGe-Rundbrief nie etwas drüber veröffentlicht.

Die Mi.-Nr. 2376 I F war jahrelang bei den Sammlern in den USA vollkommen unbekannt, wie mir auf Nachfrage von allen damals bestehenden Kontakten durchweg bestätigt wurde. Sie wurde auch erst später nachträglich in das Scott-Katalogschema eingefügt.

Moin (= Gute Nacht), Gerd Lückert
 
nagel.d Am: 18.01.2024 07:18:18 Gelesen: 10939# 15 @  
@ Journalist [#13]

Es war glaube ich Infopost mit Briefmarken frankiert, das Magazin kam aber November/Dezember.
 
soeste2919 Am: 18.01.2024 14:01:09 Gelesen: 10786# 16 @  
Hallo !

Ab der Siegerpost Nr. 190 habe ich mein Exemplar unter Folie erhalten. Der Adreßträger war gleichzeitig der bekannte DIN A 4 große Bestellschein. Oben auf der rechten Seite stand der eingedruckte Frankaturvermerk "DIALOGPOST" Allemagne Port paye".

Also keine Markenfrankatur vorhanden.

MfG. soeste2919
 
rosteins69 Am: 18.01.2024 21:49:07 Gelesen: 10595# 17 @  
@ soeste2919 [#16]

Das ist interessant. Ich habe die Sieger-Post immer im weißen Papierumschlag mit Briefmarken frankiert bekommen. Aber vor ca. 2 Jahren hatten sie mich wegen wohl zuwenig Bestellungen aus dem Verteiler genommen. Seitdem habe ich die Siegerpost regelmäßig über die Homepage angefordert. Die kam auch immer sehr schnell. Und immer markenfrankiert. Zuletzt aber nur noch als Blättchen mit wenigen Seiten.

Ich finde es schade um Sieger. Von den 5 noch „groß“ zu nennenden Versandhäusern in Deutschland, war er für mich der korrekteste. Selbstproduzierte Kartonphilatelie mal außer acht gelassen: in der Siegerpost spürte ich eine gewisse Liebe zum verkauften Produkt. Das Magazin war für mich immer ein schöner und abwechslungsreicher Streifzug durch die internationale Philatelie und Neuerscheinungen. Und der Kundenservice war gut und schnell.

Ich habe aber schon vermutet, dass die Geschäfte dort schlecht laufen. Die Rabattschlachten („30 Prozent auf alles“…) waren so Sieger-Unlike, dass es auffällig war. Und ja, ich habe mir auch manche „Inspiration“ aus der Siegerpost geholt und dann doch woanders für weit weniger Geld zugeschlagen. Die Zeit für dieses Geschäftsmodell ist aus mehreren Gründen einfach vorbei.

Jetzt sind es also noch vier. Und bei mindestens einem davon, sehe ich auch sehr schwarz. Der leistet sich zwar keine teure Printwerbung sondern setzt alleine auf Mails. Aber die Preise sind für heutige Zeiten so dermaßen überzogen, dass es beim Internetkundigen Käufer einfach nicht mehr lange gutgehen kann…
 
Jürgen Witkowski Am: 18.01.2024 23:13:19 Gelesen: 10515# 18 @  
Ein Abgesang auf bessere Zeiten für die Fa. Sieger. Auf derartigen Briefmarkentüten machte man Werbung, um an neue Kunden zu kommen.



Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
Didi Am: 19.01.2024 07:32:10 Gelesen: 10410# 19 @  
Ich finde es schade für Sieger aber es war abzusehen.

Natürlich hatte ich auch einige Sieger Abonnements, für die ich viel zu viel bezahlt habe, aber auch das gehört zum Briefmarkensammeln dazu.

Ich bin gespannt was da so alles unter den Hammer kommt.

Viele Grüße
Dietmar
 
soeste2919 Am: 19.01.2024 12:13:40 Gelesen: 10282# 20 @  
Hallo!

Ich glaube, der große Mitbewerber in Braunschweig macht gerade alles richtig. Er baut ein Bürohochhaus für 27 Millionen und alle Räumlichkeiten sind schon vermietet.

In Lorch sieht es eher traurig aus. Laut örtlichen Zeitungen Hausärzte und Apotheken weg. Autozulieferer in der Region schließen oder wandern ab. Woran liegt denn das wohl?

Trotzdem ein schönes Wochenende. soeste2919
 
DL8AAM Am: 19.01.2024 19:09:55 Gelesen: 10130# 21 @  
@ rosteins69 [#17]

Der leistet sich zwar keine teure Printwerbung sondern setzt alleine auf Mails.

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Oben schrieb sinngemäß jemand, Sieger hätte das Online-Shopping zu sehr links liegen gelassen, dazu passend, dass während Corona - entgegeben des weltweiten Trends - die (Online-) Umsätze nicht geboomt haben, sondern die Zahlen eher noch weiter einbrachen. Ich glaube aber nicht, dass das der Kernproblem ist.

Die Frage ist, wer kauft "solche" Briefmarkenangebote? Die jungen hippen internetaffinen Onlineshpping-"Mädels" sicherlich nicht.

Wenn ich mich hier vor Ort umschaue, ist ein großer Teil der Sammler nicht wirklich im Internet shoppend unterwegs, falls sie überhaupt im Internet aktiv sind. Ich habe fast den Eindruck, dass die Philatelie sogar eine Nische für Internetverweigerer ist. ;-) Wenn ich mir hier auf Veranstaltungen "Sammlungen" anschaue, sieht man oft sogar noch schreibmaschinenbeschriebene Rahmen.

Scheinbar haben etliche keine PCs und Drucker. Das Problem liegt eher am Wegbrechen der kaufenden typischen Basis. "Echte Philatelisten" (sorry für diesen Ausdruck) greifen weniger auf diese Art des Angebots zurück, das ist meist weit außerhalb ihrer Gebiete. IT-affine Philatelisten sammeln anders. Die "Wald und Wiesen" Allround-Spasshobbyisten im stillen Kämmerchen (bitte, das ist nicht abwertend gemeint) werden aber immer weniger und hier kommt so gut wie nichts nach. Damit dass Sieger auf einmal ihre "Olympia-Abo-Sammungen" groß im Internet anbieten, generieren sie damit keine neue Sammlergeneration.

Die jetzt noch auf Markt aktiven Versandhändler zeichnen sich aber leider oft dadurch aus, dass sie inzwischen (für mich) unseriös (erscheinende) Dinge als Kernangebote vertreiben, uns etwas "als Anlage verkaufen" (siehe hier zum Beispiel den Thread mit den "Goldmünzen"-Angeboten). Damit erreicht man eher die "Seniorengeneration" (die billig vermeindliche Werte schaffen wollen, aber nicht eine "echte" Sammlung aufbauen) - und zwar über gedruckte (Papier-) Werbung.

Onlineangebote muss ich als Interessent gezielt aufsuchen, in der Regel suche ich gezielt und weiss vorher, was ich (in etwa) will. Papierwerbung aber überrascht Kunden und motiviert zu eher ungeplanten Käufen (weil mich das Angebot - aus welchen Grund auch immer - zufällig anspricht).

Hier vor Ort rundern sogar Geschäfte schon wieder zurück, die vor einigen Monaten von Flyer-Werbung auf das Online und Apps ungestellt haben, und verteilen inzwischen auch wieder Angebotsheftchen. Die Umsätze gingen scheinbar merklich zurück. Beim ungezielten Rumblättern "auf der Keramik" stolpert man regelmäßig mal über etwas, von dem ich vorher nicht einmal wusste, dass ich es vielleicht wollen würde. ;-) Das ist beim ALDI ebenso, wie bei "Sieger". TEMU macht uns zwar gerade vor, wie man so etwas rein online erfolgreich aufziehen kann, aber die sprechen eben eine komplett andere Zielgruppe an (und noch verkauft TEMU sogar unter ihren "Erstellungskosten", nur um sich im Markt zu positionieren, aktuell - wenn ich der ARD glauben schenken darf - machen die Millardenverluste). Aber diese Online-Zielgruppe schließt aber eben kein Ruanda-Briefmarken-Abo mit einer Handy-App ab. Digitalisierung und Online ist eben nicht immer für jeden Anbieter "der" zielführende (Haupt-) Weg.

Für mich ist der (Haupt-) Grund, dass dieses Geschäftsmodell bzw. das "Angebot" und die dazugehörige Zielgruppe einfach nicht so viele Anbieter auf dem Markt trägt. Die mehr zurückhaltend-seriöseren Anbieter trifft es schneller. Vielleicht hätten sie auch auf überteuerte hauchdünnste Goldfolien-Münzen aus Somalia - als "Goldanlagemodell" - setzen sollen? ;-)

Beste Grüße
Thomas
 

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