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Thema: Chemische Zensur
chemiekusss Am: 14.07.2021 09:31:47 Gelesen: 868# 1 @  
Liebe Sammlerfreunde,

In Kriegs- und Spannungszeiten erlassen Staaten Verordnungen und ergreifen Maßnahmen, um den Postverkehr zu kontrollieren. Es soll verhindert werden, dass verbotene Informationen aus dem Ausland ins Inland kommen und es soll verhindert werden, dass verbotene Informationen aus dem Inland ins Ausland gelangen. Die Kontrollen der Post nennt man Zensur. Man erkennt sie an den Zensurstempeln und Klebestreifen auf den Belegen.

Als Besonderheit unter den Zensurbelegen finden sich solche mit "chemischer Zensur". So nennt man es, wenn mit chemischen Mitteln versucht wird, geheime, verbotene Botschaften, die mit Geheimtinten geschrieben wurden, auf Briefpapier oder Briefumschlag sichtbar zu machen. Im Allgemeinen erkennt man die chemische Zensur an Hand mehrerer farbiger Streifen, die diagonal über einen Briefumschlag verlaufen.

Ich habe mal in der Literatur recherchiert und folgende Belege gefunden, die in der unten stehenden Tabelle zusammengefasst wurden.

Sie enthält einige Belege aus der Zeit von WK I, aber vor allem Belege aus der Zeit von WK II.

Sicher gibt es noch viel mehr Belege und ich würde mich freuen, wenn andere Sammlerfreunde etwas ergänzen.

Gruß Michael


 
Lars Boettger Am: 14.07.2021 12:55:57 Gelesen: 817# 2 @  
@ chemiekusss [#1]

Hallo Michael,

in der Auslandszensurstelle Trier fand 1918 ebenfalls eine chemische Kontrolle auf Briefen und Karten von und nach Luxemburg statt. Belege sind nicht häufig, ab und zu kann man sie aber finden.

Beste Grüße!

Lars


 
wuerttemberger Am: 14.07.2021 15:20:49 Gelesen: 773# 3 @  
@ chemiekusss [#1]

Im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart gibt es etliche Akten über die Zensurstellen in Württemberg während des ersten Weltkriegs. Auf den folgenden Bericht bin ich dabei gestoßen:

Bericht der Postüberwachungsstelle für Briefe betr. Ihre Organisation, Tätigkeit und Erfahrung über die Zeit vom 1.9.1917 bis 31. März 1918

Über die chemische Zensur wurde folgendes berichtet:

Die Postüberwachungsstelle hat sich in der Zeit vom 1.9.1917 bis heute infolge ständigen Wachsens der in Bezug auf die Prüfung der anfallenden Sendungen an sie gestellten Anforderungen genötigt gesehen, ihren Betrieb in umfangreicher Weise zu erweitern. Besonderer Erwähnung bedarf hier der Ausbau der chemischen Abteilung. Das seitherige Personal sowohl wie die Räume und Einrichtungen dieser Abteilung erwiesen sich für eine im befohlenen Umfange vorzunehmende chemische Prüfung der Sendungen als unzureichend; es wurden deshalb im II. Stock des Gebäudes der Postüberwachungsstelle weitere größere Räumlichkeiten hinzugemietet.

Dank dieser Vergrößerung der Räumlichkeiten und der Anschaffung weiterer Apparate wie auch einer bedeutenden Vermehrung des Personals (Ordonanzen und weibl. Hilfskräfte) ist es nun möglich, täglich etwa 8000 Sendungen einer genauen chemischen Prüfung zu unterwerfen. Einzelheiten über die Tätigkeit der erweiterten chemischen Abteilung sind im beiliegenden Spezialbericht enthalten.


Ich kann nicht sagen, ob der Spezialbericht in der Akte enthalten war.

Gruß

Axel
 
volkimal Am: 14.07.2021 18:22:37 Gelesen: 737# 4 @  
@ chemiekusss [#1]

Hallo Michael,

gib doch bei der Volltextsuche die Begriffe "+chemische +Zensur" ein. Ich denke, dass Du noch einige weitere Belege zur chemischen Zensur finden wirst.

Hier noch einer aus meiner Sammlung:

Meine Tante Gisela arbeitete in Hattingen an einer Volksschule. Dort lernte sie Maria Rehner kennen, die auch dort arbeitete. Frau Rehner stammte aus Siebenbürgen in Rumänien. In den Sommerferien 1944 fuhr Frau Rehner zu ihrer Mutter nach Agnita in Siebenbürgen. Von dort schickte sie diese Postkarte an Tante Gisela.



Maria Rehner hat die Karte am 11.8.44 als Einschreibesendung in Agnita, Kreis Tarnava-Mare (Einschreibestempel) aufgegeben. Das Porto betrug 32 Lei, die Marke zu 2 Lei ist eine Poststeuermarke (Zwangszuschlagsmarke). Die Karte wurde zuerst in Rumänien und dann ein zweites Mal in Wien zensiert. In Wien erhielt sie auch die blauen Streifen auf der Rückseite - damit wollte man evtl. vorhandene Geheimschriften erkennen. Diese farbigen Streifen kommen bei der Zensurstelle Wien relativ selten vor. Ich vermute, dass diese Karte untersucht wurde, weil sie als Einschreiben verschickt wurde.

In Dortmund erhielt die Karte am 30.8.44 einen Nachsendevermerk nach Bad Hofgastein, obwohl Tante Gisela gar nicht dort war. In Bad Hofgastein machten meine Großeltern und meine Urgroßmutter eine Badekur. Urgroßmutter war schon 80 Jahre alt. Sie war von den Alpen, die sie das erste Mal sah, ganz begeistert. Da Frau Rehner auf der Karte die Anschrift meiner Großeltern in Dortmund-Kirchhörde angegeben hatte, wurde die Karte mit der anderen Post nach Bad Hofgastein nachgeschickt.

Viele Grüße
Volkmar
 
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