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Thema: Vor 100 Jahren: Der 1. Weltkrieg aus philatelistischer Sicht
Das Thema hat 86 Beiträge:
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hajo22 Am: 07.03.2014 12:01:52 Gelesen: 108762# 12 @  
Wie angekündigt hier die letzten 4 Karten dieser Serie (von links oben nach rechts unten):

408: In Sicht der schottischen Inseln
409: Versenkung eines Seglers
410: Helgoland in Sicht
411: Wieder in der Heimat




Die Aussagekraft der Bilder spricht für sich. Meiner Meinung nach hat C. Bergen realitätsnahe Situationen anhand farbenkräftiger Bilder umgesetzt und dokumentiert. Auch die sehr realistische Darstellung des Atlantikwassers/der Atlantikwellen begeistert mich.

Schönen Tag und bis bald.
Jochen
 
hajo22 Am: 08.03.2014 16:17:35 Gelesen: 108731# 13 @  
Kartengrüsse und Spurensuche.

Diese U-Boot-Ansichtskarte (im Vordergrund britischer Dampfer; deutsches U-Boot mit Reichskriegsflagge im Bild hinten rechts) sandte der Ober-Maschinen-Maat Franz Schrott auf U 69 am 19.5.1916 aus Wilhelmshaven an das Fräulein Emmi in Altdorf bei Landshut:

"Wieder angelangt an Bord, schick`ich dir dies Kärtchen klein!....Vom Franz. Erinnerst du dich noch seiner?"





Bei der Recherche findet sich der Name des OMaschMts auf der Gefallenenliste von U 69. Das U-Boot sank mit der gesamten Besatzung (Quelle der U-Boot Zeichnung ist mir nicht mehr bekannt).

Viele Grüße
Jochen
 
hajo22 Am: 09.03.2014 13:39:10 Gelesen: 108685# 14 @  
Britische Markenfälschungen für das Deutsche Reich, Bayern und Österreich.

Über die britischen Kriegspostfälschungen im 1. Weltkrieg weiß man auch heute noch wenig. Es sind keine offiziellen Dokumente bekannt. Initiator dürfte der britische Geheimdienst gewesen sein. Geplant war es, mit den Marken Propaganda in großem Stil innerhalb der Mittelmächte zu versenden. Diese Aktion hat während des 1. Weltkrieges jedoch nicht stattgefunden, zumal die Fälschungen wahrscheinlich auch erst gegen Ende des Krieges hergestellt worden sind.

Gefälscht wurden: Deutsches Reich Germania 10 und 15 Pfg. (Mi.Nr. 86 u. 101), Bayern König-Ludwig-Ausgabe 5,10 und 15 Pfg. (Mi.Nr. 112,114,115, gezähnt und geschnitten) sowie 5 und 10 Heller-Marken (Krone-Ausgabe Mi.186,188) und 25 Heller Portrait Kaiser Karl (Mi. 223) von Österreich.

Ich besitze nur die gefälschten Germania-Marken, die ich hier zeige:



Die Fälschungen sind am Papier und vor allem an der Gummierung gut erkennbar (daneben gibt es noch weitere Merkmale in der Zeichnung).
Diese Germania-Marken tauchen auf Briefen in der Nachkriegszeit (1919-1922) auf (ein deutscher Händler war im Besitz größerer Mengen dieser Fälschungen).

Markenfälschungen der Mittelmächte gibt es nicht.

Wer sich mehr dafür interessiert, hier der Literaturhinweis: "Die Schwarze Post" von Wolfgang Baldus, Band 1. Ein sehr informatives und lesenswertes Buch.

Schönen Sonntag.
Jochen
 
hajo22 Am: 26.03.2014 19:20:32 Gelesen: 108574# 15 @  
Von der Front verschickte frankierte Auslandspostkarte nach Südamerika.

Ich zeige eine recht interessante Karte vom Armierungssoldaten (also Bausoldaten) Grunow an seinen Bruder bei der "Kaiserlich Deutschen Gesandschaft" in Rio de Janeiro. Mit 10 Pfg. Germania (Auslandskartentarif) frankiert und mit Feldpoststempel der "Kais.D.Feldpost-Station 43" am 3.11.1915 entwertet. Die Karte, die im "Westen" am 29.10. geschrieben wurde, weist den nicht häufig zu sehenden Zensurstempel der "Geheimen Feld. Polizei" beim Armee Oberkommando sowie den handschriftlichen Vermerk "Zur Beförderung zugelassen, den 31.10.15" auf.

Der Bruder hat die Karte mit roter Tinte numeriert: "No.1" und "vom 29.10.15 am 13.12.15 erhalt(en)".

Keine weiteren Zensurvermerke (von Feindstaaten). Die Beförderung nach Brasilien erfolgte über einen neutralen Dampfer, der vermutlich von den Engländern nicht kontrolliert worden ist.



Demnächst mehr.
Jochen
 
hajo22 Am: 27.03.2014 20:38:40 Gelesen: 108518# 16 @  
Deutsche Truppen auf dem Balkan.

Im Sommer 1916 erhielt General-Feldmarschall August v. Mackensen (1849-1945) das Kommando über eine deutsch-österreichisch-bulgarisch-türkische Heeresgruppe, die maßgeblich an der Eroberung Rumäniens beteiligt war. Anschließend war v. Mackensen bis zum Kriegsende Befehlshaber der Besatzungsarmee in Rumänien.

Ich zeige eine Feldpostkarte (Ansichtskarte von Skopje) eines (vermutlich) Zivilangestellten der Etappen-Telegraphen-Direktion der in die Heeresgruppe integrierten 11. (deutschen) Armee, der die Feldpost nutzen durfte.

Sehr deutlich abgeschlagener Feldpoststempel: K.D.Feldpostexped. des Oberkommandos der Heeresgruppe v. Mackensen, Stempel v. 6.8.1916. Die Karte, geschrieben in "Mazedonien", lief nach Detmold.



Schönen Abend.
Jochen
 
hajo22 Am: 01.04.2014 10:15:00 Gelesen: 108441# 17 @  
Die Deutsche Militär-Mission in der Türkei gab es schon vor dem 1. Weltkrieg. Leiter dieser Mission war der preußische Generalleutnant Liman von Sanders (siehe Foto), der zum Generalinspekteur der türkischen Armee ernannt wurde. Ziel war es, das türkische Heer zu reorganisieren und zu modernisieren.



Nach Ausbruch des Krieges trat das osmanische Reich (umfaßte die heutige Türkei, Syrien, Palästina, den Irak und weitere Gebiete bis in den Jemen) auf die Seite der Mittelmächte.

Ich zeige heute einen Feldpostbrief (Heimat-Front) vom 22.5.1917 an einen Flugzeug-Obermatrosen beim Marine Sonderkommando der deutschen Seeflieger-Station Tschanak.

Im Juli 1915 war von der "Deutschen Wasserfliegerabteilung des Sonderkommandos der Kaiserlichen Marine in der Türkei" der Flugstützpunkt San Stefano bei Konstantinopel und die Seefliegerstation Tschanak (an einer engen Stelle der Dardanellen auf kleinasiatischer Seite) eingerichtet worden. Die Maschinen der Seefliegerstation dienten vor allem der Seeaufklärung.





Die "Deutsche Militär-Mission in der Türkei" ist ein eigenständiges Sammelgebiet mit vielen Besonderheiten und teilweise sehr seltenen Feldpoststempeln. Ich gehe nur exemplarisch auf das Gebiet ein.

Und weil heute der 1.4. ist: Der kleine Beitrag ist kein Aprilscherz.

Schönen Tag und bis demnächst.
Jochen
 
hajo22 Am: 02.04.2014 10:43:44 Gelesen: 108374# 18 @  
In den deutsch-besetzten Gebieten (hier z.B. in Belgien) wurden eigene Briefmarken (Überdrucke der Germaniawerte) herausgegeben.

Eingeschriebene Heeressache an die Postprüfungsstelle in Gent mit 50 cent.-Marke Besetzte Gebiete Belgien Mi.Nr. 20, gestempelt Brüssel 7.3.(19)18. Absender die Zahlstelle von Roulers. Vorderseitig Dienstsiegel und Zensurstempel: "Inhalt geprüft/Spezialkommissar der Bankabteilung". Rückseitig Siegel der "Militärische Überwachungsstelle Brüssel" und Feldpoststempel v. 8.3.18.

Das belgische Bankwesen wurde von deutschen Bankfachleuten streng überwacht.





Schönen Tag und bis demnächst.
Jochen
 
Germaniafan Am: 02.04.2014 18:41:51 Gelesen: 108335# 19 @  
@ hajo22 [#5]

Hallo Jochen,

schöne Sachen die Du hier zeigst. Damit Du nicht als Alleinunterhalter weiter schreiben mußt, hier einige Ergänzungen zu Deinen Beiträgen.



Ein Brief mit Unterschrift von Paul von Hindenburg nach Zürich. Leider sind vom Briefumschlag nur noch die Marken mit Absenderstempel (Wilhelm von Kügelgen, Hindenburgs Adjutant) vorhanden. Der Brief stammt aus der Zeit nach dem I. Weltkrieg ich hoffe mir wird dies verziehen.

@ hajo22 [#14]

Die sogenannten Spionagefälschungen sind natürlich vor allem echt gestempelt immer gesucht und relativ selten.



10 Pfg. Spionagefälschung entwertet in München



15 Pfg. Spionagefälschung als Doppelpack auf Brief nach St.Lois/USA

@ hajo22 [#17]

Zur Deutschen Militärmission in der Türkei hier noch ein Beleg mit seltenem Stempel der Militärmission Bosanti vom 25.4.1917



Schöne Grüße
Guido
 
hajo22 Am: 02.04.2014 21:56:55 Gelesen: 108297# 20 @  
@ Germaniafan [#19]

Sehr schöne Briefe mit den Spionagefälschungen der Germaniamarken. Für einen "Germaniafan" ist das auch ein absolutes "MUSS". Diese Marken auf echt gelaufenen Briefen sind nach meiner Kenntnis sehr sehr selten. Zu den schönen Stücken kann ich nur gratulieren. Beneidenswert, nicht einfach zu bekommen.

Bei der Seltenheit des Stempels "Bosanti" irrst Du Dich. Selten ist nur die Stempeltype "Bozanti". Der Ort liegt an der sogenannten "Bagdadbahn". Hier aus einer zeitgenössischen Karte die geographische Lage:



Schönen Abend.
Jochen
 
muemmel Am: 02.04.2014 22:23:36 Gelesen: 108290# 21 @  
Hallo Jochen,

ganz herzlichen Dank zu diesem Thema und Deinen zahlreichen Beiträgen, die Du mittlerweile hier vorgestellt hast.

Ich lese die Beiträge alle von vorne bis hinten, da mich die Thematik sehr interessiert, auch wenn ich leider keinerlei Material beitragen kann.

Das musste ich einfach mal loswerden.

Grüßle
Mümmel
 
Cantus Am: 03.04.2014 01:05:24 Gelesen: 108271# 22 @  
@ hajo22 [#20]

Hallo Jochen,

auch von mir ein kräftiges Lob für die Art und Weise, wie du uns hier unterschiedliche Aspekte des 1. Weltkriegs anhand von seltenen Bildern und aussagekräftigen Texten näherbringst. Auch ich lese hier gerne mit, könnte aber außer ein paar Ansichts- oder gelaufenen Grußkarten kaum etwas beisteuern. Ich bin im Moment jedoch dabei, die Geschichtsabteilung in meiner Bibliothek auszudünnen und dabei fallen sicherlich auch einzelne Werke zum 1. Weltkrieg an. Falls du davon etwas gegen Portoersatz haben möchtest, lass es mich bitte bis zum Ende der nächsten Woche wissen.

Viele Grüße
Ingo
 
hajo22 Am: 03.04.2014 10:37:23 Gelesen: 108245# 23 @  
@ muemmel [#21]

Herzlichen Dank für Deine positive Resonanz. Das ermuntert zum Weitermachen.

@ Cantus [#22]

Es freut mich, daß Dir der Beitrag gefällt. Danke auch für das Literaturangebot, aber ich habe schon mehr als genug an Lesestoff zum 1. Weltkrieg.

Viele Grüße
Jochen
 
hajo22 Am: 03.04.2014 16:17:25 Gelesen: 108217# 24 @  
Nach Ausbruch des Krieges wurden in der Türkei alle Auslandspostämter, also auch die zahlreichen deutschen Postämter, zum 30.9.1914 geschlossen. Zivilpost (Privat- und Geschäftspost) wurde fortan ausschließlich von der türkischen Post bedient.

Wie das für die Privatpost aussah, zeige ich an den folgenden 2 Briefen:

Einschreibbrief aus Constantinopel (Nr. 286) vom 26.6.1917 nach Oberstdorf (Ankunft 1.7.17), frankiert mit türkischen Marken.

Türkische Zensuren auf der Vorder- und Rückseite des Briefes jeweils in rot.
Deutsche Zensur in München am 30.6.1917 "Militärischerseits unter Kriegsrecht geöffnet" Überwachungsoffizier



Und an die gleiche Adresse wenige Wochen später:

Einschreibbrief Constantinopel (Nr. 30) vom 17.7.1917 nach Oberstdorf (Ankunft 21.7.17), frankiert mit türkischen Marken wiederum auf der Briefrückseite.
Türkische Zensur auf der Vorderseite (Stempel jetzt in schwarz) sowie Zensur-Oblate in rot auf der Rückseite des Briefes.

Deutsche Zensur wiederum in München mit gleichem Verschlußzettel und gleichem Überwachungsoffizier.



Trotz der Einschränkungen durch die türkisch-deutsche Doppelzensur ist kaum eine Verzögerung in der Briefbeförderung festzustellen. Ob das immer so war, wage ich allerdings anzuzweifeln.

Schönen Tag.
Jochen
 
asmodeus Am: 04.04.2014 09:38:58 Gelesen: 108167# 25 @  
Eigentlich eine unscheinbare Ganzsache aus Österreich, aber der Inhalt ist interessant!

"Liebste Hella, hier steht alles unter dem Eindruck der Kriegserklärung, die ? frischler(?) eilen in wilder Flucht davon manche sogar mit Zurücklassung ihres Gepäcks. Mein Mann wartet auf seine dienstlichen Bestimmungen- wahrscheinlich fahren wir auch in den nächsten Tagen heim. Momentan sind die Züge überfüllt von Einberufenen die jede Station mit lauten Viva la Compagnion Rufen begrüßen. Zu Triest wird auf der Straße kampiert. Ganz Österreich sieht mit Begeisterung diesem Krieg entgegen- Langes wollten Mitte August kommen nun weiß man natürlich nicht was die Ereignisse bringen jedenfalls schreib mir noch vorher ausführlich."


 
hajo22 Am: 04.04.2014 19:45:25 Gelesen: 108124# 26 @  
@ asmodeus [#25]

Interessant ja, die Kriegsbegeisterung war wohl allgemein groß, denn die Leute konnten nicht im Traum ahnen, was sie erwartete.

Unter "Frischler" denke ich, versteht man Ausflügler/Touristen (ich bin aber kein Österreicher).

In welchem Ort ist Dein Kartenbrief gestempelt? Ich kann`s nicht lesen.

Viele Grüße.
Jochen
 
hajo22 Am: 04.04.2014 20:52:18 Gelesen: 108113# 27 @  
Der Krieg in Fernost.

Unter dem Druck des deutschen Kaiserreiches ("Kanonenbootpolitik") schloß China im Jahre 1898 einen zinslosen Pachtvertrag (über 99 Jahre) mit Deutschland über das Gebiet um Kiautschou und der vorgelagerten Bucht. Der kaiserlich deutschen Marine erschien die Bucht als Flottenstützpunkt für ihr Ostasiengeschwader sehr geeignet.



(Lageskizze Quelle: Friedemann: Die deutschen Kolonien).

Das kleine Fischerdörflein an der Bucht, Tsingtau, wurde zu einem kolonialen Musterort ausgebaut. Repräsentative Amtsgebäude und Villen im Gründerzeitstil Deutschlands entstanden. Eine moderne Infrastruktur wurde aufgebaut: Breite Straßen angelegt, Wasserleitungen und Kanalrohre (Entwässerung) verlegt, Strom- (eigenes E-Werk) und Telefonleitungen gelegt. Der Hafen ausgebaut und eine Werftanlage zur Wartung der Kriegsschiffe installiert. Die einzige deutsche Werft im ostasiatischen Raum. Ein Bahnhof gebaut und ein Gleisanschluß an das innerchinesische Eisenbahnnetz gelegt.

Die Post nach Deutschland wurde 1914 hauptsächlich über die wenige Jahre vorher fertiggestellte Transsibirische Eisenbahn abgewickelt. Ein Brief aus Peking nach Berlin lief keine 14 Tage. Auch die Post aus der Südsee (Deutsch-Neuguinea, Karolinen, Marianen, Marshall-Inseln und Samoa) wurde meist "via Sibirien" befördert oder über Australien und den USA nach Europa. Briefe aus der Südsee benötigten meist 2-3 Monate nach Deutschland.



Nach Ausbruch des Krieges in Europa stellte das japanische Kaiserreich Mitte August 1914 dem Gouverneur von Kiautschou (Alfred Meyer-Waldeck) das Ultimatum das Pachtgebiet bedingungslos zu übergeben und die Kriegsschiffe abzuziehen.

Fortsetzung folgt morgen.
Schönen Abend.
Jochen
 
Richard Am: 05.04.2014 09:15:18 Gelesen: 108076# 28 @  
@ asmodeus [#25]

? frischler(?)

Hallo asmodeus,

ich lese Sommerfrischler mit einem m geschrieben. Der Duden meint, es sei (jetzt) ein veraltetes Wort für jemand, der sich zur Sommerfrische (a) an einem Ort aufhält [1]. So würde das Wort auch in den Zusammenhang passen.

@ alle

Für mich als an Geschichte interessierten ist dieses Thema samt der gezeigten Belege und Dokumente hochinteressant !

Schöne Grüsse, Richard

[1] http://www.duden.de/rechtschreibung/Sommerfrischler
 
roteratte48 Am: 05.04.2014 11:11:16 Gelesen: 108054# 29 @  
@ Richard [#28]
@ asmodeus [#25]

In "uralten Zeiten" (meine Generation) und als Tipp für die etwas Jüngeren unter uns: Der Strich über einem Konsonanten bedeutet "Verdoppelung". Also hat unser Briefeschreiber orthographisch völlig korrekt gehandelt

Gruß ins Forum - Rolf
 
roteratte48 Am: 05.04.2014 11:21:41 Gelesen: 108051# 30 @  
@ hajo22 [#1]

Um mal wieder zu den Stempeln zurückzugehen - einer der häufigsten während des WK I war der violette L1 "aus militärischen Gründen verzögert"; hier auf einer Feldpost-Ansichtakarte, die während des Stellungskrieges bei SEDAN geschrieben wurde.


 
hajo22 Am: 05.04.2014 11:30:11 Gelesen: 108049# 31 @  
Obwohl auf verlorenem Posten stehend, ignorierte der Gouverneur das japanische Ultimatum und ließ nach Berlin den bekannten Satz funken: "Einstehe für Pflichterfüllung bis auf`s Äußerste".

Daraufhin erklärte Japan dem Deutschen Reich den Krieg und griff die Bucht von Kiautschou an. Auf See wurde die Einfahrt blockiert und Tsingtau unter Beschuß genommen. Japanische und britische Truppen landeten und eroberten das Pachtgebiet nach und nach. Lediglich die Tsingtauer Küstenbatterien konnten sich noch halten und kämpften bis die letzte Granate am 7.11.1914 verschossen war. Anschließend kapitulierte der Gouverneur. Das ist eine Kurzfassung der Ereignissse. Wer sich mehr dafür interessiert, kann sich bei Wikipedia schlau machen.

Während der Kriegszeit in Kiautschou wurde Post nach Deutschland über China und neutrale Dampfer befördert. Leider kann ich keinen Beleg zeigen. Dafür hier ein Brief, der Tsingtau nicht mehr erreichte:



Die am 30.7.1914 vom Briefmarkenhaus Friedemann in Leipzig an einen kaiserlichen Ober-Werftbuchführer bei der Tsingtauer Werft adressierte Drucksache zu 3 Pfg. (innerdeutscher = Kolonial-Tarif) wurde nicht weiterbefördert "Wegen Kriegzustandes zurück". Der Krieg mit Russland war inzwischen ausgebrochen und die Transsibirische Eisenbahn konnte nicht mehr benutzt werden.

Die kriegsgefangenen Deutschen (ca. 4-5.000 Mann) wurden nach Japan verbracht und dort auf verschiedene Lager verteilt. Nach Ende des Krieges begann die Rückführung nach Deutschland (1919-1922). Die Kiegsgefangenenpost der "Tsingtauer" ist ein eigenes Sammelgebiet, das von Spezialisten gepflegt wird.
Hier ein Beispiel an dem ich einige Merkmale erläutere:



Der japanische Stempel rechts oben wird wie folgt gelesen:

15 = Wochentag; 10 = Monat; 8 = das 8. Jahr nach Thronbesteigung des Tennos Yoshihito im Jahre 1911: 1911+8Jahre=1919, also wurde die Karte gestempelt am 15.10.1919. Der kleine rote quadratische Stempel ist der sogenannte "Han" (Zensurstempel) des Zensors Miura. Der große rote Kreisstempel ist der Lagerstempel Nagoja.

In einem der nächsten Beiträge zeige ich noch weitere Kriegsgefangenenkarten aus japanischen Lagern.

Viele Grüße.
Jochen
 
roteratte48 Am: 05.04.2014 11:44:38 Gelesen: 108040# 32 @  
Weil ich eh gerade ein Konvolut von nahezu 1000 Karten aus WK I (alle aus einer einzigen Korrespondenz!) bearbeite, hier noch zwei weitere Beispiele, die bei den Familien zuhause stets Anlaß zu großer Sorge gaben. Karte 1 ein Zusammenspiel von philatelistischem Stempel und Rotkreuz-Stempel:



Nicht immer waren entsprechende Stempel verfügbar - auch hierzu ein Beleg mit (nach erfolgloser Suche) handschriftlichem Rücksendezettel:



 
hajo22 Am: 05.04.2014 13:38:17 Gelesen: 108018# 33 @  
@ roteratte48 [#29]

Man nannte das in der Volksschule "Faulheitsstrich". Er wurde vom Lehrer nicht akzeptiert. Beim Diktat also ein Fehler, da gewöhnt man sich das schnell ab.

Viele Grüße.
Jochen
 
hajo22 Am: 06.04.2014 08:07:03 Gelesen: 107969# 34 @  
Wie angekündigt, heute noch zwei Belege im Zusammenhang mit den kriegsgefangenen Deutschen in japanischen Lagern.



Karte aus Hamburg, gestempelt 25.4.16 mit deutscher Zensur. Post-Eingangsstempel in Japan am 16.7.1916 mit Lagerstempel Nagoya. Erhalten gebliebene Post in die Lager ist nicht häufig. Die Karte, geschrieben mit kindlicher Schrift, finde ich ganz reizend (auch vom Text her).



Auch die zweite Karte, die ich hier zeige, ist ungewöhnlich, denn sie lief nicht nach Deutschland, sondern an einen Deutschen in Tientsin dem mit dieser Karte ein Dankeschön für 2 Dosen Zigaretten übermittelt wurde.

Vordruckkarte aus dem Lager Bando, gestempelt 5.9.1917 mit "Han" des Zensors.

Schönen Sonntag.
Jochen
 
hajo22 Am: 07.04.2014 10:05:45 Gelesen: 107900# 35 @  
Am 14.8.1917 erklärte China dem Deutschen Reich den Krieg. Dies steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Kriegseintritt der USA gegen die Mittelmächte im April 1917. Es war abzusehen, daß die Mittelmächte den Krieg nicht mehr gewinnen konnten. Das Vermögen der Deutschen in China stand damit zur Disposition. Die Deutschen wurden aber nicht grundsätzlich in Lagern interniert.

Bis zum 17.3.1917 bestanden noch zahlreiche deutsche Auslandspostämter in China (abgesehen von Kiautschou, das 1914 von den Japanern erobert worden war).

Ich zeige hier 2 Briefe, aufgegeben 1915 und 1916 auf deutschen Postämtern in China:



Der vom deutschen Postamt in Shanghai am 18.2.1915 abgestempelte und an den 1. Bürgermeister von Buer adressierte Brief erreichte vermutlich über einen neutralen Dampfer direkt von Shanghai aus Deutschland. Zensurvermerke sind nicht erkennbar. Auf der Rückseite keine Durchleitungsstempel. Handschriftlicher Ankunftsvermerk 13/4. und "Stadtarzt".



Einschreibbrief mit aufgedrucktem R-Stempel, gestempelt Deutsche Post Tientsin 15.3.1916 an das Kgl. Preußische Kriegsministerium in Berlin. Absender ist die Hilfsaktion für kriegsgefangene Deutsche und Österreicher/Ungarner in Sibirien.

Wie an den Stempeln erkennbar, lief der Brief über die USA nach Berlin (Ankunft 15.6.1916). Er war also genau ein Viertel Jahr unterwegs. Keine Zensurvermerke.

Schönen Tag und bis demnächst.
Jochen
 
hajo22 Am: 14.04.2014 18:13:58 Gelesen: 107743# 36 @  
Der Krieg in der "deutschen" Südsee.

(Deutsch)-Samoa (Teil 1)

Am 1. März 1900 wurde in Mulinu`u bei Apia feierlich die deutsche Flagge gehisst. Bei der Flaggenhissung nahm eine Abordnung der Besatzung des kleinen Kreuzers SMS Cormoran (Marine-Schiffspost -MSP- Nr. 8) teil.



SMS Cormoran

(Foto-Quelle: Freiherr E.v.Spiegel "Meere - Inseln - Menschen" (Vom Seekadetten zum U-Boot-Kommandanten); Verlag Scherl 1934; Vor Seite 35).

Die politischen Spannungen und Kämpfe zwischen den 3 Mächten (Deutschland, England, USA) waren in Berlin am Verhandlungstisch gelöst worden. Der Samoa-Vertrag sah die Aufteilung der Inseln zwischen dem Deutschen Reich und den USA vor.



Postkarte vom 27.12.1899 noch zum Weltpost-Auslandstarif mit 10 Pfg. nach Hannover adressiert. Nach Einführung des Kolonialtarifs kostete eine Postkarte aus Samoa nach Deutschland nur noch 5 Pfg. (Portogebühren wie im Reichsgebiet).

In der Folge entwickelte sich die Kolonie gesellschaftlich und wirtschaftlich positiv, dazu trug auch das für Europäer gut verträgliche Klima bei. Spuren aus der deutschen Kolonialzeit sind noch heute in Apia erkennbar.



Ansichtskarte vom Hafen Apia (Foto A. Tattersall, Apia) mit 5 Pfg. gestempelt Apia 1911



Fotokarte, die die Residenz des Gouverneurs in Apia zeigt (Foto Tattersall, Apia), gestempelt 1911

Mitte Juli 1914 ging in Tafaigata bei Apia die 4. deutsche Funkstation in der Südsee (nach Yap, Angaur und Nauru) in Betrieb. Die Funkstation arbeitete auf Langwelle und konnte Funksprüche aus Europa direkt empfangen. Die Funksprüche von Ende Juli verhiessen nichts Gutes, so daß der Gouverneur Dr. Schultz-Ewerth, sein Quartier in der Funkstation aufschlug um sofort von wichtigen Nachrichten Kenntnis zu haben.

Schönen Abend und bis demnächst.
Jochen
 

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