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Thema: DDR: Die Stempelfälschungen der Stasi
Baber Am: 23.04.2014 10:10:05 Gelesen: 39911# 1 @  
Hallo zusammen,

dass die Stasi den Briefverkehr zwischen Ost und West überwacht hat, ist sicher allgemein bekannt. Zu Ostern war ich in Leipzig und konnte dort im Museum am Runden Eck (ehemalige Zentrale der Stasi Leipzig) die verwendeten Geräte zur Kontolle des Briefverkehrs besichtigen.

An der Wand hing auch eine Schautafel mit gefälschten Stempeln westlicher Postämter. Das war mir neu. Warum die Stempel gefälscht wurden, war nicht erklärt. Weiß jemand eine Erklärung?



Gruß
Baber
 
Altmerker Am: 23.04.2014 10:26:21 Gelesen: 39905# 2 @  
@ Baber [#1]

Das finde ich mysteriös, denn die Stempel-Daten liegen, wenn erkennbar, nach dem Mauerfall. Dazu passen Postleitzahl und Datum nicht, z.T. zweistellige PLZ (36 Halberstadt 2- das Bahnpostamt) zu Zeiten mit vierstelligen, außerdem ist hier ja Ost-West-Fern-Ost und Süd munter gemischt. Zudem fallen immer wieder Unklarheiten bei Jahr und Uhrzeit auf.
 
Stefan Am: 23.04.2014 10:53:30 Gelesen: 39882# 3 @  
@ Baber [#1]

An der Wand hing auch eine Schautafel mit gefälschten Stempeln westlicher Postämter. Das war mir neu. Warum die Stempel gefälscht wurden, war nicht erklärt. Weiß jemand eine Erklärung?

Eine Mutmaßung meinerseits: Wenn bei der Überprüfung von verdächtigen eingehenden Sendungen aus dem Inland bzw. Ausland und bei der Öffnung dieser der Briefumschlag derart beschädigt wurde, dass die Öffnungsspuren nicht mehr zu kaschieren waren, musste ein neuer Versandumschlag angefertigt werden. Dieser musste auch den bzw. die entsprechenden Tagesstempel tragen, welche auch auf dem originalen Briefumschlag vorhanden waren. Sonst könnte eine Sichtung der Sendungen durch das MfS anhand abweichender Tagesstempel auffallen.

Es wäre natürlich interessant, derartige gefälschte Stempelabschläge auf in Sammlerhand gelangte Umschläge nachzuweisen. Das Foto bietet eine erste Möglichkeit, anhand von Orts- und Unterscheidungsbuchstaben zu recherchieren.

Nach [1] wird unter Angabe weiterführender Quellen vermerkt:

"In den 1980er Jahren öffnete das MfS pro Tag etwa 90.000 Briefe und 60.000 Pakete. Fand das MfS beim Öffnen Geld oder Wertgegenstände, so wurden diese gelegentlich entwendet und dem Staatshaushalt der DDR zugeführt. Im Zeitraum von 1984 bis 1989 nahm das MfS auf diese Weise rund 32 Millionen DM ein."

@ Altmerker [#2]

Das finde ich mysteriös, denn die Stempel-Daten liegen, wenn erkennbar, nach dem Mauerfall. Dazu passen Postleitzahl und Datum nicht, z.T. zweistellige PLZ (36 Halberstadt 2- das Bahnpostamt) zu Zeiten mit vierstelligen, außerdem ist hier ja Ost-West-Fern-Ost und Süd munter gemischt. Zudem fallen immer wieder Unklarheiten bei Jahr und Uhrzeit auf.

Kann es sein, dass das ausgestellte Blatt tatsächlich erst am 04.12.1989 erstellt wurde und der stempelnde Mitarbeiter sich die Mühe gemacht hat, alle Stempel mit dem seinerzeit tagesaktuellen Datum zu versehen? Dabei wurden dann auch Stempelgeräte genutzt (Bsp. 36 Halberstadt in der zweiten Reihe).

Gruß
Pete

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Postgeheimnis
 
Lars Boettger Am: 23.04.2014 11:00:05 Gelesen: 39878# 4 @  
@ Baber [#1]

Zu dem Thema gibt es ein ausgezeichnetes Buch von Peter Hellström "Die Postkontrolle der Staatssicherheit" - sehr interessant zu lesen!

Beste Sammlergrüsse!

Lars
 
Holzinger Am: 23.04.2014 12:57:33 Gelesen: 39843# 5 @  
@ Pete [#3]

Kann es sein, dass das ausgestellte Blatt tatsächlich erst am 04.12.1989 erstellt wurde und der stempelnde Mitarbeiter sich die Mühe gemacht hat, alle Stempel mit dem seinerzeit tagesaktuellen Datum zu versehen? Dabei wurden dann auch Stempelgeräte genutzt (Bsp. 36 Halberstadt in der zweiten Reihe).

Mit großer Sicherheit. Weiter oben wird ja davon geschrieben, das "an der Wand eine Schautafel" ist, auf der lt. Bemerkung in der rechten, unteren Ecke) einige Musterabschläge gezeigt werden. Es ist also kein "Musterarbeitsblatt aus einer Anweisungsordnung", sondern - meiner Meinung nach - nur eine bildhafte "Schautafel" um das Problem zu zeigen.
 
Altmerker Am: 23.04.2014 16:11:16 Gelesen: 39790# 6 @  
@ Pete [#3]
@ Holzinger [#5]

In der Literatur lese ich aber, dass die Hauptabteilung M (Postkontrolle) zu der Zeit noch nicht aufgelöst war, d.h. die Stempel waren noch im MfS oder NaSi-Besitz. Vielleicht wurden die Stempel später zurückgedreht. Möglicherweise war es ein wichtiges Datum? An solche Dinger kam man m.E. erst ab Mitte Januar ran, als die Normannenstraße besetzt wurde und dann überall irgendwas gemacht wurde.
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:00:00 Gelesen: 39771# 7 @  
@ Baber [#1]

Es wäre vielleicht eine anzudenkende Idee, auf Basis Deines Originalfotos, die einzelnen Stempel in die Stempeldatenbank einzupflegen, mit dem entsprechenden Hinweis auf das was/wo/wie (vielleicht sogar mit ganz kurzer, einzeiliger englischer Ergänzung für die Suchmaschinen)?

Vielleicht findet sich dann auch einmal ein passender Beleg.

Gruß
Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:02:05 Gelesen: 39769# 8 @  
@ Baber [#1]

Weiß jemand eine Erklärung?

Hallo Baber,

Pete hat ja schon einen guten Hinweis gegeben und es war ja tatsächlich so, dass die Stasi sowohl die gesamte Post die aus der DDR nach Westen ging (und wohl nicht nur dorthin!), wie auch alle Post die vom Westen in die DDR ging öffnete, las, wie Petes Beitrag richtig feststellt ggf. auch Wertgegenstände zur "Unterstützung des DDR Staatshaushalts" entnahm, und dann wieder verschloss und an den Empfänger frei gab. Manchmal gingen dabei Kuverts und Verpackungen kaputt oder wurden ausgetauscht. Diese mussten dann wieder in einen angeblichen Zustand der "Jungfräulichkeit" versetzt werden und entsprechend auch mit passenden Poststempeln versehen werden. Diese hatte die Stasi dazu eben auch in ihrem eigenen Bestand! :-( Wie man sieht nicht nur von der DDR, sondern auch von der BRD und anderem Ausland wenn eben benötigt.

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:04:36 Gelesen: 39765# 9 @  
@ DL8AAM [#7]

Vielleicht kann ja auch jemand vor Ort beim Museum am Runden Eck nähere Information ermitteln? Ggf. sogar Belegabschläge für unsere wissenschaftliche Dokumentationsdatenbank bekommen (machen)? Das Thema klingt richtig richtig interessant.

Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:14:09 Gelesen: 39757# 10 @  
@ DL8AAM [#9]

Hallo Thomas,

eine entsprechende Anfrage per E-Mail habe ich bereits gestellt und warte auf Antwort. ;-)

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:25:50 Gelesen: 39748# 11 @  
@ filunski [#10]

Zwei I...'s, ein Gedanke ;-)

Oder, am besten der lokale Leipziger Briefmarkenklub schleust einen seiner vielen Jugendlichen über ein Schulpraktikum dort für zwei, drei Wochen ein. ;-) Der/Die könnte die archivarische Gesamtaufnahme dann sogar noch als positive Arbeit verkaufen. Und die Erstellung einer Webseite dann erst - mit passender Importdatei zum direkten Hochladen in die Datenbank. 15 Punkte, Abi 1.0 ;-)

Das wäre doch eine echt spannende und sinnvolle Jugendarbeit, oder? ;-)

Thomas
 
filunski Am: 23.04.2014 17:31:23 Gelesen: 39745# 12 @  
@ DL8AAM [#11]

SUPER ! :-)

Peter
 
uli Am: 23.04.2014 17:35:12 Gelesen: 39732# 13 @  
@ DL8AAM [#7]


Vielleicht findet sich dann auch einmal ein passender Beleg

Woran sollte man die Stempelabschläge von den Abschlägen der echten Stempel unterscheiden können? Oder war die Stasi so dumm und hat Fälschungen von Stempel angefertigt und genutzt, die es gar nicht gab oder zu dieser Zeit nicht oder für Briefe in die DDR nicht verwendet wurden? Kann ich mir schwer vorstellen.

Gruß
Uli
 
filunski Am: 23.04.2014 17:42:45 Gelesen: 39724# 14 @  
@ uli [#13]

Kann ich mir schwer vorstellen.

Hallo Uli,

die Burschen von der Stasi waren zwar in vieler Hinsicht sehr durchtrieben und sicher auch nicht die Dümmsten, aber alles wussten und kannten die auch nicht. Inwieweit dort auch Poststempelexperten ihr Unwesen trieben ist mir nicht bekannt, aber bei den auf dem abgebildeten Schaubild zu sehenden Abschlägen ist der eine oder andere Abschlag eines Stempelkopfs von Maschinenstempeln dabei, der, wenn so (ohne Entwerter - Welle bzw. Werbeklischee) alleine auf einem entsprechenden Brief an eine DDR Adresse zu finden, auffallen müsste! ;-)

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 17:45:51 Gelesen: 39720# 15 @  
@ filunski [#12]

;-)

Je länger ich drüber nachdenke, desto besser und ersthafter klingt die Idee. Viele Museen haben schon aus finanziellen Gründen kaum noch Manpower für solche archivarische Hintergrundarbeit zur Verfügung. Wenn man da mit einem sauber vorbereiteten Projekt seriös mal bei den richtigen Leuten anklingelt, kann dass eine beidseitige Win-Win-Situation werden. Und bei dem Museum am Runden Eck handelt es sich nicht um ein staatliches Museum, dass mit einem üppigen Etat ausgestattet ist, sondern vielmehr nur um einen e.V. in privater Trägerschaft des Bürgerkomitees Leipzig [1].

@ uli [#13]

Auf den ersten flüchtigen Blick, erscheinen einige Stempel in der Ausführung etwas unsauberer ausgefallen zu sein... Auch die "optische Symmetrie" scheint nicht immer genau zu passen, siehe z. B. der UB a im ersten Stempel oben links "WOLFENBÜTTEL 1 / 334".

Thomas

[1]: http://www.runde-ecke-leipzig.de
 
Stefan Am: 23.04.2014 17:52:10 Gelesen: 39717# 16 @  
@ uli [#13]

Oder war die Stasi so dumm und hat Fälschungen von Stempel angefertigt und genutzt, die es gar nicht gab oder zu dieser Zeit nicht oder für Briefe in die DDR nicht verwendet wurden?

Hier sind m.E. zuerst die Heimatsammler gefragt, nachzuschauen, ob der jeweilige Stempel mit dem betreffenden Unterscheidungsbuchstaben auf gängigen Sendungen verschiedener Formate (unversicherte Briefe, Einschreiben, Eilboten, Wertbriefe usw.) verwendet wurde oder im Beitrag [#1] (im Einzelfall) Innendienststempel kopiert wurden, welche anhand des Unterscheidungsbuchstabens auffallen müssten. Es wäre ungünstig, sich selbst Unterscheidungsbuchstaben auszudenken und anschließend entsprechende Stempelgeräte zu fabrizieren.

Für einen Vergleich von Original des jeweiligen Postamtes und Fälschung des MfS benötigt man auch Originale.

Weiterhin wäre zu prüfen, ob bei den eingangs gezeigten Stempelabschlägen (augenscheinlich) original Stempelfarbe verwendet wurde. Dies dürfte zumindest im Fall der Handstempelabschläge aus der DDR (Bsp. Schwerin, Grimma, Oschatz, Torgau usw.) theoretisch weniger ein Problem gewesen sein, da sicherlich ein Bezug der Stempelfarbe über die Post der DDR möglich scheint. Für Stempel aus dem Ausland, insbesondere aus dem "Westen" erscheint mir der Bezug passender Stempelfarbe schwieriger (Bsp. Bundesrepublik, Österreich, Schweiz, Luxemburg).

Gruß
Pete
 
Holzinger Am: 23.04.2014 19:29:30 Gelesen: 39673# 17 @  
@ Altmerker [#6]
@ alle

Das Datum "04.12.1989" ist ein historisches Datum (für Leipzig). Im Rahmen der Montagsdemo forderten die Demonstranten an diesem Tag Einlaß in die Bezirkszentrale. Deswegen (höchstwahrscheinlich) die nachträgliche Datumseinstellung auf allen Geräten.

Die Arbeit der Abteilung M wurde übrigens am 20.11.1989 eingestellt.
 
LOGO58 Am: 23.04.2014 20:02:57 Gelesen: 39658# 18 @  
Ich habe einmal an Hand der Stempel in Beitrag [#1], die geeignet waren, unsere Stempeldatenbank (DB) befragt. Ein interessantes Ergebnis:

KÖLN 1 / me / 5 = in DB als Maschinenstempel
FRANKFURT AM MAIN 1 / ma / 6 = in DB als Maschinenstempel
HILDESHEIM 1 / ad / 32 = in DB als Maschinenstempel
DARMSTADT 2 / o / 61 = in DB als Maschinenstempel
MARBURG, LAHN 1 / v / 3550 = in DB als Maschinenstempel
DÜSSELDORF 1 / mu / 4 = in DB als Maschinenstempel
TOKYO / JAPAN = in DB als Handstempel
WIESBADEN 1 / d / 62 = in DB als Handstempel
HANNOVER BPA / d / 3 = in DB als Maschinenstempel (Bandstempel)
MEUSELWITZ / 7404 / g = in DB als Handstempel
CELLE 1 / v / 31 = in DB als Maschinenstempel
 


Wer sich die Stempel ansehen will: Einfach z.B. KÖLN 1 / me / 5 in die Volltextsuche eingeben. Erstaunlich, dass nur ein Stempel aus der DDR dabei ist. Weitere Schlüsse sollten aber diejenigen ziehen, die ev. mehr Hintergrund haben. Dieses ist nur ein kleines Hilfsangebot.

Viele Grüße aus dem Norden
Lothar
 

filunski Am: 23.04.2014 20:23:13 Gelesen: 39645# 19 @  
An alle am Thema Interessierte

Ich habe bereits eine positive Antwort aus Leipzig auf meine Anfrage. Es klingt alles sehr vielversprechend und ich werde die nächsten Tage mehr Einzelheiten und auch weitere bekannte Fakten zu diesen Stempeln hier berichten. Dies in Kürze als Zwischenstand.

Beste Grüße,
Peter
 
DL8AAM Am: 23.04.2014 21:13:23 Gelesen: 39622# 20 @  
@ LOGO58 [#18]

Besten Dank für deine Mühe. Ich habe mir einmal die beiden TOKYO / JAPAN Stempel angeschaut und bereits auf den ersten Blick fallen Unterschiedene auf.



Vorbehaltlich der Abschlagsqualität und der "Idee", das die japanischen Stempel bzw. Formate und Elemente (intern) genormt waren, auf die Schnelle:

a) das K im Original ist "breiter", d.h. der Winkel zwischen dem NS-Strich und dem rechten Abstrich (Fuß) ist größer.

b) der Aufschwungbogen beim J geht im Original höher. Die Os wirken "breiter", in der Fälschung eierig ovaler? Die Füße der Originalen sind aufgeprägter/abgesetzter. Das kann aber auch am Abschlag selbst liegen?

c) die Datumszeile im Original ist breiter. Der Monat wird im Original (aus 1978) mit römischen Zahlen angebeben.

Interessant wären die ungefähren Einsatzzeiten der gefälschten Formen.

Oder auch MEUSELWITZ / 7404 / g



a) der eingeschlossene "o-Raum" des UB g ist im Original größer, das gefälschte g wirkt allgemein kleiner.

b) die waagerechten Stegbegrenzungen sind im Original breiter als die Kreisbegrenzungen

c) die freie Strecke zwischen dem oberen Ende der zweiten 4 der PLZ und der W-Basis im Ortsnamen ist im Original viel kürzer. Selbst wenn man das auf der Qualität des Fälschungsabschlages schulden würden und man die Enden der Zeichen nachzeichnen würde, würde dass dann alles von den Gesamtproportionen per einzelnen Zeichen nicht mehr zusammen passen? Das heisst die STASI hat diese Stempel wohl selbst angefertigt und sich nicht einfach nur 1:1-Kopien beim offiziellen Stempelschneider der DDR besorgt?

Ich glaube schon, dass sich an Hand der jeweiligen Vergleichsstempel Original und Fälschung in aller Regel schon unterscheiden lassen. Irgendwie wirken die MfS-Stempelfälschungen generell auch etwas liebloser "geschnitten" bzw. mehr homemade "hingeschustert", oder?

Gruß
Thomas
 
Mondorff Am: 23.04.2014 21:41:34 Gelesen: 39602# 21 @  
@ filunski [#19]

Vorläufig eine Zusatzinformation.

Ein gelber Zettel trägt die folgende Aufschrift:

"Mappe mit gefälschten Poststempeln. Für die Fälschung von Briefumschlägen verwendete das MfS Briefmarken aus der ganzen Welt. Um diese dann auch entwerten zu können, wurden dafür, im Auftrag der Abteilung M, im Ätzungsverfahren Stempelklischees hergestellt. Als Vorlage für die Herstellung dienten vermutlich Poststempel auf Originalbriefen."



Freundlichen Gruß
DiDi
 
filunski Am: 23.04.2014 23:53:39 Gelesen: 39558# 22 @  
Hallo zusammen,

das Thema wird ja richtig spannend und sicherlich noch interessanter. Vielen Dank an baber für seinen Anstoß dazu! :-)

Inzwischen hatte ich schon einen regen Austausch mit dem Leipziger Gedenkstättenleiter Herrn Tobias Hollitzer, der hier auch mit großem Interesse mitliest und sich positiv über das Interesse und auch den hier vorgetragenen postalischen Sachverstand geäußert hat.

Zu den Stempeln hat er mir noch wertvolle Zusatzinformationen geliefert welche ich hier mit seiner Zustimmung im Originalwortlaut veröffentliche:

"Die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig wurde am 4. Dezember 1989 im Anschluss an die Montagsdemonstration besetzt und in den folgenden Wochen aufgelöst. Die Besetzungen der Bezirksverwaltungen und der meisten Kreisdienststellen erfolgte zwischen dem 4. und 7. Dezember 1989. Nur die Berliner Zentrale wurde erst ab dem 15. Januar 1990 (übrigens angeregt durch die Bezirks-Bürgerkomitees) aufgelöst.

Während der Auflösung wurden durch die Militärstaatsanwaltschaft in Leipzig gefälschte Stempel, Ausweise und Pässe und auch diese Poststempel als Beweismittel sichergestellt. Als diese Ermittlungsverfahren im Frühjahr 1990 auf zentrale Berliner Weisung eingestellt wurden und der leitende Militärstaatsanwalt in Ruhestand geschickt wurde, hat dieser die nun nicht mehr benötigten Beweismittel dem Leipziger Bürgerkomitee für eine Ausstellung übergeben.

Bei den gefälschten Stempeln handelt es sich um eine Art Klischees aus Zinkspritzguss, die mittels eines Überwurfrings unter einem Handstempel befestigt wurden. Das verstellbare Zahlenwerk für die Angabe des Datums befindet sich im Handstempel und die Klischees haben an dieser Stelle eine viereckige Aussparung.

Zur Veranschaulichung wurden im Frühjahr 1990 von eine Reihe dieser insgesamt knapp 150 Stempel Abschläge auf einem A3-Blatt gefertigt und sowohl in der Ausstellung als auch im später erschienenen Begleitband „Stasi intern“ auf S.128/129 (Forum-Verlag 1990) abgebildet. Da ja irgendein Datum eingestellt werden musste, wurde der 4.12.1989 als Datum der Besetzung gewählt. Als Stempelfarbe für die hier in Rede stehenden Abschläge wurde ein normales Stempelkissen verwendet."


Auch das von Didi (Mondorff) in Beitrag [#21] gezeigte Bild passt ganz gut dazu, vielen Dank.

Ebenfalls vielen Dank an Herrn Hollitzer für seine Ausführungen und auch die angekündigte Bereitstellung von Abschlägen für unsere Datenbank. Von großem Interesse wäre es dann auch, ob jemand eventuell Belege zeigen kann, die solche Stempel zeigen.

Sobald die ersten Stempel in unsere Datenbank kommen, werde ich auch hier wieder Bescheid geben.

Beste Grüße,
Peter
 
Stefan Am: 24.04.2014 09:30:33 Gelesen: 39499# 23 @  
@ filunski [#22]

Ebenfalls vielen Dank an Herrn Hollitzer für seine Ausführungen und auch die angekündigte Bereitstellung von Abschlägen für unsere Datenbank.

Ein großes Dankeschön nach Leipzig!

Von großem Interesse wäre es dann auch, ob jemand eventuell Belege zeigen kann, die solche Stempel zeigen.

Wenn eine möglichst vollständige Liste (Angabe der PLZ, des Ortes, des Unterscheidungsbuchstabens und ggf. der Postamtsnummer) der gefälschten Stempelabschläge vorliegt, lässt sich nach entsprechenden Abschlägen suchen. :-)
Die Suche nach Fälschungen würde sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen; nach manchen Dingen sucht ein Sammler - wie einige sicherlich aus eigener Erfahrung wissen - mehrere Jahre.

Sammlerkollege DL8AAM hat in Beitrag [#20] begonnen, erste Vergleiche anzustellen und LOGO58 verweist in Beitrag [#18] auf bereits vorhandene Einträge (von Originalen). Ich habe mir gestern meine Sammlung DDR gestempelt (speziell die Jahrgänge 1980-1990, insbesondere Blocks und Kleinbogen) und im Anschluss ein halbes Kilo Kiloware der Dauerserie "Aufbau in der DDR" angesehen, welche erstmals in den Jahren 1980/81 an die Schalter gegeben und bis 1990 verwendet wurde. Nachfolgend die (leider eher mageren) Ergebnisse:

1. Handstempel (DDR) aus 7290 Torgau:

Im Beitrag [#1] wird ein Handstempel aus 7290 Torgau abgebildet. Im Beitrag [#22] erfolgt eine kurze Beschreibung des Materials ("Zinkspritzguss"), aus welchem die Fälschungen des MfS gefertigt wurden. In meiner Sammlung befinden sich diverse Handstempel aus Torgau, allerdings kein Handstempel mit dem Unterscheidungsbuchstaben "l" (wie "Ludwig"). Wenn man davon ausgeht, dass die Produktion des Zinkspritzgusses eher ungenau erfolgte, dann wäre es denkbar, dass es sich bei dem Unterscheidungsbuchstaben "l" nicht um diesen Buchstaben sondern um ein "i" handelt, bei welchem der Punkt des Buchstaben "i" mit dem Rest des Buchstabens irrtümlich verbunden ist.

Das Handstempelgerät mit dem Unterscheidungsbuchstaben "i" war auch im Torgauer Postamt 1 im Einsatz befindlich, wie die nachfolgende Abbildung des Blockes 78 (Ausgabedatum 11.09.1984) zeigt. Der Block selbst wurde auf Sammlerwunsch am 10.12.1984 gefälligkeitsentwertet, d.h. rückseitig ist die Gummierung des Blocks vorhanden (und daher m.E. von einem Originalabschlag auszugehen).



Im Vergleich zwischen echt und falsch:



2. Handstempel (DDR) aus 7260 Oschatz:

In der eingangs erwähnten Kiloware fand sich das nachfolgende Briefstück des unsauber abgeschlagenen Handstempels aus Oschatz (1a):



Die Fälschung des MfS weist die PLZ 726 auf; das Briefstück zeigt bereits die vierstellige PLZ 7260 und die Marke wurde (m.E.) am 12.05.1988 um 18 Uhr gestempelt.

Gruß
Pete
 
filunski Am: 24.04.2014 11:29:43 Gelesen: 39447# 24 @  
@ Pete [#23]

und alle anderen eifrigen Stempelsucher, :-)

es freut mich, dass so schnell bereits Suchergebnisse nach Originalstempeln vorliegen und auch erste Analyseversuche gestartet werden.

Eine Bitte dazu, bitte stellt doch die gefundenen Originalstempel (auch gleiche Stempel aus verschiedenen Jahren, so auffindbar) in unsere Datenbank ein, somit bekommen wir auch dort eine größere Basis an Vergleichsmaterial. Beim Vergleich und der Analyse mit den aus dem Foto von Beitrag [#1] extrahierten Abbildungen rate ich noch zu Vorsicht. Dieses Foto ist etwas verzerrt und als Referenz nicht absolut tauglich (von Ausnahmen mal abgesehen). Sobald mir die zugesagten Originalabschläge vorliegen werde ich diese schnellstmöglich in die Datenbank eingeben und jeder an Vergleichen Interessierte kann sich dann dort bedienen.

Aber bitte noch etwas Geduld, alles braucht seine Zeit (aber dazu hat ja Pete schon ein paar treffende Worte geschrieben, ... nach manchen Dingen sucht ein Sammler - wie einige sicherlich aus eigener Erfahrung wissen - mehrere Jahre. ;-))

Beste Grüße,
Peter
 
Totalo-Flauti Am: 24.04.2014 12:02:10 Gelesen: 39423# 25 @  
Liebe Sammlerfreunde,

das ist ja wirklich interessant, was hier geschrieben wird. Wir können wohl davon ausgehen, dass diese Art von "Falschstempel" nicht nur in Leipzig sondern auch in den anderen Bezirksverwaltungen der Stasi verwendet wurden. Gibt es eigentlich eine Liste aller möglichen ca 150 Stempel? Ich staune, dass für die DDR-Stempel auch eigene "Fälschungen" hergestellt wurden.

Mit lieben Sammlergrüßen

Totalo-Flauti
 
Tuffi Am: 24.04.2014 14:46:36 Gelesen: 39383# 26 @  
@ filunski [#22]

Hallo Peter,

interessant ist, daß die Klischees auf einen Handstempel befestigt wurden, um sie dann für die Verfälschung zu verwenden. Sehr viele Klischees auf dem Musterblatt zeigen Maschinenstempel, die im Westen in der Regel mit einem Werbe- (Wellen-)zusatz verwendet wurden. Man sollte also nach Briefen in die DDR suchen, die West-Maschinenstempel ohne diesen Zusatz zeigen.

Gruß Walter
 
filunski Am: 24.04.2014 16:46:00 Gelesen: 39342# 27 @  
@ Tuffi [#26]

Lieber Walter,

Danke für diesen Hinweis! Genau dort sehe ich auch einen zielführenden Ansatzpunkt. Mal sehen ob sich da in diversen Wühlkisten etwas finden lässt. :-)

Herzlichen Gruß,
Peter
 
Mondorff Am: 24.04.2014 17:58:16 Gelesen: 39320# 28 @  
@ filunski [#27]

Im Dezember 1989, die Mauer stand noch, haben wir meine Geburtsstadt Berlin besucht. Dabei hatten wir Leute kennen gelernt, die uns Fotos vom "Gelage" (mit Leierkastenfrau) anlässlich eines meiner Geburtstage im Bistro des Palasthotels sandten.

Wie es sich so gehört, haben wir denen (als Ausgleich) 10 DM geschickt.

Das Geld ist nie angekommen.

DiDi
 
Altmerker Am: 24.04.2014 18:43:17 Gelesen: 39301# 29 @  
@ Mondorff [#28]

Da kann es das Ministerium für Staatssicherheit laut Holzinger [#17] nicht mehr gewesen sein, denn die Postkontrolle war im Dezember 1989 schon dicht.
 
philapit Am: 24.04.2014 19:33:13 Gelesen: 39276# 30 @  
Hallo Sammlerfreunde!

Ich frage mich allerdings, was man mit gefälschten Stempeln aus Minsk und Warschau wollte. Es war eigentlich kein Geheimnis in der DDR, dass auf allen Hauptpostämtern Mitarbeiter und Inoffizielle Mitarbeiter (IM) mit der Post vom und an den "Klassenfeind" beschäftigt waren.

Laut meiner Stasiakte wurde festgestellt, dass meine Tochter mehrfach versucht hat, Autogramme von Westdeutschen Künstlern zu bekommen. Was für eine subversive und staatsfeindliche Tätigkeit. Auch alle Tauschpartner mit dem kapitalistischen Ausland wurden festgestellt und überwacht.

Da es ja wahrscheinlich auch Philatelisten unter den Stasileuten gab, wird mir ganz übel, wenn ich daran denke, dass vielleicht nur ein kleiner Teil der Stempel sichergestellt wurde. Gute Bedarfspost mit Mehrfachfrankaturen sind aus diesen Gesichtspunkten anders zu betrachten. Es gab auch meines Wissens rückseitige Kontollstempel des Zolls und des MFS. Tolles Thema!

Viel Spaß bei der Suche
philapit
 
heku49 Am: 24.04.2014 20:15:13 Gelesen: 39260# 31 @  
Ich hatte vor 2 Jahren die Gelegenheit, mir das anzusehen. Natürlich wurden auch einige Fotos gemacht. Hier als Beispiel die Stempelplatten.

Gruß Helmut


 
Mondorff Am: 24.04.2014 22:36:25 Gelesen: 39215# 32 @  
@ heku49 [#31]

Mit meiner Entschuldigung, Helmut:

Ich vergaß zu erwähnen, dass Du damals die Fotos in Leipzig geschossen hast.

Pardon
DiDi
 
KaraBenNemsi Am: 24.04.2014 22:56:20 Gelesen: 39208# 33 @  
@ philapit [#30]

Ich frage mich allerdings was man mit gefälschten Stempeln aus Minsk und Warschau wollte.

Hallo,

die schlecht gemachte Nachahmung des Minsker Stempels brauchte man sicherlich auch für die Verdeckung von Zensurmaßnahmen. Da sind einige Fälle denkbar:
Westdeutsche Touristen schreiben aus Minsk an ihre Verwandten in der DDR, DDR-Bürger schreiben über ihren Aufenthalt in Minsk usw. Interessant konnte wohl alles Mögliche sein.

Übrigens beruhte das auf Gegenseitigkeit. Ich kenne einen Brief aus Dresden von 1980, gelaufen nach Minsk und versehen mit Minsker Zensurstempel. Im Vorfeld der Olympischen Spiele herrschte eine besonders strenge Zensur in der Sowjetunion und da gab es offenbar keine Ausnahmen - nicht einmal für Briefe aus der DDR.

Ich lade in den nächsten Tagen mal das Original des Minsker Stempels in die Philastempel-Datenbank und stelle dann die Unterschiede hier vor.

Viele Grüße

KaraBenNemsi
 
KaraBenNemsi Am: 25.04.2014 21:35:46 Gelesen: 39092# 34 @  
@ KaraBenNemsi [#33]

Hier nun der Vergleich zum Minsk-Stempel:

links: Fälschung des MfS, rechts: Original



An den ähnlichen Brüchen der Kurzstege (Linien unter und über dem Datum) wird deutlich, dass vermutlich der rechts im Bild gezeigte Stempel als Grundlage der Nachahmung diente.

Der Minsker Originalstempel [1] ist mir eigentlich nur vergleichsweise unsauber abgeschlagen bekannt. Besonders der Unterscheidungsbuchstabe "G" sieht oft aus wie ein Kreis mit Punkt oder Strich in der Mitte. So wird auch dem "Stempelkünstler" ein unsauberer Abschlag vorgelegen haben. Das Ergebnis sind bemerkenswerte Unterschiede im Stempelbild.

Fangen wir oben an:

Landesbezeichnung
- Original: URSS (französische Abkürzung für UdSSR)
- Fälschung: USSR (englische Bezeichnung) - zur Erklärung: Mir fällt kein vergleichbarer Stempel aus Minsk mit englischer Landesbezeichnung ein. Französisch entsprach auch den Gepflogenheiten des Weltpostvereins.

Sowjetstern
- Original: Stern mit Hammer und Sichel
- Fälschung: Stern leer

Ortsbezeichnung Minsk
- Original: Der echte Stempel weist eine Besonderheit auf. Anstelle des "N" in MINSK wurde versehentlich ein kyrillisches "И" (dt.: "I") verwendet. Im Originalstempel liest sich der Stempelort also "MIИSK" statt MINSK. Oft kann man das aber nicht gut erkennen, da der Stempel - wie bereits geschrieben - unsauber abgeschlagen ist.
- Fälschung: Hier hat nun der Stempelnachahmer wieder danebengegriffen. Vermutlich hat er den abweichenden kyrillischen Buchstaben "И" in MINSK bemerkt, aber wohl auch nicht ganz genau erkennen und zuordnen können. Er hat wohl daher einen neuen Fehler eingebaut und MIHSK anstelle von MINSK geschrieben. Vielleicht hielt er den Buchstaben im Original für ein kyrillisches "H" (dt.: N). Das "H" gehört zwar in das russische Wort МИНСК, aber natürlich nicht in der lateinischen Schreibweise MINSK.

Ist das nicht alles kurios?

Grüße

Carsten

[1] Vgl. auch den Eintrag in der Philatstempel-Datenbank: http://www.philastempel.de/stempel/zeigen/70425
 
Marcello Am: 26.04.2014 00:55:18 Gelesen: 39051# 35 @  
@ KaraBenNemsi [#34]

Hallo miteinander,

obwohl das überhaupt nicht mein Sammelgebiet ist, lese ich hier interessant mit. Mir ist noch was zwischen dem "falschen" und echten Minsker Stempel aufgefallen. Und zwar stehen die Zahlen, der Datumszeile des echten Minsker Stempels sehr dicht beinander und sehen auch unsauberer aus.

Grüße
Marcel
 
filunski Am: 26.04.2014 15:21:47 Gelesen: 39005# 36 @  
@ KaraBenNemsi [#34]

Hallo Carsten,

super Beitrag und tolle Gegenüberstellung! :-)

Persönlich bin ich ja schon fast etwas schockiert über den derartigen Dilettantismus des MfS in Sachen Stempelfälschung. Ich war zwar auch in Sachen fast perfekter Stempelfälschungen schon skeptisch, aber derart eklatante Fehler wie im Falle des Minsk Stempels hätte ich nicht erwartet. Oder wollte da etwa der Stasifälscher den Originalstempel des "großen Bruders" gar noch korrigieren? :-)

Es bleibt jedenfalls spannend und mal sehen was wir noch alles für Überraschungen erleben, wenn uns erst die Originalabschläge vorliegen!

Schön wäre es auch, wenn wir außer Carstens Minsk Stempel noch weitere Originale, vor allem der DDR Stempel, in unsere Datenbank hochgeladen bekämen. ;-)

Beste Grüße,
Peter
 
stephan.juergens Am: 26.04.2014 18:31:16 Gelesen: 38971# 37 @  
@ filunski [#36]

Peter,

es ging bei den Stempelfälschungen des MFS ja nicht darum, nicht aufzufallen, sondern darum, (formaljuristisch) nicht angreifbar zu sein.

Wenn sich jemand beschwerte, dass die Post zu lange brauchte, wurde halt der Poststempel rausgeholt, und ihm bewiesen, dass der Brief nur zwei Tage gebraucht hat.

Es wusste damals jeder - und damit meine ich sowohl die im Osten als auch die Westen - dass das MFS die Post kontrollierte. Ein Großteil der Wirkung des MFS bestand ja darin, dass jeder von der Existenz wusste - dies Prinzip nennt sich Abschreckung. ;-)

Warum sich also bei der Stempelfälschung mehr Mühe geben als nötig? Die wollten ihre Werke ja nicht an Philatelisten verkaufen.

Gruß
Stephan
 
Alfred Peter Am: 28.04.2014 15:50:16 Gelesen: 38872# 38 @  
@ Pete [#23]

Eine möglichst vollständige Liste der benutzten Stempel zu erreichen, dürfte nicht so einfach sein. Erste Ansätze hat es bereits vor einigen Jahren gegeben. Ein erster Beitrag ist mir aus der Michel-Rundschau 3/1991 bekannt, der sich ebenfalls auf Unterlagen der "Runden Ecke" und die bereits von dessen Leiter erwähnte Veröffentlichung stützt. Im "Club-Journal" des Philatelisten-Clubs Berlin-Mitte, Heft 43 vom April 2006, wurde ein Verzeichnis der Stempel publiziert, die vom MfS in den damaligen Bezirken Rostock und Frankfurt / Oder verwendet wurden. Eine genaue Aufstellung aller Stempel, vom Autor damals angekündigt, liegt wohl noch nicht vor.

Um eine einigermaßen Vollständigkeit zu erreichen, wäre es vielleicht sinnvoll, mit der Jahn-Behörde zusammenzuarbeiten. Dort kann man einen Forschungsantrag stellen und die entsprechenden Unterlagen einsehen. Weil mich interessierte, ob die Stasi auch Sonderstempel gefälscht hat, habe ich das vor einigen Jahren probiert. Leider mit mäßigem Erfolg, weil ich mein Anliegen wohl nicht exakt genug formuliert hatte oder auch missverstanden wurde. So wurden mir - neben bereits erwähnten Zusammenstellungen - auch Unterlagen vorgelegt, die nur entfernt etwas mit Stempeln zu tun hatten.

Ob solch ein Forschungsantrag zentral gestellt werden muss oder auch bei den Beauftragten in den Ländern möglich ist, kann ich im Moment nicht sagen. Denkbar wäre dann ja auch, wenn man solch ein aufwendiges Projekt in Angriff nimmt, ob diese Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden kann und jemand den "Hut aufsetzt". Aber so weit ist es ja noch nicht.

Alfred Peter
 
Richard Am: 02.05.2014 09:11:41 Gelesen: 38764# 39 @  
Stasi Belege - Die Postkontrolle in der DDR

Von Volker Thimm

Power Point Präsentation

http://www.briefmarkenfreunde-eutin-malente.de/Phila_Beitrage/Stasivortrag/stasivortrag.html
 
Landzusteller Am: 02.05.2014 11:24:42 Gelesen: 38737# 40 @  
Alfred Peter: Im "Club-Journal" des Philatelisten-Clubs Berlin-Mitte, Heft 43 vom April 2006, wurde ein Verzeichnis der Stempel publiziert, die vom MfS in den damaligen Bezirken Rostock und Frankfurt / Oder verwendet wurden. Eine genaue Aufstellung aller Stempel, vom Autor damals angekündigt, liegt wohl noch nicht vor.

Die erweiterte Liste mit allen Stempeln konnte ich damals nicht erstellen, da mir die Stempel aus der Hauptzentrale in Berlin nicht vorgelegt werden konnten. Grund war damals die mehrjährige Wanderausstellung des Museum für Telekomunikation, die die Berliner Stempel in ihrer Ausstellung zeigten. Der 150-er Stempelsatz war in jeder MFS Bezirkszentrale verfügbar. Es handelte sich dabei um einen Einheitssatz mit Stempelätzungen. Dazu kamen jeweils noch bezirksspezifische Stempel, die gesondert angefertigt wurden, bzw. handelte es sich bei diesen Stempeln auch um Originalstempel der Post, die entweder genehmigt (mit Wissen der Leiter der BDP) dem MfS übergeben wurden oder die bei den Postämtern (durch das MfS) gestohlen wurden.

Prinzipiell kamen die Stempel zum Einsatz, wenn bei der Postkontrolle Sendungen so beschädigt wurden, dass eine neue Verpackung hergestellt werden musste und bei fingierten Postsendungen, die meist die Empfänger unter Druck setzen sollten. In jedem Fall bedurfte der Einsatz allerdings eines schriftlichen Ausführungsantrages bei der Abt. M.

In der Hauptzentrale Berlin Abt. M lag ein weit größerer Stempelbestand. Dazu gehörten u.a. auch Maschinenstempelzusätze, die mit dem Tagesstempel in Stempelgeräte eingespannt wurden. Es waren im Prinzip 2 Extrastempel, die zusammengefügt wurden. Auch in Berlin wurden original Poststempel verwendet.

Meines Wissens sind nicht mehr alle Stempelkoffer der Bezirkszentralen vorhanden, d.h. es könnte auch Stempelmaterial in Privathand gelangt sein.
Das oben erwähnte Club Journal ist sicher noch bei der ARGE DDR Spezial erhältlich.
 
Richard Am: 13.07.2014 09:23:59 Gelesen: 38171# 41 @  
Hobby Briefmarken: Die Stasi war stets dabei

Volksstimme (10.07.14 (Auszug) - Stendal/Blankenburg l Zwischen Weihnachten und Silvester 1985 wurde der Briefmarkensammler Dietrich Ecklebe aus Blankenburg von der Zollbehörde der DDR wegen eines schwerwiegenden Devisenvergehens angeklagt und zu einer Strafe von 3500 Mark verurteilt. Damit nicht genug. Außerdem erhielt der Lehrer ein Disziplinarverfahren. "Die Geldstrafe musste ich innerhalb einer Woche bezahlen", sagt Dietrich Ecklebe. Die Summe entsprach etwa der Hälfte seines Jahresgehaltes.

(ausführlicher Beitrag: http://www.volksstimme.de/nachrichten/sonderthemen/25_jahre_mauerfall/1307581_Hobby-Briefmarken-Die-Stasi-war-stets-dabei.html )
 
Heijs Am: 01.08.2014 14:32:05 Gelesen: 37627# 42 @  
Lese erst jetzt diesen Beitrag. Habe das Stasi Museum in Leipzig diese Woche besucht, bin heute wieder zu Hause in Amsterdam.

Habe aber über die falschen Stempel im Museum gelesen, dass diese benutzt wurden um Briefe von Stasi Mitgliedern der DDR an andere DDR Bürger zu schreiben. Die Stasi Mitglieder haben sich bei diesen Personen als westlicher Besucher der Z.b. Leipziger Messe präsentiert. Sie bekamen dann später einen Brief von diesen, als ob diese aus dem Ausland kam. Damit wurde der Kontakt glaubwürdig. Alles um vertraulich zu werden damit sie sich verraten sollten wenn Sie antisozialistische Gedanken äusserten.

Leider habe ich kein Photo gemacht. Über diese Sache habe ich nicht gelesen in Peter Hellströms Buch über die Postkontrolle der Stasi. Das Buch ist immer noch zu kaufen im Stasi Museum oder bei Morgana Editionen. Es war aber sehr interessant im Stasi Museum alles echt zu sehen was auch in Hellströms Buch beschrieben ist.

Mit freundlichen Grüssen, Jan Heijs

Postkriegsammler und Herausgeber des Postkriegkataloges.
 
rumburak Am: 29.01.2017 23:12:15 Gelesen: 30904# 43 @  
Hallo,

das Museum in der Runden Ecke hat mittlerweile eine öffentlich zugängliche Datenbank, die auch die gefälschten Stempel und deren Abschläge zeigt:

http://runde-ecke-leipzig.de/sammlung/index.php?s=G

In die Suchmaske einfach "Poststempel" eingeben.

In der Datenbank sind u. a. auch technische Geräte der Stasi Postkontrolle zu finden.

Viele Grüße
 
Winni451 Am: 24.08.2020 17:04:25 Gelesen: 16262# 44 @  
Hallo zusammen,

werden solche Stasi-Fälschungen eigentlich einfach "nur" als Fälschungen gekennzeichnet, oder gibt es beim Prüferzeichen die Möglichkeit das zu unterscheiden?

Konnte diesen Stempel nicht in den genannten Quellen finden (bin aber manchmal auch blind):



Scheint eventuell eine andere Fälschung zu sein. Ich sehe allerdings nicht ein, warum man Objekte dieser Preisklasse und Verfügbarkeit fälschen sollte.

Mit sonnigen Grüßen
Winfried
 
Lars Boettger Am: 24.08.2020 17:16:23 Gelesen: 16255# 45 @  
@ Winni451 [#44]

Ich sehe allerdings nicht ein, warum man Objekte dieser Preisklasse und Verfügbarkeit fälschen sollte.


Hallo Winfried,

weil man es kann. Weil die ungebrauchten Marken spuckebillig sind und man die gestempelten Marken noch für ein paar Euro losschlagen kann. Weil kein vernünftiger Mensch auf die Idee kommt, dass bei so billigen Marken etwas nicht stimmen könnte und sie deshalb nie einem Prüfer vorlegt. Weil man nicht erwischt wird. Weil man dafür nicht in den Knast kommt. Darum.

Nach meiner Erfahrung werden niedrig- bis mittelpreisige Marken mit falschen Stempel und Aufdrucken versehen. Wenn man aus einem Euro Katalogwert mit einem Stempelabschlag 10 Euro Handelswert macht, ist das ein schöner Lohn für fünf Minuten Arbeit.

Beste Grüße!

Lars
 
drmoeller_neuss Am: 24.08.2020 17:25:08 Gelesen: 16248# 46 @  
@ Winni451 [#44]

Prinzipiell sind Stasi-Fälschungen ganz normale Fälschungen. Die Stasi hat dabei auf Clichées aus "eigener" Produktion zurückgegriffen, zum Teil aber auch auf normale Poststempel. Letztere sind als Fälschungen nur schwer zu enttarnen.

Außerhalb von der Stasi war die DDR sehr einfallsreich, um Devisen zu erwirtschaften. Der ein oder andere Poststempel kam dabei zum Einsatz und wurde zurückgestellt, um gestempelte Marken und sogar Belege zu erzeugen. Bekannt sind Briefe mit Kurierpostmarken vom "Buchexport Leipzig", die für den Export gegen Devisen "hergestellt" wurden.

Der gezeigte Stempel aus Muldenstein scheint mir auf den ersten Blick echt zu sein. Zur Prüfung müsste man natürlich Vergleichsabdrucke aus der Zeit recherchieren, und sicher gehen, dass der Stempel nicht in Privatbesitz ist.
 
saeckingen Am: 24.08.2020 17:58:07 Gelesen: 16228# 47 @  
Mit diesen Stempeln hat die Staatssicherheit auch Briefe gefälscht, die bestimmten Personen falsche Informationen liefern sollten oder deren Reaktion auf bestimmte Mitteilungen getestet werden sollte. Ferner wurden damit auch "Testsendungen" mit beigelegten Devisen hergestellt um zu überprüfen, ob diese Sendungen und deren genauer Inhalt auch von den Mitarbeitern in der Postüberwachung entsprechend ordnungsgemäß in den Listen zur Devisenbeschlagnahmung eingetragen wurden, oder ob der eine oder andere Schein auch mal in die eigene Tasche wanderte.

Beim BDPh Philatelistentag in Wittenberg gab es da einen sehr interessanten Vortrag der Behörde des Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen (BStU) Berlin, Außenstelle Frankfurt/Oder mit dem Titel: „Liebesbriefe - Bettelbriefe - Fanpost und Spione“ - Die Postüberwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit bis 1989.

Dort wurden solche Sachverhalte vorgestellt.

Grüße
Harald
 
Winni451 Am: 24.08.2020 19:22:54 Gelesen: 16175# 48 @  
Das hört sich spannend an, wer braucht da noch James B. und Co.?

Der von mir gezeigte Stempel wurde von Herrn Schönherr als Falsch geprüft. Mehr kann ich dazu auch nicht melden.

Danke für die Infos.

Grüße
Winfried
 
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