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Thema: Recht: Gesetz für Virtuelle Hauptversammlung wird wohl zur Dauerregelung
Jürgen Häsler Am: 02.04.2020 22:21:42 Gelesen: 9652# 1 @  
Wer momentan die Webseiten von BDPh und LV Südwest besucht, findet dort inzwischen eine Vielzahl von aufgrund der Corona-Krise abgesagten philatelistischen Veranstaltungen. Das ist schade, wurde doch im Vorfeld oft schon viel Arbeit in die Vorbereitung und Organisation der Veranstaltungen investiert.

Auch Hauptversammlungen von philatelistischen Arbeitsgemeinschaften, Vereinen und Landesverbänden sind davon betroffen. In der Regel werden diese Versammlungen lediglich verschoben, da sie satzungsgemäß in einem regelmäßigen Turnus stattfinden müssen.

Normalerweise sind diese Versammlungen Präsenzveranstaltungen, für die Stimmabgabe bei Wahlen und Beschlüssen müssen die Mitglieder persönlich erscheinen. Eine Stimmrechtsübertragung oder Stimmabgabe in Schriftform oder mittels elektronischer Kommunikation ist nur dann möglich, wenn dies die jeweilige Satzung ausdrücklich erlaubt.

In vielen Fällen fehlen jedoch entsprechende Regelungen in den „üblichen“ Satzungen von Briefmarkensammlervereinen.

Wirklich kritisch kann es werden, wenn wichtige Gründe (z.B. eine anstehende Vertragsverlängerung oder -kündigung durch den Verein oder eine notwendige Erhöhung des Mitgliedsbeitrages) einen Beschluss der Mitgliederversammlung erfordern, der wegen der Corona-Pandemie aber zur Zeit gar nicht möglich ist.

Gemäß § 32 Abs. 2 BGB können Beschlüsse ohne Mitgliederversammlung nur dann gefasst werden, wenn ALLE Mitglieder schriftlich zustimmen. Dies ist in der Praxis (sogar in kleinen Vereinen) unmöglich.

Deshalb hat der Bundestag letzte Woche das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG) beschlossen [1].

Es enthält in § 5 wichtige Regelungen für Vereine.

Absatz 1 regelt, dass Vorstandsmitglieder von Vereinen und Stiftungen auch nach Ablauf der Amtszeit im Amt bleiben, bis eine Abberufung oder eine Neuwahl erfolgt.

Absatz 2 gestattet den Vereinsvorständen auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung, ihren Vereinsmitgliedern die Ausübung der Mitgliederrechte in einer „virtuellen“ Mitgliederversammlung (ohne persönliche Anwesenheit am Versammlungsort) mittels elektronischer Kommunikation zu ermöglichen sowie die schriftliche Stimmabgabe vor Durchführung der Mitgliederversammlung zu erlauben.

Absatz 3 erleichtert die Beschlussfassung ohne Mitgliederversammlung enorm. Beschlüsse sind nun bereits gültig, wenn die Hälfte aller Mitglieder ihre Stimme in Textform (es genügt also eine E-Mail) abgegeben haben, sofern alle Mitglieder beteiligt wurden. Natürlich muss der Beschluss immer noch mit der erforderlichen Mehrheit gefasst werden.

Alle Änderungen gelten befristet zunächst bis Jahresende 2020. Das Bundesjustizministerium wurde aber ermächtigt, die Geltungsdauer gegebenenfalls bis Ende 2021 zu verlängern, falls die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie fortbestehen sollten.

FAZIT: Unsere philatelistischen Vereine bleiben auch in Zukunft handlungsfähig.

Jürgen Häsler
Briefmarken-Sammlerclub Villingen e.V.

[1] https://www.gesetze-im-internet.de/gesruacovbekg/__5.html
 
Jürgen Häsler Am: 27.05.2020 22:25:28 Gelesen: 9318# 2 @  
Ich möchte noch kurz auf den Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bernd Lindemeyer in der Juni-Ausgabe der philatelie (Seite 4 und Seite 6) hinweisen, der sich mit obiger Thematik befasst. Schon bei meiner Arbeit in der Strukturkommission des BDPh habe ich Herrn Dr. Lindemeyers Fachkompetenz schätzen gelernt. Seine rechtliche Beurteilung war auch dem BDPh-Newsletter 04-2020 beigefügt, der von Herrn Schmidt am 06. Mai an alle Vereinsvorsitzenden verschickt wurde.

Es ist erfreulich, dass sich der BDPh mit diesen Fragen auseinandersetzt und so die Vereine aktiv unterstützt.

Zudem besteht inzwischen begründete Hoffnung, dass zumindest ab September wieder Vereinsveranstaltungen und Hauptversammlungen stattfinden können. Für Großveranstaltungen wie z.B. Messen im Herbst bin ich allerdings pessimistisch. Sie bergen für die Veranstalter ein nur schwer kalkulierbares, immenses Kostenrisiko.

Viele Grüße
Jürgen Häsler
 
filunski Am: 27.05.2020 23:20:13 Gelesen: 9298# 3 @  
@ Jürgen Häsler [#2]

Hallo von einem Betroffenen der sich mit der Thematik eingehend auseinandergesetzt hat, ;-)

Das Schreiben vom BDPh kenne ich recht gut. Ich war vielleicht sogar einer der Auslöser, damit sich der BDPh, namentlich der durchaus geschätzte Dr. Lindemeyer mit der Thematik auseinandergesetzt hat, und wir, der Vorstand der zweitgrößten ArGe im BDPh, standen vor der Frage, wie wir in Zeiten von Corona unsere für das Jahr 2020 fällige Jahreshauptversammlung (JHV) durchführen könnten. Eine nicht ganz einfache Fragestellung, zumal bei uns in diesem Jahr neben Routinetagesordnungspunkten auch fast der komplette Vorstand zur Neuwahl ansteht.

Nicht zuletzt angeregt durch den Beitrag [#1] erschien uns die Option einer virtuellen Hauptversammlung (VHV) recht verlockend und wir machten uns, nach einer ersten Abstimmung im Vorstand, auf, dies konkreter in die Wege zu leiten. In der Zwischenzeit hatte ich selbst auch schon Einladungen zu VHVn bekommen und somit auch schon reelle Vorstellungen dazu.

Die dann intensivere Befassung mit den nötigen Details und vor allem den noch ungeklärten und nicht genau definierten, juristischen Einzelheiten, ließen sehr schnell Ernüchterung aufkommen.

Eine VHV kommt m.E. für keinen kleinen und auch mittleren Verein, und wohl auch nicht für einen einzigen im BDPh organisierten Verein oder ArGe in Frage! Die VHV wurde geschaffen und ist nur praktikabel für große (DAX notierte) Unternehmen und große Vereine (Bundesliga, ADAC etc.).

Auch eine VHV muss zeitlich und örtlich definiert, physisch irgendwo vor Ort stattfinden, unter Anwesenheit der zumindest wichtigsten Vorstandsmitglieder und eventueller virtueller Zuschaltung von wichtigen Funktionsträgern (z.B. Kassenprüfer). Dazu bedarf es gewisser Räumlichkeiten (Geschäftsräume) mit entsprechender technischer Ausstattung um Mitglieder virtuell zuzuschalten und die Veranstaltung zu übertragen um allen Vereinsmitgliedern, die dies möchten, zu erlauben virtuell an der Versammlung teilzunehmen und ihr Stimmrecht während der Versammlung (nicht nur durch vorherige Abstimmung schriftlich per Brief, FAX oder E-Mail) auszuüben. Wir zumindest haben keine deratig ausgestatteten Geschäftsräume und auch nicht die technischen Möglichkeiten. Daneben wären auch viele unserer Mitglieder technisch überfordert daran teilzunehmen.

Da aber auch bei Vorliegen der eben genannten Voraussetzungen bislang nicht juristisch genau geklärt ist, wie insbesondere die Ausübung der Mitgliederrechte virtuell ablaufen müssen, könnte auch das Ergebnis einer solchen VHV angreifbar sein und u.U. für nichtig erklärt werden können.

Dies nur die wichtigsten Gründe, die uns von dem Gedanken einer VHV Abstand nehmen liessen.

Wir haben aber einen anderen Weg gefunden um das anstehende Problem erst mal zu verschieben bis sich vielleicht die Corona-Lage wieder entspannt. Unser erster Vorsitzender verfasste ein Schriftstück an das zuständige Registergericht in dem er auf die Nicht-Durchführbarkeit einer VHV hinwies und bat um Aufschiebung. In ungewohnter Schnelle und völlig unbürokratisch gab das Registergericht dem Antrag statt. Es gestattete die Verschiebung der JHV auf nächstes Jahr und bestätigte das "im Amt bleiben" des derzeitigen Vorstands bis zur nächsten JHV.

Vielleicht eine Idee für andere Vereine die vor demselben Problem stehen.

Viele Grüße,
Peter
 
drmoeller_neuss Am: 29.05.2020 18:11:37 Gelesen: 9211# 4 @  
Erst einmal kommt es darauf an, ob laut Satzung eine Mitgliederversammlung einmal im Jahr einzuberufen ist. Dann muss der Vorstand das auch tun (§36 BGB).

Wenn der Vorstand das aus eigenem schuldhaften Verhalten versäumt, kann das einen Schadensersatzanspruch des Vereins auslösen. Allerdings muss dem Verein ein Schaden entstanden sein und dieser muss auch beziffert werden.

Es ist egal, ob das Registergericht mit einer Verschiebung einverstanden ist.
Ich wüsste aber nicht, welcher Schaden einem Briefmarkensammlerverein durch den Ausfall einer Jahreshauptversammlung entstanden sein kann. In der Regel kostet die Durchführung einer Jahreshauptversammlung den Verein Geld und bringt nichts ein.

Die Kassenprüfung kann sich auch über zwei Jahre erstrecken, ebenso kann die Entlastung des Vorstandes nachgeholt werden.

Anders sieht es aus, wenn ein Verein gemeinnützig ist. Dann wacht das Finanzamt über die Einhaltung der Gemeinnützigkeit und kann auch die Gemeinnützigkeit entziehen, wenn gegen die Satzung verstossen wird. Hier würde ich mir in jedem Fall die Erlaubnis vom Finanzamt einholen und auf die dringenden Gründe für eine Nichteinberufung der satzungsgemäßen Mitgliederversammlung hinweisen.

Im übrigen solltet Ihr einen Blick in die aktuelle Corona-Verordnung Eures Landes werfen. Z.B. sind in NRW satzungsmässige Mitgliederversammlungen nicht mehr verboten, es muss aber auf die "üblichen" Corona-Regeln geachtet werden, wie z.B. Mindestabstand. Das kann bei größeren Vereinen dazu führen, dass eine Mitgliederversammlung nicht organisiert werden kann, weil kein entsprechender grosser Raum zur Verfügung steht.

In jedem Fall sollte ein Vorstandsbeschluss zur Verschiebung der Mitgliederversammlung herbeigeführt und und ordentlich dokumentiert werden. Hier kann z.B. festgehalten werden, dass die derzeitige Corona-Verordnung eine Durchführung nicht erlaubt, oder eine Durchführung der Mitgliederversammlung wegen der Risikogruppen im Verein nach sorgfältiger Abwägung aller Interessen nicht geboten ist. Gerade in Briefmarkensammlervereinen gibt es viel ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen, die besonders gefährdet sind.

Wichtig ist die Kommunikation mit den Mitgliedern. Ich gehe davon aus, dass jedes Mitglied dafür Verständnis hat, dass Mitgliederversammlungen derzeit nicht stattfinden.
 
Jürgen Häsler Am: 01.06.2020 00:34:36 Gelesen: 9123# 5 @  
@ filunski [#3]

Hallo Peter,

herzlichen Dank für Deine Rückmeldung und den „Erfahrungsbericht“ Deiner ArGe.

In meinem ersten Beitrag und auch im Artikel von RA Dr. Lindemeyer steht die Darstellung der neuen Rechtslage im Mittelpunkt. Mein Fazit, dass die philatelistischen Vereine handlungsfähig bleiben, bezieht sich vor allem auf die gesetzliche Verlängerung der Amtszeit von Vereinsvorständen als gesetzliche Vertreter nach § 26 BGB, unabhängig von der jeweiligen Regelung innerhalb der Vereinssatzung.

Was tun, wenn die geplante HV des Vereins wegen der COVID-19-Pandemie „ausfallen“ musste ?

Variante 1:
Verschieben der HV auf einen neuen Termin im Herbst unter Beibehaltung als „herkömmliche“ Präsenzveranstaltung

Die einfachste Lösung. Birgt aber natürlich das Risiko, das die verschobene Veranstaltung bei einem (unerwarteten) Wiederaufflammen der COVID-19-Pandemie erneut ausfallen muss. Nach heutigem Stand ist eine große 2. Infektionswelle im Herbst aber eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Nach dieser Variante verfährt der LV Südwest (Verlegung vom 16.05.2020 auf den 07.11.2020)

Variante 2:
Verschiebung der HV auf einen neuen Termin und gleichzeitige Nutzung der schriftlichen Stimmabgabe des „Corona-Gesetzes“.
So verfährt der BSC Villingen e.V. (Verlegung vom 29.03.2020 auf 20.09.2020) Der Vorstand hat beschlossen, den Mitgliedern ausnahmsweise auch die schriftliche Stimmabgabe zu ermöglichen. Zusammen mit Einladung und Tagesordnung werden auch Stimmzettel mit frankiertem Rückumschlag sowie die Stellungnahme des Vorstandes zu den einzelnen Tagesordnungspunkten verschickt. Sind nur Abstimmungen durchzuführen (Ja/Nein/Enthaltung) ist dieses Verfahren sehr einfach umzusetzen. Der Vorstand will dadurch auch herausfinden, ob sich die Beteiligung der älteren Vereinsmitglieder durch dieses schriftliche Verfahren ohne persönliche Teilnahme an der HV erhöhen lässt.

Sind Wahlen durchzuführen, ist dieses Verfahren jedoch unpraktikabel.

Aus diesem Grund haben wir die eigentlich vorgesehene „Nachwahl“ der neuen Schatzmeisterin von der Tagesordnung gestrichen und auf 2021 verschoben, wenn die regulären Vorstandswahlen anstehen. Bis dahin bleibt der „kommissarische“ Schatzmeister im Amt.

Generell gilt das in Beitrag [#4] von drmoeller_neuss Gesagte:

In jedem Fall sollte ein Vorstandsbeschluss zur Verschiebung der Mitgliederversammlung herbeigeführt und ordentlich dokumentiert werden. Offene Kommunikation mit den Vereinsmitgliedern ist natürlich wichtig, die Mitglieder müssen über die Gründe für die Verschiebung informiert werden, dann sollte auch Verständnis für die Maßnahme vorhanden sein.

Das Vereinsregistergericht über die Verschiebung zu informieren, halte ich für eine sehr gute Idee. Aus meiner Sicht hat Deine ArGe alles richtig gemacht. Die Vereinsregistergerichte sind auch angewiesen, "großzügig" zu verfahren.

Eine echte „virtuelle Hauptversammlung“ zu veranstalten ist sehr aufwendig und deshalb für einen Verein, der von Ehrenamtlichen geleitet wird, nicht zu empfehlen. Es gibt natürlich Firmen, die (für viel Geld, versteht sich) die Organisation einer VHV übernehmen. Die VHV-Regelung im „Corona-Gesetz“ ist, wie Du selbst richtig festgestellt hast, vor allem für Aktiengesellschaften gedacht, die in § 1 des Gesetzes behandelt und in Absatz 7 zum Teil auch vor der Anfechtung von HV-Beschlüssen geschützt werden. Die Bundesregierung wollte insbesondere auch eine zeitliche Verzögerung bei der Restrukturierung der Commerzbank und der Integration der comdirect bank verhindern, woran sie großes Interesse hat.

@ drmoeller_neuss [#4]

Eine sehr gelungene Darstellung des Sachverhaltes mit dem wichtigen Hinweis auf die Unterschiede, die bei gemeinnützigen Vereinen zu beachten sind, insbesondere der Kontrolle der Einhaltung der Satzungsbestimmungen durch die Finanzämter.

Der Aussage:

„In der Regel kostet die Durchführung einer Jahreshauptversammlung den Verein Geld und bringt nichts ein.“ kann ich jedoch nicht zustimmen.

In unserem Verein gehört die HV zu den wichtigsten Veranstaltungen des ganzen Jahres. Hier treffe ich viele Vereinsmitglieder, die bei den Vereinsabenden wegen beruflicher Belastung oder aus privaten und familiären Gründen nicht kommen können. Hier entscheiden die Mitglieder über alle Vereinsaktivitäten und damit über die Zukunft des Vereins. Dass die Teilnahme an Hauptversammlungen oft eher gering ist, hat mit den vielen Formalien zu tun, die erledigt werden müssen und auch mit der „Furcht“, dass einem ein Vereinsamt „angetragen“ wird. Zudem ist die Angst vor persönlicher Haftung verbreitet und schreckt so viele von der Übernahme eines Ehrenamtes an.

Zitat aus dem Empfehlungsbericht des Normenkontrollrates Baden-Württemberg zur Entbürokratisierung bei Vereinen und Ehrenamt [1]:

„42 Tage im Jahr bzw. 6,5 Stunden pro Woche muss sich ein typischer, mittelgroßer Verein mit einem aktiven Vereinsleben nur um die Erfüllung bürokratischer Vorgaben kümmern (337 Stunden). Die wenigsten Vereine haben hauptamtliche Beschäftigte. Die Bürokratie wird deshalb in der Regel von ehrenamtlichen Vereinsvertretern geleistet – und das am Abend oder am Wochenende! Die bürokratischen Lasten werden immer mehr, vieles wird als unnötig empfunden, die Akzeptanz wird geringer."

Der Normenkontrollrat hat deshalb 49 konkrete Vorschläge zur Entlastung erarbeitet.

[1] https://stm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/191204_NKR_BW_Entbuerokratisierung_bei_Vereinen_und_Ehrenamt.pdf

Viele Grüße
Jürgen
 
Jürgen Häsler Am: 17.02.2021 23:49:20 Gelesen: 8371# 6 @  
Es ist Zeit für ein kurzes Update zu den Themen "Virtuelle Hauptversammlung" und "Verschiebung von Hauptversammlungen".
Zunächst gilt festzuhalten, dass die Geltungsdauer des COVID19-Gesetzes am 20. Oktober 2020 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz bis zum 31.12.2021 verlängert wurde. [1]

Der Bundestag hat Mitte Dezember 2020 jedoch noch weitere wichtige Änderungen für Vereine beschlossen, die Zustimmung des Bundesrates ist am 18. Dezember 2020 erfolgt.
Die Änderungen finden sich im Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht.

Zunächst wird die virtuelle Hauptversammlung rechtlich abgesichert. In einem früheren Beitrag hatte ich bei ehrenamtlich geführten Vereinen von der Durchführung einer rein virtuellen Hauptversammlung (VHV) ohne schriftliche Stimmabgabe abgeraten.

Das eigentliche Problem an der bisherigen Fassung des COVID19-Gesetzes bezüglich VHVs war die Möglichkeit, Beschlüsse anzufechten, wenn einem Mitglied die Teilnahme an der Mitgliederversammlung "unangemessen" erschwert wird.

Wenn ein Mitglied nicht über die erforderliche technische Ausstattung (Computer, Notebook oder Tablet mit Mikrofon, Lautsprecher und Webcam) sowie einen ausreichend schnellen Internetzugang verfügt, kann man das als "unangemessenes Erschwernis" betrachten. Und nach der allgemein geltenden Rechtsauffassung ("Relevanztheorie" genannt) genügt bereits EIN einziges Mitglied, das eine solche "Erschwernis" nachweisen kann, um ALLE bei einer VHV gefassten Beschlüsse durch Anfechtung für unwirksam zu erklären.

Eine Horrorvorstellung für jeden Vereinsvorstand.

Der durch Bundesgesetz neu gefasste § 5 Abs. 2 Nr. 1 GesRuaCOVBekG beseitigt dieses Problem. Es heißt dort nun:

(2) Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigungen in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder
1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen, und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können oder müssen, ...

Das bedeutet, der Vorstand kann in Zukunft einfach anordnen, dass die Hauptversammlung als virtuelle Hauptversammlung stattfindet, ohne auf die Befindlichkeiten einzelner Mitglieder Rücksicht nehmen zu müssen, die Schwierigkeiten haben, an einer VHV teilzunehmen.

Auch die Unsicherheit von Vereinsvorständen, die pandemiebedingt gezwungen waren, die Hauptversammlung zu verschieben, hat der Gesetzgeber durch Einfügung eines neuen Absatzes (2a) in das COVID19-Gesetz beseitigt. Dort heißt es in Zukunft:

(2a) Abweichend von § 36 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange die Mitglieder sich nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliedersammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist.

Eine Verschiebung der Hauptversammlung ist also rechtlich zulässig und löst auch keine unerwünschten Haftungsfolgen für den Vorstand aus.

Alle neuen Regelungen treten am 28.02.2021 in Kraft und gelten bis zum 31.12.2021.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass das Gesetz nur die (pandemiebedingte) Verschiebung der ordentlichen Hauptversammlung erlaubt. Das Minderheitenbegehren auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gemäß § 37 BGB bleibt weiterhin bestehen.

Jürgen Häsler

[1] http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl120s2258.pdf
[2] https://www.bundesrat.de/drs.html?id=761-20
 
nagel.d Am: 18.02.2021 13:42:38 Gelesen: 8249# 7 @  
Hört sich alles wunderschön an. Aber mir stellt sich dann die Frage, was macht ein Mitglied, das keine Möglichkeit hat (ob nun altersbedingt oder fehlender technischer Ausstattung oder mangels des Verständnis die Technik zu beherrschen, der Gründe sind da viele Wege offen) an einer virtuellen Hauptversammlung teilzunehmen?
 
saeckingen Am: 18.02.2021 18:41:55 Gelesen: 8170# 8 @  
@ nagel.d [#7]

Nicht teilnehmen! Wie vielen Mitgliedern ist es aus zeitlichen oder finanziellen Gründen nicht möglich persönlich an einer Hauptversammlung teilzunehmen? Für eine Reise innerhalb Deutschlands mit Übernachtung sind gleich mal ein paar hundert Euro weg. Darüber machte sich auch nie jemand Gedanken!

Durch online Meetings sind viel mehr Mitglieder in der Lage an einer Veranstaltung teilzunehmen, vor allem bei Arbeitsgemeinschaften die Mitglieder nicht nur aus ganz Deutschland sondern aus der ganzen Welt haben! Gestern hatten wir z.B. wieder ein Zoom Meeting einer deutschen Arge mit Teilnehmern nicht nur aus Österreich und der Schweiz, sondern auch aus Schweden, Italien, den USA und sogar Jordanien!

Es hat also auch für viele Mitglieder Vorteile, nicht nur Nachteile!

Grüße
Harald
 
nagel.d Am: 18.02.2021 19:18:08 Gelesen: 8153# 9 @  
@ saeckingen [#8]

Diesen Hintergrund hat man natürlich so nicht beleuchtet.

Vielleicht ist das jetzt die Chance in Zukunft eine Mischung zu starten. Auf der einen Seite Mitglieder die persönlich anwesend sind und Mitglieder die virtuell zugeschaltet sind.
 
filunski Am: 19.02.2021 00:23:12 Gelesen: 8105# 10 @  
@ nagel.d [#9]

"Auf der einen Seite Mitglieder die persönlich anwesend sind und Mitglieder die virtuell zugeschaltet sind"

Hallo Nagel,

ist ja alles schön und recht und in der Theorie ganz super, wie so vieles.

Aber welcher Verein oder ArGe hat denn die logistischen, technischen usw. Mittel und das Personal das zu stemmen? Es wird also dabei bleiben diese Versammlungen erst mal so lange zu verschieben, wie es vom Gesetzgeber erlaubt wird (Verlängerung der Ausnahmegenehmigung). Also bis Corona unter Kontrolle gebracht wird. Bis dahin bleiben eben alle Vorstände weiter in Amt und Würden und wir alle schön zuhause.

Viele Grüße von einem Vorstandsmitglied dass sich dazu schon lange keine grauen Haare mehr wachsen lässt. ;-)

Peter
 
nagel.d Am: 19.02.2021 17:29:40 Gelesen: 8032# 11 @  
@ filunski [#10]

Es war ja ein gutgemeinter Denkanstoß vor allem wenn man anfängt über virtuelle Veranstaltungen zu diskutieren.
 
Jürgen Häsler Am: 20.02.2021 14:14:12 Gelesen: 7934# 12 @  
@ nagel.d [#7]

Aber mir stellt sich dann die Frage, was macht ein Mitglied, das keine Möglichkeit hat (ob nun altersbedingt oder fehlender technischer Ausstattung oder mangels des Verständnis die Technik zu beherrschen, der Gründe sind da viele Wege offen) an einer virtuellen Hauptversammlung teilzunehmen?

Hallo Dirk,

Deine Frage ist mehr als berechtigt. Diese Mitglieder werden von einer Teilnahme an einer reinen VHV faktisch ausgeschlossen. Das ist auch der Grund, warum in der Regel nur die in meinem Beitrag [#5] beschriebenen 2 Varianten (Verschiebung oder Verschiebung mit schriftlicher Stimmabgabe) praktiziert werden. Beim BSC Villingen war die Kombination aus

1. verschobener Präsenzveranstaltung mit reduzierter Besetzung (nur Vorstand und Kassenprüfer verteilten sich im September 2020 im Nebenraum einer Gaststätte, der unter normalen Umständen locker für 20 Personen ausgereicht hätte) und

2. schriftlicher Stimmabgabe im Vorfeld der Veranstaltung ein voller Erfolg. Wir hatten mit ca 70 % die höchste Teilnehmerquote der letzten 75 Jahre, also seit Wiederzulassung des Vereins nach dem 2. Weltkrieg.

Trotzdem ist Haralds Einwand aus [#8] nicht von der Hand zu weisen.

Wie vielen Mitgliedern ist es aus zeitlichen oder finanziellen Gründen nicht möglich persönlich an einer Hauptversammlung teilzunehmen?


Ja richtig, wer nimmt eigentlich Rücksicht auf diese Mitglieder, die gerne zur HV kämen, aber denen Zeit und Geld fehlt, um eine lange Anreise in Kauf zu nehmen ?

Auch mein BSC Villingen hat, obwohl Ortsverein, inzwischen mehrere Mitglieder aus dem Raum Stuttgart und Ulm, für die die Anreise zur HV problematisch ist.
Unsere Münzgruppe trifft sich im Gegensatz zu den Briefmarkensammlern auch während des Corona-Lockdowns monatlich in einer Online-Videokonferenz per Skype oder Zoom.

Diese Mitglieder dürfen zu Recht erwarten, in Zukunft online an der HV teilnehmen zu können, wo sich diese virtuellen Treffen während der Pandemie doch bestens bewährt haben.

Die Satzung wurde von uns bereits entsprechend geändert, um eine Kombination aus Präsenz- und virtueller HV auch nach dem 31.12.2021 möglich zu machen.

Was uns im Jahr 2021 allerdings daran hindert, das auch so umzusetzen:
In unserer Vereinsgaststätte gibt es kein schnelles Internet.

Wie Peter in [#10] schreibt:

Aber welcher Verein oder ArGe hat denn die logistischen, technischen usw. Mittel und das Personal das zu stemmen?

Ja, momentan ist die Technik bei uns in Villingen noch nicht so weit. Aber je länger die Pandemie dauert, umso größer wird allerorten der Druck, dass sich das ändert.

Und die Nutzung von Skype, Zoom, Jitsi, BigBlueButton oder Microsoft Teams wird irgendwann zur Routine.

Bis es soweit ist, bleibt vielen Vereinen und Verbänden nur die Verschiebung der Präsenz-Hauptversammlung. Der LV Südwest und der BDPh machen davon auch Gebrauch.

Jürgen Häsler
 
nagel.d Am: 20.02.2021 15:01:28 Gelesen: 7914# 13 @  
@ Jürgen Häsler [#12]

Dass es immer wieder Mitglieder gibt, die aus finanziellen Gründen nicht zu einer Hauptversammlung anreisen können, darüber hat sich vielleicht vor der Pandemie nie jemand gedanken gemacht. Bei diesen Mitgliedern fehlt es dann auch sicherlich am Geld an einer virtuellen Hauptversammlung teilzunehmen (Schnelles Internet (sefern überhaupt Internet vorhanden), Technische Ausstattung); dies ist jetzt meine persönliche Meinung.

Dieses Problem wird aber auch in Zukunft weiterhin bestehen, wenn gleich die Zahl derer zurückgehen wird und das wird man auch nicht lösen können (meine persönliche Meinung), denn sollche "Karteileichen" findet man in jedem Verein. Wobei diese Mitglieder wohl in ihrem näheren Umfeld unterwegs sind.

Selbt meine Wenigkeit entschied oft zu welcher Veranstaltung ich anreise oder nicht. Ich mache das von günstigen Bahnverbindungen und -preisen abhängig.
 
Jürgen Häsler Am: 01.03.2021 13:20:32 Gelesen: 7756# 14 @  
@ nagel.d [#13]

Was die Kosten der Teilnahme an einer virtuellen HV anbetrifft, so werden diese mittelfristig nahezu bei NULL liegen.
Schnelles Internet wird flächendeckend in Deutschland kommen, schon die Autoindustrie braucht es für das autonome Fahren.

Es wird (Flatrate-)Tarife geben, die (Glasfaser-)Internet, Telefon, Mobilfunk, mobiles Internet und Streaming-Angebote von (TV-)Inhalten miteinander verknüpfen.

Bisher habe ich zwar erst an einer einzigen rein virtuellen (digitalen) Hauptversammlung (Anfang Dezember 2020) teilgenommen. Der Vorstand stellte erfreut fest: "So viele waren wir ja noch nie!", als bei seinem kleinen, gemeinnützigen Verein bis zu 16 Mitglieder an der Online-Versammlung teilnahmen. Der Ablauf war reibungslos, technische "Ausfälle" gab es nicht.

Für mich war es mehr als angenehm, vom heimischen Sofa aus dabei sein zu können. Ob ich an einer Präsenzveranstaltung an einem Freitagabend mit Fahrt nach Freiburg und dem entsprechenden Zeitaufwand teilgenommen hätte, bewzweifle ich.

Auch wenn wir momentan vielleicht noch nicht soweit sind, bieten sich für die Zukunft neue Möglichkeiten der interaktiven Einbindung der Mitglieder an. Beim BDPh wäre in Zukunft denkbar, dass die Einzelmitglieder digital an der HV teilnehmen und abstimmen könnten. Eine Übertragung als Live-Stream bei YouTube könnte auch interessierte Mitglieder in den Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften erreichen, die nicht die Anfahrt zur Präsenz-HV auf sich nehmen wollen oder können.
 
drmoeller_neuss Am: 01.03.2021 15:12:55 Gelesen: 7729# 15 @  
Nun gibt es ein paar Fallstricke: das fängt schon mit der Einladung an. Sieht die Satzung eine schriftliche Einladung zur Jahreshauptversammlung vor, so muss der Vorstand auch in den tiefsten Corona-Zeiten die Einladung ausdrucken, kopieren und per Post verschicken. Das ist kein Witz: Einladung zur digitalen Hauptversammlung ist nur in Papierform möglich, es sei denn, die Vereinssatzung sieht eine Einladung auch per Textform oder Email vor.

Das gleiche gilt für das Protokoll: ohne das gute alte Blatt Papier geht es nicht. Also mitschreiben, ausdrucken und per Post um die Unterschriften bitten und zu den Akten nehmen.

Was macht man mit den Mitgliedern, die keinen Internetanschluß haben? Das einfachste, sie treffen sich bei Mitgliedern, die Zugang zum Internet haben. Dabei müssen natürlich Kontaktverbote und andere Vorschriften wie das Abstandsgebot eingehalten werden. Die gute Frage ist, ob eine telefonische Teilnahme möglich ist. Viele Software-Konferenzsysteme stellen Einwahlnummern bereit. Technisch ist das kein Problem, aber rechtlich bleibt die Frage offen, ob das dann noch eine Teilnahme "im Wege der elektronischen Kommunikation" ist.

Die nächste Frage ist die Vertraulichkeit. Im Saal ist es einfach zu kontrollieren, dass nur Vereinsmitglieder an der Versammlung teilnehmen. Wie stelle ich das bei einer virtuellen Versammlung sicher? Ein Hinweis an die Mitglieder kann nichts schaden, aber kontrollieren lässt es sich nicht, zumal viele Mitglieder gar keinen abgetrennten Raum haben und zwangsläufig zufällig anwesende Familienmitglieder mithören.

Abstimmungen: was mache ich, wenn geheime Abstimmung gewünscht ist? Am besten, man organisiert die Abstimmungen schriftlich vor der Jahreshauptversammlung. Dabei muss der Vorstand wie bei der Briefwahl für die Bundestagswahl vorgehen, d.h. Stimmzettel in einen separaten Umschlag, damit bei der Auszählung die Stimmen keiner bestimmten Person zugeordnet werden können.

In der Praxis sehe ich ein Problem bei "gemischten" Veranstaltungen, d.h. ein Teil der Mitglieder ist vor Ort, der übrige zugeschaltet. Hier sollte der Vorstand konsequent sein, und Versammlungen rein virtuell durchführen.

Eine virtuelle Mitgliederversammlung muss mindestens genauso gut vorbereitet sein, wie eine traditionelle Versammlung vor Ort. Denkt daran, dass das Risiko, das brisante Inhalte "mitgeschnitten" zu werden, viel größer ist, und nicht auffällt. Zu guter Letzt kann auch noch die Technik verrückt spielen, vor allem, wenn man sie nicht beherrscht. Wie kann man zum Beispiel Teilnehmer stumm schalten? Das müssen noch nicht einmal die vereinsbekannten Störenfriede sein, die sich am liebsten selbst reden hören. Es reicht schon, wenn ein Fernseher im Hintergrund läuft. Nicht jeder kennt Videokonferenzen aus seinem beruflichen Alltag.

Hier hilft nur eine Übungsstunde mit einem kleinen Kreis an Teilnehmern unter Realbedingungen.
 
nagel.d Am: 01.03.2021 20:46:20 Gelesen: 7653# 16 @  
@ drmoeller_neuss [#15]

Einladung per Textform oder per Email, hier müßte klargestellt werden ob Email auch der Textform auf Papier gleichgestellt ist. Eine Email kann ich ausdrucken und somit liegt sie in Papierform vor.

Das Protokoll wird sowieso erst nach Ende der Veranstaltung unterschrieben und das kann man nachholen hier zum Beispiel in Form einer Rundsendung an die Verantwortlichen.

Interessant ist wirklich die Frage was Mitglieder machen die keinen Internetanschluß haben. Wie sieht es aus wenn die Technik im entscheidenden Augenblick verrückt spielt?
 
DL8AAM Am: 01.03.2021 21:16:43 Gelesen: 7638# 17 @  
@ nagel.d [#16]

Einladung per Textform oder per Email, hier müßte klargestellt werden ob Email auch der Textform auf Papier gleichgestellt ist. Eine Email kann ich ausdrucken und somit liegt sie in Papierform vor.

Was Du mit der Einladung machst, ist vollkommen egal. Es geht darum, wie Dich die (vom Vorstand verschickte) Einladung erreicht. Und wenn in der - bei Gericht eingetragenen - Satzung nichts von Email (oder sonst einen elektronischen Weg) steht, dann darf der Versand der Einladung nicht per Email erfolgen. Der Vorstand muss den Weg nutzen, der in der Satzung vorgeschrieben ist. Wenn in der Satzung steht, das die Einladung an die Tür der Vereinskneipe genagelt wird, dann reicht das auch vollkommen aus. Ich kenne einige Dorfvereine (oft zum Beispiel Feldmarkgenossenschaften), die so per Aushang einladen.

Beste Grüße
Thomas
 
drmoeller_neuss Am: 01.03.2021 22:13:33 Gelesen: 7622# 18 @  
Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen der Schriftform und der Textform (§126 b BGB). Ein Text ist eine sinnvolle Anordnung von Schriftzeichen. Um die Textform im Sinne des Gesetzes zu wahren, muss der Text auf einem dauerhaftem Datenträger gespeichert werden und der Empfänger muss in der Lage sein, die Mitteilung auf ein eigenes Medium herunterladen zu können. Eine Email, die auf einem Mailserver gespeichtert ist und dort von dem Empfänger abgerufen werden kann, erfüllt die Textform ebenso wie eine SMS, die auf dem Handy des Empfängers gespeichert werden kann.

Ist die Schriftform vorgeschrieben, muß der Text auf ein dauerhaftes, nicht flüchtiges Medium aufgebracht werden und eigenhändig unterschrieben werden. Die meisten Urkunden werden auf Papier vollzogen, es geht aber auch jedes andere dauerhaftes Medium, zum Beispiel eine gebrannte Tontafel.

Entscheidend ist, was in Eurer Vereinsatzung zum Thema Einladung steht. Wenn da steht, die Einladung erfolgt "schriftlich", dann muss der Vorstand alle Mitglieder per Brief einladen. Die Einladung kann aber auch durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, zum Beispiel durch eine Announce im Stadtanzeiger.

Wenn bei Euch eine Überarbeitung der Satzung ansteht, kann ich Euch nur dringend raten, überall das Wort schriftlich durch "Textform" zu ersetzen, damit in Zukunft auch eine Email genügt.
 
filunski Am: 01.03.2021 22:58:59 Gelesen: 7605# 19 @  
@ drmoeller_neuss [#18]

"Entscheidend ist, was in Eurer Vereinsatzung zum Thema Einladung steht. Wenn da steht, die Einladung erfolgt "schriftlich", dann muss der Vorstand alle Mitglieder per Brief einladen."

Hallo an alle Mitleser,

Vereine/ArGen die eine eigene regelmäßig erscheinende Publikation verlegen, können auch über diese zur JHV einladen. Wichtig ist nur die entsprechenden Fristen einzuhalten. Aber die fristgerechte Einladung ist ja wohl noch das geringste Problem.

Jürgen Häslers Vorstoss für die virtuelle JHV hier eine "Lanze zu brechen" ist ja sehr löblich und gut gemeint und kann wahrscheinlich auch, zumindest da ein sehr großer, bisher bestehender Hemmschuh (Beschlußanfechtung bei "unangemessener Zugangsmöglichkeit") weggefallen ist, von kleinen Vereinen genutzt werden.

Für größere, auch weltweit operierende ArGen und andere, gerade philatelistische Vereine, aber auch zukünftig keine wirkliche Option. Diese Option haben eher entsprechend, sowohl personell (IT-Fachleute) als auch materiell (Hardware und Räumlichkeiten), ausgestattete DAX-Unternehmen oder Bundesligavereine etc. aber nicht z.B. eine philatelistische ArGe mit 400+ Mitgliedern, geführt von einem über die ganze Republik verteilten, ehrenamtlichen Vorstand. Um alleine die virtuelle JHV zu organisieren und den Ablauf koordiniert zu gestalten müssen zumindest die wichtigsten Vorstandsmitglieder (1. und/oder 2. Vorsitzender, Schatzmeister, eventuell, so vorhanden, Geschäftsführer und vor allem auch Protokollführer) zusammenkommen. Ich kenne mehrere Vereine solcher Größe, nicht nur Philatelistische (aber in ähnlicher "überalterter-oft nicht Computer affinen" Zusammensetzung) da waren auch "früher" bei den üblichen JHV außer dem Vorstand gerade mal 5-10 % der Mitglieder anwesend, und das auch nur, wenn ein entsprechend lukratives Rahmenprogramm geboten wurde.

Wenn also der Vorstand eh schon zusammenkommen muss um überhaupt solch eine JHV zum Laufen zu bringen, können/müssen wir auch gleich warten bis wir alle wieder zusammenkommen dürfen und gehen auch nicht das Risiko ein, dass wegen irgendwelcher, z.B. technischer Probleme, die virtuelle JHV oder, schlimmer noch deren Beschlüsse und das Ergebnis platzen.

Fazit und da muss ich mich jetzt leider wiederholen [#10], bleiben eben alle Vorstände weiter in Amt und Würden und wir alle schön zuhause. ;-)

Viele Grüße von einem mehrfachen Vorstandsmitglied, das sich dazu schon vorher viele Gedanken gemacht hat,

Peter
 
nagel.d Am: 02.03.2021 10:43:37 Gelesen: 7560# 20 @  
@ DL8AAM [#17]

drmoeller_neuss [#18] hat die entscheidende Information gegeben. Es kommt wirklich darauf an was in der Satzung steht.

Aus anderen nicht-philatelistischen Vereinen weiß ich zu berichten, daß die Einladung zu Hauptversammlungen zwischenzeitlich per Email Verschickt wird und zusätzlich im Gemeindeboten und über Facebook veröffentlicht wird, allerdings steht da nicht explizit in der Satzung dass es der Schriftform bedarf dort heißt es nur "jede ordnungsgemäß einberufene Hauptversammlung ist beschlußfähig" und da hat auch die Sitzungseinladung per Email in Verbindung mit der Veröffentlichung genügt. Da gab es dann nur immer Streitpunkt über den Zeitpunkt der Sitzung. Bei einem Verein stand explizit drin die Hauptversammlung muß bis spätestens 31.3 abgehalten sein.
 
DL8AAM Am: 02.03.2021 12:33:06 Gelesen: 7540# 21 @  
@ nagel.d [#20]

"jede ordnungsgemäß einberufene Hauptversammlung ist beschlußfähig"

Wenn das "ordnungsgemäß einberufen" nicht an anderer Stelle in der Satzung näher geregelt wird, dann wird Dir - sobald einer gegen die Beschlüsse der MV vorgeht (oder das FA auf Grund der regelmäßigen Gemeinnützigkeitsprüfung sich das Protokoll anschaut oder das Amtsgericht, wenn neue BGB 26er eingetragen werden sollen) - um die Ohren hauen. Solange aber keine externe Prüfung stattfindet, passiert halt auch nichts, wenn man im Verein intern etwas "falsch" vor sich hin wurschtelt.

Es würde mich auch wundern, wenn eine Satzung, ohne genaue Regelung zur Einladung, vom Vereinsregister angenommen werden sollte. Ich bin BGB26er in einem Sportverein, hier und von unserem übergeordneten Verband sehe ich immer wieder, welche Formprobleme man als "Laie" mit Satzungstexten von Seiten des "Vereinsregisters" bekommt. Deshalb hat unser Verband inwischen sogar einen speziellen Referenten, einen Juristen, mit in den erweiterten Vorstand genommen, der den Mitgliedsvereinen helfend unter die Arme greift.

LG
Thomas
 
nagel.d Am: 02.03.2021 14:20:02 Gelesen: 7518# 22 @  
@ DL8AAM [#21]

Mit dieser Regelung gab es noch nie Probleme und der Verein existiert seit über 30 Jahren. Diese Regelung ist ja auch in Verbindung mit der Ladung zu sehen und da wird geregelt die Hauptversammlung muß spätestens zum 31.3. abgehalten sein mit einer Einladungsfrist von 8 Tagen. Und diese Regelung wurde ergänzt, daß neben der Schriftform auch die Einladung auch per Email erfolgen kann (ich habe extra in meinen Unterlagen nachgeschaut) natürlich unter Beibehaltung der entsprechenden Formalitäten (Ort, Tag, Uhrzeit und Tagesordnung). Gleichzeitig wird die Einladung auch im Nachrichtenblatt, regionalem Wochenspiegel und im Regionalteil der Zeitung, gelegentlich auch über Facebook veröffentlicht. Ladungsfrist ist übrigens auf 8 Tage angesetzt es wird aber oft 3 Wochen vor dem Termin eingeladen.

Einziges Problem gab es als die Sitzung nicht bis zum 31.03. sondern erst am 2.04. abgehalten wurde und da hat uns ein Mitglied alles um die Ohren gehauen.
 
22028 Am: 02.03.2021 15:07:37 Gelesen: 7497# 23 @  
@ nagel.d [#22]

Einziges Problem gab es als die Sitzung nicht bis zum 31.03. sondern erst am 2.04. abgehalten wurde und da hat uns ein Mitglied alles um die Ohren gehauen

Dafür sind Fristen ja da !
 
drmoeller_neuss Am: 02.03.2021 15:19:20 Gelesen: 7495# 24 @  
Ich rate immer wieder, in die Satzung nur das allernotwendigste hineinzuschreiben. Das Vereinsrecht (BGB) lässt Euch viele Freiheiten. Es genügen zum Beispiel drei Personen für den Vorstand. Wenn Ihr in der Satzung das Amt eines Katalogwartes vorgesehen habt, müsst Ihr die Position auch besetzen. Es interessiert das Registergericht überhaupt nicht, wenn Ihr erzählt, dass seit drei Jahren kein Katalog mehr ausgeliehen wurde und Ihr das Amt deswegen nicht mehr besetzt.

Wenn Ihr den Vorstand erweitern wollt, dann seht in der Satzung einen Beirat ohne bestimmte Größe vor, der den Vorstand berät und unterstützt. Die Beiratsmitglieder können auf der Jahreshauptversammlung gewählt werden.

Auch bei der Jahreshauptversammlung solltet Ihr nicht zu viele Vorgaben machen. Einfach in die Satzung schreiben: "Die Mitgliederversammlung findet einmal jährlich statt". Wenn Ihr Euch Vorgaben wie Termine oder eine bestimmte Beschlussfähigkeit macht, müsst Ihr Euch daran akribisch halten.

Auch der Vereinszweck sollte so allgemein wie möglich gehalten werden. Statt "Fördern des Briefmarkensammeln" schreibt besser "Förderung der Postgeschichte", dann kommen auch die Postkartensammler auf ihre Kosten.

Die Gemeinnützigkeit lohnt sich nur, wenn Ihr Spenden von Dritten bekommt. Dafür dürft Ihr regelmässig dem Finanzamt Bericht erstatten. Ob sich das für ein paar Euro im Klingelbeutel lohnt, steht auf einem anderen Blatt.
 
DL8AAM Am: 02.03.2021 17:59:31 Gelesen: 7467# 25 @  
@ drmoeller_neuss [#24]

Die Gemeinnützigkeit lohnt sich nur, wenn Ihr Spenden von Dritten bekommt.

Oder, wenn der Dachverband das fordert, weil zum Beispiel der Dachverband gemeinnützig ist, dann müssen nämlich auch alle Mitgliedsvereine gemeinnützig sein. Hier (Sport) wurden aus diesem Grund über die letzten Jahre zwei Dorfvereine aus dem Kreisverband bzw. Landesverband ausgeschlossen, da diese zwischenzeitlich ihre Gemeinnützigkeit verloren haben (es gab Probleme mit dem FA mit der selbstunterhaltenden Theke in der Sportstätte und der Vermietung von Abstellräumen).

Auch bei der Jahreshauptversammlung solltet Ihr nicht zu viele Vorgaben machen. Einfach in die Satzung schreiben: "Die Mitgliederversammlung findet einmal jährlich statt". Wenn Ihr Euch Vorgaben wie Termine oder eine bestimmte Beschlussfähigkeit macht, müsst Ihr Euch daran akribisch halten.

Stimmt. Wir hatten übrigens früher auch feste Termine für die MV in der Satzung. Zwischenzeitlich wollten das mal streichen, was aber auf der MV nicht durchsetzbar war. Im folgenden Jahr wurde dann aber der Kompromissvorschlag "soll im ersten Quartal stattfinden" angenommen. "Soll" heisst zwar (ganz verallgemeinert), dass man muss, wenn man kann, wenn man aber gute Gründe hat, darf die (als Ausnahme) auch später stattfinden. Mit dieser Regelung sind wir seitdem recht gut gefahren.

Wir haben zwar zur Einladung nur einen allgemeineren Passus (ohne nähere Formvorschrift) in der Satzung "Einladungen ergehen unter der Bekanntgabe der Tagesordnung mindestens 21 Tage vorher durch den/die 1. Vorsitzende/en oder durch den/die 2.Vorsitzende/en.". Wir verschicken deshalb per Email, bei denen von uns dafür ein Einverständnis vorliegt, der Rest geht per Post raus. Unser Problem mit der "virtuellen Hauptversammlung" ist aber, dass Anträge (außer Satzungsänderungen) noch auf der MV gestellt werden können, gleiches gilt für Wahlvorschläge zum Vorstand. Insbesondere zu Letzterem bekämen wir Probleme ("Stichwort Briefwahl"). Zusätzlich "stört" der Passus, dass Abstimmungen und Wahlen, auf Wunsch der MV (1/5 der Teilnehmer), "schriftlich" durchgeführt werden müssen. Deshalb wurde uns von "rechtskundiger Seite" dringlichst davon abgeraten, 2020 eine virtuelle MV abzuhalten. Wir haben uns deshalb dadurch den Rücken freigehalten, dass wir jedes (!) Mitglied persönlich kontaktiert haben und gefragt haben, ob das OK sei, und zum Glück haben alle (!) uns ihr OK gegeben (meist per Email). Gut, das funktioniert nur bei "übersichtlichen" Vereinen, ohne wirkliche Karteileichen. Ansonsten haben wir die Nichtdurchführung im Vorfeld beim FA und beim Vereinsregister angezeigt. So kommen wir hoffentlich problemlos durch die Krise, ohne MV 2020/2021.

Ansonsten werden wir auch zukünftig sicherlich Abstand von virtuellen MV nehmen, denn einige Mitglieder sieht man nur noch 1x im Jahr, nämlich an der MV. Denn (?) nach der MV gibt es immer ein gemütliches, gemeinsamen Essen (auf Vereinskosten) - als eine Art von "Jahreshauptfeier". Wenn man virtuell den persönlichen Kontakt verliert, verliert man sicherlich auch Mitglieder. Übrigens verläuft seitdem die MV sehr viel "zielstrebiger" (...), ohne viel "drumrum" (...). Hunger beschleunigt.

Beste Grüße
Thomas
 
nagel.d Am: 02.03.2021 21:00:11 Gelesen: 7427# 26 @  
@ 22028 [#23]

Diesen Passus hatte zu dem Zeitpunkt bei der Abstimmung der Termine bezüglich Vereinslokal niemand auf dem Bildschirm, war also unser eigenes Verschulden. Wir hatten damals nur Glück dass keine Wahl anstand.
 
Jürgen Häsler Am: 25.03.2021 11:55:23 Gelesen: 7241# 27 @  
Ich bin überrascht, wie viele kluge Gedanken zur virtuellen Hauptversammlung sich einige Forumsleser hier bereits gemacht haben.

drmoeller_neuss [#15] weist zu Recht darauf hin, dass auch bei einer VHV die Form der Einladung zur Hauptversammlung von der Satzung bestimmt wird. Einfach Einladungs-Link per e-Mail verschicken, was bei einer VHV ja nahe liegt, geht im Regelfall also nicht. Das betrachte ich zwar nicht als Problem, man muss das aber natürlich wissen. Wir beim Vorstand des BSC Villingen halten grundsätzlich an einer attraktiv frankierten, persönlichen, schriftlichen Einladung fest und würden das bei einer VHV auch nicht ändern.

Geheime Abstimmungen sind bei Verwendung einer entsprechenden Software durchaus möglich, bei Zoom müssen solche "Umfragen" allerdings vorher programmiert werden.

Die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes erscheint mir allerdings als entscheidendes Problem. Ich wäre sicher nicht begeistert, wenn ein unbefugt aufgezeichnetes Videos unserer Jahreshauptversammlung im Internet auftaucht.

Auf unseren Hauptversammlungen muss ich "Klartext" reden, einen besseren Zeitpunkt dafür gibt es nicht. Wir haben zwar oft viel Positives zu berichten, Probleme müssen aber ebenso offen angesprochen werden. Im geschriebenen Text kann ich ohne Schwierigkeiten meinen Unmut darüber ausdrücken, dass die Bank, bei der unser Verein sein Girokonto hat, die monatliche Grundgebühr auf einen Schlag von EUR 4,90 auf EUR 12,90 erhöht. Ein mitgeschnittenes Video wäre für mich wohl nicht vorteilhaft, wenn ich mit zornigen Worten und ein paar drastischen Adjektiven das Verhalten der Bank beschreibe, die uns nach fast 30 Jahren reibungsloser Zusammenarbeit zum Stichtag 01.05.2021 eine Kostenerhöhung von insgesamt 170 % aufbrummen will.

Ich schließe mich deshalb Peters Fazit aus [#19] an:

"bleiben eben alle Vorstände weiter in Amt und Würden und wir alle schön zuhause. ;-)"


Virtuell finden bei uns deshalb nur die Treffen der Münzgruppe und vielleicht auch die nächste Vorstandssitzung statt. Die diesjährige Jahreshauptversammlung wird vermutlich wieder in kleiner Besetzung als Präsenzveranstaltung und mit vorheriger schriftlicher Stimmabgabe stattfinden. Also bleibt alles beim Alten.
 
nagel.d Am: 25.03.2021 13:42:40 Gelesen: 7208# 28 @  
Mir stellt sich dann hier die nächste Frage. Was ist wenn im entscheidenten Moment die Technik versagt (Internetausfall, Verzögerung des Internets etc.). Um ehrlich zu sein sind das alles Sachen die für mich aus meiner Sicht noch ungeklärt sind. Dazu kommen noch meine Gedanken aus Beitrag [#7]. Natürlich trifft dieser Denkanstoß aus dem Beitrag [#7] auch auf Versammlungen statt, die nicht Coronabedingt anderweitig geführt werden.
 
Jürgen Häsler Am: 22.08.2021 18:01:54 Gelesen: 6259# 29 @  
Hallo allerseits,

Zeit für ein kurzes Update zum Thema. In den letzten Monaten waren auf Seiten des Gesetzgebers keinerlei Aktivitäten bezüglich einer Verlängerung der COVID19-Sonderregelungen für Vereine erkennbar.

Alle coronabedingten Änderungen im Vereinsrecht laufen also wie geplant zum 31.12.2021 aus. Danach herrscht also wieder "Normalzustand". Das heißt, digitale (virtuelle) Mitgliederversammlungen sind ab 01.01.2022 nur bei Vorhandensein einer entsprechenden Satzungsregelung in der Vereinssatzung möglich.

Das heißt auch, dass die aufgeschobenen, satzungsgemäß (§ 32 BGB) durchzuführenden Mitgliederversammlungen nun nachzuholen sind bzw. der Vorstand gemäß § 36 BGB diese einzuberufen hat.

Denn es wird zunehmend fraglich, ob das in Absatz 2a des COVID19-Gesetzes genannte "Versammlungsverbot" noch greift, wenn die Mehrheit der Vereinsmitglieder geimpft/genesen ist und der Minderheit die Vorlage eines negativen Antigen-Schnelltestes zugemutet werden kann sowie die Corona-Verordnung des jeweiligen Bundeslandes eine Versammlung mit der angemeldeten Zahl der Vereinsmitglieder unter Einhaltung der Hygiene-Vorschriften und der Pflicht zum Tragen eines Mund/Nasen-Schutzes gestattet.

(2a) Abweichend von § 36 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange die Mitglieder sich nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliedersammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist.

Der BDPh hat bereits gehandelt und die MV mit Termin 06. November 2021 nach Bonn einberufen. Bei anderen Verbänden steht die "Nachholung" der MV aber noch aus.

Fragt sich also, ob es genügt, wenn die Einberufung der verschobenen Mitgliederversammlung bis zum 31.12.2021 erfolgt und die Versammlung dann im Frühjahr 2022 stattfinden darf oder alles noch im Jahr 2021 über die Bühne gehen muss. Falls hier jemand Informationen hat, möge er/sie dies bitte an dieser Stelle mitteilen.

Viele Grüße
Jürgen Häsler
 
Jürgen Häsler Am: 12.09.2021 19:55:49 Gelesen: 5996# 30 @  
Überraschenderweise ist der Deutsche Bundestag in seiner 239. Sitzung vom 07.09.2021 (der letzten Sitzung vor der Neuwahl) nochmals im Sinne der Vereine tätig geworden.

Es hat sich ja gewissermaßen ein "Stau" an nachzuholenden Mitgliederversammlungen gebildet. Nicht alle Vereine schaffen es, ihre coronabedingt verschobene Mitgliederversammlung noch im Jahr 2021 nachzuholen. Auch der Landesverband Südwest ist davon betroffen.

In Artikel 15 des Aufbauhilfegesetzes 2021 verlängert der Gesetzgeber die Notmaßnahmen des COVID19-Gesetzes für Vereine bis zum 31. August 2022. [1]

Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Versammlungen nachgeholt sein und bis dahin bleiben alle Vorstände auch bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsregelung trotz Ablauf ihrer Amtszeit weiterhin im Amt.

§ 7 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 569, 570), das zuletzt durch Artikel 32 des Gesetzes vom 7. Juli 2021 (BGBl. I S. 2363) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In den Absätzen 1 bis 3 werden jeweils die Wörter „im Jahr 2020 und im Jahr 2021“ durch die Wörter „bis einschließlich 31. August 2022“ ersetzt.

2. Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„ § 5 ist nur anzuwenden auf (5)
1. bis zum Ablauf des 31. August 2022 ablaufende Bestellungen von Vorständen von Vereinen, Parteien und Stiftungen und von sonstigen Vertretern in Organen und Gliederungen von Parteien sowie
2. Versammlungen und Beschlussfassungen, die bis zum Ablauf des 31. August 2022 stattfinden.“


[1]https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://dserver.bundestag.de/btd/19/322/1932275.pdf&ved=2ahUKEwjh7J3SkPfyAhU-gv0HHcTvDUYQFnoECAUQAQ&usg=AOvVaw1BRpz5FAxafmGeqL_JpwOb
 
Jürgen Häsler Am: 27.02.2023 19:05:37 Gelesen: 2877# 31 @  
Gesetzesänderung ermöglicht dauerhaft Virtuelle Mitgliederversammlungen

Der Deutsche Bundestag hat am 09. Februar 2023 den „Entwurf eines Gesetzes zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht“ [1] beschlossen.

Das Gesetz ändert § 32 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der in der bisherigen Fassung lautet:

§ 32 Mitgliederversammlung; Beschlussfassung

(1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.


Die vom Bundestag mit einer breiten Mehrheit der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktion der AfD beschlossene Neufassung lautet:

(1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung).

Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.


(3) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.


Das neue Gesetz geht auf eine Gesetzesinitiative des Bundesrates [2] vom 01.07.2022 zurück. Die Ländervertretung hatte vor dem Auslaufen der coronabedingten Sonderregelungen im Vereinsrecht zum 31.08.2022 eine dauerhafte gesetzliche Regelung von "digitalen" Mitgliederversammlungen herbeiführen wollen. Dabei spielten auch die zu erwartenden Kosten eine Rolle:

Vereine, die künftig von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, Mitgliederversammlungen virtuell durchzuführen, müssen die technischen Voraussetzungen hierfür schaffen. Gleiches gilt für diejenigen Mitglieder, die an einer Versammlung im Wege der Videokonferenztechnik teilnehmen möchten.

Da weder die Vereine noch die Mitglieder durch die Neuregelung dazu verpflichtet werden, Versammlungen digital abzuhalten bzw. virtuell hieran teilzunehmen, handelt es sich dabei jedoch um keine zwingend erforderlichen Kosten, sondern lediglich um solche, die ggf. bei freiwilliger Nutzung anfallen.
Den Aufwendungen stehen Einsparungen gegenüber, die sich daraus ergeben, dass die Vereine aufgrund der zu erwartenden geringeren Anzahl an Präsenzteilnehmern künftig kleinere Räumlichkeiten für die Durchführung von Mitgliederversammlungen anmieten müssen. Bei den Mitgliedern, die an der Versammlung im Wege der Videokonferenztechnik teilnehmen, fallen wiederum keine Reisekosten mehr an.


Nach einer positiven Stellungnahme der Bundesregierung

"Die Bundesregierung unterstützt das Ziel des Gesetzentwurfs, ehrenamtliches Engagement zu fördern und die Rechtsausübung für Mitglieder von Vereinen und den Vorstandsmitgliedern von Vereinen und Stiftungen zu erleichtern.

Vereine können zwar schon nach dem geltenden Vereinsrecht virtuelle Mitgliederversammlungen durch die Satzung umfassend und entsprechend ihren jeweiligen Bedürfnissen regeln. Mit § 5 Absatz 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie gab es ab März 2020 eine Vorschrift, die virtuelle Mitgliederversammlungen auch ohne Grundlage in der Satzung ermöglichte. Diese Regelung wird am 31. August 2022 außer Kraft treten. Viele Vereine haben gute Erfahrungen mit der gesetzlichen Ermächtigung gemacht und wünschen sich – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Satzungsänderungen aufgrund zeitlicher und bürokratischer Notwendigkeiten und Abhängigkeiten von der Eintragung im Vereinsregister gerade von vielen kleinen und mittleren Vereine als Belastung angesehen werden – eine Nachfolgeregelung, die mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates geschaffen werden soll."


hat der Deutsche Bundestag das Gesetz in deutlich modifizierter Weise beschlossen.

Der Bundesrat muss nach der Abänderung des Gesetzes durch den Bundestag nun zwar erneut zustimmen, was aber als sicher gilt und noch vor der Sommerpause erfolgen soll.

[1] https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://dserver.bundestag.de/btd/20/055/2005585.pdf&ved=2ahUKEwjLwduB6bX9AhV1X_EDHQolD7UQFnoECBAQAQ&usg=AOvVaw2WYC6c1y_PBd50r-8U_uqe

[2] https://dserver.bundestag.de/btd/20/025/2002532.pdf
 
Jürgen Witkowski Am: 27.02.2023 22:51:04 Gelesen: 2820# 32 @  
@ Jürgen Häsler [#31]

Das ist eine sehr interessante Entwicklung. Es sind durchaus gewichtige Argumente, die die Durchführungskosten betreffen, wenn man die Einsparung von Reisekosten oder die durch geringere Präsenzteilnahme möglicherweise niedrigere Raummiete betrachtet.

Mir erschließt sich auf Anhieb allerdings noch nicht, wie man seine Mitgliederrechte uneingeschränkt ausüben kann. Wenn ich an Wahlen denke, ist die häufig angewendete Methode des Handhebens sicher kein Problem, aber für den Fall geheimer Wahlen fällt mir gerade keine praktikable Methode ein.

Mit besten Sammlergrüßen
Jürgen
 
filunski Am: 27.02.2023 23:41:44 Gelesen: 2801# 33 @  
@ Jürgen Häsler [#31]
@ Jürgen Witkowski [#32]

Hallo an die Jürgens und alle anderen Mitleser,

klingt ja alles, wie so oft super-toll und die etwaigen Einsparungen klingen ja auch erst mal verlockend. Für uns kleine, mittlere und vielleicht auch (noch) ein paar größere Philatelisten-Vereine scheint mir das aber auch künftig keine Option zu sein. Das Modell der virtuellen Hauptversammlung kann m.E. nur von ganz kleinen Vereinen mit lauter IT-affinen Mitgliedern verwirklicht werden oder von wirklich großen Vereinen wie ADAC, Bundesligaklubs u.ä.

Vereine, die künftig von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, Mitgliederversammlungen virtuell durchzuführen, müssen die technischen Voraussetzungen hierfür schaffen. Gleiches gilt für diejenigen Mitglieder, die an einer Versammlung im Wege der Videokonferenztechnik teilnehmen möchten.

Hier liegt "der Hund begraben"! Alle, aber wirklich alle nicht nur philatelistische Vereine, sind hoffnungslos überaltert und es gelingt meist noch nicht mal eine Mitgliederzeitschrift virtuell an alle oder auch nur viele Mitglieder abzugeben. Das klappt nur per Printausgabe. Genauso sind viele der älteren und meist sehr treuen Mitglieder mit dem ganzen für eine virtuelle Versammlung nötigen "Computerkram" überfordert und auch sicher nicht jeder Vorstand schafft es die nötigen technischen Voraussetzungen für eine solche Versammlung zu schaffen. Selbst wenn, was macht der Vorstand mit diesen Mitgliedern die darauf bestehen ihr gutes Recht der Partizipation und Stimmabgabe wahrzunehmen, aber nicht in der Lage sind dies technisch umzusetzen?

Es hat auch nicht jeder die IT-kompetenten Enkelkinder oder Freunde die das vielleicht erledigen könnten. Da bliebe dann zwar immer noch die hybride Versammlung, aber die bedeutet dann doppelten Aufwand für die Organisatoren (Vorstand) und ob durch das Wegbleiben einiger weniger noch viel eingespart wird ist eher fraglich.

Mein persönliches Fazit dazu: Klingt erst mal gut, stellt sicherlich für manche Vereine eine Option dar, aber für viele, vielleicht die meisten Philatelievereine wohl nicht.

Viele Grüße,
Peter
 
Jürgen Häsler Am: 06.03.2023 20:19:44 Gelesen: 2745# 34 @  
@ Jürgen Witkowski [#32]

Hallo Jürgen,

geheime Wahlen abzuwickeln stellt sicherlich mit die größte Herausforderung bei der Videokonferenztechnik und der Software für Virtuelle Mitgliederversammlungen dar. Bei einer von mir besuchten digitalen Versammlung während der Corona-Zeit wurde tatsächlich anonym per Computer abgestimmt: mit dem üblichen Ja, Nein und Enthaltung.

Der Versammlungsleiter konnte dabei während der laufenden Abstimmung nur erkennen, wer von den Stimmberechtigten schon abgestimmt hatte und wer noch fehlte. Ähnlich wie bei einer Saalabstimmung, wo man auch sieht, wer schon sein Zettelchen in die Urne geworfen hat und wer noch nicht. Erst nach dem Ende der Abstimmungszeit hatten der Versammlungsleiter und wir alle per Mausklick das Abstimmungsergebnis in Zahlen und Prozentwerten auf dem Display. Außerdem gab es den Finanzbericht des Schatzmeisters und den Tätigkeitsbericht des Vorstandes "live" in Stichpunkten auf dem Bildschirm und nach der Veranstaltung für alle Teilnehmer zum Download.

Es wird in Zukunft sicher Anbieter geben, die auch für "hybride" Mitgliederversammlungen (Präsenzversammlung + Virtuelle Versammlung) eine Videokonferenz und geheime Wahlen hinbekommen und gleichzeitig deutsche Datenschutzvorschriften wahren. Das müssen ja nicht US-Konzerne wie Google (Meet) und Microsoft (Teams) sein.

Dass es dabei 2 Wahlergebnisse gibt, eines bei der Präsenzwahl und eines bei der virtuellen Wahl, ist rechtlich kein Problem. Das gibt es auch bei Bundes- und Landtagswahlen mit der Lokalwahl und der Briefwahl, die beiden Ergebnisse werden einfach addiert.

Die Neuregelung des Bundestages unternimmt den Versuch, allen Interessenlagen gerecht zu werden.

In den meisten Vereinen exisieren bisher in der Vereinssatzung keine Regelungen zur "Virtuellen Mitgliederversammlung", da Satzungsänderungen nun mal mühselig sind - angefangen beim Versand des neuen Satzungstextes an die Mitglieder oder der Veröffentlichung in der Vereinszeitschrift, hinzu kommen Kosten für die Eintragung im Vereinsregister und die notarielle Beglaubigung der Unterschriften bei der Anmeldung.

Hier kann der Vorstand ohne Beschluss bzw. ohne die Zustimmung der Mitglieder lediglich eine hybride Versammlung einberufen (also die Kombination von Präsenz- und virtueller Versammlung).

Die Bundestagsmehrheit wollte ausdrücklich nicht, dass ein Vereinsvorstand den Mitgliedern eine reine virtuelle Mitgliederversammlung (ohne Präsenzveranstaltung) "aufzwingen" kann (wie es in der "Corona-Zeit" bis zum 31.08.2022 noch möglich war).

Im Gegensatz dazu können die Mitglieder sehr wohl mit Mehrheitsbeschluss (auch gegen den Willen des Vorstandes) beschließen, das nächste Mal (oder auch auf Dauer) eine rein virtuelle Mitgliederversammlung abzuhalten. Man darf davon ausgehen, dass in dem ein oder anderen Verein die üblichen "Querulanten" genau das beantragen werden, falls die Beiträge erhöht werden müssen und die Kosten der MV ein nennenswertes Einsparpotential darstellen.

Will man solche Diskussionen zuverlässig vermeiden, hilft nur eine Regelung der Virtuellen Mitgliederversammlung per Satzung.

§ 32 BGB ist vollumfänglich 'dispositives' Recht, bedeutet, ein Verein kann in seiner Satzung völlig andere Regelungen treffen, als es das Gesetz vorsieht. Die gesetzliche Regelung greift also nur dann, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt.

Es gibt im Vereinsrecht natürlich auch 'unabdingbares' Recht, wie z.B. das Minderheiten-Begehren nach § 37 BGB.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Gesetzgeber nach Ende der Corona-Pandemie eine Rückkehr zum "Status quo ante" verhindert hat und die deutschen Vereine sanft in Richtung "Digitalisierung" 'schubst'.

Und wenn ein Verein sich nicht "schubsen" lassen will, dann muss er seine Satzung ändern, um den Platz in der "digitalen Welt" einzunehmen, der ihm gefällt.

Für bundesweit agierende Vereine wie den BDPh (mit seinen Einzelmitgliedern) bietet sich in Zukunft eine "hybride" Mitgliederversammlung an. Momentan würde ich jedoch zum Abwarten raten und die weitere Entwicklung der Dinge einfach nur beobachten.

Viele Grüße
Jürgen
 
Jürgen Häsler Am: 08.03.2023 19:43:28 Gelesen: 2687# 35 @  
Grünes Licht für digitale Mitgliederversammlungen

Der Bundesrat hat am 3. März 2023 das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht gebilligt.

Auf der Website des Bundesrates [1] heißt es weiter:

Bewährte Corona-Sonderregel

Das Gesetz knüpft an eine Sonderregelung für die Zeit der Covid-19 Pandemie an. Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung seien die damit eröffneten Möglichkeiten auch über die pandemische Situation hinaus sinnvoll, heißt es in der Begründung. Zudem führe dies zu einer Stärkung der Mitgliedschaftsrechte und Förderung des ehrenamtlichen Engagements.

Weitere Schritte

Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens kann das Gesetz nun vom Bundespräsidenten ausgefertigt werden und dann wie geplant am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Das Gesetz wird also noch im Laufe des Monats März 2023 in Kraft treten.

[1] https://www.bundesrat.de/pk-top.html?id=23-1031-01
 
Jürgen Häsler Am: 20.03.2023 13:50:48 Gelesen: 2578# 36 @  
Gesetzesänderung tritt morgen in Kraft

Heute ist die in [#31] beschriebene Gesetzesänderung von § 32 BGB im Bundesgesetzblatt [1] verkündet worden. Sie tritt damit morgen in Kraft.

§ 32 Abs. 2 BGB NEU lautet:

„(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

[1] https://www.recht.bund.de/eli/bund/bgbl_1/2023/72
 
Jürgen Häsler Am: 20.03.2023 15:15:28 Gelesen: 2561# 37 @  
@ filunski [#33]

Hallo Peter,

ich teile Deine Skepsis nur zum Teil. Natürlich mag es Vereine geben, bei denen ein relevanter Teil der Mitglieder weder eine E-Mail schreiben kann noch eine WhatsApp. Und die Mitglieder haben, die Computer allenfalls vom Hörensagen kennen und nicht einmal den Knopf zum Einschalten finden. Ich kenne aber auch Vereine, die mit Videokonferenzen während der Corona-Pandemie recht gute Erfahrungen gemacht haben.

Beim LV Südwest sind ca. 20 - 25 % der Vereine "internetaffin" und haben sowohl eine gepflegte Website als auch eine funktionsfähige elektronische Kommunikation. Dabei gilt die Faustregel: je größer der Verein, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass auch Internetaffinität vorhanden ist.

Hat die Gesetzesänderung für einen deutschlandweit agierenden Verein wie den BDPh irgendwelche Konsequenzen ?


Das kommt darauf an, ob diese Rechtsänderung aktiv "genutzt" wird.

Die Hauptversammlung des BDPh wird laut Satzung durch den Bundesvorstand alle 2 Jahre einberufen. Die nächste Hauptversammlung soll am 30. September 2023 in Bautzen stattfinden. Was auch immer beschlossen wird, es wird von den Vorsitzenden einiger weniger Landesverbände entschieden, die dort wegen ihrer Größe dominieren, das sind der neue LV West, der LV Südwest und der LV Bayern. Einzelne Vereine können zwar beim LV ihr Stimmrecht abrufen, aber was sind schon einige Dutzend Stimmen gegenüber mehreren Tausend Stimmen eines der großen Verbände ? Wegen der Ausübung des Stimmrechtes lohnt sich die weite Fahrt also für einen Vereinsvorsitzenden nicht.

Könnte sich das irgendwann einmal ändern ?

Beruft der Bundesvorstand hingegen eine hybride Versammlung ein, so können Vereinsvorsitzende ihr Stimmrecht bei den Landesverbänden abrufen und bequem vom heimischen Sofa aus an der Versammlung teilnehmen und ihr Stimmrecht ausüben.

Der Bundesvorstand kann das ab morgen kraft Gesetzes tun, die Zustimmung der Landesverbände im Verwaltungsrat ist hierzu nicht erforderlich.

Im LV Südwest verfügen die 15 % größten Vereine über ca. 50 % der Mitglieder.
Rufen also nur 17 von 112 Vereinen im LV Südwest ihr Stimmrecht beim LV ab, so haben diese ca. 2000 Stimmen das gleiche Gewicht bei den Abstimmungen wie der gesamte restliche Landesverband mit den übrigen 95 Vereinen.

Diese gesetzliche Neuregelung kann also zu einer "Demokratisierung" des BDPh führen, wie sie von der Strukturkommission des BDPh einst gefordert und angestrebt wurde.

Die Neuregelung des Gesetzes könnte die Mehrheitsverhältnisse in der Mitgliederversammlung des BDPh entscheidend verändern und den Weg für eine neue Struktur des BDPh ebnen, falls sie denn tatsächlich genutzt wird.
 
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